BGE 63 I 167
34. Auszug aus dem Urteil vom 28. Mai 1937 S. Solothurnischer Schuldner- und
Bürgenverband gegen Kantonsrat von Solothurn.
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Regeste:
Vereinbarkeit einer Initiative auf Einführung einer kantonalen
Hypothekenversicherung und teilweise Liegenschaftsentschuldung mit dem
eidgenössischen Zivil- und Betreibungsrecht.
Am 24. Juli 1936 reichte der solothurnische Schuldner- und Bürgenverband der
Staatskanzlei Solothurn eine Initiative ein, die den Erlass eines kantonalen
Gesetzes betreffend die Versicherung von Grundpfandschulden und die teilweise
Entschuldung von Liegenschaften zum Ziel hatte und einen formulierten
Gesetzesentwurf enthielt. Die darin vorgesehene Ordnung lässt sich wie folgt
zusammenfassen: Mit Sitz in Solothurn wird eine öffentlich-rechtliche
«Hypothekenversicherungs- und Entschuldungskasse des Kantons Solothurn»
gegründet (im folgenden Kasse genannt). Ihr Zweck ist: a) die obligatorische
Versicherung von Grundpfandforderungen in einem gesetzlich beschränkten Umfang
auf den im Kanton Solothurn gelegenen unter dieses Gesetz fallenden
Grundstücken und Gebäulichkeiten
b) die sukzessive Befreiung der Grundpfandbürgen und Faustpfandgeber auf den
versicherten Grundpfandforderungen; c) die Entschuldung der mit
Grundpfandforderungen überlasteten Liegenschaften innerhalb des im Gesetz
bestimmten Rahmens; d) eine Hilfegewährung an bedrängte Grundpfandschuldner in
den im Gesetz vorgesehenen Fällen (§§ 1 und 2). - Die Kasse tritt in ihrem
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gesetzlichen Umfang an Stelle der bisherigen Bürgschaften und Faustpfander;
sie haftet den Grundpfandgläubigern für die Pfandausfälle auf den versicherten
Grundpfandforderungen nach Massgabe dieses Gesetzes (§ 5). § 6: «Alle
solidarischen und einfachen Bürgschaften, sowie die Rückbürgschaften auf den
beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Grundpfandforderungen, welche
durch die Kasse versichert werden, verwandeln sich mit der Eintragung in den
Versicherungsbestand der Kasse in Nachbürgschaften im Sinne von Art. 498 Abs.
1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 498 - 1 Der Nachbürge, der sich dem Gläubiger für die Erfüllung der von den Vorbürgen übernommenen Verbindlichkeit verpflichtet hat, haftet neben diesem in gleicher Weise wie der einfache Bürge neben dem Hauptschuldner. |
|
1 | Der Nachbürge, der sich dem Gläubiger für die Erfüllung der von den Vorbürgen übernommenen Verbindlichkeit verpflichtet hat, haftet neben diesem in gleicher Weise wie der einfache Bürge neben dem Hauptschuldner. |
2 | Der Rückbürge ist verpflichtet, dem zahlenden Bürgen für den Rückgriff einzustehen, der diesem gegen den Hauptschuldner zusteht. |
... Die beim Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehen den faustpfändlichen
Sicherstellungen auf versicherten Grundpfandforderungen bleiben dem Gläubiger
gleich wie als Nachbürgschaften gewahrt. ...» § 7: «für die bisherigen und
zukünftigen Grundpfandforderungen, welche durch die Kasse versichert werden,
dürfen die Gläubiger nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes nur noch
Sicherstellungen in Form von Nachbürgschaften verlangen; die bisherigen
versicherten Grundpfandforderungen dürfen nicht noch durch weitere, über die
vorhandenen hinaus gehenden Real- oder Personalkautionen sichergestellt werden
M. Soweit bisherige und künftige Grundpfandforderungen durch die Kasse nicht
versichert werden, ist die Sicherstellung gegenüber dem Grundpfandgläubiger
durch Bürgschaften und Pfänder nicht eingeschränkt (§ 8). Die gänzliche
Befreiung der Bürgen und Faustpfandgeber gegenüber dem Grundpfandgläubiger auf
versicherten Grundpfandforderungen erfolgt nach Massgabe von § 46 Ziff. 2, 3
und 4 dieses Gesetzes (§ 10). § 11: «Nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes
sollen auf den von der Versicherung erfassten Liegenschaften neue
Grundpfandbestellungen über die Versicherungsschatzung hinaus nicht mehr
errichtet werden.... Werden ... in Zukunft noch weitere Grundpfandforderungen
auf solchen Liegenschaften begründet, so haben diese keinen Anspruch auf
Entschuldung durch die Kasse.» -Von der
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Hypothekenversicherung ausgenommen sind die Liegenschaften, die öffentlichen
Zwecken dienen, und diejenigen, die keinen dauernden Ertrags- oder
Verkehrswert besitzen (§ 14). Die unter die Versicherung fallenden
Liegenschaften werden in vier Klassen eingeteilt, wobei als Höchstgrenzen für
die Versicherung der Grundpfandforderungen festgelegt sind: bei der 1. Klasse
(landwirtschaftliche Güter, gewöhnliche Wohnhäuser usw.) 100% der
Versicherungsschatzung, bei der 2. Klasse (Wohnhäuser mit Werkstätten usw.)
90%, bei der 3. Klasse (Hotels usw.) 80% und bei der 4. Klasse (industriellen
und gewerblichen Zwecken dienende Grundstücke) 20-40% (§§ 15, 17).-Die
Entschuldung und die Hilfeleistung gegenüber Grundpfandschuldnern bezieht sich
ausschliesslich auf Liegenschaften, welche unter die Hypothekenversicherung
fallen und über den Versicherungswert hinaus verschuldet sind (§ 31). § 32:
«Ist der Grad der Verschuldung und die Notlage bei einem Grundpfandschuldner
derart, dass derselbe voraussichtlich die Überschulden aus eigener Kraft weder
ganz noch teilweise abtragen kann, so erfolgt die Abtragung mit Hilfe der
Kasse, Bürgen und Grundpfandgläubiger nach einem von der Verwaltungskommission
aufzustellenden Amortisationsplan, woran sich die Kasse bis zu 50% beteiligen
kann. Der Rest ist auf die Bürgen und die Grundpfandgläubiger nach Billigkeit
zu verteilen....» § 33: «Sind der Grad der Verschuldung und die
wirtschaftlichen Verhältnisse des Grundpfandschuldners derart, dass er selber
in der Lage ist, seinen Anteil an die Entschuldung beizutragen, so setzt die
Verwaltungskommission diesen Anteil fest. Der Restbetrag ist mit Hilfe der
Kasse, Bürgen und Gläubiger gemäss den Bestimmungen des § 32 abzutragen. Der
Anteil der Kasse darf 50% der Gesamtsumme nicht übersteigen» § 34: «Befindet
sich der Grundpfandschuldner nur vorübergehend in einer Notlage, so dass es
ihm bei Aufstallung eines Amortisationsplanes möglich erscheint oder zuzumuten
ist, die Überschulden selber abtragen zu können, so setzt die
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Verwaltungskommission den Modus, bezw. die Annuitäten fest....» - Das
Grundkapital der Kasse wird nach § 43 aus folgenden Einzahlungen gebildet: a)
durch die Grundeigentümer 1 1/2 auf der Kataster- und Brandassekuranzschatzung
aller Liegenschaften, soweit sie unter die Versicherung fallen; b) durch die
Grundpfandgläubiger 1 1/2 vom Betrage ihrer versicherten
Grundpfandforderungen; c) durch die Bürgen und Faustpfandgeber 1% vom Betrage
der Grundpfandschulden, für die sie als Bürgen oder Faustpfandgeber haften und
die durch die Kasse versichert werden; d) durch die
Gebäude-Brandversicherungsanstalt des Kantons Solothurn Fr. 150000.- aus ihrem
Reservefonds; e) durch Bund und Kanton im Umfang ihrer Beschlüsse; f) durch
freiwillige Zuwendungen. § 46: «Die Ablösung der Bürgen und Faustpfandgeber
von ihren Bürgschafts- bezw. Faustpfandverpflichtungen durch die Kasse erfolgt
in folgender Weise: 1) Nach Einzahlung des ganzen Betrages nach § 43 lit. c
verwandelt sich die Sicherstellungs-Verpflichtung eines Bürgen oder
Faustpfandgebers gegenüber dem Gläubiger in eine Nachbürgschaft im Sinne von
Art. 498 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 498 - 1 Der Nachbürge, der sich dem Gläubiger für die Erfüllung der von den Vorbürgen übernommenen Verbindlichkeit verpflichtet hat, haftet neben diesem in gleicher Weise wie der einfache Bürge neben dem Hauptschuldner. |
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1 | Der Nachbürge, der sich dem Gläubiger für die Erfüllung der von den Vorbürgen übernommenen Verbindlichkeit verpflichtet hat, haftet neben diesem in gleicher Weise wie der einfache Bürge neben dem Hauptschuldner. |
2 | Der Rückbürge ist verpflichtet, dem zahlenden Bürgen für den Rückgriff einzustehen, der diesem gegen den Hauptschuldner zusteht. |
Millionen Franken erreicht hat, haben die Bürgen und Faustpfandgeber das
Recht, durch die Einzahlung eines weitern Prozentes vom Betrag ihrer
ursprünglichen Verpflichtung sich gänzlich zu befreien; 3) Hat das
Grundkapital die Höhe von zehn Millionen erreicht, fallen alle
Nachbürgschaften dahin und es tritt ohne weitere Leistungen ihrerseits die
gänzliche Befreiung der Bürgen und Faustpfandgeber auf von der Kasse
versicherten Grundpfandforderungen ein;...» Nach § 48 werden Jahresbeiträge
von den Grundeigentümern, den Grundpfandgläubigern und den
Grundpfandschuldnern erhoben. Die für die Entschuldung nötigen Mittel werden
einerseits den Betriebsüberschüssen der Versicherungskasse entnommen,
andererseits durch Zuwendungen des Staates und der kantonalen
Gebäude-Brandversicherungsanstalt, sowie durch Beiträge
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derjenigen Grundpfandschuldner beschafft, deren Liegenschaften unter die
Hypothekenversicherung fallen und die beim Inkrafttreten des Gesetzes nicht
versicherungsfähige Grundpfandschulden haben (§§ 49, 53). - § 66: «(Abs. 1):
Die Grundpfandgläubiger dürfen versicherte Grundpfandforderungen ohne
zwingende Gründe nicht kündigen und einfordern. Über das Vorhandensein solcher
Gründe entscheidet im Streitfall die Verwaltungskommission.»
- Unter dem Titel Strafbestimmungen bedroht § 71 Grundpfandschuldner, Bürgen,
Faustpfandgeber und Gläubiger, die der Kasse durch betrügerische
Machenschaften Schaden zufügen, mit Gefängnis oder Geldbusse bis zu Fr. 500.-,
sofern der Tatbestand nicht unter eine strengere Strafbestimmung fällt.
Der solothurnische Kantonsrat erklärte am 17. September 1936, dass die für ein
Volksbegehren erforderliche Unterschriftenzahl erreicht sei, und überwies die
Angelegenheit dem Regierungsrat, damit er über deren weitere Behandlung
Bericht erstatte und die Rechtsgültigkeit der Initiative auch hinsichtlich
ihres Inhalts prüfe. Der Regierungsrat liess die Initiative durch verschiedene
juristische, sowie bank- und versicherungstechnische Sachverständige
begutachten. Als die Berichte neben der Zweckmässigkeit der vorgeschlagenen
Neuerung auch deren Vereinbarkeit mit Bundesrecht und mit dem kantonalen
Verfassungsrecht in verschiedenen Punkten verneinten, beantragte der
Regierungsrat dem Kantonsrat, der Initiative «mangels Rechtsbeständigkeit
gegenüber dem kantonalen und dem Bundesverfassungsrecht, sowie gegenüber dem
Bundeszivilrecht und dem eidgenössischen Schuldbetreibungsrecht» keine Folge
zu geben. Der Kantonsrat beschloss am 23. Oktober 1936 in diesem Sinne. Die
Einwände, die sich aus den eingeholten Gutachten unter dem besonderen
Gesichtspunkt des eidgenössischen Zivil- und Betreibungsrechts gegen den
Gesetzesentwurf ergaben, gingen im wesentlichen dahin:
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a) dass das vorgeschlagene Gesetz Bundeszivilrecht verletze: in der Umwandlung
und schrittweisen Beseitigung der bei Erlass des Gesetzes vorhandenen
Bürgschaften und Faustpfandverträge (§§ 6, 10 und 46 der Initiative); im
Verbot, bezw. in der Ungültigerklärung von neuen Bürgschaften und
Faustpfandbestellungen (ausser Nachbürgschaften) zugunsten versicherter
Grundpfandforderungen (§§ 7 und 46); in der Vorschrift, dass auf den von der
Versicherung erfassten Liegenschaften keine neuen Grundpfänder über die
Versicherungsschatzung hinaus mehr bestellt werden sollten (§ 11); in der
Beschränkung der Kündbarkeit versicherter Grundpfandforderungen (§ 60 Abs. 1);
b) dass die Vorschriften über die Entschuldung des Überschuldeten
Grundbesitzes (§§ 32-34) und ebenso die Beschränkung in bezug auf die
Einforderung versicherter Grundpfandforderungen (§ 66 Abs. 1) dem SchKG
widersprächen.
Mit staatsrechtlichem Rekurs vom 22./ 23. November 1936 beantragten der
solothurnische Schuldner- und Bürgenverband und zehn Unterzeichner der
Initiative vom 24. Juli 1936, es sei der Beschluss des Solothurnischen
Kantonsrates vom 23. Oktober 1936 wegen Verletzung von Art. 18 KV
(Initiativrecht) aufzuheben, und es sei der Kantonsrat anzuhalten, der
Initiative Folge zu geben und sie dem Volk zur Abstimmung zu unterbreiten.
Das Bundesgericht wies die Beschwerde am 28. Mai 1937 ab. Es stellte fest,
dass der Kantonstat zu seinem Vorgehen berechtigt war, wenn die streitige
Initiative inhaltlich gegen eidgenössisches oder kantonales Verfassungsrecht
oder gegen sonstige Vorschriften des Bundesrechts verstosse. Diese
Voraussetzung sei in einer ganzen Reihe wesentlicher Punkte gegeben. Zur
Frage, ob die Initiative mit dem eidgenössischen Zivil- und Betreibungsrecht
vereinbar sei, wurde da bei im besondern ausgeführt:
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....
«4. - Verstösst die Initiative gegen Bundeszivilrecht und damit gegen Art. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 2 Zweck - 1 Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
|
1 | Die Schweizerische Eidgenossenschaft schützt die Freiheit und die Rechte des Volkes und wahrt die Unabhängigkeit und die Sicherheit des Landes. |
2 | Sie fördert die gemeinsame Wohlfahrt, die nachhaltige Entwicklung, den inneren Zusammenhalt und die kulturelle Vielfalt des Landes. |
3 | Sie sorgt für eine möglichst grosse Chancengleichheit unter den Bürgerinnen und Bürgern. |
4 | Sie setzt sich ein für die dauerhafte Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen und für eine friedliche und gerechte internationale Ordnung. |
der Übergangsbestimmungen zur BV?
a) Da die Gesetzgebungskompetenz auf dem ganzen Gebiete des Zivilrechts dem
Bunde zusteht, dürfen die Kantone zivilrechtliche Normen nur aufstellen,
sofern sie hiezu vom Bund ausdrücklich ermächtigt sind. Dagegen werden die
Kantone in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht
grundsätzlich nicht beschränkt (Art. 6 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
|
1 | Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
2 | Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen. |
öffentlich-rechtlich über die gleichen Verhältnisse wie der
Bundeszivilgesetzgeber legiferieren. und auf diese Weise das Anwendungsgebiet
des Bundeszivilrechtes zu Gunsten des kantonalen öffentlichen Rechtes
beschränken: so dürfen sie z. B. verbieten, dass eine bestimmte Materie zum
Gegenstand eines Vertrages gemacht werde (BGE 37 I S. 44 ff.) oder umgekehrt
verlangen, dass eine bestimmte Materie Vertragsinhalt werde (BGE 58 I S. 30).
Allein diese Befugnis der Kantone ist nicht unbegrenzt. Nicht nur dürfen sie
das Anwendungsgebiet des Bundeszivilrechts nur «aus haltbaren Gründen des
öffentlichen Rechtes» beschränken (BGE 43 I S. 286; 58 I S. 178; 61 II S.
355), sondern sie dürfen hiebei auch nur mit Mitteln des öffentlichen Rechts
arbeiten und keine Vorschriften aufstellen, die das Bundeszivilrecht vereiteln
oder dem Sinn und Geist desselben widersprechen. Nicht mit Mitteln des
öffentlichen Rechtes arbeiten die Kantone, wenn sie das Bundeszivilrecht
«abändern» (also z. B. zivilrechtliche Verträge ungültig erklären), da dies
der Aufstellung eigener Rechtssätze privatrechtlichen Inhaltes gleich kommt
(BGE 37 I S. 44 ff. und S. 527); nur ausnahmsweise ist ihnen eine Abänderung
des Bundeszivilrechtes gestattet, nämlich insoweit als dasselbe zu Gunsten der
Kantone Vorbehalte macht, wie in Art. 6 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
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1 | Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
2 | Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen. |
Bundeszivilrecht steht eine kantonale Vorschrift insbesondere dann. wenn sich
aus dem
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Bundeszivilrecht ergibt, dass es auf einem bestimmten Gebiete kantonale
Vorschriften schlechtweg, also auch in der Form des öffentlichen Rechtes,
ausschliessen will (BGE 42 I S.,S54; 58 I S. 32). (Vgl. über das Verhältnis
zwischen Bundeszivilrecht und kantonalem öffentlichem Recht: EGGER, Kommentar
z. ZGB, 2. Aufl. Art. 6 Note 16 ff.; HAFTER, Kommentar z. ZGB, 2. Aufl., Art.
6 No. 10 ff.; VETTER G., Beziehungen zwischen Bundeszivilrecht und kantonalem
öffentlichem Recht, insbesondere S. 52 ff.; BURCKHARDT, ZbJV 68 S. 321/2;
BECK, Kommentar zum Schlusstitel des ZGB, Art. 51 No. 7 ff.; WACKERNAGEL. im
Schweiz. Zentralblatt für Staats- und Gemeindeverwaltung Bd. 28, S. 449 ff.).
b) Zu den Vorschriften der Initiative über Materien, die im Bundeszivilrecht
geregelt sind, gehören insbesondere folgende:
aa) Wer beim Inkrafttreten des projektierten Gesetzes eine durch die Kasse
versicherte Grundpfandforderung verbürgt oder durch die Hingabe von
Faustpfändern sichergestellt hat, haftet, sobald er den ihm vom Gesetz
auferlegten Beitrag an das Grundkapital (1% der durch Bürgschaft oder
Faustpfand sichergestellten Grundpfandforderung) geleistet hat, nur noch
hinter der Kasse, also ähnlich einem Nachbürgen. Auch diese reduzierte Haftung
fällt dahin, wenn einmal das Grundkapital der Kasse eine bestimmte Höhe (6
bezw. 10 Millionen Franken) erreicht hat (§§ 6, 10 und 46 der Initiative).
bb) Nach dem Inkrafttreten des Gesetzes dürfen für Grundpfandforderungen, die
durch die Kasse versichert sind, zusätzliche Sicherheiten nur noch in Form von
Nachbürgschaften verlangt werden. Wenn einmal das Grundkapital der Kasse die
Höhe von 10 Millionen Franken erreicht hat, sind -wie angenommen werden muss -
Sicherstellungen auch in der Form von Nachbürgschaften nicht mehr zulässig (§§
7 und 46).
cc) Auf den von der Versicherung erfassten Liegenschaften «sollen» keine neuen
Grundpfandbestellungen
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über die Versicherungsschatzung hinaus mehr erfolgen; die entgegen dieser
Bestimmung errichteten Grundpfandforderungen haben keinen Anspruch auf
Entschuldung durch die Kasse (§ 11).
add) Die Grundpfandgläubiger dürfen versicherte Grundpfandforderungen ohne
zwingende Gründe nicht kündigen und einfordern (§§ 66 Abs. 1).
c) Alle diese Vorschriften der Initiative gehören, da sie «wesentlich und in
erster Linie» dem öffentlichen Interesse, nämlich dem Schutze der
Grundpfandschuldner und der neben ihnen haftenden Bürgen und Faustpfandgeber,
dienen, dem öffentlichen Rechte an (BGE 58 I S. 30) und sind daher nur dann
bundeszivilrechtswidrig, wenn sie die oben unter Lit. a erwähnten Schranken
überschreiten.
ad aa und bb) Die Gesetzesvorlage sagt nicht ausdrücklich, welche Sanktion
eintritt, wenn nach dem Inkrafttreten des Gesetzes ein gewöhnlicher
Bürgschafts- oder Faustpfandvertrag zur Sicherstellung einer bei der Kasse
versicherten Grundpfandforderung abgeschlossen wird. Eine Sanktion muss
eintreten, falls die Bestimmung, dass nur mehr Nachbürgschaften und
nachbürgschaftsähnliche Faustpfandverträge zulässig seien, einen Wert haben
soll. Eine Bestrafung der Vertragskontrahenten kommt nicht in Frage, da die
Gesetzesvorlage eine Strafandrohung nur für den Fall enthält, dass der Kasse
durch betrügerische Machenschaften Schaden zugefügt werden sollte (§ 71 der
Initiative). Es muss daher angenommen werden, dass die im Widerspruch zum
Gesetze vereinbarten Bürgschafts- und Faustpfandverträge wenigstens insoweit
ungültig sein sollen, als sie auf die Hervorbringung von Wirkungen gerichtet
sind, die über jene einer Nachbürgschaft, bezw. eines nachbürgschaftsähnlichen
Faustpfandvertrages hinausgehen. Hat einmal das Grundkapital den Betrag von 10
Millionen Franken erreicht, so sind die zur Sicherstellung versicherter
Grundpfandforderungen vereinbarten Bürgschafts- und Faustpfandverträge
vollständig ungültig.
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Ein Gesetz, das privatrechtliche Verträge ungültig erklärt, arbeitet aber «mit
privatrechtlichen Mitteln» ändert Bundeszivilrecht ab und ist somit - wie oben
ausgeführt wurde - bundeszivilrechtswidrig (vgl. FLEINER, Bundesstaatsrecht,
S. 424/5; EGGER, 1. C. Art. 6 No. 20; VETTER, 1. C. S. 52/533; FLEINER,
Zeitschrift für schweiz. Recht n. F. Bd. 25 S. 392/3). Das Bundesgericht hat
denn auch schon vor Erlass des ZGB, also noch unter der Herrschaft des alten
Obligationenrechts, dem kantonalen Gesetzgeber - unter Berufung auf die
derogatorische Kraft des Bundesrechts-die Kompetenz zur Ungültigerklärung der
in Lehrverträgen stipulierten Konkurrenzklauseln abgesprochen (BGE 37-I S.
44/a). Durch Art. 6 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
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1 | Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
2 | Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen. |
worden, da die Kantone bereits gemäss Art. 3
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 3 Kantone - Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist; sie üben alle Rechte aus, die nicht dem Bund übertragen sind. |
BV dem Bunde übertragenen öffentlich-rechtlichen Materien zur Gesetzgebung auf
dem Gebiete des öffentlichen Rechts zuständig sind und Art. 6 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
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1 | Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
2 | Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen. |
einen sog. a uneigentlichen Vorbehalt n zu Gunsten des kantonalen Rechts
darstellt. Dagegen enthält Art. 6 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
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1 | Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
2 | Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen. |
Kompetenz; den Kantonen wird gestattet, in den Schranken ihrer Hoheit den
Verkehr mit gewissen Arten von Sachen zu beschränken oder untersagen und die
Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig zu bezeichnen. Aber gerade
dieser Vorbehalt zeigt, dass nach dem Willen des Bundeszivilgesetzgebers das
Recht zur Ungültigerklärung zivilrechtlicher Rechtsgeschäfte grundsätzlich dem
Bunde zusteht und nur ausnahmsweise, wenn die besonderen Voraussetzungen des
Art. 6 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
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1 | Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
2 | Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen. |
zum Vorentwurf des schweizerischen ZGB, Bd. I S. 40; HAFTER, 1. c. Art. 6 No.
17; EGGER, 1. c. Art. 6 No. 20). Diese besondern Voraussetzungen liegen aber
im vorliegenden Falle nicht vor; denn Art. 6 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 6 - 1 Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
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1 | Die Kantone werden in ihren öffentlich-rechtlichen Befugnissen durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. |
2 | Sie können in den Schranken ihrer Hoheit den Verkehr mit gewissen Arten von Sachen beschränken oder untersagen oder die Rechtsgeschäfte über solche Sachen als ungültig bezeichnen. |
nur die Ungültigerklärung von Rechtsgeschäften über ganz bestimmte Gegenstände
(z. B. Gifte), die dem
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Verkehr entzogen werden sollen (vgl. EGGER, 1. c. Art. 6 No. 20).
Sind aber die auf die künftigen Bürgschafts- und Faustpfandverträge sich
beziehenden Vorschriften der Initiative zivilrechtswidrig, so muss das gleiche
auch gelten bezüglich der Vorschriften, welche die beim Inkrafttreten des
Gesetzes zu Gunsten von versicherungsfähigen Grundpfandforderungen bestehenden
Bürgschafts- und Faustpfandverträge dem neuen Rechte anpassen, d. h. vorerst
in Nachbürgschaften und nachbürgschaftsähnliche Faustpfandverträge abschwächen
und später ganz aufheben. Im Entscheide i. S. Helvetia & Kons. (BGE 37 I S.
526 ff. Erw. 6) hat freilich das Bundesgericht die Bundeszivilrechtswidrigkeit
verneint, als der Kanton Graubünden im Gesetze betreffend Einführung der
kantonalen Gebäudeversicherungsanstalt die bestehenden Versicherungsverträge
mit Privatversicherungsanstalten insoweit aufhob, als diese Verträge
Gebäulichkeiten betrafen, die unter die obligatorische kantonale Versicherung
fielen. (Die Vorschrift des bündnerischen Gebäudebrandversicherungsgesetzes,
die sich auf die nach Inkrafttreten des Gesetzes mit privaten
Versicherungsgesellschaften abgeschlossenen Gebäudebrandversicherungen bezog,
war mit dem staatsrechtlichen Rekurse nicht angefochten worden und hätte auch
nicht als bundeszivilrechtswidrig betrachtet werden können, da diese Verträge
nicht ungültig erklärt, sondern unter der Androhung einer Busse und des
Verlustes aller Ansprüche gegenüber der staatlichen Brandversicherungsanstalt
verboten wurden; vgl. BGE 37 I S. 508 und 514). Es mag dahingestellt bleiben,
ob den Kantonen-wie das Bundesgericht im Entscheide i. S. Helvetia offenbar
annahm-das Recht zuzuerkennen ist, bei Einführung eines vor Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
|
1 | Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
2 | Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. |
3 | Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. |
4 | Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. |
zulässigen Rechtsmonopols den Ausschluss der privaten Konkurrenz in der Weise
herbeizuführen, dass widersprechende Privatverträge, soweit sie bereits
bestehen, ganz oder teilweise aufgehoben und, soweit sie in Zukunft
abgeschlossen werden,
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ungültig erklärt werden. Im vorliegenden Fall bezwecken die Vorschriften über
Ungültigerklärung, Abänderung und Aufhebung von Bürgschafts- und
Faustpfandverträgen nicht den Ausschluss der privaten Konkurrenz, sondern sie
werden im Interesse der Bürgen und Faustpfandgeber selber aufgestellt. Die
Beschränkung des Bürgschafts- und Faustpfandrechtes erfolgt nicht, um den
Betrieb der staatlichen Anstalt zu sichern oder zu fördern, sondern die Kasse
soll geschaffen werden, um die Haftung der Bürgen und Faustpfandgeber
beschränken, bezw. aufheben zu können.
ad cc) Die in § 11 der Initiative aufgestellte Vorschrift, dass «neue
Grundpfandbestellungen über die Versicherungsschatzung hinaus nicht mehr
erfolgen sollen», ist dann nicht bundesrechtswidrig, wenn dieses Verbot
lediglich bewirkt, dass eine im Widerspruch dazu errichtete
Grundpfandforderung-wie es in Abs. 3 von § 11 heisst- keinen Anspruch auf
Entschuldung durch die Kasse hat; denn die Kantone, die eine Hilfsaktion zu
Gunsten überschuldeter Liegenschaften durchführen wollen, können die
Bedingungen, unter denen sie ihre Hilfe gewähren, nach Belieben festsetzen.
Nun lässt sich aber aus dem Gesetz nicht mit Bestimmtheit entnehmen, dass zur
Einhaltung der Belastungsgrenze noch andere Zwangsmittel angewendet werden
sollen. Möglich ist freilich, dass § 11 der Initiative auch den
solothurnischen Grundbuchbeamten verbieten soll, bei der Errichtung von
ausserhalb der Versicherungsschatzung befindlichen Grundpfandforderungen
mitzuwirken. Doch auch wenn das so wäre und eine solche Regelung gegen
Bundeszivilrecht verstossen würde (dies wäre wohl der Fall, da das
Bundeszivilrecht die Neueinführung einer Belastungsgrenze für
Grundpfandverschreibungen nicht zulassen will, wie sich aus den Art. 848
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 848 - Die Schuldbriefforderung und das Pfandrecht bestehen dem Eintrag gemäss für jede Person zu Recht, die sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen hat. |
Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 843 - Der Schuldbrief wird entweder als Register-Schuldbrief oder als Papier-Schuldbrief ausgestaltet. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 32 - 1 Wer zur Ausübung eines Rechtes sich darauf beruft, dass eine Person lebe oder gestorben sei oder zu einer bestimmten Zeit gelebt oder eine andere Person überlebt habe, hat hiefür den Beweis zu erbringen. |
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1 | Wer zur Ausübung eines Rechtes sich darauf beruft, dass eine Person lebe oder gestorben sei oder zu einer bestimmten Zeit gelebt oder eine andere Person überlebt habe, hat hiefür den Beweis zu erbringen. |
2 | Kann nicht bewiesen werden, dass von mehreren gestorbenen Personen die eine die andere überlebt habe, so gelten sie als gleichzeitig gestorben. |
Botschaft vom 22. Januar 1937 über den Vorschlag des Kantons Solothurn
betreffend Schutzmassnahmen für Hypothekarschuldner und -bürgen, Bundesblatt
1937 Bd. I S. 238/9), BO dürfte deswegen
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die Initiative nicht der Volksabstimmung entzogen werden, da eine andere
ebenfalls mögliche Auslegung von § 11 -wie oben ausgeführt wurde-nicht
verfassungswidrig ist. Sollte § 11 der Initiative Gesetz werden und in
bundeszivilrechtswidrigem Sinne ausgelegt werden, bleibt es jedem
Interessenten unbenommen, bei Anwendung der Bestimmung die staatsrechtliche
Beschwerde zu ergreifen.
ad dd) Nach § 66 der Initiative sind die ohne zwingende Gründe vorgenommenen
Kündigungen versicherter Grundpfandforderungen unwirksam. Diese Vorschrift ist
jedenfalls insoweit bundesrechtswidrig, als sie sich auch auf die
Grundpfandverschreibungen bezieht. Denn daraus, dass das eidgenössische Recht
den Kantonen nur die Aufstellung einschränkender Bestimmungen über die
Kündbarkeit der Schuldbriefe gestattet (Art. 844 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 844 - 1 Die Stellung des Eigentümers der Pfandsache, der nicht Schuldner ist, bestimmt sich nach den Vorschriften über die Grundpfandverschreibung. |
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1 | Die Stellung des Eigentümers der Pfandsache, der nicht Schuldner ist, bestimmt sich nach den Vorschriften über die Grundpfandverschreibung. |
2 | Die Einreden des Schuldners stehen beim Schuldbrief auch dem Eigentümer der Pfandsache zu. |
werden, dass es für die zweite Form der kündbaren Grundpfandforderungen - die
Grundpfandverschreibung - solche Beschränkungen nicht zulassen will. Materiell
sind freilich die Kündigungsbeschränkungen für Grundpfandforderungen
öffentliches Recht, da sie zwingenden Charakter besitzen und zum Schutze der
Grundpfandschuldner aufgestellt sind. Doch hat das ZGB dadurch, dass es für
die Schuldbriefe den Kantonen die Befugnis zum Erlass von
Kündigungsbeschränkungen eingeräumt hat, zum Ausdruck gebracht, dass es die
Vorschriften über Kündigungsbeschränkungen wegen ihres Zusammenhanges mit dem
Privatrecht in dasselbe einbeziehe und den Kantonen die Kompetenz zum Erlass
solcher Vorschriften nur im Rahmen des gemachten Vorbehaltes überlasse.
Ebensowenig wie die Kantone den Kreis der unterstützungspflichtigen Verwandten
(Art. 328
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 328 - 1 Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden. |
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1 | Wer in günstigen Verhältnissen lebt, ist verpflichtet, Verwandte in auf- und absteigender Linie zu unterstützen, die ohne diesen Beistand in Not geraten würden. |
2 | Die Unterhaltspflicht der Eltern und des Ehegatten, der eingetragenen Partnerin oder des eingetragenen Partners bleibt vorbehalten.462 |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 329 - 1 Der Anspruch auf Unterstützung ist gegen die Pflichtigen in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung geltend zu machen und geht auf die Leistung, die zum Lebensunterhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen angemessen ist. |
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1 | Der Anspruch auf Unterstützung ist gegen die Pflichtigen in der Reihenfolge ihrer Erbberechtigung geltend zu machen und geht auf die Leistung, die zum Lebensunterhalt des Bedürftigen erforderlich und den Verhältnissen des Pflichtigen angemessen ist. |
1bis | Kein Anspruch auf Unterstützung kann geltend gemacht werden, wenn die Notlage auf einer Einschränkung der Erwerbstätigkeit zur Betreuung eigener Kinder beruht.464 |
2 | Erscheint die Heranziehung eines Pflichtigen wegen besonderer Umstände als unbillig, so kann das Gericht die Unterstützungspflicht ermässigen oder aufheben.465 |
3 | Die Bestimmungen über die Unterhaltsklage des Kindes und über den Übergang seines Unterhaltsanspruches auf das Gemeinwesen finden entsprechende Anwendung.466 |
gestattet, bei der Aufstellung von Kündigungsbeschränkungen für
Grundpfandforderungen über den Vorbehalt des Art. 844 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 844 - 1 Die Stellung des Eigentümers der Pfandsache, der nicht Schuldner ist, bestimmt sich nach den Vorschriften über die Grundpfandverschreibung. |
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1 | Die Stellung des Eigentümers der Pfandsache, der nicht Schuldner ist, bestimmt sich nach den Vorschriften über die Grundpfandverschreibung. |
2 | Die Einreden des Schuldners stehen beim Schuldbrief auch dem Eigentümer der Pfandsache zu. |
(vgl. hiezu LEEMANN, Kommentar z. ZGB Art. 844 Note 15; BECK, 1. c. Art. 51
No. 10).
5. - Durch das kantonale öffentliche Recht kann
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wohl das Anwendungsgebiet des Bundesprivatrechts, nicht aber auch dasjenige
des eidgenössichen Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes eingeschränkt werden;
denn das letztere ist selbst öffentliches Recht. Die Kantone können daher in
dieser Rechtsmaterie Vorschriften nur aufstellen, sofern und soweit sie hiezu
durch das eidgenössische Recht ausdrücklich ermächtigt sind.
a) In den §§ 32 bis 34 der Initiative wird die «Entschuldung» des
überschuldeten Grundbesitzes geregelt. Darnach kann die Verwaltungskommission
der Hypothekenversicherungskasse die Grundpfandgläubiger verpflichten, auf
einen Teil ihrer Forderung zu verzichten; denn die Abtragung der Überschuldung
soll - wie es in der Initiative heisst - erfolgen: mit Hilfe der Kasse (-die
im Maximum 50% leistet-), der Bürgen, der Grundpfandgläubiger und eventuell
auch der Grundpfandschuldner gemäss einem von der Verwaltungskommission «nach
Billigkeit» aufgestellten Verteiler (Amortisationsplan). Dies ist nichts
anderes als ein besonderes-auf Grundpfandforderungen beschränktes
Nachlassverfahren, also eine Form der Zwangsvollstreckung (vgl. den nicht
publizierten Entscheid des Bundesgerichtes vom 30. Oktober 1936 i. S. Lanz, S.
10 ff., insbesondere S. 15). Das eidgenössische Recht enthält aber keine
Bestimmung, die den Kantonen das Recht einräumen würde, für
Grundpfandforderungen ein besonderes, von den Art. 293 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 293 - Das Nachlassverfahren wird eingeleitet durch: |
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a | ein Gesuch des Schuldners mit folgenden Beilagen: eine aktuelle Bilanz, eine Erfolgsrechnung und eine Liquiditätsplanung oder entsprechende Unterlagen, aus denen die derzeitige und künftige Vermögens-, Ertrags- oder Einkommenslage des Schuldners ersichtlich ist, sowie ein provisorischer Sanierungsplan; |
b | ein Gesuch eines Gläubigers, der berechtigt wäre, ein Konkursbegehren zu stellen; |
c | die Überweisung der Akten nach Artikel 173a Absatz 2. |
Nachlassverfahren einzuführen.
b) Einen Eingriff in das eidgenössische Schuldbetreibungsrecht enthält ferner
auch § 66 der Initiative und zwar insofern, als er den Gläubigern verbietet,
die versicherten Grundpfandforderungen ohne zwingende Gründe «einzufordern».
Durch diese Bestimmung wird für Grundpfandforderungen (z. B. für Gülten, die
infolge Nichtzahlung von drei Jahreszinsen fällig geworden sind, vgl. Art. 850
Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 850 - 1 Bei der Errichtung eines Schuldbriefs kann einer Person eine Vollmacht erteilt werden. Diese Person hat die Zahlungen zu leisten und zu empfangen, Mitteilungen entgegenzunehmen, Pfandentlassungen zu gewähren und im Allgemeinen die Rechte der Gläubiger wie des Schuldners und Eigentümers mit aller Sorgfalt und Unparteilichkeit zu wahren. |
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1 | Bei der Errichtung eines Schuldbriefs kann einer Person eine Vollmacht erteilt werden. Diese Person hat die Zahlungen zu leisten und zu empfangen, Mitteilungen entgegenzunehmen, Pfandentlassungen zu gewähren und im Allgemeinen die Rechte der Gläubiger wie des Schuldners und Eigentümers mit aller Sorgfalt und Unparteilichkeit zu wahren. |
2 | Der Name der bevollmächtigten Person ist im Grundbuch und auf dem Pfandtitel aufzuführen. |
3 | Fällt die Vollmacht dahin und können sich die Beteiligten nicht einigen, so trifft das Gericht die nötigen Anordnungen. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 787 - 1 Der Gläubiger kann die Ablösung der Grundlast verlangen nach Abrede und ferner:647 |
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1 | Der Gläubiger kann die Ablösung der Grundlast verlangen nach Abrede und ferner:647 |
1 | wenn das belastete Grundstück geteilt wird und er die Verlegung der Schuld auf die Teilstücke nicht akzeptiert; |
2 | wenn der Eigentümer den Wert des Grundstückes vermindert und zum Ersatz dafür keine andern Sicherheiten bietet; |
3 | wenn der Schuldner mit drei Jahresleistungen im Rückstand ist. |
2 | Verlangt er die Ablösung wegen Teilung des Grundstücks, so muss er die Grundlast innert Monatsfrist, nachdem die Verlegung rechtskräftig geworden ist, auf ein Jahr kündigen.649 |
für die Einforderung
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keine zwingenden Gründe nachgewiesen werden können. Einen Rechtsstillstand
können aber die Kantone (Kantonsregierungen) nur vorsehen «im Falle einer
Epidemie oder eines Landesunglückes, sowie in Kriegszeiten» und auch dann nur
mit Zustimmung des Bundesrates (Art. 62
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 62 - Im Falle einer Epidemie oder eines Landesunglücks sowie in Kriegszeiten kann der Bundesrat oder mit seiner Zustimmung die Kantonsregierung für ein bestimmtes Gebiet oder für bestimmte Teile der Bevölkerung den Rechtsstillstand beschliessen. |
vorliegenden Falle nicht gegeben.»