S. 113 / Nr. 34 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 62 III 113

34. Entscheid vom 25. Juni 1936 i. S. Bürk.


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Regeste:
Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken, Art. 13: Auch noch
nicht begebene Eigentümerpfandtitel sind pfändbar.
Ord. réal. forcée des immeubles, art. 13: Les titres de gage créés sur
l'immeuble au nom du propriétaire lui-même sont saisissables même si le
propriétaire n'en a pas encore disposé.
Reg. real. forzata di fondi, art. 13: I titoli di pegno eretti sul fondo al
nome del proprietario sono pignorabili anche se questi non ne ha disposto.

A. - In der Betreibung des Rekurrenten gegen P. Keller pfändete das
Betreibungsamt Basel-Stadt von einer Liegenschaft, deren Miteigentümer zu
gleichen Teilen der Betriebene und dessen Ehefrau sind, den Hälfteanteil des
Betriebenen und nahm einen darauf lastenden, beim Betriebenen vorgefundenen
Inhaberschuldbrief von 2000 Fr. in Verwahrung. In der Folge pfändete es auf
Verlangen des Rekurrenten auch noch den Inhaberschuldbrief selbst, worauf
jedoch die Ehefrau auch hieran ihr Miteigentumsrecht zur Hälfte geltend machte
mit dem Erfolg, dass der Rekurrent mit seiner diese Ansprache bestreitenden
Klage abgewiesen wurde. Jetzt entliess das Betreibungsamt den

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Inhaberschuldbrief wieder aus der Pfändung, «da sich herausgestellt hat, dass
der Eigentümertitel... zur Hälfte, wie das Unterpfand, Eigentum der Ehefrau
ist», bezw. «nachdem sich in dieser Verhandlung einwandfrei ergeben hat, dass
der Inhaberschuldbrief überhaupt nicht begeben worden ist... Die Pfändung
eines nicht begebenen Eigentümertitels ist nichtig. Dagegen bleibt der Titel
natürlich... in amtlicher Verwahrung, damit derselbe nicht veräussert oder
verpfändet werden kann».
B. - Gegen diese Verfügung hat der Rekurrent Beschwerde geführt mit dem Antrag
auf Aufhebung, und den diese abweisenden Entscheid der kantonalen
Aufsichtsbehörde vom 28. Mai 1936 hat er an das Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1. - Die Vorinstanz meint, die Pfändung eines noch nicht begebenen
Schuldbriefes sei rechtlich unmöglich und darum schlechthin nichtig; auf
Schuldbriefe angewendet wäre die die Pfändung einer Gült betreffende
Entscheidung in BGE 41 III Nr. 55 abwegig; es sei ausgeschlossen, den
Schuldner durch Pfändung und Verwertung eines noch gar nicht, auch nicht
(durch Verpfändung) zu beschränktem Rechte begebenen Schuldbriefes zum
Schuldner zu machen, was der Grundeigentümer aus dem nicht begebenen
Schuldbrief noch gegenüber niemandem geworden sei; Art. 13
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 13 - 1 Im Besitze des Schuldners befindliche Eigentümerpfandtitel, die nicht gepfändet wurden, weil sie zur Deckung der in Betreibung gesetzten Forderung nicht ausreichen, sind vom Betreibungsamt für die Dauer der Pfändung des Grundstückes in Verwahrung zu nehmen (Art. 68 Abs. 1 Buchst. a hiernach).
1    Im Besitze des Schuldners befindliche Eigentümerpfandtitel, die nicht gepfändet wurden, weil sie zur Deckung der in Betreibung gesetzten Forderung nicht ausreichen, sind vom Betreibungsamt für die Dauer der Pfändung des Grundstückes in Verwahrung zu nehmen (Art. 68 Abs. 1 Buchst. a hiernach).
2    Nach Pfändung des Grundstückes ist eine Pfändung von Eigentümerpfandtiteln ausgeschlossen.24
VZG spreche sich
nicht darüber aus, unter welchem Voraussetzungen Eigentümerpfandtitel
gepfändet werden können, und die VZG könnte eine von Rechtes wegen unmögliche
Pfändung nicht möglich machen.
Allein mit ebensoviel Selbstsicherheit, mit der die Vorinstanz der sog.
Begebungstheorie folgt, wird von anderer Seite die sog. Kreationstheorie
verfochten, auf Grund welcher die Pfändung eines nicht begebenen
Eigentümerpfandtitels als möglich zu bezeichnen ist.

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Die Entscheidung dieser Frage folgt unmittelbar aus der Stellungnahme zu der
Vorfrage, welche Rechtsverhältnisse durch die Ausfertigung eines
Eigentümerpfandtitels entstehen, und diese Frage ist eine solche des
materiellen Zivilrechtes, der die Betreibungsbehörden nicht ohne Not
vorgreifen sollten, zumal wenn dadurch dem einen oder anderen Beteiligten zum
vorneherein verunmöglicht wird, seinen gegenteiligen Standpunkt überhaupt noch
zur Geltung zu bringen. Dies trifft aber zum Nachteil des betreibenden
Gläubigers zu, wenn die Betreibungsbehörden die Pfändung eines nicht begebenen
Eigentümerpfandtitels ablehnen, während es im umgekehrten Fall dem Betriebenen
(Grundeigentümer und Eigentümer des Pfandtitels) immer noch unbenommen bleibt,
gegenüber der Belangung aus dem auf Grund der Pfändung verwerteten
Eigentümerpfandtitel die Einwendung zu erheben, der Erwerber desselben
(Ersteigerer oder nach Art. 131
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 131 - 1 Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
1    Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
2    Sind alle pfändenden Gläubiger einverstanden, so können sie oder einzelne von ihnen, ohne Nachteil für ihre Rechte gegenüber dem betriebenen Schuldner, gepfändete Ansprüche im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr geltend machen. Sie bedürfen dazu der Ermächtigung des Betreibungsamtes. Das Ergebnis dient zur Deckung der Auslagen und der Forderungen derjenigen Gläubiger, welche in dieser Weise vorgegangen sind. Ein Überschuss ist an das Betreibungsamt abzuliefern.261
SchKG Berechtigte) habe mangels eines im nicht
begebenen Eigentümerpfandtitel verkörperten materiellen Rechtes durch die
Verwertung des Titels gar kein Recht erwerben können. Zudem weist Art. 13
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 13 - 1 Im Besitze des Schuldners befindliche Eigentümerpfandtitel, die nicht gepfändet wurden, weil sie zur Deckung der in Betreibung gesetzten Forderung nicht ausreichen, sind vom Betreibungsamt für die Dauer der Pfändung des Grundstückes in Verwahrung zu nehmen (Art. 68 Abs. 1 Buchst. a hiernach).
1    Im Besitze des Schuldners befindliche Eigentümerpfandtitel, die nicht gepfändet wurden, weil sie zur Deckung der in Betreibung gesetzten Forderung nicht ausreichen, sind vom Betreibungsamt für die Dauer der Pfändung des Grundstückes in Verwahrung zu nehmen (Art. 68 Abs. 1 Buchst. a hiernach).
2    Nach Pfändung des Grundstückes ist eine Pfändung von Eigentümerpfandtiteln ausgeschlossen.24
VZG,
die sich durch Gegenschluss unzweifelbar ergibt, die Betreibungsämter positiv
an, im Besitze des Schuldners befindliche Eigentümerpfandtitel, die zur
Deckung der in Betreibung gesetzten Forderung ausreichen, zu pfänden, ohne
einen Unterschied zu machen, ob sie vorher einmal begeben worden sind oder
nicht. (Nicht zu pfänden und bloss für die Dauer der daher unvermeidlich
gewordenen Grundstückspfändung in Verwahrung zu nehmen sind solche Pfandtitel
nur, wenn sie selbst nicht zur Deckung der in Betreibung gesetzten Forderung
ausreichen; möglicherweise kann ja das Ziel der Betreibung, und zwar nicht nur
vorübergehend, erreicht werden, ohne dass der Betriebene um Haus und Hof
gebracht werden muss, weshalb andere Rechtsordnungen geradezu die
Zwangsvollstreckung durch das Mittel der Zwangshypothek vorsehen.) Ob diese
Vorschrift aus dem (nicht recht überzeugenden) Präjudiz in

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BGE 41 III Nr. 55 oder aus der Annahme der Kreationstheorie erwachsen sei oder
aber nur im Sinne des Ausgeführten dem Betreibenden die vorläufige Verfolgung
seiner Rechte ermöglichen wolle, mag dahingestellt bleiben; keinesfalls dürfen
sich ihr die Betreibungsämter und die Aufsichtsbehörden im Schuldbetreibungs-
und Konkurswesen entziehen.
2. - Dagegen ist die nachträgliche Aufhebung der Pfändung des
Eigentümerpfandtitels als solchen, die allein in Frage steht, doch deshalb
begründet, weil der Betriebene nur (zusammen mit seiner Ehefrau) Miteigentümer
desselben ist und daher in der bloss gegen den Ehemann gerichteten Betreibung
keine Pfändung vollzogen werden darf, die zur Verwertung des
Eigentümerpfandtitels als solchen führen könnte, sondern nur allfällig eine
Pfändung des Miteigentumsanteils des Betriebenen daran.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 62 III 113
Datum : 01. Januar 1936
Publiziert : 25. Juni 1936
Quelle : Bundesgericht
Status : 62 III 113
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken, Art. 13: Auch noch nicht begebene...


Gesetzesregister
SchKG: 131
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 131 - 1 Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
1    Geldforderungen des Schuldners, welche keinen Markt- oder Börsenpreis haben, werden, wenn sämtliche pfändende Gläubiger es verlangen, entweder der Gesamtheit der Gläubiger oder einzelnen von ihnen für gemeinschaftliche Rechnung zum Nennwert an Zahlungs Statt angewiesen. In diesem Falle treten die Gläubiger bis zur Höhe ihrer Forderungen in die Rechte des betriebenen Schuldners ein.
2    Sind alle pfändenden Gläubiger einverstanden, so können sie oder einzelne von ihnen, ohne Nachteil für ihre Rechte gegenüber dem betriebenen Schuldner, gepfändete Ansprüche im eigenen Namen sowie auf eigene Rechnung und Gefahr geltend machen. Sie bedürfen dazu der Ermächtigung des Betreibungsamtes. Das Ergebnis dient zur Deckung der Auslagen und der Forderungen derjenigen Gläubiger, welche in dieser Weise vorgegangen sind. Ein Überschuss ist an das Betreibungsamt abzuliefern.261
VZG: 13
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 13 - 1 Im Besitze des Schuldners befindliche Eigentümerpfandtitel, die nicht gepfändet wurden, weil sie zur Deckung der in Betreibung gesetzten Forderung nicht ausreichen, sind vom Betreibungsamt für die Dauer der Pfändung des Grundstückes in Verwahrung zu nehmen (Art. 68 Abs. 1 Buchst. a hiernach).
1    Im Besitze des Schuldners befindliche Eigentümerpfandtitel, die nicht gepfändet wurden, weil sie zur Deckung der in Betreibung gesetzten Forderung nicht ausreichen, sind vom Betreibungsamt für die Dauer der Pfändung des Grundstückes in Verwahrung zu nehmen (Art. 68 Abs. 1 Buchst. a hiernach).
2    Nach Pfändung des Grundstückes ist eine Pfändung von Eigentümerpfandtiteln ausgeschlossen.24
BGE Register
62-III-113
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
schuldner • frage • deckung • nichtigkeit • vorinstanz • betreibungsamt • provisorisch • ehegatte • entscheid • betreibung auf pfändung • landwirtschaftsbetrieb • bundesgericht • erwachsener • dauer • ersteigerer • weiler • basel-stadt • materielles recht • schuldbetreibungs- und konkursrecht • vorfrage
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