S. 10 / Nr. 4 Familienrecht (d)

BGE 62 II 10

4. Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. März 1936 i. S. Haab-Schnorf gegen
Haab.


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Regeste:
Kinderzuteilung, Art. 156 ZGB. Ergibt sich nicht schon aus dem Gesichtspunkte
des Interesses des Kindes eine deutliche Indikation für die Zuteilung, so ist
auch das Verschulden der beiden Elternteile an der Scheidung zu
berücksichtigen.
Güterrechtliche Auseinandersetzung, Art. 154 ZGB.
Vermögenswerte, die der Ehemann während der Ehe der Frau als Entgelt für ihre
Mitarbeit im Gewerbe zuwendet, bleiben eheliches Vermögen und sind, als
vorzeitig verteilter Vorschlagsanteil, bei der Auseinandersetzung der Ehefrau
auf ihren Anteil anzurechnen.
Die bei der Versicherungskasse für die eidg. Beamten, Angestellten und
Arbeiter einbezahlten Prämien bilden keinen Bestandteil des Vermögens des
Versicherten; der Anspruch an die Kasse stellt eine Anwartschaft im Sinne des
Art. 151 ZGB dar, deren Verlust infolge Scheidung nur im Rahmen dieser
Bestimmung berücksichtigt werden kann.

A. - Mit Urteil vom 27. November 1935 hat das Obergericht des Kantons Zürich
auf Klage des Ehemannes die 1921 geschlossene Ehe der Parteien wegen
Ehebruches der Beklagten geschieden, dieser ein Eheverbot von einem Jahr
auferlegt, das aus der Ehe hervorgegangene Mädchen Verena Ruth (geb. 1922) der
Mutter, den Knaben Karl (geb. 1924) dem Vater zugeteilt unter Regelung des
gegenseitigen Besuchsrechtes und Verpflichtung des Vaters zur Leistung eines
Monatsbeitrages von 70 Fr. an den Unterhalt des Mädchens bis zu dessen
vollendetem 18. Altersjahre, von der Vereinbarung der Parteien über die
Teilung der beweglichen Habe Vormerk genommen und weitergehende
vermögensrechtliche Ansprüche der Beklagten abgewiesen.
B. - Gegen dieses Urteil richtet sich die vorliegende Berufung der Beklagten
mit den Anträgen,
a) es seien beide Kinder ihr zuzusprechen.

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b) der Kläger sei zur Leistung eines Unterhaltsbeitrages von je 70 Fr.
monatlich für jedes Kind bis zu deren vollendetem 20. Altersjahre zu
verpflichten,
c) der Kläger habe der Beklagten als Vorschlagsanteil 3809 Fr. 85 Cts.,
eventuell 345 Fr. 35 Cts. herauszuzahlen,
d) eventuell seien die Akten an die Vorinstanz zurückzuweisen zwecks
Beweisergänzung bezüglich der Kinderzuteilung.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Das Bezirksgericht Meilen hatte beide Kinder dem Vater zugesprochen mit
der Begründung, er habe sich während des ganzen Prozesses als der weitaus
vernünftigere Teil der Ehegatten erwiesen, er hänge an seinen Kindern, sei
strebsam, fleissig und arbeitsam und biete viel eher Gewähr für eine richtige
Erziehung der Kinder, während die vor allem durch ihr ehewidriges Verhalten
moralisch stark belastete Beklagte nicht das für heranwachsende Kinder
geeignete, geistig und seelisch einwandfreie Milieu biete. Wenn das
Obergericht der Mutter das Mädchen zusprach, so im wesentlichen lediglich aus
der Erwägung heraus, dass während der Prozesszeit die Versorgung der Kinder
bei ihr zu keinen Klagen Anlass gegeben habe, dass trotz ihrer Verfehlung eine
sittliche Gefährdung des Mädchens nicht anzunehmen sei, dass dieses eher zur
Mutter gehöre und dieser die gemachten Erfahrungen zur Lehre und Läuterung
dienen werden. Die günstige erstinstanzliche Beurteilung des Vaters erfährt
vor Obergericht keinerlei Einschränkung. Auch nach dieser Sachdarstellung
ergibt sich die Schlussfolgerung, dass der Knabe beim Vater mindestens
ebensogut versorgt ist als er es bei der Mutter wäre. Selbst wenn aber vom
Gesichtspunkte des Interesses des Knaben aus weder für die eine noch für die
andere Lösung eine deutliche Indikation vorläge, müsste die dann in Betracht
fallende Rücksicht auf die Gefühle der beiden Elternteile zur Zusprechung des
Knaben an den an der Scheidung nicht bezw. bei weitem weniger schuldigen

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Kläger führen (vgl. BGE 38 II 37 Erw. 4). Diese Rücksicht muss unter den
vorliegenden Umständen stärker ins Gewicht fallen als diejenige auf den
Vorteil, der für die Geschwister in einer gemeinsamen Erziehung in der
nämlichen Haushaltung liegen könnte. Im Punkte der Kinderzuteilung ist daher
das angefochtene Urteil zu bestätigen.
2.- Mit Bezug auf die Teilung des ehelichen Vermögens ist zwischen den
Parteien nicht streitig, dass bei dessen Ermittlung hinzugerechnet werden muss
ein heute auf 3464 Fr. 50 Cts. zu bewertender Betrag, den der Kläger im Laufe
der Ehe der Beklagten für ihre Mithilfe in den Reben gegeben hat; streitig ist
jedoch, ob die letztere sich diesen Betrag auf ihren Vorschlagsdrittel
anrechnen zu lassen habe. Beide Vorinstanzen haben die Frage mit Recht bejaht.
Sondergut ist durch diese Zuwendung nicht entstanden, denn die Beträge sind
der Beklagten vom Ehemann nicht als solches zugewendet, noch durch Ehevertrag
zu solchem gemacht worden (Art. 190
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 190 - 1 La demande est dirigée contre les deux époux.
1    La demande est dirigée contre les deux époux.
2    ...227
ZGB). Ebensowenig handelt es sich um einen
Erwerb aus selbständiger Arbeit der Ehefrau (Art. 191 Ziff. 3), vielmehr, wie
die Vorinstanz ausführt, um einen vorzeitig zur Verteilung gebrachten
Vorschlagsanteil, der nach wie vor Bestandteil des ehelichen Vermögens
geblieben und daher bei dessen Auflösung mitzuberücksichtigen ist. Die
Berechnungsweise der Beklagten, bei der Ermittlung des ehelichen Vermögens
diesen Vorempfang mitzuzählen, auf der andern Seite sich ihn aber nicht als
solchen anrechnen zu lassen, würde auf eine Verfälschung des gesetzlichen
Vorschlagsteilungsverhältnisses zu ungunsten des Ehemannes hinauslaufen.
3.- Die vom Kläger als Postangestelltem bei der Versicherungskasse für die
eidgenössischen Beamten, Angestellten und Arbeiter einbezahlten Prämien im
Betrage von 3190 Fr. 60 Cts. stellen allerdings einen positiven Faktor in der
ökonomischen Lage des Klägers dar, bilden jedoch keinen Bestandteil des
klägerischen Vermögens. Im Gegensatz zum Anspruch aus Versicherungsvertrag
(Art. 77
SR 221.229.1 Loi fédérale du 2 avril 1908 sur le contrat d'assurance (Loi sur le contrat d'assurance, LCA) - Loi sur le contrat d'assurance
LCA Art. 77
1    Le preneur d'assurance, même lorsqu'un tiers est désigné comme bénéficiaire, peut disposer librement, soit entre vifs soit pour cause de mort, du droit qui découle de l'assurance.120
2    Le droit de révoquer la désignation du bénéficiaire ne cesse que si le preneur a renoncé par écrit signé à la révocation dans la police même et a remis celle-ci au bénéficiaire.
VVG) ist der Kassenanspruch der Verfügung des

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Anspruchsberechtigten entzogen (Art. 8 Abs. 2 BG über die Versicherungskasse
vom 30. September 1919); ebenso der Zwangsvollstreckung, und zwar nicht etwa
nur im Sinne einer beschränkten Pfändbarkeit unter dem Gesichtspunkte der
Unentbehrlichkeit gemäss Art. 93
SR 281.1 Loi fédérale du 11 avril 1889 sur la poursuite pour dettes et la faillite (LP)
LP Art. 93 - 1 Tous les revenus du travail, les usufruits et leurs produits, les rentes viagères, de même que les contributions d'entretien, les pensions et prestations de toutes sortes qui sont destinés à couvrir une perte de gain ou une prétention découlant du droit d'entretien, en particulier les rentes et les indemnités en capital qui ne sont pas insaisissables en vertu de l'art. 92, peuvent être saisis, déduction faite de ce que le préposé estime indispensable au débiteur et à sa famille.
1    Tous les revenus du travail, les usufruits et leurs produits, les rentes viagères, de même que les contributions d'entretien, les pensions et prestations de toutes sortes qui sont destinés à couvrir une perte de gain ou une prétention découlant du droit d'entretien, en particulier les rentes et les indemnités en capital qui ne sont pas insaisissables en vertu de l'art. 92, peuvent être saisis, déduction faite de ce que le préposé estime indispensable au débiteur et à sa famille.
2    Ces revenus peuvent être saisis pour un an au plus à compter de l'exécution de la saisie. Si plusieurs créanciers participent à la saisie, le délai court à compter du jour de l'exécution de la première saisie effectuée à la requête d'un créancier de la série en cause (art. 110 et 111).
3    Si, durant ce délai, l'office a connaissance d'une modification déterminante pour le montant de la saisie, il adapte l'ampleur de la saisie aux nouvelles circonstances.
SchKG, sondern absolut (Art. 8 Abs. 1 l. c.),
woraus hervorgeht, dass diesen Ansprüchen der Charakter von Vermögensposten
abgeht. Von einem Rückkaufswerte, über den der Kassenversicherte wie bei einer
privaten Versicherung verfügen könnte, kann daher nicht gesprochen werden. Die
der Summe der einbezahlten Beträge entsprechende Abgangsentschädigung gemäss
Art. 8 der Statuten der Versicherungskasse kann nicht als solcher betrachtet
werden; denn da sie nur im Falle des Ausscheidens des Versicherten aus dem
Bundesdienst, also des Verlustes der Stellung fällig wird, deren freiwillige
Preisgabe dem Versicherten nicht zugemutet werden kann, stellt sie ein
bedingtes, rein hypothetisches Aktivum dar, für dessen Bewertung in einem
gegebenen Zeitpunkt keinerlei Anhaltspunkte vorliegen. Vielmehr fällt der
Anspruch an die Versicherungskasse unter den Begriff der Anwartschaft (intérêt
pécuniaire éventuel, diritti aspettativi) im Sinne des Art. 151 ZGB, die der
Ehefrau des Bundesangestellten teils unmittelbar (Witwenrente, Art. 31 ff. der
Statuten), teils mittelbar via bezugsberechtigten Ehemann (Invaliden-,
Altersrente, Art. 24 ff., Abfindung, Art. 40 f., Unterstützung, Art. 42 f.)
zusteht. Die Berücksichtigung des Verlustes von Anwartschaften bei der
Scheidung erfolgt aber nicht im Rahmen der güterrechtlichen
Auseinandersetzung, d. h. der Aufteilung des ehelichen Vermögens (Art. 154
ZGB), sondern unabhängig davon durch Entschädigung gemäss Art. 151 Abs. 1.
Eine solche steht jedoch nur dem schuldlosen Ehegatten zu, d. h. demjenigen,
gegen den kein auf Schuld beruhender Scheidungsgrund vorliegt (BGE 60 II 392),
was für die wegen Ehebruches geschiedene Beklagte nicht zutrifft. Dieses
Erfordernis der Schuldlosigkeit kann selbstverständlich nicht dadurch

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umgangen werden, dass der als Anwartschaft zu qualifizierende
Versicherungskassenanspruch als Teil des ehelichen Vermögens behandelt und der
vom Verschulden unbeeinflussten Vorschlagsteilung unterworfen wird. Ohne
Berücksichtigung der Kassenbeiträge (Fr. 3190.60) beträgt das eheliche
Vermögen Fr. 26739.-, der Vorschlag somit Fr. 8239.- und der der Beklagten
davon zukommende Drittel Fr. 2746.35, auf den sie mit ihrem Vorempfang bereits
Fr. 718.15 zuviel erhalten und daher nichts mehr zu fordern hat.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Zürich vom 27. November 1935 bestätigt.
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 62 II 10
Date : 01 janvier 1936
Publié : 06 mars 1936
Source : Tribunal fédéral
Statut : 62 II 10
Domaine : ATF - Droit civil
Objet : Kinderzuteilung, Art. 156 ZGB. Ergibt sich nicht schon aus dem Gesichtspunkte des Interesses des...


Répertoire des lois
CC: 151  154  156  190
SR 210 Code civil suisse du 10 décembre 1907
CC Art. 190 - 1 La demande est dirigée contre les deux époux.
1    La demande est dirigée contre les deux époux.
2    ...227
LCA: 77
SR 221.229.1 Loi fédérale du 2 avril 1908 sur le contrat d'assurance (Loi sur le contrat d'assurance, LCA) - Loi sur le contrat d'assurance
LCA Art. 77
1    Le preneur d'assurance, même lorsqu'un tiers est désigné comme bénéficiaire, peut disposer librement, soit entre vifs soit pour cause de mort, du droit qui découle de l'assurance.120
2    Le droit de révoquer la désignation du bénéficiaire ne cesse que si le preneur a renoncé par écrit signé à la révocation dans la police même et a remis celle-ci au bénéficiaire.
LP: 93
SR 281.1 Loi fédérale du 11 avril 1889 sur la poursuite pour dettes et la faillite (LP)
LP Art. 93 - 1 Tous les revenus du travail, les usufruits et leurs produits, les rentes viagères, de même que les contributions d'entretien, les pensions et prestations de toutes sortes qui sont destinés à couvrir une perte de gain ou une prétention découlant du droit d'entretien, en particulier les rentes et les indemnités en capital qui ne sont pas insaisissables en vertu de l'art. 92, peuvent être saisis, déduction faite de ce que le préposé estime indispensable au débiteur et à sa famille.
1    Tous les revenus du travail, les usufruits et leurs produits, les rentes viagères, de même que les contributions d'entretien, les pensions et prestations de toutes sortes qui sont destinés à couvrir une perte de gain ou une prétention découlant du droit d'entretien, en particulier les rentes et les indemnités en capital qui ne sont pas insaisissables en vertu de l'art. 92, peuvent être saisis, déduction faite de ce que le préposé estime indispensable au débiteur et à sa famille.
2    Ces revenus peuvent être saisis pour un an au plus à compter de l'exécution de la saisie. Si plusieurs créanciers participent à la saisie, le délai court à compter du jour de l'exécution de la première saisie effectuée à la requête d'un créancier de la série en cause (art. 110 et 111).
3    Si, durant ce délai, l'office a connaissance d'une modification déterminante pour le montant de la saisie, il adapte l'ampleur de la saisie aux nouvelles circonstances.
Répertoire ATF
38-II-32 • 60-II-391 • 62-II-10
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
défendeur • biens matrimoniaux • père • mariage • expectative • mère • autorité inférieure • partie intégrante • conjoint • partage • obligation d'entretien • adultère • tribunal fédéral • dividende • conjoint innocent • nouvelle attribution • quote-part • moeurs • décision • motivation de la décision
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