S. 329 / Nr. 51 Bürgerrecht (d)

BGE 60 I 329

51. Urteil vom 21. Dezember 1934 i. S. Horgen gegen Rüti-St. Antönien.

Regeste:
Widerspruch zwischen Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
und 324 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
ZGB in Beziehung auf das
Bürgerrecht des Kindes, dessen Ehelichkeit von der Heimatbehörde mit Erfolg
angefochten worden ist (Erw. 1). Ausfüllung der hierin liegenden Gesetzeslücke
in dem Sinn, dass auch für dieses Kind der Grundsatz des Art. 324 Abs. 1 gilt,
wonach das der Mutter bleibende aussereheliche Kind das Bürgerrecht erhält,
das die Mutter zur Zeit der Geburt besitzt (Erw. 2).

A. - Am 4. August 1928 schloss Marie Isler, Bürgerin von Horgen, mit Emil
Engrieser, Bürger von Rüti-St. Antönien in Graubünden, die Ehe. Am 28. Oktober
1928 gebar sie einen Knaben Emil, der als eheliches Kind in das Familien- oder
Bürgerrechtsregister der Gemeinde Rüti-St. Antönien eingetragen wurde. Infolge
einer Klage dieser Gemeinde erklärte dann aber die I. Kammer des Obergerichtes
des Kantons Zürich durch Urteil vom 10. Dezember 1932 den Knaben Emil als
aussereheliches Kind der Ehefrau. Sie stellte fest, dass der Ehemann Engrieser
unmöglich der Vater des Kindes sein könne. Die Ehe wurde später geschieden.
Der Knabe Emil fällt dem Gemeinwesen zur Last, da er der Pflege der Mutter
entzogen worden ist und diese für die Kosten der Versorgung nicht aufkommen
kann.

Seite: 330
Auf Begehren des Polizeidepartementes des Kantons St. Gallen hielt das
Departement des Innern des Kantons Graubünden die Gemeinde Rüti-St. Antönien
an, für das Kind Emil einen Heimatschein auszustellen, indem es davon ausging,
dass dieses nach Art. 302
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 302 - 1 Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen.
1    Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen.
2    Sie haben dem Kind, insbesondere auch dem körperlich oder geistig gebrechlichen, eine angemessene, seinen Fähigkeiten und Neigungen soweit möglich entsprechende allgemeine und berufliche Ausbildung zu verschaffen.
3    Zu diesem Zweck sollen sie in geeigneter Weise mit der Schule und, wo es die Umstände erfordern, mit der öffentlichen und gemeinnützigen Jugendhilfe zusammenarbeiten.
und 324
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
ZGB das Bürgerrecht der Mutter im Zeitpunkt
der Geburt erworben habe. Die Gemeinde Rüti-St. Antönien führte dagegen beim
Kleinen Rat des Kantons Graubünden Beschwerde, indem sie geltend machte: Das
Recht der Heimatgemeinde auf Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes habe den
Zweck, die Gemeinde davor zu schützen, dass das Kind ihr Bürgerrecht erwerbe
und sie daher die Armenfürsorge übernehmen müsse. Das ergebe sich auch aus der
Gesetzesberatung im Ständerat (Stenographisches Bulletin der Bundesversammlung
1905 S. 1163 f.). Der gleiche Zweck bestehe beim Anfechtungsrecht der
Heimatgemeinde nach Art. 262
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 262 - 1 Hat der Beklagte in der Zeit vom 300. bis zum 180. Tag vor der Geburt des Kindes der Mutter beigewohnt, so wird seine Vaterschaft vermutet.
1    Hat der Beklagte in der Zeit vom 300. bis zum 180. Tag vor der Geburt des Kindes der Mutter beigewohnt, so wird seine Vaterschaft vermutet.
2    Diese Vermutung gilt auch, wenn das Kind vor dem 300. oder nach dem 180. Tag vor der Geburt gezeugt worden ist und der Beklagte der Mutter um die Zeit der Empfängnis beigewohnt hat.
3    Die Vermutung fällt weg, wenn der Beklagte nachweist, dass seine Vaterschaft ausgeschlossen oder weniger wahrscheinlich ist als die eines Dritten.
und 306
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 306 - 1 Urteilsfähige Kinder, die unter elterlicher Sorge stehen, können mit Zustimmung der Eltern für die Gemeinschaft handeln, verpflichten damit aber nicht sich selbst, sondern die Eltern.407
1    Urteilsfähige Kinder, die unter elterlicher Sorge stehen, können mit Zustimmung der Eltern für die Gemeinschaft handeln, verpflichten damit aber nicht sich selbst, sondern die Eltern.407
2    Sind die Eltern am Handeln verhindert oder haben sie in einer Angelegenheit Interessen, die denen des Kindes widersprechen, so ernennt die Kindesschutzbehörde einen Beistand oder regelt diese Angelegenheit selber.408
3    Bei Interessenkollision entfallen von Gesetzes wegen die Befugnisse der Eltern in der entsprechenden Angelegenheit.409
ZGB. Demnach müsse die Gutheissung der
Anfechtungsklage der Heimatgemeinde nach Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB zur Folge haben,
dass das in Frage stehende Kind nicht ihr Bürger werde oder ihr Bürgerrecht
wieder verliere. Zu diesem Schluss führe auch der Umstand, dass die
erfolgreiche Wahrung der Interessen der Heimatgemeinde in den Fällen der Art.
261
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 261 - 1 Sowohl die Mutter als das Kind können auf Feststellung des Kindesverhältnisses zwischen dem Kind und dem Vater klagen.
1    Sowohl die Mutter als das Kind können auf Feststellung des Kindesverhältnisses zwischen dem Kind und dem Vater klagen.
2    Die Klage richtet sich gegen den Vater oder, wenn er gestorben ist, nacheinander gegen seine Nachkommen, Eltern oder Geschwister oder, wenn solche fehlen, gegen die zuständige Behörde seines letzten Wohnsitzes.
3    Ist der Vater gestorben, so wird seiner Ehefrau zur Wahrung ihrer Interessen die Einreichung der Klage vom Gericht mitgeteilt.
und 312
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 312 - Die Kindesschutzbehörde entzieht die elterliche Sorge:423
1  wenn die Eltern aus wichtigen Gründen darum nachsuchen;
2  wenn sie in eine künftige Adoption des Kindes durch ungenannte Dritte eingewilligt haben.
ZGB ebenfalls den Bürgerrechtserwerb verhindere. Art. 324
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
ZGB,
wonach das aussereheliche Kind die Heimatangehörigkeit der Mutter erhält, habe
zur klaren Voraussetzung, dass diese zur Zeit der Niederkunft unverheiratet
(ledig, geschieden oder verwitwet) sei. Ein in einer Ehe geborenes, nachher
für ausserehelich erklärtes Kind gehöre ebensowenig in die Ehe hinein, wie ein
unehelich geborenes und habe daher keinen Anspruch auf das Bürgerrecht, das
die Mutter durch die Ehe mit einem andern Mann als dem Erzeuger erworben habe.
Dem ausserehelich erklärten Kind könne gerechterweise nur das Bürgerrecht
zukommen, das seiner Mutter im Zeitpunkt der Niederkunft zugestanden wäre,
wenn sie sich nicht während der Schwangerschaft verheiratet hätte. Es sei
möglich, dass ein

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Bürgerrecht der Eltern, das im Zeitpunkt der Geburt des Kindes nicht mehr
bestand, auf dieses übergehe. Ein solcher Fall sei in Art. 260
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 260 - 1 Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind anerkennen.
1    Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind anerkennen.
2    Ist der Anerkennende minderjährig, steht er unter umfassender Beistandschaft oder hat die Erwachsenenschutzbehörde eine entsprechende Anordnung getroffen, so ist die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters notwendig.275
3    Die Anerkennung erfolgt durch Erklärung vor dem Zivilstandsbeamten oder durch letztwillige Verfügung oder, wenn eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft hängig ist, vor dem Gericht.
ZGB
ausdrücklich vorgesehen. Danach könne das Brautkind das Bürgerrecht seines
Vaters erlangen, auch wenn dieser vor seiner Geburt gestorben und damit sein
Bürgerrecht erloschen sei. Dem Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB wäre praktisch jede
Existenzberechtigung genommen, wenn die Folge der Anfechtungsklage der
Heimatgemeinde nicht der Verlust des Bürgerrechtes wäre; denn in der Mehrzahl
der Fälle wäre es für sie günstiger, wenn der Ehemann der Mutter die Sorge für
das Kind übernehme, als wenn sie gegen den natürlichen Erzeuger des Kindes
vorgehen müsse. Der Kleine Rat hiess die Beschwerde am 17. März 1934 gut und
hob die Verfügung des Departementes des Innern auf.
B. - Gegen diesen Entscheid hat der Gemeinderat von Horgen am 20. April 1934
zunächst die verwaltungsrechtliche Beschwerde ergriffen. Nachträglich hat er
auf Veranlassung des Instruktionsrichters die Beschwerde zurückgezogen und sie
durch eine Klage gegen die Gemeinde Rüti-St. Antönien ersetzt, womit er
beantragt, das Kind Emil Isler sei als deren Bürger anzuerkennen.
Zur Begründung der Klage wird geltend gemacht, nach Art. 324 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
ZGB habe
der Knabe das Bürgerrecht erworben, das die Mutter im Zeitpunkt der Geburt
gehabt habe; das ZGB kenne keine Ausnahme von dieser Regel. Der Gemeinderat
beruft sich auf das Urteil des Bundesgerichtes in Sachen Ortsbürgergemeinde
Seon gegen Einwohnergemeinde Niederösch vom 11. Juli 1924 und sodann auf einen
Entscheid des zürcherischen Regierungsrates vom 25. September 1920.
C. - Die Bürgergemeinde Rüti-St. Antönien wendet nichts dagegen ein, dass die
Bürgergemeinde Horgen ihre Beschwerde durch eine Klage ersetzt. Sie beantragt
deren Abweisung, indem sie auf die Begründung ihrer Beschwerde an den Kleinen
Rat von Graubünden verweist und weiter geltend macht: Die Bestimmung in Art.
115 litt. g der

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bundesrätlichen Verordnung über den Zivilstandsdienst, wonach dem unehelich
erklärten Kinde einer Ehefrau ein eigenes Blatt im Familienregister zu
eröffnen ist, beruhe auf der Auffassung, dass eine solche Unehelicherklärung
stets zu einer Änderung des Bürgerrechtes des Kindes führe. Das
Zivilgesetzbuch sehe ausdrücklich eine Ausnahme vor von der Regel, dass das
uneheliche Kind das Bürgerrecht seiner Mutter teile, nämlich heim Kind, das
vom Erzeuger anerkannt oder ihm mit Standesfolge zugesprochen wird. Zahlreich
seien auch die Fälle, wo nach der Geburt des unehelichen Kindes dessen
Bürgerrecht und dasjenige seiner Mutter verschieden werden, nämlich wenn diese
nachher einen andern Mann als den Vater des Kindes heirate.
D. - Dem Kleinen Rat von Graubünden und dem Regierungsrat des Kantons Zürich
ist Gelegenheit zur Vernehmlassung gegeben worden. Der Kleine Rat von
Graubünden hat auf seinen Entscheid verwiesen. Der Regierungsrat des Kantons
Zürich hat die Klage der Bürgergemeinde Horgen unterstützt und seinen
Entscheid vom 25. September 1990, auf den sich diese beruft, vorgelegt. Er
verweist auch auf den Entscheid des Bundesgerichtes in Sachen Seon gegen
Niederösch und bemerkt, dass sich die zürcherische Direktion des Innern bei
ihren Dienstanweisungen stets hieran gehalten habe.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Die Bestimmung des Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB, die der Heimatbehörde das Recht
auf Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes gibt, ist erst bei der Beratung im
Ständerat auf Grund eines Antrages seiner Kommission in das Gesetz gelangt.
Sie wurde damals vom Berichterstatter der Kommission wie folgt begründet:
«Wenn dargetan ist, dass der Ehemann sich fälschlicherweise als Vater bekannt
hat, so statuieren wir ein Anfechtungsrecht der Heimatgemeinde. Wir sind
hierzu nicht ohne Bedenken gekommen. Es ist gewiss an und für sich
grundsätzlich

Seite: 333
bedenklich, einer Gemeinde, einer Behörde ein Einmischungsrecht in so intime
Verhältnisse zu geben, wie sie hier vorliegen; aber auf der andern Seite
mussten wir uns sagen, dass wir ein Abhülfsmittel haben müssen gegen
skandalöse Vorfälle, wie sie in der Praxis vorkommen, wo von einer Gemeinde
für eine Geschwängerte ein Vater gesucht wird, und wo sogar eine Prämie
ausgesetzt wird für denselben. Seitens des Ehemannes ist in einem solchen
Falle keine Anfechtung möglich, weil er ja das Kind ausdrücklich oder
stillschweigend anerkannt hat; also tritt an seine Stelle die Heimatgemeinde.»
«Wenn ... der Ehemann in der Tat nicht der Vater des Kindes sein kann, so ist
nicht einzusehen, warum eine Gemeinde sich einen solchen Bürger aufoktroyieren
lassen sollte. Ich kann ... auch der Behauptung nicht beistimmen, dass wir es
lediglich mit einer ökonomischen, fiskalischen Frage zu tun haben. Die Sache
hat durchaus auch ihre ethische Seite, und das ist der Grund gewesen, warum
der Antrag überhaupt gestellt worden ist.» «Es kann alsdann (bei den erwähnten
als skandalös bezeichneten Vorfällen) später zu den allerwiderwärtigsten
Verhandlungen und Streitigkeiten zwischen den Gemeinden unter sich kommen,
zwischen der Gemeinde des Vaters, welche sich das Kind nicht aufhalsen lassen
will, und der Gemeinde der Mutter, welche sich das Kind vom Halse schaffen
will. Das sollte verhindert werden, derartige krasse Fälle hat unser Vorschlag
im Auge und ich glaube, von diesen Gesichtspunkten aus lässt sich die
Bestimmung verteidigen.» «Ich glaube, Herr Kollege Lachenal ist im Irrtum,
wenn er hier einen Widerspruch konstruieren will zwischen der ehelichen
Abstammung auf der einen Seite und der Anerkennung und der Legitimation auf
der andern Seite. Auch dort gibt es eine Einsprache nicht bloss seitens der
erbberechtigten Verwandten, sondern auch seitens der Heimatgemeinde. Das ist
als etwas ganz Selbstverständliches betrachtet und dort in keiner Weise
beanstandet worden. Es besteht also der angegebene Widerspruch nicht, sondern
es besteht

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Übereinstimmung und es scheint mir, dass sich unser Antrag auch vom Standpunkt
der Logik aus rechtfertige.» (Stenographisches Bulletin der Bundesversammlung
1905 S. 1163 ff.)
Es ist somit der beklagten Gemeinde zuzugeben, dass das in Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB
festgestellte Recht der Heimatbehörde auf Anfechtung der Ehelichkeit eines
Kindes in das Gesetz aufgenommen wurde, damit die Heimatgemeinde sich vom
Bürgerrecht dieses Kindes und der damit verbundenen Unterstützungspflicht
befreien könne. Gewiss kann die Heimatgemeinde unter Umständen auch ohne diese
Folge ihrer Anfechtung ein Interesse an der Unehelicherklärung haben, nämlich
dann, wenn der uneheliche Vater mehr Gewähr bietet für die Leistung des
Unterhaltes als der Ehemann der Mutter oder wenn jenem das Kind mit
Standesfolge zugesprochen werden kann und es dann ein anderes Bürgerrecht
erhalten wird (Art. 325
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 325 - 1 Kann der Gefährdung des Kindesvermögens auf andere Weise nicht begegnet werden, so überträgt die Kindesschutzbehörde die Verwaltung einem Beistand.
1    Kann der Gefährdung des Kindesvermögens auf andere Weise nicht begegnet werden, so überträgt die Kindesschutzbehörde die Verwaltung einem Beistand.
2    Die Kindesschutzbehörde trifft die gleiche Anordnung, wenn Kindesvermögen, das nicht von den Eltern verwaltet wird, gefährdet ist.
3    Ist zu befürchten, dass die Erträge oder die für den Verbrauch bestimmten oder freigegebenen Beträge des Kindesvermögens nicht bestimmungsgemäss verwendet werden, so kann die Kindesschutzbehörde auch deren Verwaltung einem Beistand übertragen.
ZGB). Allein es wird sehr selten vorkommen, dass der
uneheliche Vater mehr für das Kind leisten wird, als der als ehelicher Vater
geltende Ehemann der Mutter, zumal dieser eine weitergehende Unterhaltspflicht
hat als jener. Und noch viel seltener wird die Möglichkeit sein, dass dem
unehelichen Vater das Kind mit Standesfolge zugesprochen wird. Diese Fälle
konnten die Ausdehnung des Anfechtungsrechtes auf die Heimatbehörde in Art.
256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB nicht rechtfertigen und haben sie denn auch tatsächlich nicht
veranlasst. Die Gesetzesberatung im Ständerat zeigt mit Sicherheit, dass
dieses Recht der Heimatbehörde den Zweck verfolgt, das Bürgerrecht des Kindes
in der Gemeinde des Ehemannes der Mutter mit der Unehelicherklärung ohne
weiteres zu beseitigen. Nach dem Sinn des Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB verliert also
das Kind, dessen Ehelichkeit von der Heimatbehörde mit Erfolg angefochten
worden ist, das Bürgerrecht, das es bei der Geburt erhalten hat, und erwirbt
statt dessen ein anderes, nämlich offenbar dasjenige, das die Mutter zur Zeit
der Empfängnis hatte oder zur Zeit der Geburt gehabt hätte, wenn sie damals
nicht verheiratet gewesen wäre.

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Andrerseits bestimmt aber Art. 324 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
ZGB ganz allgemein, dass das
uneheliche Kind, das der Mutter bleibt, deren Heimatangehörigkeit erhält.
Damit soll der im schweizerischen Recht geltende Grundsatz der Einheit der
Familie in Bürgerrechtssachen (BGE 19 S. 454) gewährt werden, wonach das
minderjährige Kind regelmässig mit den Eltern oder mit dem Elternteil, dem es
angehört, das Bürgerrecht teilt (abgesehen vom Fall, dass sich die Kindsmutter
später verheiratet und zwar nicht mit dem Vater des unehelichen Kindes).
Danach erwirbt das uneheliche Kind, obwohl es den angestammten Familiennamen
der Mutter erhält, nicht auch ihr angestammtes Bürgerrecht, wie die deutsche
Fassung des Art. 324 deutlich sagt, sondern dasjenige, das die Mutter zur Zeit
der Geburt besitzt. Das steht unzweifelhaft als Regel fest und gilt entgegen
der Annahme der beklagten Gemeinde auch für die unehelichen Kinder von
verheirateten Müttern. Da mit der Heirat die Ehefrau in der Regel das
Bürgerrecht des Ehemannes erwirbt und damit ihr bisheriges verliert (BGE 9 S.
158; 53 I S. 44 f.; Art. 10 Abs. 1 lit. b des Schweizerbürgerrechtsgesetzes;
SAUSER-HALL, La nationalité en droit suisse S. 39), so erhalten solche Kinder
das Bürgerrecht des Ehemannes der Mutter (BGE 47 I S. 481 f.; Entscheid des
Bundesgerichtes in Sachen Seon g. Niederösch vom 11. Juli 1924 Erw. 4 S. 18;
BGE 19 S. 453 f.; EGGER, Komm. z. ZGB Art. 324 Anm. 2 b; SILBERNAGEL, Komm. z.
ZGB. 2. Aufl. Art. 324 N. 8 und 13; ROSSEL et MENTHA, Manuel du droit civil
suisse 2. Aufl. Bd. 1 S. 487 Anm. 3; HUBER, Schweiz. Privatrecht I S. 530 f.;
SAUSER-HALL a.a.O. S. 5 ff.). Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass das der Mutter
bleibende uneheliche Kind ihre Heimatangehörigkeit zur Zeit der Geburt
erwirbt, lässt Art. 324
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
ZGB nicht zu, auch nicht für das nach Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262

ZGB als ausserehelich erklärte Kind. Nach den Regeln über den Erwerb des
Bürgerrechtes durch Abstammung, die für Art. 324 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
ZGB massgebend sind,
erscheint es als ausgeschlossen, dass nach dieser Bestimmung auch nur
ausnahmsweise ein Kind zur Zeit der Geburt von der

Seite: 336
Mutter ein Bürgerrecht erhalten könne, das diese nicht mehr besitzt, oder dass
danach ein Kind schon mit der Empfängnis das Bürgerrecht der Mutter - für den
Fall der Geburt - erwerben könne. Dass Art. 324 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
ZGB eine Ausnahme in
dieser Hinsicht nicht ausschliesse, könnte nur dann angenommen werden, wenn
das Zivilgesetzbuch ausdrücklich oder unzweideutig den Willen bekundete, den
in jener Bestimmung enthaltenen Grundsatz nicht unbeschränkt gelten zu lassen.
Eine solche klare Willensäusserung enthält aber das Gesetz nicht, speziell
nicht in Art. 256 Abs. 2 oder 260.
Wenn auch nach dem Sinn des Art. 256 Abs. 2 das Kind. dessen Ehelichkeit von
der Heimatgemeinde mit Erfolg angefochten worden ist, an Stelle des
Bürgerrechtes des Ehemannes der Mutter ein anderes erhalten soll, so gaben
sich doch die gesetzgebenden Organe, wie sich aus der Gesetzesberatung
deutlich ergibt, bei der Aufnahme dieser Bestimmung in das Gesetz keine
Rechenschaft davon, dass sie damit vom Grundsatz des Art. 324 Abs. 1 abwichen.
Sie übersahen, dass nach dem Sinn dieser Vorschrift für die
Heimatangehörigkeit des ausserehelichen, der Mutter bleibenden Kindes stets
das Bürgerrecht der Mutter zur Zeit der Geburt massgebend ist und dass nach
diesem Grundsatz die erfolgreiche Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes
dessen Bürgerrecht nicht ändern kann, weil die Mutter zur Zeit der Geburt
bereits das Bürgerrecht ihres Ehemannes besitzt. Man nahm irrtümlicherweise
ohne nähere Prüfung der Frage an, dass sich die Ersetzung des Bürgerrechtes
des unehelichen Kindes durch ein anderes bei der erfolgreichen Anfechtung der
Ehelichkeit durch die Heimatbehörde ebenso als selbstverständliche Folge der
übrigen Rechtsordnung des Zivilgesetzbuches ergebe, wie bei der Anfechtung der
Ehelicherklärung nach Art. 262 oder der Anerkennung nach Art. 306, und
bemerkte nicht, dass in diesen Fällen die Sache sich insofern wesentlich
anders verhält, als durch die Ehelicherklärung oder die Anerkennung nach der
Geburt ein Wechsel des

Seite: 337
Bürgerrechtes beim Kind eintritt (wenn Vater und Mutter nicht Bürger derselben
Gemeinde sind) und dieser Wechsel mit der Aufhebung der Ehelicherklärung oder
der Anerkennung selbstverständlich auch rückgängig gemacht wird. Unter diesen
Umständen lässt sich in Art. 256 Abs. 2 nicht der genügend deutliche Wille
erblicken, eine Ausnahme von der Regel des Art. 324 Abs. 1 zu machen. Wenn
sich die gesetzgebenden Organe über das Verhältnis dieser beiden Bestimmungen
zu einander im klaren gewesen wären, so hätten sie zweifellos entweder die
Neuerung des Art. 256 Abs. 2 fallen lassen oder dann ausdrücklich das
Bürgerrecht des danach als unehelich erklärten Kindes unter Abweichung vom
Grundsatz des Art. 324 Abs. 1 geordnet. Da weder das eine noch das andere
geschehen ist und sich auch nicht mit einiger Sicherheit bestimmen lässt,
welche Lösung die gesetzgebenden Organe gewählt hätten, so bleibt ein
Widerspruch zwischen dem Sinn und Geist der beiden genannten Bestimmungen
bestehen.
Auch Art. 260
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 260 - 1 Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind anerkennen.
1    Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind anerkennen.
2    Ist der Anerkennende minderjährig, steht er unter umfassender Beistandschaft oder hat die Erwachsenenschutzbehörde eine entsprechende Anordnung getroffen, so ist die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters notwendig.275
3    Die Anerkennung erfolgt durch Erklärung vor dem Zivilstandsbeamten oder durch letztwillige Verfügung oder, wenn eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft hängig ist, vor dem Gericht.
ZGB führt entgegen der Ansicht der Beklagten nicht zum Schluss,
dass Art. 324 Abs. 1 eine Ausnahme zulasse. Für das ehelich erklärte Brautkind
gilt wie für die ehelichen Kinder überhaupt der Grundsatz des Art 270, wonach
sie das Bürgerrecht des Vaters erhalten. Daraus, dass das auch gelten muss,
wenn der Vater vor der Geburt oder der Ehelicherklärung gestorben ist, lässt
sich für den Übergang des Bürgerrechtes unehelicher Mütter auf ihre Kinder
nichts ableiten.
Davon, dass Art. 324 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
ZGB unbeschränkt gelte, ist denn auch das
Bundesgericht beim Entscheid in Sachen Seon gegen Niederösch vom 11. Juli 1924
- allerdings ohne sich mit der Bestimmung von Art. 256 Abs. 2 zu beschäftigen
- ausgegangen, indem es feststellte, dass das aussereheliche oder als
ausserehelich erklärte Kind nach Art. 324
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
ZGB, sofern es nicht vom Vater
anerkannt oder ihm mit Standesfolge zugesprochen oder durch dessen
nachfolgende Verheiratung mit der Mutter legitimiert wird, das Bürgerrecht der
Mutter zur Zeit der

Seite: 338
Niederkunft erhalte und zwar auch dann, wenn die Mutter zu dieser Zeit
verheiratet ist (vgl. auch BGE 19 S. 453 f.).
2.- Jener Widerspruch zwischen Art. 324 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
und 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB ist wie eine
Lücke des Gesetzes zu behandeln (W. BURCKHARDT, Lücken des Gesetzes S. 88 f.).
Es besteht kein Gewohnheitsrecht darüber, welches Bürgerrecht einem auf Klage
der Heimatbehörde nach Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
als unehelich erklärten Kinde zukommt.
Der Richter hat daher diese Frage gemäss Art. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
ZGB nach der Regel zu
entscheiden, die er als Gesetzgeber aufstellen würde, und muss dabei bewährter
Lehre und Überlieferung folgen.
In dieser Beziehung fällt in Betracht, dass das Anfechtungsrecht der
Heimatbehörde nach Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB erst bei der Beratung im Ständerat in
das Gesetz gelangt ist und dass ein solches Recht vorher in der Schweiz nur
ganz ausnahmsweise bestand (vgl. HUBER, a.a.O. S. 402 Anm. 1). Demgegenüber
bildet der Satz, dass das uneheliche Kind, das nicht in ein besonderes
Verhältnis zum Vater tritt, in allen Fällen das Bürgerrecht erwirbt, das die
Mutter zur Zeit der Niederkunft besitzt, und die damit hergestellte Einheit
des Bürgerrechtes zwischen Mutter und Kind althergebrachtes schweizerisches
Recht; nur in Nidwalden wurde nach dem alten kantonalen Recht dem unehelichen
Kind wie der angeborene Geschlechtsname der Mutter so auch deren angestammtes
Bürgerrecht zugesprochen (HUBER a.a.O. S. 531), und das Bundesgericht hat denn
auch seinerzeit diesen Grundsatz als singulär bezeichnet und seine Geltung in
interkantonalen Verhältnissen bezweifelt (BGE 9 S. 158).
Immerhin könnte es sich trotzdem rechtfertigen, bei erfolgreicher Anfechtung
der Ehelichkeit eines Kindes durch die Heimatbehörde jenem das angestammte
Bürgerrecht der Mutter oder dasjenige, das sie zur Zeit der Geburt ohne den
Eheabschluss gehabt hätte, zu geben, wenn wichtige Gründe der Gerechtigkeit
und Zweckmässigkeit eine solche Lösung dringend erforderten. Das trifft jedoch

Seite: 339
nicht zu. Nach den von HOFFMANN im Ständerat angeführten Motiven sollte das
Anfechtungsrecht im Sinne des Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB eine Gemeinde davor
schützen, dass eine andere Gemeinde die Verehelichung einer schwangern
Gemeindeangehörigen mit einem Bürger jener zuerstgenannten Gemeinde veranlasst
und so dieser das zu erwartende Kind zuschiebt. In einem solchen Fall mag es
gewiss an und für sich als gerecht erscheinen, diese Bürgerrechtsänderung zum
Schutz der benachteiligten Gemeinde zu verhindern. Allein die Bestimmung des
Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB geht über einen solchen Schutz weit hinaus, indem sie das
Anfechtungsrecht der Heimatbehörde in allen Fällen erteilt, wo die Zeugung des
Kindes vor dem Eheabschluss stattgefunden hat und der Ehemann unmöglich der
Vater des Kindes sein kann. Dieses Anfechtungsrecht ist von HOFFMANN selbst
als bedenklich bezeichnet worden. Es hat jedenfalls dann, wenn der Ehemann das
Kind ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt hat und nicht ein Vorfall der
Art, wie er im Votum von HOFFMANN geschildert ist, vorliegt, etwas stossendes,
zumal es auch in Fällen besteht, in denen erbberechtigte Dritte das gleiche
Recht nicht haben, weil sie nach Art. 256 Abs. 1 nur subsidiär zur Klage
legitimiert sind. Wohl steht der Heimatgemeinde auch in andern ähnlichen
Fällen das Recht zur Wahrung ihrer Interessen zu, nämlich wenn es sich um die
Ehelicherklärung unehelicher Kinder nach Art. 258 ff. handelt oder solche
Kinder vom Vater anerkannt worden sind oder ihm mit Standesfolge zugesprochen
werden sollen. Aber nach Art. 262
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 262 - 1 Hat der Beklagte in der Zeit vom 300. bis zum 180. Tag vor der Geburt des Kindes der Mutter beigewohnt, so wird seine Vaterschaft vermutet.
1    Hat der Beklagte in der Zeit vom 300. bis zum 180. Tag vor der Geburt des Kindes der Mutter beigewohnt, so wird seine Vaterschaft vermutet.
2    Diese Vermutung gilt auch, wenn das Kind vor dem 300. oder nach dem 180. Tag vor der Geburt gezeugt worden ist und der Beklagte der Mutter um die Zeit der Empfängnis beigewohnt hat.
3    Die Vermutung fällt weg, wenn der Beklagte nachweist, dass seine Vaterschaft ausgeschlossen oder weniger wahrscheinlich ist als die eines Dritten.
und 306
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 306 - 1 Urteilsfähige Kinder, die unter elterlicher Sorge stehen, können mit Zustimmung der Eltern für die Gemeinschaft handeln, verpflichten damit aber nicht sich selbst, sondern die Eltern.407
1    Urteilsfähige Kinder, die unter elterlicher Sorge stehen, können mit Zustimmung der Eltern für die Gemeinschaft handeln, verpflichten damit aber nicht sich selbst, sondern die Eltern.407
2    Sind die Eltern am Handeln verhindert oder haben sie in einer Angelegenheit Interessen, die denen des Kindes widersprechen, so ernennt die Kindesschutzbehörde einen Beistand oder regelt diese Angelegenheit selber.408
3    Bei Interessenkollision entfallen von Gesetzes wegen die Befugnisse der Eltern in der entsprechenden Angelegenheit.409
ZGB hat die Heimatbehörde kein
Anfechtungsrecht, wo es andere Beteiligte nicht haben, und zudem wird in Art.
261, 262, 306 und 312 der Heimatgemeinde bloss das Recht gegeben, sich dagegen
zu wehren, dass ein aussereheliches Kind ehelich wird oder zum Vater in ein
Verwandtschaftsverhältnis tritt, während die Heimatbehörde nach Art. 256 Abs.
2 erreichen kann, dass ein in einer Ehe geborenes Kind aus dieser Ehe
ausgestossen wird. Dieses Recht

Seite: 340
bildet also eine grössere und weniger begründete Einmischung in private
Verhältnisse als jenes (vgl. das Votum von LACHENAL bei der Gesetzesberatung,
Stenogr. Bulletin a.a.O.; M. BRIDEL, La règle «Pater is est» S. 139;
WAIBLINGER, Begriff und Ausübung der Anfechtungsrechte S. 142 ff.; SILBERNAGEL
a.a.O. Art. 256 N. 2). Es rechtfertigt sich nicht, um eines solchen singulären
Anfechtungsrechtes willen, das über einen den Verhältnissen angemessenen
Schutz der Interessen der Heimatgemeinde hinausgeht, vom althergebrachten
Grundsatz, dass das der Mutter bleibende uneheliche Kind ihr Bürgerrecht
(unter Vorbehalt einer spätern Heirat der Mutter) mit ihr teilt, abzuweichen.
Wenn mit der erfolgreichen Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes durch die
Heimatbehörde ein Bürgerrechtswechsel verbunden wäre, würden zudem für das
Bürgerrecht des unehelich erklärten Kindes verschiedene Regeln gelten, je
nachdem die Ehelichkeit von der Heimatbehörde, dem Ehemann oder
erbberechtigten Dritten angefochten worden ist. Das wäre ein merkwürdiges
Ergebnis, da ja das Bürgerrecht nicht von der zufälligen Person des
Anfechtenden abhängen sollte.
Eine Ausnahme vom Grundsatz, dass das uneheliche Kind das Bürgerrecht der
Mutter zur Zeit der Niederkunft erwirbt, ist auch im Interesse der
Rechtssicherheit abzulehnen. Das eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement
hat sich, wie es in einem Schreiben vom 9. Dezember 1933 dem Departement des
Innern des Kantons Graubünden mitgeteilt hat, stets auf den Standpunkt
gestellt, dass ein Kind, dem auf die Klage der Heimatgemeinde die Ehelichkeit
abgesprochen worden ist, trotzdem das Bürgerrecht beibehalte, das die Mutter
im Zeitpunkt der Geburt besessen hat. In diesem Sinne hat sich das
eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement auch an Hand des vorliegenden
Falles in einem Kreisschreiben vom 16. Juli 1934 an die Aufsichtsbehörden für
das Zivilstandswesen der Kantone ausgesprochen (BBl 1934 II

Seite: 341
S. 846). Art. 115 litt. g der bundesrätlichen Verordnung über den
Zivilstandsdienst vom 18. Mai 1928 kann daher entgegen der Ansicht der
beklagten Gemeinde zweifellos nicht auf der Annahme des Gegenteils beruhen.
Auch der Regierungsrat des Kantons Zürich hat sich bei seinem Entscheid vom
25. September 1920 im gleichen Sinne geäussert (vgl. auch eine
Ansichtsäusserung der bernischen Justizdirektion in der Monatschr. f. bern.
Verwaltungsrecht 22 S. 233). Es ist daher anzunehmen, dass das Bürgerrecht der
Kinder, denen auf die Klage der Heimatbehörde hin die Ehelichkeit abgesprochen
worden ist, bisher dem Standpunkt des eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartementes gemäss festgestellt worden ist. Infolgedessen würde eine
schwere Rechtsunsicherheit entstehen, wenn nunmehr das Bundesgericht die im
Zivilgesetzbuch vorhandene Lücke im Widerspruch zur erwähnten Praxis
ausfüllte.
Die Lückenausfüllung kann auch nicht in der Weise geschehen, dass das
Bürgerrecht des Kindes, dessen Ehelichkeit von der Heimatbehörde mit Erfolg
angefochten worden ist, dann rückgängig gemacht wird, wenn es sich um die
Abschiebung einer geschwängerten Person an eine andere Gemeinde in dem bei der
Gesetzesberatung erwähnten Sinn handelt. Die Änderung des Bürgerrechtes für
diesen Fall könnte dann nicht ohne weiteres an das Urteil über die Ehelichkeit
anknüpfen, sondern es bedürfte hiefür eines weitern Prozesses der
Heimatgemeinde, der sich gegen das Kind u n d die in Frage stehende andere
Gemeinde richten müsste, da dann noch der Nachweis zu erbringen wäre. dass
eine Abschiebung im erwähnten Sinne stattgefunden habe. Damit würde also
gerade ein Streit zwischen den beteiligten Gemeinden herbeigeführt, den die
Kommission des Ständerates vermeiden wollte. Wenn zudem die Heimatgemeinde zum
Schutz gegen eine Abschiebung der erwähnten Art sich sowieso mit der Gemeinde,
der die Abschiebung vorgeworfen wird, auseinandersetzen und allenfalls gegen
sie klagen müsste, so

Seite: 342
würde es sich dann auch nicht rechtfertigen, die Heimatgemeinde durch den
Wechsel des Bürgerrechtes des Kindes vor den Folgen der Abschiebung zu
schützen und damit den Grundsatz der Einheit des Bürgerrechtes von Mutter und
Kind zu durchbrechen; sondern es müsste zum Schutz der Heimatgemeinde ein
Anspruch gegen die abschiebende Gemeinde auf Ersatz der Unterstützungskosten
hinreichen. Doch soll im vorliegenden Fall die Frage offen bleiben, ob die im
Zivilgesetzbuch vorhandene Lücke etwa in diesem Sinne weiter auszufüllen sei.
Da hier nur die Frage zu beurteilen ist, ob das Kind Emil Isler Bürger von
Horgen oder von Rüti-St. Antönien sei, und nicht behauptet worden ist, dass
eine unzulässige Abschiebung stattgefunden habe, so genügt es, festzustellen,
dass der Grundsatz des Art. 324 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
ZGB über die Heimatangehörigkeit des
ausserehelichen Kindes auch gilt, wenn es sich um ein Kind handelt, dem nach
Art. 256 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
ZGB die Ehelichkeit abgesprochen worden ist, und dass daher
Emil Isler Bürger von Rüti-St. Antönien geblieben ist.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Klage wird gutgeheissen und der Knabe Emil Isler der Marie Isler gesch.
Engrieser als Bürger der Gemeinde Rüti-St. Antönien erklärt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 60 I 329
Datum : 01. Januar 1934
Publiziert : 21. Dezember 1934
Quelle : Bundesgericht
Status : 60 I 329
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Widerspruch zwischen Art. 256 Abs. 2 und 324 Abs. 1 ZGB in Beziehung auf das Bürgerrecht des...


Gesetzesregister
ZGB: 1 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 1 - 1 Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
1    Das Gesetz findet auf alle Rechtsfragen Anwendung, für die es nach Wortlaut oder Auslegung eine Bestimmung enthält.
2    Kann dem Gesetz keine Vorschrift entnommen werden, so soll das Gericht4 nach Gewohnheitsrecht und, wo auch ein solches fehlt, nach der Regel entscheiden, die es als Gesetzgeber aufstellen würde.
3    Es folgt dabei bewährter Lehre und Überlieferung.
256 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 256 - 1 Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1    Die Vermutung der Vaterschaft kann beim Gericht angefochten werden:
1  vom Ehemann;
2  vom Kind, wenn während seiner Minderjährigkeit der gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat.
2    Die Klage des Ehemannes richtet sich gegen das Kind und die Mutter, die Klage des Kindes gegen den Ehemann und die Mutter.
3    Der Ehemann hat keine Klage, wenn er der Zeugung durch einen Dritten zugestimmt hat. Für das Anfechtungsrecht des Kindes bleibt das Fortpflanzungsmedizingesetz vom 18. Dezember 1998261 vorbehalten.262
260 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 260 - 1 Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind anerkennen.
1    Besteht das Kindesverhältnis nur zur Mutter, so kann der Vater das Kind anerkennen.
2    Ist der Anerkennende minderjährig, steht er unter umfassender Beistandschaft oder hat die Erwachsenenschutzbehörde eine entsprechende Anordnung getroffen, so ist die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters notwendig.275
3    Die Anerkennung erfolgt durch Erklärung vor dem Zivilstandsbeamten oder durch letztwillige Verfügung oder, wenn eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft hängig ist, vor dem Gericht.
261 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 261 - 1 Sowohl die Mutter als das Kind können auf Feststellung des Kindesverhältnisses zwischen dem Kind und dem Vater klagen.
1    Sowohl die Mutter als das Kind können auf Feststellung des Kindesverhältnisses zwischen dem Kind und dem Vater klagen.
2    Die Klage richtet sich gegen den Vater oder, wenn er gestorben ist, nacheinander gegen seine Nachkommen, Eltern oder Geschwister oder, wenn solche fehlen, gegen die zuständige Behörde seines letzten Wohnsitzes.
3    Ist der Vater gestorben, so wird seiner Ehefrau zur Wahrung ihrer Interessen die Einreichung der Klage vom Gericht mitgeteilt.
262 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 262 - 1 Hat der Beklagte in der Zeit vom 300. bis zum 180. Tag vor der Geburt des Kindes der Mutter beigewohnt, so wird seine Vaterschaft vermutet.
1    Hat der Beklagte in der Zeit vom 300. bis zum 180. Tag vor der Geburt des Kindes der Mutter beigewohnt, so wird seine Vaterschaft vermutet.
2    Diese Vermutung gilt auch, wenn das Kind vor dem 300. oder nach dem 180. Tag vor der Geburt gezeugt worden ist und der Beklagte der Mutter um die Zeit der Empfängnis beigewohnt hat.
3    Die Vermutung fällt weg, wenn der Beklagte nachweist, dass seine Vaterschaft ausgeschlossen oder weniger wahrscheinlich ist als die eines Dritten.
302 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 302 - 1 Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen.
1    Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen.
2    Sie haben dem Kind, insbesondere auch dem körperlich oder geistig gebrechlichen, eine angemessene, seinen Fähigkeiten und Neigungen soweit möglich entsprechende allgemeine und berufliche Ausbildung zu verschaffen.
3    Zu diesem Zweck sollen sie in geeigneter Weise mit der Schule und, wo es die Umstände erfordern, mit der öffentlichen und gemeinnützigen Jugendhilfe zusammenarbeiten.
306 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 306 - 1 Urteilsfähige Kinder, die unter elterlicher Sorge stehen, können mit Zustimmung der Eltern für die Gemeinschaft handeln, verpflichten damit aber nicht sich selbst, sondern die Eltern.407
1    Urteilsfähige Kinder, die unter elterlicher Sorge stehen, können mit Zustimmung der Eltern für die Gemeinschaft handeln, verpflichten damit aber nicht sich selbst, sondern die Eltern.407
2    Sind die Eltern am Handeln verhindert oder haben sie in einer Angelegenheit Interessen, die denen des Kindes widersprechen, so ernennt die Kindesschutzbehörde einen Beistand oder regelt diese Angelegenheit selber.408
3    Bei Interessenkollision entfallen von Gesetzes wegen die Befugnisse der Eltern in der entsprechenden Angelegenheit.409
312 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 312 - Die Kindesschutzbehörde entzieht die elterliche Sorge:423
1  wenn die Eltern aus wichtigen Gründen darum nachsuchen;
2  wenn sie in eine künftige Adoption des Kindes durch ungenannte Dritte eingewilligt haben.
324 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 324 - 1 Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
1    Ist die sorgfältige Verwaltung nicht hinreichend gewährleistet, so trifft die Kindesschutzbehörde die geeigneten Massnahmen zum Schutz des Kindesvermögens.
2    Sie kann namentlich Weisungen für die Verwaltung erteilen und, wenn die periodische Rechnungsstellung und Berichterstattung nicht ausreichen, die Hinterlegung oder Sicherheitsleistung anordnen.
3    Auf das Verfahren und die Zuständigkeit finden die Bestimmungen über den Kindesschutz entsprechende Anwendung.
325
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 325 - 1 Kann der Gefährdung des Kindesvermögens auf andere Weise nicht begegnet werden, so überträgt die Kindesschutzbehörde die Verwaltung einem Beistand.
1    Kann der Gefährdung des Kindesvermögens auf andere Weise nicht begegnet werden, so überträgt die Kindesschutzbehörde die Verwaltung einem Beistand.
2    Die Kindesschutzbehörde trifft die gleiche Anordnung, wenn Kindesvermögen, das nicht von den Eltern verwaltet wird, gefährdet ist.
3    Ist zu befürchten, dass die Erträge oder die für den Verbrauch bestimmten oder freigegebenen Beträge des Kindesvermögens nicht bestimmungsgemäss verwendet werden, so kann die Kindesschutzbehörde auch deren Verwaltung einem Beistand übertragen.
BGE Register
47-I-477 • 60-I-329
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
mutter • gemeinde • vater • bundesgericht • ehe • frage • wille • zivilgesetzbuch • aussereheliches kind • beklagter • regierungsrat • departement • weiler • anfechtungsklage • ehegatte • gemeinderat • schweizerisches recht • bundesversammlung • mann • stelle
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