BGE 60 I 268
42. Urteil vom 20. Oktober 1934 i. S. Metallwarenfabrik Zug gegen
Regierungsrat des Kantons Zug.
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Regeste:
Bedeutung der Eigentumsgarantie. Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichtes. Es
verstösst nicht gegen die Eigentumsgarantie und die Rechtsgleichheit, wenn in
der Stadt Zug die Anbringung von Plakaten und Reklamen, die nicht auf ein an
demselben Orte betriebenes Gewerbe hinweisen, von vornherein auf bestimmte
Stellen beschränkt wird, über die der Gemeinde die Verfügung zusteht (Erw. 2
und 3).
Heilung des Mangels der gesetzlichen Grundlage für eine Verordnung durch ein
nachfolgendes Gesetz (Erw. 2).
Die Handels- und Gewerbefreiheit wird dadurch nicht verletzt, dass eine
Gemeinde sich die ausschliessliche Befugnis, Plakate an den öffentlichen
Anschlagstellen anzubringen, vorbehält und an eine Privatperson durch
Verleihung zur Ausübung überträgt (Erw. 4).
A. - Am 23. März 1901 erliess der Einwohnerrat der Stadt Zug eine «Verordnung
betreffend das Plakatwesen in der Stadt Zug», die unter anderem folgende
Bestimmungen enthält:
§ 1: «Das Anschlagen von Plakaten im ganzen Gebiet der Gemeinde ist der
Aufsicht der Stadtpolizei unterstellt und darf nur durch die hiefür von der
Stadtpolizei bestellten Personen ausgeführt werden.»
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§ 3: «Plakate dürfen nur an den hiefür bezeichneten Stellen und Tafeln
angeschlagen werden.»
...
Vor einigen Jahren schloss die Einwohnergemeinde Zug mit der Allgemeinen
Plakatgesellschaft in Zürich einen «Pachtvertrag» ab, der folgende
Bestimmungen enthält:
Art. 1. «Die Einwohnergemeinde Zug überträgt das ihr nach der Verordnung
betreffend das Plakatwesen in der Stadt Zug vom 23. März 1901 zustehende Recht
des Anschlagens von Anzeigen und Plakaten für das ganze Stadtgebiet der
allgemeinen Plakatgesellschaft Zürich pachtweise zur Ausübung.»
Der Beschwerdeführerin gehört in der Stadt Zug an der Baarerstrasse eine
Liegenschaft, worauf sie ihre Fabrik betreibt. Mit Vertrag vom 9. Juni 1925
hatte sie der Allgemeinen Plakatgesellschaft in Zürich «die Anbringung einer
Plakatwand an der Fabrikmauer Ecke Baarer-Metallstrasse» gestattet. Auf Ende
1932 kündigte die Beschwerdeführerin diesen Vertrag und räumte der Firma Henry
Weber, Tabakfabrik in Zürich, die zu ihren Kunden zählte, gegen einen Mietzins
von 40 Fr. das Recht ein, an der gleichen Ecke der Fabrikmauer Reklamen
anzubringen. Diese wurden dann auch angebracht.
Am 29. Januar 1934 forderte das Stadtpolizeiamt Zug - unter Hinweis auf die
städtische Verordnung vom 23. März 1901 - die Beschwerdeführerin auf, die
Plakate spätestens am 15. Februar 1934 zu beseitigen. Eine von der
Beschwerdeführerin gegen diese Verfügung eingereichte Beschwerde wurde vom
Einwohnergemeinderat Zug abgewiesen. Diesen Entscheid zog die
Beschwerdeführerin an den Regierungsrat des Kantons Zug weiter. Dieser
bestätigte am 30. Mai/1. Juni 1934 den angefochtenen Entscheid mit folgender
Begründung: Aus § 6 des Baugesetzes vom 27. November 1923 und der dem
Einwohnerrat obliegenden Pflicht, für Ruhe, Ordnung und Sittlichkeit zu
sorgen, ergebe sich für den Einwohnerrat das Recht, das
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Anschlagen von Plakaten auf gewisse Stellen zu beschränken und an gewisse
weitere Voraussetzungen zu knüpfen. Würde der Einwohnerrat das wilde
Anschlagen von Reklameplakaten gestatten, so würde dadurch innert kürzester
Zeit das Landschafts-, Orts- und Strassenbild beeinträchtigt. Die vom
Einwohnerrat Zug am 23. März 1901 erlassene Verordnung bewege sich im Rahmen
von § 6 des Baugesetzes von 1923. Dahingestellt bleiben könne, ob die
Verordnung von 1901 tatsächlich zu Recht bestanden habe, trotzdem für sie die
in § 23 des Gemeindegesetzes vorgeschriebene Genehmigung des Regierungsrates
nicht eingeholt worden sei. Selbst wenn § 6 des Baugesetzes nicht vorhanden
wäre, müsste dem Einwohnerrat die Befugnis zuerkannt werden, das Anschlagen
von Plakaten im Sinne der öffentlichen Ordnung zu regeln....
B. - Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 20. Juni 1934 beantragt die
Beschwerdeführerin: Die Verfügung des Stadtpolizeiamtes Zug vom 29. Januar
1934 sei wegen Verstosses gegen die Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
|
1 | Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
2 | Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. |
3 | Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. |
4 | Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. |
Eigentumsgarantie) aufzuheben.
Zur Begründung dieses Antrages wird im wesentlichen folgendes ausgeführt: ...
Die Verordnung der Stadtgemeinde Zug vom Jahre 1901 gehe weit über den Rahmen
von § 6 des Baugesetzes von 1923 hinaus.... Sie sei auch deshalb ungültig,
weil ihr die regierungsrätliche Genehmigung fehle....Eine Beeinträchtigung des
Landschafts-, Orts- oder Strassenbildes trete ganz offenbar nicht ein, wenn an
der in einem Industrieviertel gelegenen Fabrik der Beschwerdeführerin einige
Plakate angebracht werden.... Es verstosse auch gegen die Handels- und
Gewerbefreiheit, wenn der Beschwerdeführerin das Anbringen von Plakaten
deshalb verboten werde, weil das ausschliessliche Recht zum Anschlagen von
Plakaten vertraglich der Allgemeinen Plakatgesellschaft zugesichert worden
sei. Für das angefochtene Verbat spreche kein öffentliches Interesse.
C. - Der Regierungsrat des Kantons Zug beantragt die Abweisung des Rekurses.
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Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
...
2.- Wie das Bundesgericht schon oft entschieden hat, gewährleistet die
Eigentumsgarantie das Eigentum keineswegs unbeschränkt, sondern nur innert den
Schranken, die ihm im öffentlichen Interesse durch ein Gesetz oder durch einen
auf gesetzlicher Ermächtigung beruhenden allgemein verbindlichen Rechtssatz
gezogen sind (BGE 42 I S. 204; 47 II S. 511; 56 I S. 272 ff.). Der
angefochtene Entscheid des Regierungsrates verstösst daher nur dann gegen die
Eigentumsgarantie, wenn das durch diesen Entscheid bestätigte Verbot nicht im
öffentlichen Interesse liegt oder nicht auf gesetzlicher Grundlage beruht.
a) Ein öffentliches Interesse ist - wie das Bundesgericht schon wiederholt
entschieden hat - auch dasjenige des Heimatschutzes, d. h. der Sicherung des
Landschafts-, Orts- und Strassenbildes vor Verunstaltung (BGE 41 I S. 483 E.
2; Entscheid des Bundesgerichtes in Sachen Isler und Fürst vom 13. Februar
1931 S. 20). Die Beschwerdeführerin räumt denn auch ein, dass das
Plakatanschlagen von einer polizeilichen Bewilligung abhängig gemacht und
diese versagt werden könne, wenn der Anschlag nach Standort, Art oder
Aufmachung geeignet wäre, das Landschafts-, Orts- oder Strassenbild zu
verunstalten. Streitig ist dagegen, ob ein öffentliches Interesse auch dafür
spricht, dass innerhalb einer Ortschaft das Anbringen von Plakaten von
vornherein auf bestimmte Stellen (Anschlagsäulen etc.) beschränkt wird. Doch
auch diese Frage ist vom Bundesgericht bereits bejaht worden und zwar im nicht
publizierten Entscheid in Sachen Isler und Fürst vom 13. Februar 1931 (S. 20
ff.), wo folgendes ausgeführt wurde:
«Eine ... Verunstaltung (des Ortsbildes) kann ..., ohne dass die einzelne
Vorrichtung oder der einzelne Anschlag für sich allein ernstlich zu
beanstanden wäre, auch schon durch die zu starke Häufung solcher
Veranstaltungen
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innert des Ortsgebietes eintreten, der mit dem einfachen Genehmigungszwang für
die konkrete Vorlage in dem vom Rekurrenten verfochtenen Sinne nicht oder doch
kaum in durchgreifender Weise zu begegnen wäre. Auch eine Ordnung, wodurch die
Anbringung von Reklamen und Plakaten, soweit sie nicht dem blossen Hinweis auf
das in dem betreffenden Grundstück betriebene Gewerbe dient, von vornherein
auf bestimmte Stellen innert der Ortschaft beschränkt wird, über die der
Gemeinde als Bestandteil des öffentlichen Grundes oder kraft einer
Vereinbarung mit dem betreffenden Grundeigentümer die Verfügung hiezu zusteht,
hält sich demnach noch innert des Rahmens einer Massnahme zur Wahrung
allgemeiner Interessen, nämlich derjenigen des Heimatschutzes, insbesondere
der Sicherung des Ortsbildes vor Verunstaltung. Sie dient nicht nur der
Vereinfachung der Kontrolle für das mit der Aufsicht über das Plakat- und
Reklamewesen betraute Gemeindeorgan, was für sich allein kaum genügen könnte,
sondern ist geeignet, jenes Interesse in wirksamerer und vollkommenerer Weise
zu wahren, als es auf dem vom Rekurrenten allein als zulässig betrachteten
Wege möglich wäre. Dass der Eingriff unbedingt notwendig sein müsse, um das
angestrebte Ziel zu erreichen, wie der Rekurrent unter Berufung auf LEEMANN,
Kommentar 1. Aufl. zu Art. 702
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 702 - Dem Bunde, den Kantonen und den Gemeinden bleibt es vorbehalten, Beschränkungen des Grundeigentums zum allgemeinen Wohl aufzustellen, wie namentlich betreffend die Bau-, Feuer- und Gesundheitspolizei, das Forst- und Strassenwesen, den Reckweg, die Errichtung von Grenzmarken und Vermessungszeichen, die Bodenverbesserungen, die Zerstückelung der Güter, die Zusammenlegung von ländlichen Fluren und von Baugebiet, die Erhaltung von Altertümern und Naturdenkmälern, die Sicherung der Landschaften und Aussichtspunkte vor Verunstaltung und den Schutz von Heilquellen. |
Eigentumsgarantie noch aus Art. 702
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 702 - Dem Bunde, den Kantonen und den Gemeinden bleibt es vorbehalten, Beschränkungen des Grundeigentums zum allgemeinen Wohl aufzustellen, wie namentlich betreffend die Bau-, Feuer- und Gesundheitspolizei, das Forst- und Strassenwesen, den Reckweg, die Errichtung von Grenzmarken und Vermessungszeichen, die Bodenverbesserungen, die Zerstückelung der Güter, die Zusammenlegung von ländlichen Fluren und von Baugebiet, die Erhaltung von Altertümern und Naturdenkmälern, die Sicherung der Landschaften und Aussichtspunkte vor Verunstaltung und den Schutz von Heilquellen. |
Auflage seines Kommentars die bezügliche Bemerkung nicht mehr aufgenommen
hat). Auch für die mehr nebenbei aufgestellte Behauptung, dass für die
beanstandete Regelung in Wirklichkeit nicht die eben erörterten Gründe,
sondern fiskalische Interessen bestimmend gewesen seien, fehlt ein Beweis...»
Die heutige Beschwerdeführerin hat nichts vorgebracht, was das Bundesgericht
veranlassen könnte, von dieser Auffassung abzugehen. Auch im vorliegenden
Falle fehlt der Nachweis dafür, dass für die beanstandete Regelung fiskalische
Gründe massgebend gewesen waren. Die
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Beschwerdeführerin hat nicht einmal nachzuweisen versucht, dass die
Stadtgemeinde Zug aus der «Verpachtung» der öffentlichen Anschlagstellen einen
finanziellen Vorteil ziehe, der die ihr aus der Überwachung des Plakatwesens
erwachsenden Kosten übersteige.
b) Die vom Standpunkt der Eigentumsgarantie aus erforderliche gesetzliche
Grundlage liegt schon dann vor, wenn eine Gesetzesbestimmung vorhanden ist,
aus der eine Ermächtigung des Einwohnerrates zum Erlass des angefochtenen
Verbotes ohne Willkür gefolgert werden kann. Das Bundesgericht kann die
Auslegung und Anwendung kantonaler Gesetzesvorschriften, auch soweit sie das
Eigentum aus öffentlichrechtlichen Gründen beschränken, nicht frei, sondern
lediglich unter dem Gesichtspunkt der Willkür überprüfen (vgl. den Entscheid
des Bundesgerichtes in Sachen Pfiffner und Kons. vom 15. Juli 1931 S. 13 ff.
und die dort zitierten Entscheide und ferner den Entscheid in Sachen Killer
vom 22. März 1934 S. 10).
Durch § 6 des Baugesetzes für die Stadt Zug wird der Einwohnerrat ermächtigt,
«die Anbringung von Reklameschildern, Aufschriften und sonstigen Vorrichtungen
zu Reklamezwecken..., wodurch das Landschafts-, Orts- und Strassenbild
beeinträchtigt würde», zu verbieten. Eine Beeinträchtigung des Ortsbildes kann
aber - wie soeben unter Lit. a ausgeführt wurde - auch ohne dass der einzelne
Anschlag für sich allein ernstlich zu beanstanden wäre, schon durch die zu
starke Häufung der Anschläge innerhalb eines Ortsgebietes herbeigeführt
werden. Nichts in § 6 des Baugesetzes lässt darauf schliessen, dass dem
Einwohnerrat nicht auch die Befugnis habe eingeräumt werden wollen, einer
Häufung der Anschläge entgegenzutreten und somit die Anbringung der Plakate
von vornherein auf bestimmte Stellen zu beschränken. Die Annahme, dass § 6 des
Baugesetzes auch diese Befugnis dem Einwohnerrat einräumen wollte, lässt sich
umsoweniger beanstanden, als bei Erlass des Baugesetzes schon seit mehr als 20
Jahren in der Stadt Zug eine Verordnung, die das
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Anschlagen von Plakaten auf die hiefür bezeichneten Stellen beschränkte,
bestand und als ausgeschlossen gelten darf, dass durch das Baugesetz die
Aufrechterhaltung dieses Zustandes in der Stadt Zug habe verunmöglicht werden
wollen. Auch im Entscheide in Sachen Isler und Fürst (S. 22 ff.) hat das
Bundesgericht angenommen, die zürcherische Heimatschutzverordnung vom 9. Mai
1912 (§§ 6 und 7) habe die Gemeinden dadurch, dass sie ihnen gestattete,
«Vorschriften über die Bewilligung und Beseitigung von Reklamen zum Schutze
des Ortsbildes vor Verunstaltung zu erlassen», zu beliebigen, dem Schutz des
Ortsbildes dienenden und sich innert den Schranken von Verfassung und Gesetz
haltenden Anordnungen ermächtigt, also auch zum Erlass einer Vorschrift, durch
die das Anbringen von Plakaten von vornherein auf bestimmte Stellen beschränkt
wird.
Die Beschwerdeführerin macht nicht geltend, dass die gesetzliche Grundlage
deshalb ungenügend sei, weil der Einwohnerrat nach Erlass des Baugesetzes von
1923 keine Verordnung über das Plakatwesen aufgestellt und dem Regierungsrat
zur Genehmigung unterbreitet habe. Übrigens wäre dieser Standpunkt unrichtig.
Selbst wenn man auch noch annehmen wollte, dass der Einwohnerrat, bevor er ein
konkretes Verbot erliess, das Plakatwesen in einer Verordnung hätte regeln
sollen, so bedurfte diese Verordnung jedenfalls nicht der Genehmigung des
Regierungsrates; denn die regierungsrätliche Genehmigung ist nur für die von
der Einwohnergemeinde (Versammlung der stimmberechtigten Bürger) erlassenen
Reglemente vorgesehen (§ 23 des Gemeindegesetzes), nicht aber auch für
Grundsätze, nach denen der Einwohnerrat eine ihm durch Gesetz eingeräumte
Befugnis auszuüben gewillt ist (vgl. auch § 105 des Baugesetzes). Die Frage
aber, ob der Einwohnerrat, bevor er ein konkretes Verbot erliess, gewisse
Grundsätze über das Plakatwesen aufstellen musste, stellt sich deshalb nicht,
weil sich der Gemeinderat unbestrittenermassen an die in der
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Verordnung vom 23. März 1901 enthaltenen, im Rahmen von § 6 des Baugesetzes
liegenden Grundsätze hält. Zweifelhaft ist freilich - wie der Regierungsrat
auch zugibt - ob diese Verordnung im Jahre 1901 rechtsgültig erlassen wurde.
Da das Baugesetz für die Stadt Zug von 1897/1900 keine dem § 6 des Baugesetzes
von 1923 entsprechende Ermächtigung enthielt, wäre wohl eine städtische
Verordnung über das Plakatwesen höchstens dann rechtsgültig gewesen, wenn sie
von der Gemeindeversammlung (nicht dem Einwohnerrat) kraft der
Gemeindeautonomie erlassen und vom Regierungsrat gemäss § 23 des
Gemeindegesetzes genehmigt worden wäre. Mit dem Erlass des neuen Baugesetzes
und der seitherigen konstanten Anwendung der in der Verordnung von 1901
enthaltenen Grundsätze ist aber ein ihr bei der Entstehung eventuell
anhaftender Mangel geheilt worden (vgl. Entscheid des Bundesgerichtes in
Sachen Frunz vom 26. Dezember 1930).
Der Regierungsrat hat daher mit dem angefochtenen Entscheid weder § 6 des
Baugesetzes willkürlich ausgelegt, noch die Eigentumsgarantie verletzt.
3.- Die Beschwerdeführerin weist darauf hin, dass die Plakatwand an ihrer
Fabrikmauer schon seit dem Jahre 1925 stehe und vom Stadtpolizeiamt wohl gar
nicht beanstandet worden wäre, wenn bezüglich dieser Wand ihr Vertrag mit der
Allgemeinen Plakatgesellschaft erneuert werden wäre. Aus den Akten ist nicht
ersichtlich, ob die Allgemeine Plakatgesellschaft die Plakatwand an der
Fabrikmauer der Beschwerdeführerin mit Zustimmung der städtischen Behörden
gepachtet oder gemietet hat.
a) Trifft dies zu, so darf angenommen werden, dass diese Plakatwand eine von
den städtischen Behörden zugelassene öffentliche Anschlagstelle gewesen sei.
(Korrekter wäre es freilich gewesen, wenn die städtischen Behörden den Vertrag
mit der Beschwerdeführerin abgeschlossen und hernach auch das Anschlagen an
dieser Stelle der Allgemeinen Plakatgesellschaft überlassen hätten.) Der
Charakter einer öffentlichen Anschlagstelle ging aber der an
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der Fabrikmauer der Beschwerdeführerin angebrachten Plakatwand jedenfalls
dadurch wieder verloren, dass die Beschwerdeführerin den Vertrag mit der
Allgemeinen Plakatgesellschaft, der Konzessionärin der Stadtgemeinde, nicht
erneuerte. Nun ist aber derjenige, der auf seinem Grund und Boden die
Errichtung einer öffentlichen Anschlagstelle gestattet, nach Auflösung dieses
Vertrages nicht berechtigt, diese Vorrichtung als private Anschlagstelle
weiterzubetreiben. Denn es geht nicht an, denjenigen, auf dessen Grund und
Boden früher eine öffentliche Anschlagstelle bestand, nach deren Aufhebung
besser zu behandeln, als jenen, auf dessen Grund und Boden eine solche nicht
erstellt worden war.
b) Hatte die Allgemeine Plakatgesellschaft die Fabrikwand der
Beschwerdeführerin ohne Zustimmung der Stadtbehörden gepachtet oder gemietet,
so lag ein Zustand vor, der den Grundsätzen widersprach, durch die sich der
Einwohnerrat sonst allgemein beim Bewilligen und Verbieten von
Plakatanschlägen leiten liess. Einen verfassungsmässigen Anspruch darauf, dass
dieser Zustand fortdauere, hat die Beschwerdeführerin nicht. Eine Verletzung
der Rechtsgleichheit läge nur dann vor, wenn der Einwohnergemeinderat heute
noch private Anschlagestellen zulassen würde. Dies behauptet aber die
Beschwerdeführerin nicht.
4.- Das gegen die Beschwerdeführerin erlassene Verbot verstösst auch nicht
gegen die Handels- und Gewerbefreiheit.
a) Ob ein solches Verbot erlassen, d. h. das Anschlagen von Plakaten auf die
öffentlichen Anschlagstellen beschränkt werden darf, ist gar nicht eine Frage
der Gewerbefreiheit, sondern der Eigentumsgarantie. (Vgl. den Entscheid in
Sachen Isler und Fürst S. 26.) Diese aber wird durch das beanstandete Verbot
nicht verletzt, wie unter Ziffer 2 ausgeführt wurde.
b) Unter dem Gesichtspunkt der Handels- und Gewerbefreiheit ist lediglich die
Frage zu beurteilen, ob sich der Einwohnerrat die ausschliessliche Befugnis,
die Plakate
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an den öffentlichen Anschlagstellen anzubringen, vorbehalten und an eine
einzelne Privatperson oder Gesellschaft durch Verleihung zur Ausübung
übertragen durfte. Allein abgesehen davon, ob die Beschwerdeführerin
legitimiert ist, sich wegen der Bejahung dieser Frage unter Berufung auf Art.
31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
|
1 | Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
2 | Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. |
3 | Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. |
4 | Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. |
doch nicht deutlich aufgeworfen und ist übrigens vom Bundesgericht bereits im
Entscheid in Sachen Isler und Fürst (S. 25 ff.) mit folgender Begründung vom
Gesichtspunkt des Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
|
1 | Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
2 | Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. |
3 | Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. |
4 | Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. |
«Sobald der Anschlag von Plakaten und Reklamen auf die von der Gemeinde
bestimmten öffentlichen Anschlagstellen beschränkt ist, kann aber auch die
Gemeinde sich den Anschlag an diesen Stellen selbst vorbehalten, ohne dass
dadurch die Gewerbefreiheit verletzt zu werden vermöchte, weil sie damit
lediglich die ihr allein zustehende Verfügung über das öffentliche Gut ausübt.
Mögen nun die Anschlagstellen auf ihrem eigenen Eigentum, auf öffentlichen
Sachen des Kantons, z. B. einer Kantonsstrasse, oder - nach Abschluss einer
Vertrages mit dem Grundeigentümer - auf einem privaten Grundstück errichtet
sein, so kann die Gemeinde nicht verhalten werden, die Benützung dieses Gutes
auch Dritten zu gewähren. Insbesondere gibt die Gewerbefreiheit, wie schon oft
ausgesprochen worden ist, kein Recht auf Inanspruchnahme öffentlicher Sachen
zur Gewerbeausübung (BGE 52 I 85 mit Zitaten) und kann demnach einem
faktischen Monopol der Gemeinde, das sich aus der Unmöglichkeit ergibt, das
betreffende Gewerbe ohne solche Inanspruchnahme zu betreiben, nicht
entgegengehalten werden...»
«Es steht auch verfassungsrechtlich nichts entgegen, dass die Gemeinde die ihr
kraft der Verfügung über das öffentliche Gut zustehende ausschliessliche
Befugnis zum Anschlag an den öffentlichen Anschlagstellen an eine einzelne
Privatperson oder Gesellschaft durch Verleihung
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zur Ausübung überträgt... Zwar ist streitig, ob Staat und Gemeinde ein
Gewerbe, das sie aus Gründen des öffentlichen Interesses (nicht bloss
fiskalischen Rücksichten) allenfalls verstaatlichen oder kommunalisieren
dürften, auch in der Weise monopolisieren können, dass sie die Befugnis zu
dessen Ausübung lediglich einer einzelnen Person unter Ausschluss anderer
Bewerber verleihen (vgl. BURCKHARDT, Komm. 2. Aufl. S. 258, der dies
verneint...). Die Bedenken, die gegen ein solches Konzessionssystem allenfalls
aus Art. 31
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 31 Freiheitsentzug - 1 Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
|
1 | Die Freiheit darf einer Person nur in den vom Gesetz selbst vorgesehenen Fällen und nur auf die im Gesetz vorgeschriebene Weise entzogen werden. |
2 | Jede Person, der die Freiheit entzogen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich und in einer ihr verständlichen Sprache über die Gründe des Freiheitsentzugs und über ihre Rechte unterrichtet zu werden. Sie muss die Möglichkeit haben, ihre Rechte geltend zu machen. Sie hat insbesondere das Recht, ihre nächsten Angehörigen benachrichtigen zu lassen. |
3 | Jede Person, die in Untersuchungshaft genommen wird, hat Anspruch darauf, unverzüglich einer Richterin oder einem Richter vorgeführt zu werden; die Richterin oder der Richter entscheidet, ob die Person weiterhin in Haft gehalten oder freigelassen wird. Jede Person in Untersuchungshaft hat Anspruch auf ein Urteil innert angemessener Frist. |
4 | Jede Person, der die Freiheit nicht von einem Gericht entzogen wird, hat das Recht, jederzeit ein Gericht anzurufen. Dieses entscheidet so rasch wie möglich über die Rechtmässigkeit des Freiheitsentzugs. |
begründet, wenn nicht ein Monopol im Rechtssinn, sondern, wie hier, lediglich
ein aus der ausschliesslichen Verfügung des Gemeinwesens über das öffentliche
Gut folgendes faktisches Monopol in Frage steht, dem gegenüber der Grundsatz
der Gewerbefreiheit von vornherein überhaupt nicht in Frage kommt...»
Die Beschwerdeführerin hat nichts vorgebracht, was das Bundesgericht
veranlassen könnte, von dieser Auffassung abzuweichen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Beschwerde wird abgewiesen.