S. 95 / Nr. 23 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 59 III 95

23. Entscheid vom 7. April 1933 i. S. Vogel.

Regeste:
Ob ein Tag ein staatlich anerkannter Feiertag im Sinn von Art. 31 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
SchKG
sei, bestimmt sich nicht nach dem Recht am Wohnsitz desjenigen, der die Frist
wahrnehmen muss, sondern nach dem Recht am Sitz der Amtsstelle, bei welcher
die Frist zu wahren ist, gleichgültig, ob es sich um eine gesetzliche Frist
handelt oder nicht.
La question de savoir si un jour est légalement férié au sens de l'art. 31 al.
3 LP. doit être tranchée d'après les règles en

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vigueur au siège de l'office devant lequel une personne doit agir dans un
certain délai, et non d'après les règles en vigueur au domicile de ladite
personne. Il importe pou qu'il s'agisse d'un délai légal ou d'un autre délai.
Il quesito se un giorno sia ufficialmente festivo ai sensi dell'art. 31 cp. 3
LEF deve essere risolto secondo le norme vigenti alla sedi dell'ufficio presso
il quale l'interessato deve agire entro un certo termine, e non secondo le
norme vigenti al domicilio dell'interessato. Non importa al riguardo che si
tratti di un termine legale o di un altro termine.

A. - Am 15. Dezember 1932 fand im Konkurs über Casimir von Arx die II.
Gläubigerversammlung statt, in welcher verschiedene Rechtsansprüche der Masse
zur Abtretung angeboten wurden. Mit einer am 27. Dezember 1932 vor 18 Uhr in
Zürich der Post übergebenen Eingabe verlangte der Rekurrent Abtretung
einzelner dieser Ansprüche. Der Konkursverwalter teilte ihm jedoch mit, dieses
Begehren sei verspätet und könne daher nicht mehr berücksichtigt werden.
Hiegegen führte er Beschwerde unter Berufung darauf, dass in Zürich nicht nur
der 25., sondern auch der 26. Dezember (2. Weihnachtstag) ein staatlich
anerkannter Feiertag sei, sodass die Frist für die Abtretungsbegehren ihm
gegenüber gemäss Art. 31 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
SchKG erst am 27. Dezember abgelaufen sei.
B. - Mit Entscheid vom 8. Februar 1933 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die
Beschwerde abgewiesen mit der Begründung, nach solothurnischem Recht sei der
26. Dezember kein Feiertag, sodass das Abtretungsbegehren in der Tat verspätet
gestellt worden sei.
C. - Diesen Entscheid zog der Rekurrent rechtzeitig an das Bundesgericht
weiter unter Wiederholung seines Antrages, den Konkursverwalter anzuhalten,
die verlangten Abtretungen vorzunehmen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Es handelt sich hier um eine allen Gläubigern gleichzeitig mit gleichem
Anfangstermin und mit gleicher

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Dauer («binnen 10 Tagen nach Abhaltung der 2. Gläubigerversammlung»)
angesetzte Frist. Gleichzeitiger Beginn der Frist muss aber bei gleicher
Fristlänge notwendig zu gleichzeitigem Ende gegenüber allen Beteiligten führen
Wenn das Betreibungsgesetz der kantonalen Gesetzgebung die Bestimmung der
«staatlich anerkannten Feiertage» im Sinn des Art 31 Abs. 3 vorbehalten hat,
so wollte damit keineswegs eine Ausnahme vom eben umschriebenen Grundsatz
zugelassen werden; der Sinn des Gesetzes geht vielmehr dahin, dass hier die
durch das Recht eines einzigen Kantons gegebene Lösung für alle Beteiligten
massgebend sein soll. Es fragt sich daher nur, auf welches Kantones Recht
abzustellen sei. In Betracht kommt aber der Natur der Sache nach nur der
Kanton, in welchem sich der Sitz der Amtsstelle befindet, bei welcher die an
die Frist gebundene Handlung vorzunehmen ist (vgl. BGE 40 III 132). Wollte man
auf den Wohnsitz desjenigen abstellen, der die Frist zu wahren hat, so käme
man eben gerade zu einer ungleichen Dauer der den einzelnen Beteiligten
laufenden Fristen.
Der Umstand, dass nach Art. 32
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 32 - 1 ...50
1    ...50
2    Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51
3    ...52
4    Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.
SchKG die Frist schon durch rechtzeitige
Übergabe der Sendung an die Post (am Wohnort des Absenders) gewahrt werden
kann, steht dieser Auslegung keineswegs entgegen; denn damit wird ja gerade
bezweckt und auch erreicht, dass allen Beteiligten die nämliche Zeitspanne zur
Verfügung steht.
Allerdings wird auf diese Weise ein Gläubiger, der nicht im Kanton des
massgebenden Amtes wohnt, unter Umständen gezwungen, an einem Feiertag (seines
Kantons) tätig zu werden. Allein das hängt eben damit zusammen, dass im
Bundesstaat noch keine einheitliche Bestimmung der allgemeinen Feiertage
besteht, und kann nicht dazu führen, einzelnen Gläubigern, die in einem Kanton
wohnen, wo gerade dieser Feiertag nicht anerkannt wird, eine längere Frist
einzuräumen, als das Gesetz sie vorsieht- dass die Frist für alle die gleiche
sein muss, ist bereits

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ausgeführt worden -; was aber für gesetzliche Fristen gilt, muss auch für eine
solche anerkannt werden, die auf Grund von Gesetz oder Verordnung (hier Art.
48 KV) vom Amt angesetzt wurde.
Will sich ein Gläubiger nicht über die am (ausserhalb seines Kantones
gelegenen) Konkursort geltende Feiertagsregelung erkundigen (was z. B. durch
eine einfache Anfrage bei jenem Amt zu Beginn der Frist geschehen könnte und
daher ohne weiteres als zumutbar erscheint), so geschieht das auf sein eigenes
Risiko; denn Vermutungen bestehen auf diesem Gebiet nicht. Und will er nicht
an einem Feiertag (seines Wohnsitzkantons) tätig werden, so kann und muss ihm
zugemutet werden, seine Eingabe schon vor den an seinem Wohnort geltenden
Feiertagen abgehen zu lassen. Dabei kann er sich nicht etwa darüber beklagen,
dass ihm nicht volle 10 Tage zur Verfügung standen; denn vom Standpunkt des
Bundesrechtes aus ist eben ein Tag, der am Konkursort nicht gefeiert wird,
kein Feiertag und zählt infolgedessen zu den Arbeitstagen, ob der Gläubiger
nun davon Gebrauch machen will oder nicht. Unbehelflich ist schliesslich auch
der Einwand des Rekurrenten, auf diese Weise hätten die am Sitz des Amtes
wohnhaften Gläubiger die Möglichkeit gehabt, seine schon am 26. Dezember beim
Amt eingelangte Eingabe dort einzusehen, da für sie kein Feiertag bestand, und
dann ebenfalls noch bis zum Abend dieses letzten Tages Abtretungsbegehren zu
stellen, wodurch er, der Rekurrent, benachteiligt worden wäre. Wohl hätte
diese Möglichkeit bestanden; wenn aber darin etwas Unbefriedigendes erblickt
werden müsste, so wäre dasselbe der vom Rekurrenten beantragten Lösung
vorzuwerfen: Da für die im Kanton Solothurn wohnhaften Beteiligten die Frist
mit dem 26. Dezember ablief, hätte der Rekurrent die Möglichkeit gehabt, am
27. Dezember auf dem Amte die Eingaben der andern einzusehen und dann noch bis
zum Abend des gleichen Tags sich ebenfalls zu einer Vorkehr zu entschliessen.
Dieses Argument

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vermag daher keine Ausnahme vom Grundsatz zu rechtfertigen.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- u. Konkurskammer . Der Rekurs wird
abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 59 III 95
Datum : 01. Januar 1932
Publiziert : 07. April 1933
Quelle : Bundesgericht
Status : 59 III 95
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Ob ein Tag ein staatlich anerkannter Feiertag im Sinn von Art. 31 Abs. 3 SchKG sei, bestimmt sich...


Gesetzesregister
SchKG: 31 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
32
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 32 - 1 ...50
1    ...50
2    Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51
3    ...52
4    Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.
BGE Register
40-III-131 • 59-III-95
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
frist • feiertag • tag • wille • termin • dauer • konkursverwaltung • beginn • gesetzliche frist • norm • stelle • die post • entscheid • solothurn • begründung des entscheids • kantonales rechtsmittel • kommunikation • antrag zu vertragsabschluss • uhr • vermutung
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