BGE 59 II 355
54. Urteil der I. Zivilabteilung vom 26. September 1933 i. S. Banque Nationale
de Bulgarie gegen J. Alcalay G.m.b.H.
Seite: 355
Regeste:
Es ist kein Verstoss gegen OG Art. 63 Ziff. 3, wenn das kantonale Gericht in
seinem Urteil nicht angegeben hat, welches Recht es angewendet hat, sofern es
sowohl nach dem schweizerischen, als nach dem ausländischen Recht zum gleichen
Ergebnis gelangt ist (Erw. 1).
Die Verjährung eines vertraglichen Anspruches richtet sich nach dem Recht, dem
die Obligation selbst unterworfen ist (Erw. 2).
Anwendbares Recht auf ein internationales Anleihen einer ausländischen
Nationalbank mit schweizerischen Zahl. stellen. Ablehnung der Anwendung des
Rechtes der Zahl. stellen als Recht des Erfindungsortes im konkreten Fall
(Erw. 3).
Bei Beurteilung der Klage auf Anerkennung des Forderungsrechtes im
Arrestverfahren darf nicht die lex fori herangezogen werden (Erw. 4).
A. - Im Jahre 1909 nahm die Banque Nationale de Bulgarie ein Anleihen auf. Die
ausgestellten Anleihenstitel enthalten u. a. folgende Bestimmung: «Die Coupons
und die verlosten Titel werden zu ihrem Nennwert eingelöst und zwar nach
Belieben des Inhabers an folgenden Plätzen: in Sofia in Levas Gold, in Wien,
Paris, Amsterdam, Antwerpen, Brüssel, Zürich und Basel in Francs. Coupons,
welche nicht innerhalb 6 Jahren nach ihrer Fälligkeit zur Einlösung
präsentiert werden, sind zugunsten der Banque Nationale de Bulgarie verjährt.»
Durch Gesetz vom 9. Mai 1922 hat der bulgarische Staat den Lauf der Verjährung
der Verbindlichkeiten der Banque Nationale de Bulgarie aus dem genannten
Anleihen als vom 1. August 1914 bis 31. Dezember 1922 unterbrochen, d. h. hier
nach dem Sprachgebrauch des schweizerischen Obligationenrechtes (OR Art. 134)
«stillgestanden» erklärt.
Die Bank J. Alcalay G. m. b. H. in Berlin besitzt eine grosse Anzahl
Zinsabschnitte dieses Anleihens mit
Seite: 356
Verfalldaten aus den Jahren 1918-1922. Durch Vermittlung der Dresdner Bank in
Berlin liess sie diese Coupons am 24. Dezember 1927 der angegebenen Zahlstelle
der Banque Nationale de Bulgarie in Antwerpen, der Banque Centrale Anversoise,
zur Einlösung präsentieren. Die Banque Centrale Anversoise verweigerte jedoch
die Zahlung und stellte der J. Alcalay G. m. b. H. darüber folgende Erklärung
aus:
«Déclaration.
Nous soussignées, Banque Centrale Anversoise, Société Anonyme de la Dresdner
Bank à Berlin:
fr. frs. 120003.75 coupons Banque Nationale de Bulgarie 4 1/2% 1909 échéances
novembre 1918 à novembre 1922 fr. frs. 19575 coupons Ville de Sofia 4 1/2%
1910 échéances mars 1918 à mars 1924, que nous n'avons pu payer en francs
français ces coupons ne répondant pas aux conditions arrêtées par la Direction
de la Dette publique à Sofia pour le payement en cette devise. Anvers, le 29
décembre 1927. Banque Centrale Anversoise, Société Anonyme. Signature.»
Nachdem Unterhandlungen des J. Alcalay G. m. b. H. mit der Banque Nationale de
Bulgarie gescheitert waren, nahm jene für ihr Guthaben aus den Coupons in
Basel einen Arrest auf Forderungen der Bulgarischen Nationalbank gegen Basler
Banken und leitete zur Aufrechterhaltung des Arrestes in Basel Klage auf
Bezahlung von vorläufig 9950 Fr. ein; nachträglich reduzierte sie die
Klagesumme auf 9945 Fr.
B. - Die Beklagte hat den Antrag gestellt, die Klage sei wegen Verjährung
abzuweisen, eventuell nur in der Höhe von 373 Fr. 93 Cts. (Levas 9945.- zum
Kurs von 3,76) zu schützen.
C. - Durch Urteil vom 30. September 1932 hat das Zivilgericht des Kantons
Basel-Stadt die Klage abgewiesen, ohne zu entscheiden, ob ausländisches oder
schweizerisches Recht anwendbar sei. Es hat gefunden, dass die Ansprüche
sowohl nach dem bulgarischen, als nach
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dem schweizerischen Recht als verjährt anzusehen seien, indem die Präsentation
der Coupons zur Zahlung in Antwerpen die Verjährung nicht unterbrochen habe
und die Erklärung der Banque Centrale Anversoise mangels Vollmacht keine
gültige Schuldanerkennung gewesen sei.
D. - Das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt hat die gegen diesen
Entscheid gerichtete Appellation der Klägerin und damit auch die Klage am 7.
April 1933 in vollem Umfang gutgeheissen. Es hat gefunden, dass die Klage
sowohl nach dem bulgarischen, als nach dem schweizerischen Rechte geschützt
werden müsse. Es hat zugunsten der Klägerin den Grundsatz des Art. 134 Ziff. 6
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 134 - 1 Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
|
1 | Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
1 | für Forderungen der Kinder gegen die Eltern bis zur Volljährigkeit der Kinder; |
2 | für Forderungen der urteilsunfähigen Person gegen die vorsorgebeauftragte Person, solange der Vorsorgeauftrag wirksam ist; |
3 | für Forderungen der Ehegatten gegeneinander während der Dauer der Ehe; |
3bis | für Forderungen von eingetragenen Partnerinnen oder Partnern gegeneinander, während der Dauer ihrer eingetragenen Partnerschaft; |
4 | für Forderungen der Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben, gegen diesen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses; |
5 | solange dem Schuldner an der Forderung eine Nutzniessung zusteht; |
6 | solange eine Forderung aus objektiven Gründen vor keinem Gericht geltend gemacht werden kann; |
7 | für Forderungen des Erblassers oder gegen diesen, während der Dauer des öffentlichen Inventars; |
8 | während der Dauer von Vergleichsgesprächen, eines Mediationsverfahrens oder anderer Verfahren zur aussergerichtlichen Streitbeilegung, sofern die Parteien dies schriftlich vereinbaren. |
2 | Nach Ablauf des Tages, an dem diese Verhältnisse zu Ende gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang. |
3 | Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes. |
OR angewendet, wonach die Verjährung stillesteht, solange eine Forderung vor
einem schweizerischen Gerichte nicht geltend gemacht werden kann.
E. - Gegen dieses Erkenntnis hat die Beklagte rechtzeitig die Berufung an das
Bundesgericht ergriffen und Abweisung der Klage beantragt, eventuell sei
dieselbe nur in der Höhe von 373 Fr. 93 Cts. gutzuheissen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Nach Art. 56
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 134 - 1 Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
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1 | Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
1 | für Forderungen der Kinder gegen die Eltern bis zur Volljährigkeit der Kinder; |
2 | für Forderungen der urteilsunfähigen Person gegen die vorsorgebeauftragte Person, solange der Vorsorgeauftrag wirksam ist; |
3 | für Forderungen der Ehegatten gegeneinander während der Dauer der Ehe; |
3bis | für Forderungen von eingetragenen Partnerinnen oder Partnern gegeneinander, während der Dauer ihrer eingetragenen Partnerschaft; |
4 | für Forderungen der Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben, gegen diesen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses; |
5 | solange dem Schuldner an der Forderung eine Nutzniessung zusteht; |
6 | solange eine Forderung aus objektiven Gründen vor keinem Gericht geltend gemacht werden kann; |
7 | für Forderungen des Erblassers oder gegen diesen, während der Dauer des öffentlichen Inventars; |
8 | während der Dauer von Vergleichsgesprächen, eines Mediationsverfahrens oder anderer Verfahren zur aussergerichtlichen Streitbeilegung, sofern die Parteien dies schriftlich vereinbaren. |
2 | Nach Ablauf des Tages, an dem diese Verhältnisse zu Ende gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang. |
3 | Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes. |
Zivilrechtsstreitigkeiten, die von den kantonalen Gerichten unter Anwendung
eidgenössischer Gesetze entschieden worden oder nach solchen zu entscheiden
sind, und nach Art. 57 Abs. 1
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 134 - 1 Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
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1 | Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
1 | für Forderungen der Kinder gegen die Eltern bis zur Volljährigkeit der Kinder; |
2 | für Forderungen der urteilsunfähigen Person gegen die vorsorgebeauftragte Person, solange der Vorsorgeauftrag wirksam ist; |
3 | für Forderungen der Ehegatten gegeneinander während der Dauer der Ehe; |
3bis | für Forderungen von eingetragenen Partnerinnen oder Partnern gegeneinander, während der Dauer ihrer eingetragenen Partnerschaft; |
4 | für Forderungen der Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben, gegen diesen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses; |
5 | solange dem Schuldner an der Forderung eine Nutzniessung zusteht; |
6 | solange eine Forderung aus objektiven Gründen vor keinem Gericht geltend gemacht werden kann; |
7 | für Forderungen des Erblassers oder gegen diesen, während der Dauer des öffentlichen Inventars; |
8 | während der Dauer von Vergleichsgesprächen, eines Mediationsverfahrens oder anderer Verfahren zur aussergerichtlichen Streitbeilegung, sofern die Parteien dies schriftlich vereinbaren. |
2 | Nach Ablauf des Tages, an dem diese Verhältnisse zu Ende gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang. |
3 | Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes. |
werden, dass die Entscheidung des kantonalen Gerichtes auf einer Verletzung
des Bundesrechtes beruhe. Ist auf einen Streitfall ausländisches Recht
anwendbar und ist er durch das kantonale Gericht auch unter Anwendung des
ausländischen Rechtes beurteilt worden, so kann das Bundesgericht nach seiner
ständigen Auslegung der Art. 56
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 134 - 1 Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
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1 | Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
1 | für Forderungen der Kinder gegen die Eltern bis zur Volljährigkeit der Kinder; |
2 | für Forderungen der urteilsunfähigen Person gegen die vorsorgebeauftragte Person, solange der Vorsorgeauftrag wirksam ist; |
3 | für Forderungen der Ehegatten gegeneinander während der Dauer der Ehe; |
3bis | für Forderungen von eingetragenen Partnerinnen oder Partnern gegeneinander, während der Dauer ihrer eingetragenen Partnerschaft; |
4 | für Forderungen der Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben, gegen diesen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses; |
5 | solange dem Schuldner an der Forderung eine Nutzniessung zusteht; |
6 | solange eine Forderung aus objektiven Gründen vor keinem Gericht geltend gemacht werden kann; |
7 | für Forderungen des Erblassers oder gegen diesen, während der Dauer des öffentlichen Inventars; |
8 | während der Dauer von Vergleichsgesprächen, eines Mediationsverfahrens oder anderer Verfahren zur aussergerichtlichen Streitbeilegung, sofern die Parteien dies schriftlich vereinbaren. |
2 | Nach Ablauf des Tages, an dem diese Verhältnisse zu Ende gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang. |
3 | Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes. |
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1 | Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
1 | für Forderungen der Kinder gegen die Eltern bis zur Volljährigkeit der Kinder; |
2 | für Forderungen der urteilsunfähigen Person gegen die vorsorgebeauftragte Person, solange der Vorsorgeauftrag wirksam ist; |
3 | für Forderungen der Ehegatten gegeneinander während der Dauer der Ehe; |
3bis | für Forderungen von eingetragenen Partnerinnen oder Partnern gegeneinander, während der Dauer ihrer eingetragenen Partnerschaft; |
4 | für Forderungen der Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben, gegen diesen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses; |
5 | solange dem Schuldner an der Forderung eine Nutzniessung zusteht; |
6 | solange eine Forderung aus objektiven Gründen vor keinem Gericht geltend gemacht werden kann; |
7 | für Forderungen des Erblassers oder gegen diesen, während der Dauer des öffentlichen Inventars; |
8 | während der Dauer von Vergleichsgesprächen, eines Mediationsverfahrens oder anderer Verfahren zur aussergerichtlichen Streitbeilegung, sofern die Parteien dies schriftlich vereinbaren. |
2 | Nach Ablauf des Tages, an dem diese Verhältnisse zu Ende gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang. |
3 | Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes. |
nicht besteht, auf eine Berufung nicht eintreten.
Seite: 358
Im vorliegenden Fall hat die Beklagte und Berufungsklägerin zunächst in
formeller Beziehung gerügt, dass das Appellationsgericht entgegen Art. 63
Ziff. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 134 - 1 Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
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1 | Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
1 | für Forderungen der Kinder gegen die Eltern bis zur Volljährigkeit der Kinder; |
2 | für Forderungen der urteilsunfähigen Person gegen die vorsorgebeauftragte Person, solange der Vorsorgeauftrag wirksam ist; |
3 | für Forderungen der Ehegatten gegeneinander während der Dauer der Ehe; |
3bis | für Forderungen von eingetragenen Partnerinnen oder Partnern gegeneinander, während der Dauer ihrer eingetragenen Partnerschaft; |
4 | für Forderungen der Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben, gegen diesen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses; |
5 | solange dem Schuldner an der Forderung eine Nutzniessung zusteht; |
6 | solange eine Forderung aus objektiven Gründen vor keinem Gericht geltend gemacht werden kann; |
7 | für Forderungen des Erblassers oder gegen diesen, während der Dauer des öffentlichen Inventars; |
8 | während der Dauer von Vergleichsgesprächen, eines Mediationsverfahrens oder anderer Verfahren zur aussergerichtlichen Streitbeilegung, sofern die Parteien dies schriftlich vereinbaren. |
2 | Nach Ablauf des Tages, an dem diese Verhältnisse zu Ende gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang. |
3 | Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes. |
auf der Anwendung eidgenössischer und inwieweit auf der Anwendung
ausländischer Gesetzesbestimmungen beruhe. Diese Rüge ist unbegründet. Das
Appellationsgericht hat in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich bemerkt,
welches Recht es angewendet hat. Es hat die Streitfragen aber sowohl nach dem
schweizerischen, als nach dem bulgarischen Recht gelöst und ist zu dem
gleichen Ergebnis gelangt. Welches Recht richtigerweise hätte angewendet
werden sollen, konnten es daher unentschieden lassen und hat es auch
unentschieden gelassen Darin liegt aber kein Verstoss gegen Art. 63 Ziff. 3
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 134 - 1 Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
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1 | Die Verjährung beginnt nicht und steht still, falls sie begonnen hat: |
1 | für Forderungen der Kinder gegen die Eltern bis zur Volljährigkeit der Kinder; |
2 | für Forderungen der urteilsunfähigen Person gegen die vorsorgebeauftragte Person, solange der Vorsorgeauftrag wirksam ist; |
3 | für Forderungen der Ehegatten gegeneinander während der Dauer der Ehe; |
3bis | für Forderungen von eingetragenen Partnerinnen oder Partnern gegeneinander, während der Dauer ihrer eingetragenen Partnerschaft; |
4 | für Forderungen der Arbeitnehmer, die mit dem Arbeitgeber in Hausgemeinschaft leben, gegen diesen während der Dauer des Arbeitsverhältnisses; |
5 | solange dem Schuldner an der Forderung eine Nutzniessung zusteht; |
6 | solange eine Forderung aus objektiven Gründen vor keinem Gericht geltend gemacht werden kann; |
7 | für Forderungen des Erblassers oder gegen diesen, während der Dauer des öffentlichen Inventars; |
8 | während der Dauer von Vergleichsgesprächen, eines Mediationsverfahrens oder anderer Verfahren zur aussergerichtlichen Streitbeilegung, sofern die Parteien dies schriftlich vereinbaren. |
2 | Nach Ablauf des Tages, an dem diese Verhältnisse zu Ende gehen, nimmt die Verjährung ihren Anfang oder, falls sie begonnen hatte, ihren Fortgang. |
3 | Vorbehalten bleiben die besondern Vorschriften des Schuldbetreibungs- und Konkursrechtes. |
OG. Es bleibt nun einfach dem Bundesgerichte anheimgestellt, zu entscheiden,
welches Recht anwendbar ist.
2.- Das Bundesgericht hat schon wiederholt entschieden, dass sich die
Verjährung eines vertraglichen Anspruches nach demjenigen Recht richtet,
welchem die Obligation selbst unterworfen ist (BGE 12 S. 682, 38 II S. 360;
vgl. auch die im erstgenannten Urteil S. 683 und die bei NUSSBAUM,
Internationales Privatrecht S. 235 N. 7 zitierten deutschen Entscheide). An
dieser Praxis ist festzuhalten. Sie entspricht auch der im Schrifttum heute
als herrschend zu bezeichnenden Auffassung (BECKER Kommentar zum OR, N. 5 vor
Art. 127, MEILI:, Internationales Privat- und Handelsrecht Bd. I S. 210,
HOMBERGER, Die obligatorischen Verträge im internationalen Privatrecht S. 68
N. 1, André MERCIER, La prescription libératoire en droit international privé
S. 96, ZITELMANN, Internationales Privatrecht II S. 244, NUSSBAUM,
Internationales Privatrecht S. 235 ff.). Ihre Rechtfertigung liegt in
folgender, von Pasquale FIORE (Diritto Internazionale Privato, terza edizione
I No. 165 pag. 186) dargelegter Erwägung: «Infatti, se l'obbligazione
giuridica vale tanto in sostanza quanto il diritto
Seite: 359
del creditore a costringere il debitore alla prestazione, la durata
dell'azione si collega con la forza dell'obligazione e deve essere
conseguentemente retta dalla stessa legge di essa. Quando due persone si
obbligano, si deve intendere pure convenuto fra di loro, che il termine entro
qui l'una può agire contro l'altra per costringerla all'adempimento, debba
dipendere dalla stessa legge sotto di cui sia nate l'obbligazione, ed il
diritto di azione ad essa relativo.»
3.- Die Bestimmung des anwendbaren Rechtes bleibt im vorliegenden Falle aber
trotzdem mit Schwierigkeiten verbunden, weil Zahlstellen in verschiedenen
Ländern angegeben sind und die Bedeutung solcher Zahlstellen eben für die
Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechtes zum Mindesten als umstritten
bezeichnet werden muss, die Anwendbarkeit des schweizerischen Rechtes an
Stelle des bulgarischen mithin nicht zum Vornherein als unhaltbar von der Hand
gewiesen werden kann. NUSSBAUM (Internationales Privatrecht S. 261) stellt
sich auf den Standpunkt, dass Zahlstellen keinerlei Bedeutung für die
Ermittlung des auf die Schuldverpflichtung anwendbaren materiellen Rechtes
hätten, auch nicht in dem Sinne, dass der Gläubiger, der sich für die
Einlösung bei der Zahlstelle X entscheidet, damit das Schuldverhältnis dem
Recht von X unterwerfe. Derselbe Verfasser führt jedoch neben einem älteren,
im gleichen Sinne lautenden Urteil des deutschen Reichsgerichtes zwei neuere
Entscheidungen der gleichen Instanz an, in denen in gegenteiligem Sinne
erkannt worden ist (vgl. insbes. das Urteil des Reichsgerichtes vom 14.
November 1929 RGZ 126 Nr. 43 S. 196 ff.). In ihrem Erkenntnis vom 6. November
1931 hat die staatsrechtliche Abteilung des Bundesgerichtes bei Beurteilung
des gegen das Urteil des Appellationsgerichtes des Kantons Basel-Stadt im
Arrestaufhebungsprozess eingereichten staatsrechtlichen Rekurses den
Standpunkt der Beklagten verworfen, sie sei auf Grund des bundesgerichtlichen
Urteils i. S.
Seite: 360
Hellenische Republik gegen Obergericht Zürich (BGE 56 I S. 237 ff.) als
unselbständige, mit dem bulgarischen Staat rechtlich identische Anstalt der
schweizerischen Gerichtsbarkeit nur in beschränktem Masse und hier gar nicht
unterworfen, da die Zahlstellen in der Schweiz hier nur zur Bequemlichkeit der
Gläubiger und nicht als eigentliche Erfüllungsorte angegeben worden seien; das
Bundesgericht hat hiezu ausgeführt: «Hierin liegt die Stipulierung von
Erfüllungsorten in der Schweiz; denn der Gläubiger hat danach ein Recht
darauf, dass der Schuldner seinen Verpflichtungen aus dem Schuldverhältnis -
Zahlung der Zinsen und des Kapitals - in der Schweiz nachkomme und zwar in
schweizerischer Währung. Die Rekurrentin hat ihre Verpflichtungen nicht schon
dadurch erfüllt, dass sie den schweizerischen Banken die Mittel zur Zahlung
anweist (Versendungsschuld, wie die Rekurrentin das Verhältnis qualifizieren
möchte, s. von TUHR OR 445), sondern erst dadurch, dass auf Vorweisung der
Coupons oder des Titels hin die Zahlung in der Schweiz erfolgt. Die im
Interesse der Gläubiger im, Ausland begründeten Zahlstellen sind also. nichts
anderes als Erfüllungsorte. Dass die Verlosung der zurückzuzahlenden Titel in
Sofia stattfindet, ändert hieran selbstverständlich nichts. Auch wenn also in
Wahrheit der bulgarische Staat Schuldner sein sollte, wäre der angefochtene
Arrest dennoch zulässig gewesen.» Allerdings hat sich die staatsrechtliche
Abteilung damit nicht zugleich auch über das anwendbare Recht im vorliegenden
Fall ausgesprochen. Doch hat das Bundesgericht in seiner Praxis stets
angenommen, dass die Wirkungen eines obligatorischen Rechtsgeschäftes durch
das Recht beherrscht werden, das die Parteien selbst beim Geschäftsabschluss
als massgebend betrachtet haben und dass davon ausgegangen werden müsse, sie
hätten das Recht des Erfüllungsortes als auf ihr Rechtsgeschäft anwendbar
gehalten, wenn sie sich nicht von Anfang an übereinstimmend und in schlüssiger
Weise einem andern Recht unterworfen haben
Seite: 361
(BGE 44 II S. 417, 47 II S. 650, 48 II S. 393, 49 II S. 75 und 235, 56 II S.
41). Insbesondere in seinen beiden Erkenntnissen aus neuerer Zeit gerade über
die Rechtsanwendung bei ausländischen Obligationenanleihen mit Zahlstellen an
schweizerischen Plätzen (BGE 54 II S. 257, 57 II S. 69) hat sich das
Bundesgericht für das Recht des Erfüllungsortes entschieden; i. S. Société
d'Héraclée contre Badan vom 11. Februar 1931 (BGE 57 II S. 72) hat es
ausgeführt: «Le demandeur déduit ses droits de la clause en vertu de laquelle
les intérêts échus et les obligations amorties sont payables à Genève. Le lieu
d'exécution du contrat conclu avec la défenderesse au moment de l'acquisition
des titres par le porteur se trouve donc en Suisse, et c'est dès lors le droit
suisse qui régit le litige, rien n'indiquant que les parties aient songé à
l'application d'un droit étranger (français ou ottoman). La jurisprudence est
constante sur ce point.»
Es ergibt sich nun aber gerade aus der letzten Erwägung, dass das
Bundesgericht beim Mangel ausdrücklicher Rechtskürung durch die Parteien nicht
schlechthin, auf Grund eines objektiven Prinzipes, auf das Recht des
Erfüllungsortes abstellt; vielmehr fallt dieses in Betracht, wenn und weil es
die Parteien beim Geschäftsabschluss entweder wirklich als massgebend
betrachteten oder doch vernünftiger- und billigerweise als anwendbar halten
konnten und mussten. Ob damit durch das Bundesgericht in Wirklichkeit doch ein
selbständiges, subsidiäres und unmittelbar anwendbares Prinzip verwendet oder
der Umweg über eine tatsächliche Vermutung der Parteien zugunsten des Rechtes
des Erfüllungsortes aufrecht erhalten wird, kann als theoretische Frage offen
gelassen werden (vgl. darüber OSER-SCHÖNENBERGER, Kommentar zum OR, N. 84 der
Allgemeinen Einleitung bes. S. LXXI und dort zit. Litt.); jedenfalls bleibt
festzuhalten, dass das Recht des Erfüllungsortes auch beim Mangel einer
ausdrücklichen Parteivereinbarung nicht anwendbar ist, wenn der Parteiwille
vernünftigerweise nicht auf dieses
Seite: 362
Recht gerichtet sein konnte. In diesem Sinne ist auch das Urteil des
Bundesgerichtes von 13. September 1933 i S. «MIAG» gegen Gebrüder Bühler
aufzufassen, wo das Bundesgericht es deshalb abgelehnt hatte, auf das Recht
des Erfüllungsortes abzustellen, weil die Parteien, wenn sie an die
Rechtsanwendung gedacht hätten, vernünftigerweise auf alle Wirkungen des
Vertrages ein einheitliches Recht anwendbar erklärt hätten, das Vorhandensein
verschiedener Erfüllungsorte eine solche einheitliche Rechtsanwendung aber
nicht gewährleistet hätte.
Im erwähnten Fall der Société d'Héraclée contre Badan sowohl als im frühern
Fall Huttinger et Bernet contre Crédit foncier franco-canadien et de la
Bourdonnaye (BGE 54 II S. 257 ff.) war aber die genannte Voraussetzung für die
Anwendung des schweizerischen Rechtes als Recht des Erfüllungsortes gegeben
gewesen. Es hatte sich um Anleihen gehandelt, die auch in der Schweiz zur
Ausgabe gelangt und für die Zahlstellen im Inland angegeben gewesen waren.
Entscheidend ist, dass die Kläger schweizerische Obligationenzeichner oder
-inhaber mit Wohnsitz in Genf, just an einer der Zahlstellen, gewesen waren,
und dass sie auch dort die Klage eingereicht hatten. Es konnte also damals
kein Zweifel herrschen, dass das Recht des Erfüllungsortes das Recht
«correspondant à la volonté des parties d'y soumettre implicitement leurs
relations juridiques» war.
Im vorliegenden Fall dagegen lässt sich die Anwendung des schweizerischen
Rechtes nicht rechtfertigen, auch wenn man mit der staatsrechtlichen Abteilung
die Zahlstellen als Erfüllungsorte ansieht und wiewohl das Anleihen der
Beklagten u. a. auch in der Schweiz zur Ausgabe gelangt war und schweizerische
Zahlstellen angegeben waren. Die Klägerin ist keine schweizerische
Gesellschaft, denn sie hat ihren Sitz in Berlin, und sie ist ja übrigens in
eine Form gekleidet, die dem schweizerischen Recht nicht oder noch nicht
bekannt ist. Da die Obligationen des Anleihens Inhaberpapiere sind, muss
angenommen
Seite: 363
werden, die Klägerin selbst sei Eigentümerin der geltend gemachten Coupons und
diese verkörpern ihre Forderungen. Aber auch wenn sie im Auftrage Dritter
handeln würde, müsste ohne Weiteres angenommen werden, dass Auftraggeber
deutsche oder in Deutschland domizilierte Personen seien, und es muss weiter
davon ausgegangen werden, dass die Klägerin oder allfällige Auftraggeber oder
ihre Rechtsvorgänger die Titel seinerzeit keineswegs bei der Ausschreibung des
Anleihens in der Schweiz erworben hatten. Wieso nun aber deutsche Zeichner
einerseits und die bulgarische Nationalbank anderseits bei Abschluss des
Rechtsgeschäftes vernünftigerweise an das schweizerische Recht als anwendbares
Recht gedacht haben sollten, ist schlechthin unerfindlich. Die Klage ist nicht
etwa in Basel anhängig gemacht worden, weil die Parteien ihre
Rechtsbeziehungen von Anfang an dem schweizerischen Recht unterstellt hätten,
sondern aus dem einfachen Grunde, weil die Klägerin dort einen Arrest hatte
nehmen können. Die Beklagte hat ja auch einen Arrestaufhebungsprozess
angestrengt und noch vor Bundesgericht mit einem staatsrechtlichen Rekurs
geltend gemacht, sie sei der schweizerischen Gerichtsbarkeit nicht
unterworfen; es nimmt sich daher sonderbar aus, dass sie heute plötzlich ihre
Rechtsbeziehungen mit der Klägerin von Anfang an dem schweizerischen Recht
unterworfen haben will. Die Klägerin auf der andern Seite hat die Coupons
zuerst in Belgien zur Zahlung vorgewiesen, was sie gewiss auch nicht getan
hätte, wenn sie mit der Beklagten von Anfang an das schweizerische Recht als
anwendbar gehalten hätte oder vernünftigerweise als anwendbar hätte halten
sollen, denn in diesem Falle hätte es nahe gelegen, dass sie die Coupons bei
einer schweizerischen Bank vorgewiesen hätte.
4.- Auf das schweizerische Recht kann auch nicht etwa als lex fori abgestellt
werden. Das Bundesgericht hat übrigens bereits, in Übereinstimmung mit der in
der Literatur vertretenen Auffassung (OSER-SCHÖNENBERGER,
Seite: 364
Kommentar zum OR, N. 79 der Allgemeinen Einleitung), erkannt, dass im
Arrestprozess nicht die lex fori herangezogen werden kann (BGE 46 II S. 489;
vgl. auch das nicht publizierte Urteil vom 21. März 1933 i. S. Eckert c.
Chalençon et Moulin).
Ob auf den Streitfall an Stelle des schweizerischen das bulgarische Recht
anwendbar sei, wie die Vorinstanz anzunehmen scheint, oder das deutsche, kann
offen gelassen werden, da das Bundesgericht jedenfalls nicht zuständig ist,
auf die Berufung einzutreten.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Auf die Berufung wird nicht eingetreten.