S. 158 / Nr. 39 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 58 III 158

39. Entscheid vom 30. September 1932 i. S. Bau- und Holzarbeiterverband der
Schweiz, Sektion Basel.


Seite: 158
Regeste:
Wer Eigentumsansprache an der gepfändeten Sache erhoben, dann aber im Laufe
des bloss mit paulianischer Anfechtung begründeten Widerspruchsprozesses
wieder zurückgezogen hat, ist deswegen nicht von der Teilnahme an der Pfändung
ausgeschlossen (sofern die Voraussetzungen dazu vorliegen). Art. 110
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 110 - 1 Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
1    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
2    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren erst nach Ablauf der 30-tägigen Frist stellen, bilden in der gleichen Weise weitere Gruppen mit gesonderter Pfändung.
3    Bereits gepfändete Vermögensstücke können neuerdings gepfändet werden, jedoch nur so weit, als deren Erlös nicht den Gläubigern, für welche die vorgehende Pfändung stattgefunden hat, auszurichten sein wird.
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SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 1 - 1 Das Gebiet jedes Kantons bildet für die Durchführung der Schuldbetreibungen und der Konkurse einen oder mehrere Kreise.
1    Das Gebiet jedes Kantons bildet für die Durchführung der Schuldbetreibungen und der Konkurse einen oder mehrere Kreise.
2    Die Kantone bestimmen die Zahl und die Grösse dieser Kreise.
3    Ein Konkurskreis kann mehrere Betreibungskreise umfassen.
SchKG.
Celui qui, après avoir revendiqué la propriété de l'objet saisi, y a renoncé
au cours du procès en revendication fondé uniquement sur l'action révocatoire
paulienne, n'est pas déchu du droit de participer à la saisie, autant que les
conditions d'une participation sont réalisées (art. 110 et 111 LP).
Chi ha rivendicato in proprietà un oggetto pignorato e poi, nel corso delle
causa di rivendicazione, basata soltanto sull'azione revocatoria, vi ha
rinunciato, non è escluso dal participare al pignoramento, sempre che del
resto si verifichino le condizioni di una participazione (art. 110 e 111 LEF).

A. - Der Rekurrent hat in seiner Betreibung gegen Viktor Tschopp-Winter am 8.
Februar 1932 einen Verlustschein erhalten, dann aber am 16. April Nachpfändung
auf das «Guthaben an die Basler Kantonalbank Basel laut Sparheit No. 4248 auf
den Namen der Ehefrau Maria Agata Tschopp-Winter lautend im Totalbetrage von
1850 Fr.» verlangt, die am 19. April 1932 vollzogen wurde. Da die Ehefrau des
Schuldners Eigentumsansprache erhob, setzte das Betreibungsamt dem Rekurrenten
gemäss Art. 109
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...226
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
SchKG Frist zur Widerspruchsklage gegen sie an, während
welcher der Rekurrent am 7. Mai «Anfechtungsklage mit dem Antrag erhob, «es
sei festzustellen, dass das ... gepfändete ... Guthaben ... der Beklagten
nicht zusteht, sondern der gegen Tschopp-Winter gerichteten Betreibung und
Pfändung untersteht». Am 24./26. Mai verlangte die Ehefrau des Schuldners für
1200 Fr. Teilnahme an der Nachpfändung des Sparkasseguthabens, die ihr durch
Bildung der Gruppe No. 2376

Seite: 159
bewilligt wurde. Am 2./3. Juni schrieb der Vertreter der Beklagten an das
Betreibungsamt, «dass Frau Tschopp-Winter das Eigentum an Pfandobjekt No. 1
nicht mehr beansprucht. Sie hat ihr Guthaben abgetreten an den Schuldner,
welcher somit Eigentümer des Pfandgegenstandes ist». Und am 3. Juni schrieb er
dem Prozessgericht, «dass der Prozess gegenstandslos geworden ist. Die
Beklagte hat das in Frage stehende Sparguthaben auf den Schuldner zu Eigentum
übertragen. Der betreffende Pfandgegenstand unterliegt somit der Pfändung. Die
Kosten der Klage werden von der Beklagten übernommen.» Am 11. Juni schrieb er
dem Prozessgericht weiter: «In Sachen ... wird hiemit die Klage zufolge des
Umstandes, dass die Beklagte nicht mehr Eigentümerin der gepfändeten Forderung
ist, anerkannt».
B. - Mit der vorliegenden Beschwerde verlangt der Rekurrent unter Berufung auf
BGE 44 III S. 1 Wegweisung der Ehefrau des Schuldners von der Teilnahme an der
Nachpfändung.
C. - Die kantonale Aufsichtsbehörde hat am 30. Juli 1932 die Beschwerde
abgewiesen.
D. - Diesen Entscheid hat der Rekurrent' an das Bundesgericht weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
zieht in Erwägung:
Im Falle des vom Rekurrenten angezogenen Präjudizes war die Anfechtungsklage
nicht im Widerspruchsverfahren, sondern selbständig geführt worden. Die
Wirkung der Gutheissung dieser Anfechtungsklage bestand nach dem Präjudiz
darin, dass der anfechtbar veräusserte Vermögensgegenstand zwar vom
obsiegenden Kläger gepfändet werden könne, dagegen von niemand anderem, weil
er nach wie vor dem Anfechtungsbeklagten gehöre und nicht etwa an den
betriebenen Schuldner zurückgefallen sei. Hieraus folgte die Unzulässigkeit
der Teilnahme

Seite: 160
irgendwelchen anderen Gläubigers an der nachträglich vollzogenen Pfändung des
anfechtbar erworbenen Vermögensgegenstandes ohne weiteres. Die gleiche
Folgerung würde sich im vorliegenden Fall unwiderleglich aufdrängen, wenn die
Ehefrau des Schuldners sich der im Widerspruchsverfahren erhobenen
Anfechtungsklage des Rekurrenten einfach unterzogen hätte. Allein die Ehefrau
des Schuldners ist weiter gegangen und hat zunächst durch Erklärung gegenüber
dem Betreibungsamt . ohne Umschweife die erhobene Eigentumsansprache am
gepfändeten Sparguthaben fallen gelassen. Wodurch sie zu dieser Änderung ihrer
Stellungnahme veranlasst worden sein mag, ist für deren betreibungsrechtliche
Wirkung ohne Belang, weshalb dem allfälligen Zusammenhang dieses Schrittes mit
einer angeblich gegen Art. 96
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 96 - 1 Der Schuldner darf bei Straffolge (Art. 169 StGB211) ohne Bewilligung des Betreibungsbeamten nicht über die gepfändeten Vermögensstücke verfügen. Der pfändende Beamte macht ihn darauf und auf die Straffolge ausdrücklich aufmerksam.212
1    Der Schuldner darf bei Straffolge (Art. 169 StGB211) ohne Bewilligung des Betreibungsbeamten nicht über die gepfändeten Vermögensstücke verfügen. Der pfändende Beamte macht ihn darauf und auf die Straffolge ausdrücklich aufmerksam.212
2    Verfügungen des Schuldners sind ungültig, soweit dadurch die aus der Pfändung den Gläubigern erwachsenen Rechte verletzt werden, unter Vorbehalt der Wirkungen des Besitzerwerbes durch gutgläubige Dritte.213
SchKG verstossenden Verfügung über den
gepfändeten Gegenstand nicht weiter nachgegangen zu werden braucht. Die
betreibungsrechtliche Wirkung des nachträglichen Fallenlassens einer erhobenen
Eigentumsansprache besteht nun, im Gegensatz zu der bereits gekennzeichneten
betreibungsrechtlichen Wirkung der Gutheissung oder Anerkennung einer
Anfechtungsklage, darin, dass der angesprochene Gegenstand als im Zeitpunkte
des Pfändungsvollzuges dem Schuldner gehörend angesehen wird. Daher steht auch
nichts dem Zugriff anderer Gläubiger auf dieses Vermögensstück, insbesondere
ihrer Teilnahme an der für den Rekurrenten vollzogenen Pfändung desselben
entgegen. Freilich wären solche Gruppengläubiger, welche die ihnen angesetzte
Frist zur Klage gegen den Drittansprecher verstreichen lassen hätten, von der
Teilnahme an der Pfändung ausgeschlossen (BGE 22 S. 681 f.; 29 I S. 540 = Sep.
Ausg. 6 S. 264). Allein Gruppengläubiger, denen noch gar keine Klagefrist
angesetzt worden oder die allfällig bereits angesetzte Klagefrist noch nicht
abgelaufen wäre, würden von einem solchen nachträglichen Fallenlassen der
Drittansprache ebenfalls profitiert haben, als ob sie selbst auch Klage
erhoben hätten (vgl. BGE 29 I S. 113 ff. =

Seite: 161
Sep. Ausg. 6 S. 47). Endlich ist, wie das Bundesgericht bereits ausgesprochen
hat (BGE 28 I S. 374 f. = Sep. Ausg. 5 S. 224 f.), der Drittansprecher selbst,
der gegen seine eigene Drittansprache natürlich nichts unternehmen konnte,
ohne weiteres zur Teilnahme an der Pfändung des angesprochenen
Vermögensstückes berechtigt, wenn diese Pfändung infolge Obsiegens eines
betreibenden Gläubigers im Widerspruchsprozess oder seines eigenen Abstandes
endgültig wird. Somit steht dem Rekurrenten kein Grund zur Seite, um die
Ehefrau des Schuldners von der Teilnahme an der vorliegenden, auf das von ihr
angesprochene Guthaben beschränkten Pfändung auszuschliessen. Wie dargetan,
treffen eben hier die konstruktiven Gründe nicht zu, die im Falle des
angerufenen Präjudizes zum Ausschluss der erfolgreich mit Anfechtungsklage
belangten Ehefrau des Schuldners von der Teilnahme an der Pfändung gezwungen
haben. Der Ausschluss der anfechtungsbeklagten Ehefrau von der Teilnahme an
der Pfändung des zurückzugewährenden Vermögens ist damals nicht etwa als
Strafe für den Abschluss des anfechtbaren Rechtsgeschäftes ausgesprochen
worden und liesse sich auch nicht auf diese Weise rechtfertigen (vgl. BGE 58
III S.,47).
Demnach erkennt die Schuld betr.- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 58 III 158
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 30. September 1932
Quelle : Bundesgericht
Status : 58 III 158
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Wer Eigentumsansprache an der gepfändeten Sache erhoben, dann aber im Laufe des bloss mit...


Gesetzesregister
SchKG: 1 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 1 - 1 Das Gebiet jedes Kantons bildet für die Durchführung der Schuldbetreibungen und der Konkurse einen oder mehrere Kreise.
1    Das Gebiet jedes Kantons bildet für die Durchführung der Schuldbetreibungen und der Konkurse einen oder mehrere Kreise.
2    Die Kantone bestimmen die Zahl und die Grösse dieser Kreise.
3    Ein Konkurskreis kann mehrere Betreibungskreise umfassen.
96 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 96 - 1 Der Schuldner darf bei Straffolge (Art. 169 StGB211) ohne Bewilligung des Betreibungsbeamten nicht über die gepfändeten Vermögensstücke verfügen. Der pfändende Beamte macht ihn darauf und auf die Straffolge ausdrücklich aufmerksam.212
1    Der Schuldner darf bei Straffolge (Art. 169 StGB211) ohne Bewilligung des Betreibungsbeamten nicht über die gepfändeten Vermögensstücke verfügen. Der pfändende Beamte macht ihn darauf und auf die Straffolge ausdrücklich aufmerksam.212
2    Verfügungen des Schuldners sind ungültig, soweit dadurch die aus der Pfändung den Gläubigern erwachsenen Rechte verletzt werden, unter Vorbehalt der Wirkungen des Besitzerwerbes durch gutgläubige Dritte.213
109 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 109 - 1 Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1    Beim Gericht des Betreibungsortes sind einzureichen:
1  Klagen nach Artikel 107 Absatz 5;
2  Klagen nach Artikel 108 Absatz 1, sofern der Beklagte Wohnsitz im Ausland hat.
2    Richtet sich die Klage nach Artikel 108 Absatz 1 gegen einen Beklagten mit Wohnsitz in der Schweiz, so ist sie an dessen Wohnsitz einzureichen.
3    Bezieht sich der Anspruch auf ein Grundstück, so ist die Klage in jedem Fall beim Gericht des Ortes einzureichen, wo das Grundstück oder sein wertvollster Teil liegt.
4    Das Gericht zeigt dem Betreibungsamt den Eingang und die Erledigung der Klage an. ...226
5    Bis zur Erledigung der Klage bleibt die Betreibung in Bezug auf die streitigen Gegenstände eingestellt, und die Fristen für Verwertungsbegehren (Art. 116) stehen still.
110
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 110 - 1 Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
1    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren innerhalb von 30 Tagen nach dem Vollzug einer Pfändung stellen, nehmen an der Pfändung teil. Die Pfändung wird jeweils so weit ergänzt, als dies zur Deckung sämtlicher Forderungen einer solchen Gläubigergruppe notwendig ist.
2    Gläubiger, die das Fortsetzungsbegehren erst nach Ablauf der 30-tägigen Frist stellen, bilden in der gleichen Weise weitere Gruppen mit gesonderter Pfändung.
3    Bereits gepfändete Vermögensstücke können neuerdings gepfändet werden, jedoch nur so weit, als deren Erlös nicht den Gläubigern, für welche die vorgehende Pfändung stattgefunden hat, auszurichten sein wird.
BGE Register
28-I-372 • 29-I-113 • 44-III-1 • 58-III-158
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
schuldner • anfechtungsklage • beklagter • betreibungsamt • drittansprache • bundesgericht • klagefrist • eigentum • frist • schuldbetreibungs- und konkursrecht • unternehmung • entscheid • widerspruchsverfahren • kantonales rechtsmittel • widerspruchsklage • frage • treffen • kantonalbank • verlustschein • sektion
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