S. 400 / Nr. 66 Familienrecht (d)

BGE 58 II 400

66. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 8. Dezember 1932 i. S.
Bischofberger gegen Disch.

Regeste:
Vaterschaft mit Standesfolge, Art. 323
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 323 - 1 Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den Eltern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen Gewerbes herausbekommt, steht unter seiner Verwaltung und Nutzung.
1    Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den Eltern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen Gewerbes herausbekommt, steht unter seiner Verwaltung und Nutzung.
2    Lebt das Kind mit den Eltern in häuslicher Gemeinschaft, so können sie verlangen, dass es einen angemessenen Beitrag an seinen Unterhalt leistet.
ZGB.
1. Das Kind kann nur mit Standesfolge zugesprochen werden, wenn das
Eheversprechen der Beiwohnung (Schwängerung) vorausgegangen ist. Bestätigung
der Rechtsprechung.
2. Haben die Klägerin-Mutter und der Beklagte mehr als einmal geschlechtlich
miteinander verkehrt, so brauchen die Kläger lediglich nachzuweisen, dass
wenigstens ein Verkehr nach dem Eheversprechen stattgefunden hat; dem
Beklagten bleibt es dann überlassen darzutun, dass die Schwangerschaft im
Zeitpunkte des Eheversprechens schon bestanden habe. Bestätigung der
Rechtsprechung.
3. Ob das Verlöbnis von der Klägerin - Mutter aufgelöst wurde und aus welchem
Grunde, ist unerheblich.

Mit Standesfolge muss das Kind dem Beklagten gemäss Art. 323
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 323 - 1 Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den Eltern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen Gewerbes herausbekommt, steht unter seiner Verwaltung und Nutzung.
1    Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den Eltern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen Gewerbes herausbekommt, steht unter seiner Verwaltung und Nutzung.
2    Lebt das Kind mit den Eltern in häuslicher Gemeinschaft, so können sie verlangen, dass es einen angemessenen Beitrag an seinen Unterhalt leistet.
ZGB zugesprochen
werden, wenn er der Mutter die Ehe versprochen hat. Entgegen der Auffassung
der Vorinstanz ist dabei nicht gleichgültig, ob das Eheversprechen vor oder
nach der Beiwohnung abgegeben wurde. Nur wenn das Eheversprechen der
Beiwohnung vorausging, rechtfertigt sich die für den Beklagten schwerwiegende
Rechtsfolge der Zusprechung des Kindes mit Standesfolge. Von diesem Grundsatze
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung abzugehen, an dem in konstanter Praxis
und mit eingehender Begründung auch gegenüber Anfechtungen aus der Doktrin
festgehalten worden ist

Seite: 401
(vgl. BGE 52 II 312 und dort zitierte Urteile, insbesondere 44 II 19), besteht
kein Anlass.
Nicht Voraussetzung ist dagegen, dass das Eheversprechen dem ersten, zwischen
der Klägerin-Mutter und dem Beklagten stattgefundenen Geschlechtsverkehr
vorausgegangen sei, vielmehr braucht es nur vor der Schwängerung abgegeben
worden zu sein (BGE 52 II 312).
Im vorliegenden Falle hatten sich die Klägerin-Mutter und der Beklagte am 7.
März 1931 verlobt. Um diese Zeit fand der erste Geschlechtsverkehr statt, der
dann zum mindesten in den auf die Verlobung unmittelbar folgenden Wochen noch
wiederholt wurde. Damit steht freilich nicht fest, dass auch erst der Verkehr
nach der Verlobung zur Konzeption geführt hat. Da derselbe ebenfalls noch in
die kritische Zeit fällt, besteht aber auf jeden Fall diese Möglichkeit. Das
muss für die Zusprechung des Kindes mit Standesfolge genügen. Den Klägern den
Beweis dafür auferlegen, dass die Schwangerschaft auf den Verkehr nach und
nicht auf denjenigen vor dem Eheversprechen zurückzuführen sei, hiesse das
Klagerecht in den meisten dieser Fälle illusorisch machen. Natürlich muss dann
anderseits dem Beklagten der Nachweis vorbehalten werden, dass die
Schwangerschaft tatsächlich im Zeitpunkte des Eheversprechens schon bestanden
habe. In diesem Sinne hat das Bundesgericht bereits in BGE 56 II 155
entschieden. Dabei ist keineswegs zu bestreiten, dass im einzelnen Falle für
den Beklagten der Beweis der frühern Konzeption ebenso schwer zu erbringen
sein mag, wie es für die Kläger der Nachweis des Gegenteils wäre. Allein hat
der Beklagte eben doch nach dem Eheversprechen und innerhalb der kritischen
Zeit mit der Klägerin Mutter noch geschlechtlich verkehrt, so erscheint es
grundsätzlich immerhin weniger unbillig, ihn die vollen möglichen Rechtsfolgen
eines solchen Verkehrs tragen zu lassen, als den Klägern den Anspruch auf
Zusprechung des Kindes mit Standesfolge mit Rücksicht auf die Unsicherheit des
Empfängniszeitpunktes einfach zu

Seite: 402
versagen. Den genannten Nachweis hat aber der Beklagte hier nicht einmal
angetragen.
Unerheblich ist sodann, dass die Klägerin-Mutter das Verlöbnis aufgelöst hat
und dazu noch angeblich grundlos. Das Gesetz stellt für die Zusprechung mit
Standesfolge einzig darauf ab, ob das Kind unter einem Eheversprechen gezeugt
wurde, und nicht darauf, ob dieser oder jener Elternteil das Zustandekommen
der Ehe verhindert habe und ob das mit oder ohne Grund geschehen sei.
Das Kind ist dem Beklagten daher mit Standesfolge zuzusprechen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 58 II 400
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 08. Dezember 1932
Quelle : Bundesgericht
Status : 58 II 400
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Vaterschaft mit Standesfolge, Art. 323 ZGB.1. Das Kind kann nur mit Standesfolge zugesprochen...
Einordnung : Bestätigung der Rechtsprechung


Gesetzesregister
ZGB: 323
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 323 - 1 Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den Eltern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen Gewerbes herausbekommt, steht unter seiner Verwaltung und Nutzung.
1    Was das Kind durch eigene Arbeit erwirbt und was es von den Eltern aus seinem Vermögen zur Ausübung eines Berufes oder eines eigenen Gewerbes herausbekommt, steht unter seiner Verwaltung und Nutzung.
2    Lebt das Kind mit den Eltern in häuslicher Gemeinschaft, so können sie verlangen, dass es einen angemessenen Beitrag an seinen Unterhalt leistet.
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