S. 325 / Nr. 50 Familienrecht (d)

BGE 58 II 325

50. Auszug aus dem Urteil der II, Zivilabteilung vom 19. Juli 1932 i. S.
Grieder gegen Grieder.

Regeste:
ZGB Art. 154 Abs. 2, 214 Abs. 2:Begriff des Rückschlages (Erw. a). Wann ist,
er von der Ehefrau verursacht worden
(Erw. b)?

Der Kläger verlangt in Verbindung mit seiner Ehescheidungsklage Beteiligung
der Beklagten am Rückschlag. Über sein Vermögen hat er eine Aufstellung
vorgelegt, nach welcher «der zahlenmässige Rückschlag also rund 8000 Fr.
beträgt. Dieser ist jedoch erheblich höher, weil dar Kläger beim Verkauf
seiner Liegenschaft - nämlich eines während der Ehe gebauten
Zweifamilienhauses -

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nicht den Katasterwert erzielen wird». In dieser Vermögensaufstellung ist die
Fahrhabe des Klägers mit einem «Wert von maximum 10000 Fr.» eingestellt,
während der Kläger behauptet, seine bezüglichen Anschaffungen belaufen sich
insgesamt auf mindestens 18000 Fr.
Das Obergericht des Kantons Basel-Landschaft hat am 22. April 1932 das
erwähnte Klagebegehren im Betrage von 2000 Fr. zugesprochen.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte die Berufung an das Bundesgericht
eingelegt mit dem Antrag auf Abweisung des erwähnten Klagebegehrens.
Das Bundesgericht hat die Berufung der Beklagten begründet erklärt
aus den Gründen:
Der Kläger bestreitet nicht, sein Eigengut in vollem Umfange zurückerhalten zu
haben, nämlich was er an Vermögen in die Ehe eingebracht hat bezw. was nach
dem Grundsatze der dinglichen Subrogation an dessen Stelle getreten ist. Einen
Rückschlag des ehelichen Vermögens im Betrage von 8000 Fr. (bezw. allfällig
mehr) kann er nur insofern behaupten, als das für 18000 Fr. angeschaffte
Mobiliar heute nurmehr einen Wert von 10000 Fr. habe (und als auch die
Liegenschaft nicht um den offiziellen Schätzungswert verkäuflich wäre). Allein
Rückschlag im Sinne der Art. 154 Abs. 2 und 214 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 214 - 1 Massgebend für den Wert der bei der Auflösung des Güterstandes vorhandenen Errungenschaft ist der Zeitpunkt der Auseinandersetzung.
1    Massgebend für den Wert der bei der Auflösung des Güterstandes vorhandenen Errungenschaft ist der Zeitpunkt der Auseinandersetzung.
2    Für Vermögenswerte, die zur Errungenschaft hinzugerechnet werden, ist der Zeitpunkt massgebend, in dem sie veräussert worden sind.
ZGB ist nur eine
Minderung in der Substanz, nicht jede Minderung im Werte des ehelichen
Vermögens und speziell des Mannesgutes, ebensowenig wie nicht ein blosser
Mehrwert des noch vorhandenen und in natura zurückzunehmenden Mannes- oder
Frauengutes einen Vorschlag im Sinne der einschlägigen Bestimmungen ausmacht.
Andernfalls könnte nicht nur jeder Ehegatte vom allfälligen Mehrwert des vom
andern eingebrachten und noch vorhandenen bezw. in natura zurückzunehmenden
Vermögens profitieren - welcher Gedanke zwar der Gütergemeinschaft zu Grunde
liegt und zum Teil auch der

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Gütereinheit, soweit sie bei der Güterverbindung zur Verwirklichung gelangt,
aber gerade bei der Scheidung durch Art. 164 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 164 - 1 Der Ehegatte, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Gewerbe hilft, hat Anspruch darauf, dass der andere ihm regelmässig einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung ausrichtet.
1    Der Ehegatte, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Gewerbe hilft, hat Anspruch darauf, dass der andere ihm regelmässig einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung ausrichtet.
2    Bei der Festsetzung des Betrages sind eigene Einkünfte des berechtigten Ehegatten und eine verantwortungsbewusste Vorsorge für Familie, Beruf oder Gewerbe zu berücksichtigen.
ZGB ausgeschaltet werden
will -, sondern müsste der Ehemann für den Minderwert des eingebrachten
Frauengutes einstehen, auch soweit er durch sorgfältige Verwaltung nicht zu
vermeiden war; dies ist aber wiederholt abgelehnt worden (BGE 40 II S. 172, 41
II S. 332; vgl. auch 52 II S. 423). Mit seinem Begehren um Teilnahme der
Beklagten am Rückschlage zielt der Kläger denn auch auf nichts anderes als
darauf ab, dass die Beklagte ihm einen Teil des Minderwertes seines Eigengutes
ersetze, wovon jedoch von vornherein deswegen keine Rede sein kann, weil
solcher Minderwert eben gar kein Rückschlag im Sinne des ZGB ist.
Hievon abgesehen setzt die Beteiligung der Ehefrau am Rückschlag voraus, dass
sie den Rückschlag verursacht hat. Allein wenn der Ehemann zur Befriedigung
häuslicher Bedürfnisse der Ehegemeinschaft Sachwerte anschafft, die nicht
leicht oder nur unvorteilhaft wieder versilbert werden können, so hat er
selbst und nicht die Ehefrau den daherigen Minderwert an seinem Vermögen
verursacht, gleichgültig ob er es aus eigenem Antriebe getan haben mag oder um
Wünschen der Ehefrau Rechnung zu tragen, und gleichgültig, auf welche Weise
solche Wünsche angebracht und durchgesetzt worden sein mögen. Das durch Art.
154
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 164 - 1 Der Ehegatte, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Gewerbe hilft, hat Anspruch darauf, dass der andere ihm regelmässig einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung ausrichtet.
1    Der Ehegatte, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Gewerbe hilft, hat Anspruch darauf, dass der andere ihm regelmässig einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung ausrichtet.
2    Bei der Festsetzung des Betrages sind eigene Einkünfte des berechtigten Ehegatten und eine verantwortungsbewusste Vorsorge für Familie, Beruf oder Gewerbe zu berücksichtigen.
ZGB verfolgte Ziel, «soweit als möglich die ökonomischen Verhältnisse der
Ehegatten vor Abschluss der Ehe wieder herzustellen» (vgl. BGE 47 II S. 129),
kann eben nicht mehr erreicht werden, insoweit der Ehemann während der Ehe
ohne Not Massnahmen getroffen hat, die eine erhebliche Änderung in seinem
Vermögensstande zur Folge hatten. Dass die laufenden Haushaltungsausgaben (im
weitesten Sinne des Wortes) etwa nicht aus dem laufenden Einkommen des Klägers
haben bestritten werden können, behauptet dieser eigentlich selbst nicht, da
er einen Rückschlag ja nur aus dem Minderwert seiner Sachgüter herleiten will,
und lässt sich

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auch den Akten nicht in genügender Weise entnehmen. Sofern aber wirklich die
Vermögenssubstanz gemindert, m. a. W. eingebrachtes Vermögen verbraucht worden
sein sollte, ohne dass ein Ersatz dafür im ehelichen Vermögen vorhanden wäre,
so könnte eine die Ersatzpflicht der Ehefrau rechtfertigende Verursachung
durch sie ebenfalls noch nicht in Umständen der angedeuteten Art gefunden
werden, sondern nur in übermässigen, die Einkünfte übersteigenden
Aufwendungen, für welche sie und nicht den Ehemann die Verantwortlichkeit
trifft, oder denen sich der Ehemann bei der Erfüllung der Unterhaltspflicht
gegenüber der Ehefrau nicht entziehen konnte. In dieser Beziehung kämen
höchstens die Aufwendungen an Heilungskosten, insbesondere für Kuraufenthalt
der Beklagten im Betrage von 1000 Fr. in Betracht, denen aber das schöne
Einkommen des Klägers gewachsen gewesen sein dürfte, wie er denn ja auch nicht
unter diesem Gesichtspunkte einen Rückschlag behauptet.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 58 II 325
Datum : 01. Januar 1931
Publiziert : 19. Juli 1932
Quelle : Bundesgericht
Status : 58 II 325
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : ZGB Art. 154 Abs. 2, 214 Abs. 2:Begriff des Rückschlages (Erw. a). Wann ist, er von der Ehefrau...


Gesetzesregister
ZGB: 154  164 
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 164 - 1 Der Ehegatte, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Gewerbe hilft, hat Anspruch darauf, dass der andere ihm regelmässig einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung ausrichtet.
1    Der Ehegatte, der den Haushalt besorgt, die Kinder betreut oder dem andern im Beruf oder Gewerbe hilft, hat Anspruch darauf, dass der andere ihm regelmässig einen angemessenen Betrag zur freien Verfügung ausrichtet.
2    Bei der Festsetzung des Betrages sind eigene Einkünfte des berechtigten Ehegatten und eine verantwortungsbewusste Vorsorge für Familie, Beruf oder Gewerbe zu berücksichtigen.
214
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 214 - 1 Massgebend für den Wert der bei der Auflösung des Güterstandes vorhandenen Errungenschaft ist der Zeitpunkt der Auseinandersetzung.
1    Massgebend für den Wert der bei der Auflösung des Güterstandes vorhandenen Errungenschaft ist der Zeitpunkt der Auseinandersetzung.
2    Für Vermögenswerte, die zur Errungenschaft hinzugerechnet werden, ist der Zeitpunkt massgebend, in dem sie veräussert worden sind.
BGE Register
40-II-169 • 47-II-129 • 58-II-325
Stichwortregister
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