BGE 57 II 3
2. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Februar 1931 i. S. von
Glutz-Ruchti gegen Gassmann und Konsorten.
Regeste:
Die Verantwortlichkeit der Mitglieder der Vormundschaftsbehörde
· beurteilt sich für die ihr durch das Bundesrecht zugewiesenen Obliegenheiten
nach Art. 426 ff
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 426 - 1 Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
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1 | Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
2 | Die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten sind zu berücksichtigen. |
3 | Die betroffene Person wird entlassen, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind. |
4 | Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann jederzeit um Entlassung ersuchen. Über dieses Gesuch ist ohne Verzug zu entscheiden. |
Obliegenheiten nach dem kantonalen Beamtenverantwortlichkeitsrecht, subsidiär
nach Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
· umfasst auch die persönliche Fürsorge (Erw. 2 am Anfang);
· Voraussetzungen der Verantwortlichkeit aus der Erhebung einer
Entmündigungsklage, insbesondere bezüglich der Kosten des
Entmündigungsprozesses (Erw. 3);
· Voraussetzungen der Verantwortlichkeit aus der vorläufigen Entziehung der
Handlungsfähigkeit gemäss Art. 386
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 386 - 1 Die Wohn- oder Pflegeeinrichtung schützt die Persönlichkeit der urteilsunfähigen Person und fördert so weit wie möglich Kontakte zu Personen ausserhalb der Einrichtung. |
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1 | Die Wohn- oder Pflegeeinrichtung schützt die Persönlichkeit der urteilsunfähigen Person und fördert so weit wie möglich Kontakte zu Personen ausserhalb der Einrichtung. |
2 | Kümmert sich niemand von ausserhalb der Einrichtung um die betroffene Person, so benachrichtigt die Wohn- oder Pflegeeinrichtung die Erwachsenenschutzbehörde. |
3 | Die freie Arztwahl ist gewährleistet, soweit nicht wichtige Gründe dagegen sprechen. |
vorläufigen Vertreters (Erw. 4);
· Voraussetzungen eines Genugtuungsanspruches (Erw. 6).
Pflicht zur Anhörung des zu Entmündigenden
· besteht nicht vor Erhebung der Entmündigungsklage
(Erw. 3);
· inwiefern besteht sie vor der vorläufigen Entziehung der Handlungsfähigkeit?
(Erw. 4).
2. - Die vorliegende Klage gegen die Mitglieder der Vormundschaftsbehörde der
Bürgergemeinde Solothurn wird hergeleitet teils aus der Erhebung der
Entmündigungsklage, teils aus der vorläufigen Entziehung der
Handlungsfähigkeit, teils aus der infolgedessen notwendig gewordenen
vorsorglichen Führung der Vormundschaft.
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Allein wie auch die Vorinstanz nicht übersehen hat, kann sie nicht im ganzen
Umfang auf Art. 426
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 426 - 1 Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
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1 | Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
2 | Die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten sind zu berücksichtigen. |
3 | Die betroffene Person wird entlassen, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind. |
4 | Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann jederzeit um Entlassung ersuchen. Über dieses Gesuch ist ohne Verzug zu entscheiden. |
Mitglieder der vormundschaftlichen Behörden bei der Ausübung ihres Amtes die
Regeln einer sorgfältigen Verwaltung zu beobachten haben und für den Schaden
haften, den sie absichtlich oder fahrlässig verschulden. Freilich ist diese
Vorschrift nicht etwa so einschränkend auszulegen, dass sie nur die
Vermögensverwaltung durch den Vormund und die Mitwirkung der
Vormundschaftsbehörde bei derselben umfassen würde, sondern die danach
gebotene Beobachtung der Regeln einer sorgfältigen Verwaltung will nur das
Mass der zu prästierenden Sorgfalt bezeichnen. In der Tat wäre nicht
einzusehen, wieso das ZGB die Verantwortlichkeit der vormundschaftlichen
Organe für die gewiss nicht minder wichtige persönliche Fürsorge hätte ausser
acht lassen wollen. Dagegen ist die Verantwortlichkeit der Mitglieder der
vormundschaftlichen Behörden aus Art. 426
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 426 - 1 Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
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1 | Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
2 | Die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten sind zu berücksichtigen. |
3 | Die betroffene Person wird entlassen, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind. |
4 | Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann jederzeit um Entlassung ersuchen. Über dieses Gesuch ist ohne Verzug zu entscheiden. |
durch das Bundesrecht zugewiesenen amtlichen Obliegenheiten, wozu die Erhebung
der gerichtlichen Entmündigungsklage jedoch nicht gehört. Für die
Bundesgesetzgebung bestand keine Veranlassung, die Verantwortlichkeit aus der
Erhebung der Entmündigungsklage durch die zuständige Behörde besonders zu
ordnen für den Fall, dass diese Behörde nach der kantonalen
Behördenorganisation die Vormundschaftsbehörde ist, während andernfalls ja dem
kantonalen Beamtenrecht anheimgegeben ist, dies zu tun (und nur subsidiär die
Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 61 - 1 Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen. |
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1 | Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen. |
2 | Für gewerbliche Verrichtungen von öffentlichen Beamten oder Angestellten können jedoch die Bestimmungen dieses Abschnittes durch kantonale Gesetze nicht geändert werden. |
Erhebung und Verfolgung der Entmündigungsklage geschädigt worden sein will,
wäre die Berufung gemäss Art. 56
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 61 - 1 Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen. |
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1 | Über die Pflicht von öffentlichen Beamten oder Angestellten, den Schaden, den sie in Ausübung ihrer amtlichen Verrichtungen verursachen, zu ersetzen oder Genugtuung zu leisten, können der Bund und die Kantone auf dem Wege der Gesetzgebung abweichende Bestimmungen aufstellen. |
2 | Für gewerbliche Verrichtungen von öffentlichen Beamten oder Angestellten können jedoch die Bestimmungen dieses Abschnittes durch kantonale Gesetze nicht geändert werden. |
über diesen Teil der Klage in Anwendung des § 30 des kantonalen
Beamtengesetzes von 1904 entschieden hätte, der bestimmt: «Alle Beamten...
sind für ihre Verrichtungen verantwortlich und haften für den in ihrem Amte
durch vorsätzliche oder
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fahrlässige Handlungen oder Unterlassungen verursachten Schaden.» Allein die
Vorinstanz hat statt dessen auf Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
Recht keine Vorschrift über die Beamtenverantwortlichkeit enthielte und diese
Lücke durch die Anwendung jener bundesrechtlichen Vorschriften ausgefüllt
werden müsste (vgl. BGE 53 II S. 368; 54 II S. 364). Infolgedessen könnte sich
fragen, ob nicht der Berufungsgrund zutreffe, dass unter Anwendung von
Bundesrecht geurteilt worden sei, obwohl hätte kantonales Recht zur Anwendung
gebracht werden sollen, was die Rückweisung der Sache zu neuer Entscheidung in
Anwendung des kantonalen Rechtes nach sich ziehen müsste (Art. 85
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
ist vorauszusehen, dass diese neue Beurteilung kein anderes Ergebnis zeitigen
würde. Deshalb mag hievon abgesehen und die Sache so gehalten werden, als ob
die Vorinstanz über den hier in Frage stehenden Teil der Klage zutreffend (aus
einem dem Bundesgericht freilich nicht ersichtlichen Grunde) in Anwendung der
Art. 41 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
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1 | Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet. |
2 | Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt. |
Urteiles in allen seinen Teilen führt.
3. - Fragt sich somit, ob die Mitglieder der Vormundschaftsbehörde bei der
Einleitung und Durchführung des Entmündigungsprozesses schuldhaft
widerrechtlich gehandelt haben, so kann hievon keine Rede sein. Der Anstoss
dazu ging von den Geschwistern des Klägers aus, die nicht so sehr um ihre
Erbanwartschaften, als wegen ihrer Unterstützungspflicht besorgt schienen. Die
von ihnen vorgebrachten Gründe trafen sich wesentlich mit dem, was den
Mitgliedern der Vormundschaftsbehörde selbst bekannt war, und soweit sie sich
unverzüglich nachprüfen liessen, nämlich bezüglich der Veräusserung und
Belastung von Liegenschaften, erwiesen sie sich als wahr. Hieraus drängte sich
der Schluss nach einem Kapitalverbrauch durch den Kläger von einigen
Hunderttausenden von Franken während ein paar Jahren auf, und dessen Ende war
bei Fortsetzung der kostspieligen Tierzucht
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nicht abzusehen. Welches die Vermögensverhältnisse des Klägers seien, hätte
sich zwar vielleicht durch dessen Befragung noch näher abklären lassen. Allein
dass die Klagerhebung ohne vorherige Anhörung des (jetzigen) Klägers
beschlossen wurde, kann den Mitgliedern der Vormundschaftsbehörde nicht zum
Vorwurf gemacht werden, weil einerseits die Sache dringlich war (vgl. Erw. 4
hiernach), anderseits befürchtet werden mochte, der Kläger lasse sich nicht
auf die Anhörung ein, wie er dann ja später die Amtsführung seines vorläufigen
Vertreters durch Verweigerung jeder Auskunft erschwert hat. Weiteres Zuwarten,
wie es für eine nähere Prüfung der Sache erforderlich gewesen wäre, mochte der
Vormundschaftsbehörde bedenklich erscheinen, da sie schliesslich auch hieraus
verantwortlich gemacht zu werden riskierte. Die gesetzliche Pflicht zur
Anhörung (Art. 374
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 374 - 1 Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht. |
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1 | Wer als Ehegatte, eingetragene Partnerin oder eingetragener Partner mit einer Person, die urteilsunfähig wird, einen gemeinsamen Haushalt führt oder ihr regelmässig und persönlich Beistand leistet, hat von Gesetzes wegen ein Vertretungsrecht, wenn weder ein Vorsorgeauftrag noch eine entsprechende Beistandschaft besteht. |
2 | Das Vertretungsrecht umfasst: |
1 | alle Rechtshandlungen, die zur Deckung des Unterhaltsbedarfs üblicherweise erforderlich sind; |
2 | die ordentliche Verwaltung des Einkommens und der übrigen Vermögenswerte; und |
3 | nötigenfalls die Befugnis, die Post zu öffnen und zu erledigen. |
3 | Für Rechtshandlungen im Rahmen der ausserordentlichen Vermögensverwaltung muss der Ehegatte, die eingetragene Partnerin oder der eingetragene Partner die Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde einholen. |
und insofern als sie nach der kantonalen Behördenorganisation sich darauf
beschränken kann, Entmündigungsklage zu erheben, sondern das über die Klage
urteilende Gericht, und etwas weitergehendes hat auch das Kreisschreiben des
Bundesgerichts vom 18. Mai 1914 (BGE 40 II 182), das nur erlassen wurde, um
dem Bundesgericht die Nachprüfung des Verfahrens zu ermöglichen, nicht
anordnen können und wollen. Im Verlaufe des Prozesses stellte sich dann
freilich heraus, dass die Angaben der Geschwister des Klägers über die
Liquidation des antiken Mobiliars übertrieben waren; allein damit ist noch
nicht dargetan, dass es eine Leichtfertigkeit der Vormundschaftsbehörde
gewesen sei, den von vertrauenswürdigen Personen ausgehenden bezüglichen
Angaben, die sich ja auch nicht leicht hätten rasch nachprüfen lassen, Glauben
zu schenken. Auch die Grundpfandschulden erwiesen sich infolge eines
Scheingeschäftes zur Umgehung der Steuerpflicht nicht als derart hoch, wie
nach den Grundbucheinträgen anzunehmen war. Anderseits ergab sich aber, dass
auch die Ehefrau des Klägers (und ihre Verwandten), sowie
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die Mutter des Klägers um dessen Schicksal, und damit um ihr eigenes, besorgt
waren, und dass der Kläger in seinen Zahlungen säumig war, was immer ein
schwerwiegendes Indiz für unsachgemässe Vermögensverwaltung ist. Auch jetzt
lag es also noch nicht auf der Hand, dass die Entmündigungsklage unbegründet
sei, m. a. W. für die Vormundschaftsbehörde bestand kein Anlass zum
Prozessabstand, ohne es auf die Entscheidung des hiezu berufenen Gerichtes
ankommen zu lassen. Für den Misserfolg der Klage mag schliesslich mit
entscheidend gewesen sein, dass der Kläger noch nicht gänzlich
abgewirtschaftet hatte, sondern immer noch ein erhebliches Vermögen besass,
sowie dass seine und seiner Familie Existenz auch sonstwie gesichert erschien,
nämlich durch das Ruhegehalt und die Einkünfte und Anwartschaften der Ehefrau,
und dass er sich nun ernstlich daran machte, seine Pferdezucht anderswohin zu
verlegen, wo Aussicht bestand, dass sie wirtschaftlicher betrieben werden
könne als auf dem Solothurner Gut. Dass die Vormundschaftsbehörde das Urteil
des Amtsgerichtes noch weiterzog, um zunächst einmal Einsicht in die
Entscheidungsgründe zu bekommen, und dann für den Rückzug der Appellation eine
gewisse Bedenkzeit in Anspruch nahm, ist nicht zu beanstanden. Hieraus folgt
namentlich - um dies vorwegzunehmen -, dass die Mitglieder der
Vormundschaftsbehörde kein zum Ersatz verpflichtendes Verschulden trifft
insofern, als sie dem Kläger die Kosten des Entmündigungsprozesses verursacht
hat.
4. - Wegen der vorläufigen Entziehung der Handlungsfähigkeit und Anordnung
einer Vertretung können die Mitglieder der Vormundschaftsbehörde gestützt auf
Art. 426
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 426 - 1 Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
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1 | Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
2 | Die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten sind zu berücksichtigen. |
3 | Die betroffene Person wird entlassen, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind. |
4 | Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann jederzeit um Entlassung ersuchen. Über dieses Gesuch ist ohne Verzug zu entscheiden. |
Befugnis Gebrauch macht, die ihr von Bundesrechts wegen (Art. 386
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 386 - 1 Die Wohn- oder Pflegeeinrichtung schützt die Persönlichkeit der urteilsunfähigen Person und fördert so weit wie möglich Kontakte zu Personen ausserhalb der Einrichtung. |
|
1 | Die Wohn- oder Pflegeeinrichtung schützt die Persönlichkeit der urteilsunfähigen Person und fördert so weit wie möglich Kontakte zu Personen ausserhalb der Einrichtung. |
2 | Kümmert sich niemand von ausserhalb der Einrichtung um die betroffene Person, so benachrichtigt die Wohn- oder Pflegeeinrichtung die Erwachsenenschutzbehörde. |
3 | Die freie Arztwahl ist gewährleistet, soweit nicht wichtige Gründe dagegen sprechen. |
zugewiesen ist. Fragt sich also, ob die Beklagten mit der gebotenen Sorgfalt
vorgingen, als sie diese Anordnung trafen, so kann dies kaum bejaht werden.
Freilich wird sich die vorläufige
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Entziehung der Handlungsfähigkeit regelmässig aufdrängen, sobald die
Entmündigung wegen Misswirtschaft ins Auge gefasst wird, sei es vielleicht
auch schon vor Einreichung der Klage, um den zu Entmündigenden sofort daran zu
hindern, in bisheriger Weise weiterzuwirtschaften. Und darüber hinaus gilt es
der Gefahr zu begegnen, dass er aus Trotz gegen die geplante Beschränkung
seiner persönlichen Freiheit noch rasch und besonders leichtsinnig seinen
letzten Besitz verschleudere. Allein die vorläufige Entziehung der
Handlungsfähigkeit durch die Vormundschaftsbehörde ist nichts anderes als eine
Antizipation der Entmündigung und darf daher nicht wie die Entmündigungsklage
schon auf Grund des blossen Scheines eines Entmündigungsgrundes hin erfolgen,
sondern erst, wenn sich die Vormundschaftsbehörde vom Vorhandensein eines
Entmündigungsgrundes überzeugt hat, soweit dies mit den ihr rasch zu Gebote
stehenden zur Aufklärung der Sachverhaltes tauglichen Mitteln überhaupt
möglich ist. Mochte es vorliegend auch geboten erscheinen, dem Kläger nicht
während des langwierigen gerichtlichen Verfahrens Zeit zu lassen, um den in
die Wege geleiteten Verkauf des Liegenschaftsbesitzes nach eigenem Belieben
durchzuführen, so musste doch nicht befürchtet werden, dass er von einem Tag
auf den andern mehr als vielleicht die eine oder andere Parzelle an den Mann
bringen könnte. Übrigens hätte sogar dies in Anwendung des Art. 386 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 386 - 1 Die Wohn- oder Pflegeeinrichtung schützt die Persönlichkeit der urteilsunfähigen Person und fördert so weit wie möglich Kontakte zu Personen ausserhalb der Einrichtung. |
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1 | Die Wohn- oder Pflegeeinrichtung schützt die Persönlichkeit der urteilsunfähigen Person und fördert so weit wie möglich Kontakte zu Personen ausserhalb der Einrichtung. |
2 | Kümmert sich niemand von ausserhalb der Einrichtung um die betroffene Person, so benachrichtigt die Wohn- oder Pflegeeinrichtung die Erwachsenenschutzbehörde. |
3 | Die freie Arztwahl ist gewährleistet, soweit nicht wichtige Gründe dagegen sprechen. |
durch eine blosse Anweisung an die für die öffentliche Beurkundung von
Verträgen über Liegenschaften ausschliesslich zuständige Amtsschreiberei (vgl.
§ 17 des EG zum ZGB), dass sie hiezu ohne Mitwirkung vormundschaftlicher
Organe nicht mehr Hand bieten dürfe, verhindert werden können, ohne dass die
Vormundschaftsbehörde noch in der gleichen Stunde, in der sie erstmals die
Erhebung der Entmündigungsklage in Erwägung zog, auch schon zur vorläufigen
Entziehung der Handlungsfähigkeit zu schreiten brauchte. Einige wenige Tage
hätten zweifellos genügt, um der
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Vormundschaftsbehörde einen umfassenderen Einblick in die
Vermögensverhältnisse des Klägers zu verschaffen, selbst wenn sich dieser
nicht zu Aufschlüssen hätte bereit finden lassen. Dass er sich in diesem
Stadium der Sache gegenüber der Vormundschaftsbehörde gänzlich ablehnend
verhalten haben würde, wenn sie ihn damals schon angehört hätte, ist
keineswegs sicher, liess er sich ja auch nachher noch, bevor er von einem
Fürsprecher beraten wurde, zweimal zu Besprechungen mit dem Waisenkommissär
herbei. Dass die Behörde nicht mindestens den Versuch machte, den Kläger
anzuhören, bevor sie ihm die Handlungsfähigkeit vorläufig entzog, was ja nur
kurze Zeit in Anspruch genommen hätte, kann nicht gebilligt werden. Ist es
zwar nur für die definitive Entmündigung gesetzlich vorgeschrieben, so sollen
doch die Wirkungen der Entmündigung nicht durch vorläufige Entziehung der
Handlungsfähigkeit vorweggenommen werden, ohne dass sich die
Vormundschaftsbehörde darum kümmert, was der zu Entmündigende ohne weiteren
Verzug zu seiner Verteidigung vorbringen könne. Hat es die
Vormundschaftsbehörde bei der vorläufigen Entziehung der Handlungsfähigkeit
also an der gebotenen Sorgfalt fehlen lassen, so müsste sich der Kläger
immerhin eine Einrede aus dem auch hier anwendbaren Art. 44
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 44 - 1 Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, oder haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich von ihr entbinden. |
|
1 | Hat der Geschädigte in die schädigende Handlung eingewilligt, oder haben Umstände, für die er einstehen muss, auf die Entstehung oder Verschlimmerung des Schadens eingewirkt oder die Stellung des Ersatzpflichtigen sonst erschwert, so kann der Richter die Ersatzpflicht ermässigen oder gänzlich von ihr entbinden. |
2 | Würde ein Ersatzpflichtiger, der den Schaden weder absichtlich noch grobfahrlässig verursacht hat, durch Leistung des Ersatzes in eine Notlage versetzt, so kann der Richter auch aus diesem Grunde die Ersatzpflicht ermässigen. |
lassen, weil er von dem ihm zur Verfügung stehenden administrativen
Rechtsmittel nicht Gebrauch gemacht hat, um zu versuchen, den vorläufigen
Entzug der Handlungsfähigkeit wieder rückgängig zu machen, ja vielleicht sogar
dessen Veröffentlichung zu verhindern, was nach der auf der Anwendung
kantonalen Rechtes beruhenden und daher für das Bundesgericht verbindlichen
Annahme der Vorinstanz möglich gewesen wäre. Tat er aber nichts, um die ihm
gesetzten vorläufigen Vertreter los zu werden, so dürfen ihm deren
Honorarforderungen füglich belastet bleiben. Indessen scheitert die
Schadenersatzklage auch im übrigen von vorneherein am Fehlen eines
einigermassen schlüssigen Schadensnachweises (wird näher ausgeführt in Erw.
5).
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6. - Den Genugtuungsanspruch vermag der Kläger nicht aus Art. 426
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 426 - 1 Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
|
1 | Eine Person, die an einer psychischen Störung oder an geistiger Behinderung leidet oder schwer verwahrlost ist, darf in einer geeigneten Einrichtung untergebracht werden, wenn die nötige Behandlung oder Betreuung nicht anders erfolgen kann. |
2 | Die Belastung und der Schutz von Angehörigen und Dritten sind zu berücksichtigen. |
3 | Die betroffene Person wird entlassen, sobald die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht mehr erfüllt sind. |
4 | Die betroffene oder eine ihr nahestehende Person kann jederzeit um Entlassung ersuchen. Über dieses Gesuch ist ohne Verzug zu entscheiden. |
herzuleiten, der nur zum Ersatz von Vermögensschaden verpflichtet, sondern
ausschliesslich aus Art. 49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
|
1 | Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
2 | Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen. |
ausgeschlossen, dass die Erhebung der Entmündigungsklage oder die vorläufige
Entziehung der Handlungsfähigkeit, ja auch das Verhalten der
Vormundschaftsbehörde bezw. ihrer Mitglieder bei der Führung der Vormundschaft
eine Verletzung der Persönlichkeit des Mündels oder des zu Entmündigenden in
sich schliesst, wofür gestützt auf Art. 49
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 49 - 1 Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
|
1 | Wer in seiner Persönlichkeit widerrechtlich verletzt wird, hat Anspruch auf Leistung einer Geldsumme als Genugtuung, sofern die Schwere der Verletzung es rechtfertigt und diese nicht anders wiedergutgemacht worden ist. |
2 | Anstatt oder neben dieser Leistung kann der Richter auch auf eine andere Art der Genugtuung erkennen. |
könnte, sofern nicht das kantonale Beamtenverantwortlichkeitsrecht platzgreift
(was die Vorinstanz vorliegend verneint hat; vgl. Erw. 2). So lässt sich auch
nicht verneinen, dass die Beklagten den Kläger durch die überstürzte
Entziehung der Handlungsfähigkeit in seiner Persönlichkeit verletzt haben, und
zwar schwer. Allein für die Zusprache einer Genugtuungssumme bedarf es
ausserdem der besonderen Schwere des Verschuldens, und diesen Vorwurf
verdienen die Beklagten denn doch nicht. Insbesondere liegt ja kein
Anhaltspunkt dafür vor, dass sie sich dabei etwa von persönlicher Animosität
gegen den Kläger haben leiten lassen.