BGE 56 III 138
36. Entscheid vom 12. September 1930 i. S. Wunderlin.
Regeste:
Wird auf Grund des Konkursverlustscheines eine neue Betreibung angehoben, ohne
dass der Schuldner bestreitet, zu neuem Vermögen gekommen zu sein, so ist in
dem allfällig neu auszustellenden «Verlustschein infolge Pfändung» zu
bemerken, die Forderung beruhe auf Konkursverlustschein. SchKG Art. 149 und
265.
Lorsque, sur la base d'un acte de défaut de biens délivré après faillite, une
nouvelle poursuite est exercée contre le débiteur sans qu'il conteste être
revenu à meilleure fortune, le nouvel «acte de défaut après saisie» qui serait
délivré le cas échéant devrait mentionner que la créance repose sur un acte de
défaut après faillite. Art. 149 et 265 LP.
Allorchè in virtù di un attestato di carenza di beni rilasciato in seguito a
fallimento, une nuova esecuzione è promossa contro il debitore, senza che
questo contesti d'aver acquistato nuovi beni, occorre annotare sull'"attestato
di carenza di beni consecutivo a pignoramento", che dovrà eventualmente essere
rilasciato, che il credito si fonda su un attestato di carenza di beni in
seguito a fallimento. Art. 149 e 265 LEF.
Der Rekurrent Wilhelm Wunderlin hatte für eine Forderung von 9813 Fr. gegen
Karl Wunderlin einen Konkursverlustschein erhalten und hob nun, im Anschluss
an einen am Wohnorte des Schuldners, Basel, herausgenommenen Arrest,
Betreibung an, wogegen der Schuldner nicht Rechtsvorschlag erhob. Da die
hierauf gepfändeten Arrest- und weiteren Vermögensgegenstände zur Deckung
nicht genügten, vermerkte das Betreibungsamt zwar auf der Pfändungsurkunde,
sie gelte als provisorischer Verlustschein (vgl. BGE 55 III S. 30); dagegen
verweigerte
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es die Ausstellung eines neuen Verlustscheines «infolge Pfändung» für den
durch das Verwertungsergebnis nicht gedeckten Betrag von 8912 Fr. 15.
Auf Beschwerde des Gläubigers hin hat die kantonale Aufsichtsbehörde am 8.
August 1930 das Betreibungsamt angewiesen, «den definitiven Verlustschein
gegen Rückgabe des Konkursverlustscheines auszustellen, ihn als Ersatz des
Konkursverlustscheines zu bezeichnen und in der Rubrik «Grund der Forderung»
anzugeben, dass die Forderung auf einem Konkursverlustschein beruht.
Diesen Entscheid hat der Gläubiger an das Bundesgericht weitergezogen mit dem
Antrag, das Betreibungsamt sei anzuweisen, ihm einen definitiven
Pfändungsverlustschein ohne jeden Vorbehalt und ohne jede Einschränkung
auszustellen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Freilich unterscheidet sich die vorliegend streitige Betreibung nicht von
irgend einer anderen ordentlichen Betreibung auf Pfändung, weil sie einerseits
im Anschluss an die Ausstellung des Konkursverlustscheines nicht anders als
durch einen Zahlungsbefehl eingeleitet werden konnte, und weil anderseits der
Schuldner nicht die Einrede des Mangels neuen Vermögens durch Rechtsvorschlag
erhoben hat. Dementsprechend hat die Vorinstanz zutreffend entschieden, dass
dem betreibenden Gläubiger ein «Verlustschein infolge Pfändung» auszustellen
sei, was übrigens der Schuldner unangefochten gelassen hat. Gestützt hierauf
kann der Gläubiger namentlich während sechs Monaten ohne neuen Zahlungsbefehl
die Betreibung fortsetzen (Art. 149 Abs. 3
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) SchKG Art. 149 - 1 Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.290 |
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1 | Jeder Gläubiger, der an der Pfändung teilgenommen hat, erhält für den ungedeckten Betrag seiner Forderung einen Verlustschein. Der Schuldner erhält ein Doppel des Verlustscheins.290 |
1bis | Das Betreibungsamt stellt den Verlustschein aus, sobald die Höhe des Verlustes feststeht.291 |
2 | Der Verlustschein gilt als Schuldanerkennung im Sinne des Artikels 82 und gewährt dem Gläubiger die in den Artikeln 271 Ziffer 5 und 285 erwähnten Rechte. |
3 | Der Gläubiger kann während sechs Monaten nach Zustellung des Verlustscheines ohne neuen Zahlungsbefehl die Betreibung fortsetzen. |
4 | Der Schuldner hat für die durch den Verlustschein verurkundete Forderung keine Zinsen zu zahlen. Mitschuldner, Bürgen und sonstige Rückgriffsberechtigte, welche an Schuldners Statt Zinsen bezahlen müssen, können ihn nicht zum Ersatze derselben anhalten. |
5 | ...292 |
Einrede des Mangels neuen Vermögens erheben könnte, weil der Rechtsbehelf des
Rechtsvorschlages, durch den jene Einrede einzig erhoben werden kann, nur
gegenüber einer neu angehobenen Betreibung zu Gebote steht, nicht aber
gegenüber einer solchen eigentlichen
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Fortsetzung der bisher nicht endgültig abgeschlossenen Betreibung. Es wäre
auch gar nicht einzusehen, wieso der Schuldner, der sich durch
Verstreichenlassen der Rechtsvorschlagsfrist der Zwangsvollstreckung in sein
ganzes pfändbares Vermögen unterworfen hat, entgegen der angeführten Regel
dieser Zwangsvollstreckung nicht noch während weiteren sechs Monaten
unterworfen bleiben müsste, nachdem die Betreibung (teilweise) fruchtlos war.
Indessen würde die Ausstellung eines vorbehaltlosen Pfändungsverlustscheines
den Schuldner ungerechtfertigterweise (vgl. BGE 25 I S. 39 Erw. 3 = Sep.-Ausg.
2 S. 82 Erw. 3) der Gefahr aussetzen, dass er auch gegenüber einer später als
sechs Monate gestützt auf diesen Verlustschein neu angehobenen Betreibung mit
der Einrede des Mangels neuen Vermögens ausgeschlossen wäre, weil diese
Einrede nur gegenüber einer auf Konkursverlustschein gestützten Betreibung mit
dem Erfolg erhoben werden kann, dass die Betreibung bis zum Nachweise des
Vorhandenseins neuen Vermögens eingestellt bleibt, während umgekehrt der
Pfändungsverlustschein einen Rechtsöffnungstitel abgibt, der nicht durch die
Einrede des Mangels neuen Vermögens entkräftet werden kann. Dieser Gefahr will
die Vorinstanz zutreffend mit der Anordnung begegnen, dass der Angabe des
Grundes der Forderung im Verlustschein beigefügt werde, sie beruhe auf einem
Konkursverlustschein, wobei insbesondere auch dessen Datum zu verzeichnen ist.
Dagegen braucht die Ausstellung dieses Pfändungsverlustscheines nicht an die -
vom Rekurrenten angebotene - Rückgabe des Konkursverlustscheines geknüpft und
jener nicht als Ersatz dieses letzteren bezeichnet zu werden, wie die
Vorinstanz ausserdem, jedoch ohne nähere Begründung, noch angeordnet hat. Der
Schuldner wird hinreichend dadurch geschützt, dass der Betrag des
Konkursverlustscheines um die in der streitigen Betreibung eingebrachten und,
bei Fortsetzung binnen sechs Monaten, allfällig noch einzubringenden Summen
herabgesetzt wird, dass im letzteren Falle das
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gleiche auch mit dem ersten Pfändungsverlustschein geschieht, und dass
ausserdem der dann neu auszustellende Pfändungsverlustschein wiederum den
Zusatz erhält, die Forderung beruhe auf Konkursverlustschein. Dritte vor dem
Missbrauch der mehreren Verlustscheine durch den Versuch mehrmaliger Abtretung
einer und derselben Forderung zu schützen, ist nicht Aufgabe der
Betreibungsbehörden.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird im Sinne der Erwägungen teilweise begründet erklärt.