S. 363 / Nr. 63 Obligationenrecht (d)

BGE 56 II 363

63. Urteil der I. Zivilabteilung vom 4. November 1930 i. S. Eisenberg gegen
Specker & C o .

Regeste:
Doppelte Verfügung des Gläubigers über eine Forderung und Hinterlegung des
zwischen den beiden Zessionnären streitigen Betrages durch den Schuldner.

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OR Art. 167 ordnet nicht die Legitimation der Zessionare, sondern ist eine
Schutzvorschrift zugunsten des gutgläubigen Schuldners, der schon gezahlt hat.
Ueber die Legitimation entscheidet die zeitliche Priorität. Schriftliche
Kenntnisnahme von der zweiten Abtretung und Schuldanerkennung durch den von
der ersten Abtretung nicht in Kenntnis gesetzten Debitor cessus und
schriftliche Entlassung desselben durch den Zedenten; Novation? Befreiung des
Schuldners durch Hinterlegung. OR Art. 168 Abs. 1.

A. - Aron Warmund-Weinstock, Inhaber einer Herrenkleiderfabrik in Zürich,
lieferte an Abraham Friedmann, Herren- und Knabenkonfektionshaus in Zürich
Waren
a) laut Rechnung vom 20. Juli 1928 für Fr. 6748.-
b) laut Rechnung vom 27. August 1928 für Fr. 42.50
c) laut Rechnung vom 12. September 1928 für Fr. 15.30
Zusammen Fr. 6805.80
Die erste dieser Rechnungen enthielt im Original einen Vervielfachungsfehler;
statt 6748 Fr. stand eine Schlusssumme von 6948 Fr. darin.
Am 4. August 1928 stellte Warmund an das Bankhaus Karl Specker & C o in Zürich
folgende Abtretungsurkunde aus:
«Wir zedieren hiermit unter Gewährsversprechen mit allen Rechten und unter
Verzicht auf jede Widerrede an das Bankhaus Karl Specker & C° in Zürich 1
unsere Buchforderung laut beifolgender Aufstellung im Betrage von ca. 14381
Fr., fällig nach Vereinbarung. Je eine Fakturkopie erhalten sie
beigeschlossen, und die Schuldner sind durch den Vermerk: Zahlbar innert 30
Tagen an das Bankhaus Karl Specker & C o in Zürich, Postscheckkonto VIII 4219
angewiesen worden, die Zahlung wie vorstehend zu leisten. Wir garantieren dem
Bankhaus Karl Specker & C o die Rechtsgültigkeit und Einbringlichkeit
vorstehender Beträge samt Kosten etc. und verpflichten uns unwiderruflich,
Zahlung oder Rimessen, die uns seitens der Buchschuldner aus irgend einem
Grunde direkt oder indirekt

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zugehen, zu treuen Handen anzunehmen und sofort an das Bankhaus Karl Specker &
C o abzuliefern.»
Der erwähnte Vermerk, dass die Rechnungen an Karl Specker & C o zahlbar seien,
findet sich jedoch weder in den Originalfakturen, noch in andern an den
Schuldner gerichteten Schreiben.
In der ersten Hälfte des Monates September 1928 geriet Warmund wieder in
Geldverlegenheit. Er wandte sich an Josef Eisenberg, Inhaber eines
Schuhwarengeschäftes in Zürich, und ersuchte um Diskontierung eines Guthabens,
das ihm gegen Friedmann zustehe. Eisenberg willigte nur unter der Bedingung
ein, dass Friedmann ihm eine unmittelbare Schuldanerkennung ausstelle. Darauf
übergab Friedmann dem Eisenberg folgendes Schreiben:
«Hiermit informiere ich Sie, dass die Firma Warmund-Weinstock, Zürich, uns für
den Betrag von 6805 Fr. 80 Cts. Waren geliefert hat, laut Fakturen vom 20.
Juli, 27. August und 12. September 1928, welchen Betrag ich laut seiner
Anweisung an Sie bezahlen werde bis Endes des Jahres 1928. sig. A. Friedmann.»
Am 13. September 1928 quittierte Warmund dem Friedmann die drei Fakturen
folgendermassen:
«Betrag erhalten in Abtretung an Fa. Eisenberg. sig. Warmund.»
Am 26. Oktober 1928 wurde über Warmund der Konkurs eröffnet. Am 10. Januar
1929 stellte Friedmann beim Einzelrichter für nichtstreitige Rechtssachen des
Bezirksgerichtes Zürich das Begehren um Hinterlegung von 6805 Fr. 80 Cts., da
die Bezahlung seiner Schuld infolge mehrfacher Abtretungen von verschiedenen
Seiten verlangt werde, nämlich von Specker & C o , Eisenberg, dem Konkursamt
Aussersihl und einem angeblichen Faustpfandgläubiger Eisenbergs namens
Schlesinger. Durch Verfügung vom 17. Januar 1929 hat der Einzelrichter das
Gesuch abgewiesen. Von den gesetzlichen Hinterlegungsgründen gemäss § § 392
ff. der ZPO des Kantons

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Zürich fiele allenfalls nur der Art. 168
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 168 - 1 Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
1    Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
2    Zahlt der Schuldner, obschon er von dem Streite Kenntnis hat, so tut er es auf seine Gefahr.
3    Ist der Streit vor Gericht anhängig und die Schuld fällig, so kann jede Partei den Schuldner zur Hinterlegung anhalten.
OR in Betracht; dessen
Voraussetzungen seien aber nicht gegeben, weil im vorliegenden Fall im Ernste
gar nicht streitig sein könne, dass die Forderung der Firma Karl Specker & C o
als erster Zessionarin zustehe. Gegen diese Verfügung legte Friedmann Rekurs
ein. Die zweite Kammer des Obergerichtes des Kantons Zürich schützte den
Rekurs am 15. März 1929 und bewilligte die Hinterlegung von 6805 Fr. 80 Cts.
Damit ein Streit über die Zugehörigkeit einer Forderung vorhanden sei, genüge
die Tatsache, dass verschiedene Personen das Guthaben ansprechen. Wenn auch
nach den Daten der Abtretungen der Firma Specker & C o das bessere Recht
zuzustehen scheine, könne doch der Einzelrichter im nichtstreitigen
Hinterlegungsverfahren nicht darüber entscheiden, und dem Gesuchsteller könne
nicht zugemutet werden, die Entscheidung selbst und unter der Gefahr doppelter
Zahlung zu treffen.
Darauf hinterlegte Friedmann 6805 Fr. 80 Cts. bei der Gerichtskasse des
Bezirksgerichtes Zürich.
B. - Laut Weisung vom 27. Juni 1929 haben Karl Specker & C o gegen Josef
Eisenberg Klage über die Streitfrage erhoben:
«Ist nicht festzustellen, dass das ursprünglich dem Warmund-Weinstock
zustehende Guthaben im Betrage von 6805 Fr. 80 Cts. gegenüber Abraham
Friedmann in Zürich 4 einzig der Klägerin zusteht und ist nicht daher die
Klägerin berechtigt, den vom Schuldner Friedmann beim Einzelrichter für
nichtstreitige Rechtssachen deponierten Betrag von 6805 Fr. 80 Cts. nebst Zins
unbeschwert zu erheben?»
Der Beklagte hat Widerklage über die Streitfrage erhoben:
«Ist der Beklagte und Widerkläger berechtigt, den von Abraham Friedmann,
Kaufmann, gerichtlich hinterlegten Betrag von 6805 Fr. 80 Cts. laut Beschluss
der II. Kammer des Obergerichtes des Kantons Zürich vom 15. März 1929 zu
beziehen?»

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C. - Durch Urteil vom 26. September 1929 hat das Bezirksgericht Zürich die
Klage abgewiesen und die Widerklage gutgeheissen.
D. - Auf Berufung von Specker & C o hat das Obergericht des Kantons Zürich am
2. Mai 1930 erkannt:
«Es sind berechtigt, von dem von Abraham Friedmann beim Einzelrichter für
nichtstreitige Rechtssachen des Bezirksgerichtes Zürich hinterlegten Betrag
von 6805 Fr. 80 Cts. zu beziehen:
die Klägerin 6748 Fr. und Zins,
der Beklagte 57 Fr. 80 Cts. und Zins.»
E. - Gegen diesen Entscheid hat der Beklagte die Berufung an das Bundesgericht
ergriffen.
F. - ...
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
1.- Friedmann hat ausser den 6748 Fr. der ersten Warenrechnung auch die
Beträge der beiden weiteren Fakturen von 42 Fr. 50 Cts. und 15 Fr. 30 Cts.
hinterlegt. Diese beiden Guthaben sind jedoch am 4. August 1928 durch Warmund
nicht an die Klägerin abgetreten worden, denn sie sind erst später entstanden.
In der der Zessionsurkunde beigegebenen Aufstellung sind sie nicht enthalten,
und Warmund hatte auch gar nicht den Willen, auch künftige Forderungen
abzutreten. Dagegen ist der Beklagte Gläubiger der Forderung von 57 Fr. 80
geworden. Seine Widerklage ist daher in dieser Höhe begründet, während der
Anspruch der Klägerin, soweit die Hauptklage 6748 Fr. übersteigt, nicht
geschützt werden kann. Da die Klägerin das vorinstanzliche Urteil nicht
angefochten hat, ist es überdies gegen sie rechtskräftig geworden, soweit
dadurch die Hauptklage abgewiesen worden ist. Im Streit liegt also nur noch
die Forderung von 6748 Fr.
2.- Es ist unbestritten, dass Warmund diese Forderung am 4. August 1928 in der
durch Art. 165 Abs. 1 vorgeschriebenen Form an die Klägerin abgetreten hat.
Auch muss nach der Feststellung des Obergerichtes als erwiesen

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angenommen werden, dass diese Abtretung dem Schuldner Friedmann nicht
mitgeteilt wurde, sodass er keine Kenntnis davon hatte, als er am 13.
September 1928 Zahlung der Schuld unmittelbar an den Beklagten versprach.
Der Beklagte hat nun aber bestritten, dass sich der Streit bloss um zwei sich
zeitlich aufeinander folgende Abtretungen drehe, wobei die Priorität
allerdings im Sinne des bessern Rechtes der Klägerin entschieden haben würde.
Abraham Friedmann werde vielmehr gestützt auf sein Zahlungsversprechen vom 13.
September 1928 belangt, und das Depositum werde aus diesem Grund in Anspruch
genommen. Friedmann habe damals schriftlich erklärt, die 6805 Fr. 80 Cts. bis
Ende 1928 laut Anweisung Warmunds an ihn, den Beklagten, bezahlen zu wollen.
Ob dieses Rechtsgeschäft als Abtretung der Forderung durch Warmund an
Eisenberg oder als Anweisung Friedmanns durch Warmund, an Eisenberg zu zahlen,
aufzufassen sei, bleibe gleichgültig; entscheidend sei, dass Friedmann sich
die Rechnungen habe quittieren lassen, und dass er Zahlung unmittelbar an den
Beklagten versprochen habe. Im Verhältnis zwischen Warmund und Friedmann, der
keine Kenntnis von der Abtretung an die Klägerin gehabt habe, sei Warmund
gemäss Art. 167
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 167 - Wenn der Schuldner, bevor ihm der Abtretende oder der Erwerber die Abtretung angezeigt hat, in gutem Glauben an den frühern Gläubiger oder, im Falle mehrfacher Abtretung, an einen im Rechte nachgehenden Erwerber Zahlung leistet, so ist er gültig befreit.
OR zur Verfügung über die Forderung legitimiert gewesen.
Art. 167 ist jedoch nach seinem Wortlaut im vorliegenden Fall nicht anwendbar.
Es ist weder behauptet, noch bewiesen worden, dass Friedmann vor Kenntnis der
Abtretung an die Klägerin eine Zahlung an jemand anders geleistet habe. Also
kann sich Eisenberg nicht auf den guten Glauben Friedmanns bei einer solchen
Zahlung berufen. Art. 167 ordnet nicht die Legitimation zweier Gläubiger
derselben Forderung, sondern ist ausschliesslich eine Schutzbestimmung
zugunsten des in gutem Glauben zahlenden Schuldners. Eisenberg als jüngerer
Zessionar könnte sich im Gegensatz zu Friedmann als debitor cessus nicht auf
dessen Gutgläubigkeit berufen, selbst wenn eine Zahlung erfolgt wäre, denn ihm
steht der Schutz des

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Art. 167 nicht zu, und der im Falle einer Zahlung um sein Recht gekommene
ältere Zessionar könnte sich unter Umständen sogar an ihn halten. (Vgl. VON
TUHR, OR. II S. 744.)
Der Beklagte hat eingewendet, der Zahlung sei jede andere Tilgung der Schuld
vor der Anzeige der Zession gleichzustellen; befreiende Wirkung komme also
auch den Erfüllungssurrogaten zu. Diese Auffassung wird in der Tat im
Schrifttum vertreten (vgl. VON TUHR, OR II S. 743 ff.; FICK, Kommentar, Anm. 3
zu Art. 167; OSER, Kommentar, 2. Aufl. Note 2 zu Art. 167
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 167 - Wenn der Schuldner, bevor ihm der Abtretende oder der Erwerber die Abtretung angezeigt hat, in gutem Glauben an den frühern Gläubiger oder, im Falle mehrfacher Abtretung, an einen im Rechte nachgehenden Erwerber Zahlung leistet, so ist er gültig befreit.
und für das alte OR
HAFNER, Anm. 6 zu Art. 167), und das Bundesgericht hat sie im Entscheid der
II. Zivilabteilung vom 22. Dezember 1919 in Sachen Bloch gegen Zeiger (BGE 45
II S. 672
) aufgenommen. Allein das ändert nichts daran, dass sich nur der
Debitor cessus auf die zu seinem Schutz aufgestellte Vorschrift des Art. 167
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 167 - Wenn der Schuldner, bevor ihm der Abtretende oder der Erwerber die Abtretung angezeigt hat, in gutem Glauben an den frühern Gläubiger oder, im Falle mehrfacher Abtretung, an einen im Rechte nachgehenden Erwerber Zahlung leistet, so ist er gültig befreit.

OR und auf seinen guten Glauben bei der Erfüllung berufen kann. Ausserdem ist
im vorliegenden Falle eine Tilgung der Forderung, die der gewöhnlichen
Erfüllung durch Zahlung gleichzustellen wäre, gar nicht erfolgt, gleichgültig,
ob das Rechtsgeschäft Warmunds mit dem Beklagten als Abtretung der Forderung
oder als Anweisung aufzufassen ist. Erblickt man darin eine Anweisung auf
Schuld, so wäre die Schuld nicht schon durch die Anweisung, sondern erst durch
die Leistung des Schuldners Friedmann an den Beklagten getilgt worden. (Vgl.
VON TUHR, OR II S. 423.) Lag dagegen eine Zession vor, so versteht es sich von
selbst, dass dadurch die Forderung nicht untergegangen wäre und dass daher
auch in diesem Fall von einem Erfüllungssurrogat nicht gesprochen werden
könnte, bei dem sich Friedmann auf seinen guten Glauben hätte berufen können.
Es hätte sich nur fragen können, ob in dem Rechtsgeschäft Warmund mit
Eisenberg, auf das sich dieser beruft, nicht kraft Parteiwillens eine Neuerung
der Forderung gelegen habe, welche die alte Forderung allerdings zum Untergang
gebracht hätte und welche der Zahlung

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im Sinne des Art. 167 gleichzustellen wäre. Allein abgesehen davon, dass auch
eine Neuerung den Beklagten nicht legitimieren würde, sich auf Art. 167
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 167 - Wenn der Schuldner, bevor ihm der Abtretende oder der Erwerber die Abtretung angezeigt hat, in gutem Glauben an den frühern Gläubiger oder, im Falle mehrfacher Abtretung, an einen im Rechte nachgehenden Erwerber Zahlung leistet, so ist er gültig befreit.
zu
berufen, ist eine solche gemäss Art. 116
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 116 - 1 Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
1    Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
2    Insbesondere bewirkt die Eingehung einer Wechselverbindlichkeit mit Rücksicht auf eine bestehende Schuld oder die Ausstellung eines neuen Schuld- oder Bürgschaftsscheines, wenn es nicht anders vereinbart wird, keine Neuerung der bisherigen Schuld.
Abs. OR nicht zu vermuten. Aus dem
Briefe Friedmanns an den Beklagten vom 13. September 1928 geht eindeutig
hervor, dass der Schuldner keine neue Forderung begründen, sondern nur die
alte Schuld anerkennen wollte. Auch die Tatsache, dass Warmund anlässlich
dieser Abtretung oder Anweisung auf die Rechnungen den Vermerk setzte: «Betrag
erhalten durch Abtretung an Eisenberg» spricht durchaus nicht für eine
Novation. In Wirklichkeit stellt dieser Vermerk gar keine echte Quittung, d.
h. eine Bescheinigung der Erfüllung einer Verbindlichkeit dar, sondern
lediglich eine Bescheinigung des ursprünglichen Gläubigers, dass der Schuldner
ihm gegenüber entlassen sei, ohne jede Änderung am Bestand der ursprünglichen
Forderung.
Welcher der Parteien nun das Recht auf die deponierte Summe - mit Abzug der 57
Fr. 80 Cts. zustehe, muss sich, wie die Vorinstanz zutreffend ausgeführt hat,
nach dem Datum des Rechtserwerbes gegenüber Warmund entscheiden, und die
Klägerin hat demnach das ältere Recht und den Vorrang.
3.- Der Beklagte und Berufungskläger hat behauptet, bei der hier vertretenen
Auffassung laufe Friedmann Gefahr, zweimal zahlen zu müssen, nämlich einmal an
die Klägerin auf Grund der zeitlich vorangehenden Zession und ausserdem an den
Beklagten gestützt auf das von ihm gutgläubig abgegebene Zahlungsversprechen.
Damit will der Beklagte die Ansicht des Obergerichtes widerlegen, er werde
sich endgültig an Warmund halten müssen, der ihn betrogen habe. Es kann ihm
jedoch nicht beigepflichtet werden und er wird sich in der Tat nur an Warmund
halten können, denn es steht nunmehr fest - ob prozessual rechtskräftig auch
gegenüber Friedmann, kann dahingestellt bleiben - dass er am 13. September
kein selbständiges Schuldversprechen abgegeben, sondern lediglich

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die alte Schuld gegenüber dem Beklagten als bestehend anerkannt hat, deren
Zuständigkeit dann nachträglich durch die Klägerin streitig gemacht worden
ist. Von dieser alten Schuld ist Friedmann gemäss Art. 168
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 168 - 1 Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
1    Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
2    Zahlt der Schuldner, obschon er von dem Streite Kenntnis hat, so tut er es auf seine Gefahr.
3    Ist der Streit vor Gericht anhängig und die Schuld fällig, so kann jede Partei den Schuldner zur Hinterlegung anhalten.
OR durch die
Hinterlegung befreit worden, und die Befreiung ist endgültig, weil im
vorliegenden Prozess die Feststellungsklage der Klägerin und ebenso ihr
Begehren um Herausgabe der hinterlegten 6748 Fr. geschützt werden muss.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichtes des Kantons
Zürich vom 2. Mai 1930 wird bestätigt.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 56 II 363
Datum : 01. Januar 1930
Publiziert : 04. November 1930
Quelle : Bundesgericht
Status : 56 II 363
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Doppelte Verfügung des Gläubigers über eine Forderung und Hinterlegung des zwischen den beiden...


Gesetzesregister
OR: 116 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 116 - 1 Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
1    Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
2    Insbesondere bewirkt die Eingehung einer Wechselverbindlichkeit mit Rücksicht auf eine bestehende Schuld oder die Ausstellung eines neuen Schuld- oder Bürgschaftsscheines, wenn es nicht anders vereinbart wird, keine Neuerung der bisherigen Schuld.
167 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 167 - Wenn der Schuldner, bevor ihm der Abtretende oder der Erwerber die Abtretung angezeigt hat, in gutem Glauben an den frühern Gläubiger oder, im Falle mehrfacher Abtretung, an einen im Rechte nachgehenden Erwerber Zahlung leistet, so ist er gültig befreit.
168
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 168 - 1 Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
1    Ist die Frage, wem eine Forderung zustehe, streitig, so kann der Schuldner die Zahlung verweigern und sich durch gerichtliche Hinterlegung befreien.
2    Zahlt der Schuldner, obschon er von dem Streite Kenntnis hat, so tut er es auf seine Gefahr.
3    Ist der Streit vor Gericht anhängig und die Schuld fällig, so kann jede Partei den Schuldner zur Hinterlegung anhalten.
BGE Register
45-II-664 • 56-II-363
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • schuldner • einzelrichter • guter glaube • kenntnis • bundesgericht • zahl • widerklage • zessionar • zins • legitimation • neuerung • entscheid • weisung • zahlungsversprechen • schuldanerkennung • wille • bescheinigung • vorinstanz • weiler
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