S. 510 / Nr. 81 Gewaltentrennung (d)

BGE 56 I 510

81. Auszug aus dem Urteil vom 20. Dezember 1930 i. S. Badertscher gegen
Regierungsrat Zürich.

Regeste:
Erhebung einer Abgabe von 10 Fr. für die jährliche Erneuerung der
Führerbewilligung i. S. von Art. 12 ff. des Automobilkonkordats, gestützt auf
die regierungsrätliche Gebührenordnung für die kantonalen Verwaltungsbehörden.
Anfechtung mit der Begründung, dass die Abgabe nach ihrem Betrage keine Gebühr
mehr, sondern eine Steuer darstelle und deshalb gegen Art. 20 II des
Konkordats sowie die KV (von Zürich Art. 19 IV) verstosse, die für die
Einführung von Steuern ein Gesetz fordere. Abweisung. (E. 1). Angeblich
rechtsungleiche Bemessung gegenüber einer verwandten Gebühr(E. 2.).

Nach Art. 20 Abs. 2 und 3 des Automobilkonkordats vom 7. April 1914 können die
Kantone, neben der in Abs. 1 ebenda vorgesehenen Sondersteuer auf
Motorfahrzeugen, «zur Deckung der gehabten Kosten für die Prüfung der Führer
und Wagen, für Schilder, für Ausstellung der Bewilligungen und für sonstige
Leistungen Gebühren erheben». Die Höhe der Steuern und Gebühren wird von den
Kantonen auf Grund ihrer Gesetze bestimmt.

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Die vom zürcherischen Regierungsrat mit Genehmigung des Kantonsrates am 11.
Dezember 1922 erlassene Gebührenordnung für die Verwaltungsbehörden bestimmt
in § 1: «Zur Deckung der Kosten, die dem Staate durch Inanspruchnahme der
Amtstätigkeit von Behörden, Beamten und Angestellten der Staats- und
Bezirksverwaltung entstehen, werden, soweit nicht durch besondere Gesetze oder
Verordnungen anderes bestimmt ist, Staats- und Schreibgebühren nach Massgabe
der nachfolgenden Bestimmungen erhoben.» An Staatsgebühren sind u. a. nach § 2
zu entrichten: «a) für Bussenverfügungen, Verwarnungen - Ausweise, - je nach
Umfang, Zeit- und Arbeitsaufwand, sowie nach Bedeutung der Sache 50 Cts. bis
50 Fr; c) für die Erteilung von Bewilligungen und Konzessionen eine einmalige
oder sich wiederholende Gebühr von 5-2000 Fr.» Dazu kommen die Schreibgebühren
nach § 4. Wo in der Gebührenordnung Mindest- und Höchstbeträge festgesetzt
sind, werden die Gebühren, falls nichts anderes vorgeschrieben ist, nach dem
Zeitaufwand und der Bedeutung des Geschäftes berechnet (§ 6)
Gestützt auf diesen Erlass hat die Polizeidirektion des Kantons Zürich durch
Verfügung vom 1. März 1923 die Gebühren für die jährliche Erneuerung der
Führer- (Fahr-) bewilligung i. S. von Art. 12 ff., insbesondere 16 des
Automobilkonkordats wie folgt festgesetzt: für die Führung von Automobilen 10
Fr., Motorrädern 5 Fr., Fahrrädern mit Hilfsmotor 3 Fr. Seit mehreren Jahren
suchte die Sektion Zürich des Automobilklubs der Schweiz eine Ermässigung des
für die Erneuerung der Automobilführerbewilligung geltenden Ansatzes von 10
Fr. zu erwirken, wurde aber mit diesem Verlangen von den kantonalen Behörden
jeweilen abgewiesen. Durch Eingabe vom 8. April 1930 stellte der heutige
Rekurrent Badertscher an die Polizeidirektion des Kantons Zürich das Begehren,
es sei ihm die Automobilführerbewilligung für das Jahr 1930 gegen Entrichtung
einer Gebühr von 1 Fr. zu erneuern.

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Er berief sich auf ein beigelegtes Gutachten von Prof. Fleiner in Zürich, das
unter näherer Begründung die Auffassung vertrat, der Betrag von 10 Fr. könne
nicht mehr als eine wirkliche Gebühr gelten, sondern stelle eine unzulässige
verschleierte Steuer dar. Die Polizeidirektion lehnte indessen durch Verfügung
vom 11. April 1930 das Begehren ab und hielt an der Abgabe von 10 Fr. fest.
Eine Beschwerde des Rekurrenten über diese Verfügung hat der Regierungsrat des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 19. September 1930 abgewiesen.
Das gleiche Schicksal hatte ein gegen den Entscheid des Regierungsrats beim
Bundesgericht eingereichter staatsrechtlicher Rekurs. Der Rekurrent hatte
darin an der im kantonalen Verfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten
und zur Begründung auf die Angaben der kantonalen Staatsrechnungen über die
Einnahmen und Ausgaben des Dienstzweiges verwiesen, dem im Kanton Zürich die
Erneuerung der Führerbewilligungen und die übrigen in Art. 20 II des
Automobilkonkordats erwähnten Verrichtungen übertragen seien (kantonale
Motorfahrzeugkontrolle). Es ergebe sich daraus, dass die Gesamteinnahmen
dieser Amtsstelle aus Gebühren deren Gesamtunkosten (aus Besoldungen,
Bureauauslagen usw.) in den Jahren 1927, 1928 und 1929 um 262000, 308000 und
334000 Fr. überschritten hätten. Allein die darin enthaltenen Gebühren für
Prüfung von Führern und Fahrzeugen und für Abgabe von Kontrollschildern hätten
jeweilen mehr als genügt, um die gesamten Auslagen und Aufwendungen der
Motorfahrzeugkontrolle zu decken, so dass diese, selbst wenn die
Erneuerungsgebühr nach dem Antrag des Rekurrenten auf 1 Fr. angesetzt werde,
noch immer mit Gewinn arbeiten würde. Zum gleichen Ergebnis komme man, wenn
man den Einnahmeposten «Staats- und Schreibgebühren», d. h. die
Erneuerungsgebühren allein mit den darauf entfallenden Unkosten vergleiche. Da
die fragliche Erneuerungstätigkeit die Motorfahrzeugkontrolle nur während
einer sehr beschränkten Zeit, sozusagen

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ausschliesslich im Monat Januar, in Anspruch nehme, könne auch dem Konto
«Staats- und Schreibgebühren
nur ein entsprechend beschränkter Teil der Gesamtunkosten des Dienstzweiges
belastet werden. Stelle man ihn mit 1 /10 ein, so blieben aber immer noch
Überschüsse der Erneuerungs- («Staats- und Schreib-») gebühren über die darauf
entfallenden Unkosten von rund 167000 Fr. für 1927, 204000 für 1928 und 242000
für 1929. Abgaben, deren Erträgnisse in dieser Weise die entsprechenden
Unkosten, Gesamtauslagen der betreffenden Verwaltungsabteilung überschreiten,
seien keine Gebühren mehr, sondern Steuern (BGE 29 I 44 Erw. 3). Als Steuer
aber verstosse die angefochtene Abgabe gegen Art. 20 II des
Automobilkonkordats, der für die hier aufgeführten staatlichen Akte
ausdrücklich nur noch die Erhebung von Gebühren zur Deckung der dadurch
verursachten Kosten, nicht eine Besteuerung zulasse. Sie verletze ferner den
Art. 19 Abs. 4 der zürcherischen KV, wonach die Gesetzgebung die Arten der für
den Kanton und die Gemeinden zu beziehenden Steuern festsetze. Der
Regierungsrat könne sich demgegenüber auch nicht, wie es im angefochtenen
Entscheid geschehe, auf die Bedeutung des in der Führerbewilligung liegenden
Ausweises für den Träger berufen. Denn auch dieses «Bedeutungsmoment» könne
für die Bemessung der Gebühr nur solange herangezogen werden, als die
Gesamtheit der Gebühren die Gesamtunkosten des Staates nicht übersteige. Die
Begründung der Höhe der Gebühr mit dem Interesse des Abgabepflichtigen an der
streitigen Bewilligung sei zudem noch aus anderen Gründen unzutreffend (was
näher ausgeführt wurde). Die Tätigkeit der Motorfahrzeugkontrolle bei der
Erneuerung der Führerbewilligung sei im Wesentlichen dieselbe und jedenfalls
keine grössere als diejenige der kantonalen Staatskanzlei bei der Erneuerung
der Reisepässe. Sie beschränke sich, wie hier, abgesehen von der Führung einer
bezüglichen Registratur, auf den Eintrag des bezahlten Betrages sowie

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auf drei Stempelaufdrücke im Führerscheinheft. Irgendwelche Kontrolltätigkeit
sei damit nicht verbunden. Eigne sich ein Führer nicht mehr zur Führung von
Motorfahrzeugen, so werde ihm die Führerbewilligung sofort entzogen, d. h. es
werde ihm das Führerheft polizeilich abgenommen. Bei der Erneuerung brauche
deshalb nicht geprüft zu werden, ob der Gesuchsteller noch ein Fahrzeug führen
dürfe; denn sonst würde er den Führerausweis nicht mehr besitzen. Für die
Verlängerung der Pässe betrage nun seit einigen Jahren die Gebühr 1 Fr. Es
verstosse gegen die Rechtsgleichheit (Art. 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BV), wenn bei gleicher
Beanspruchung der staatlichen Organe im einen Falle eine Gebühr von 1 Fr., im
andern dagegen von 10 Fr. erhoben werde.
Entscheidungsgründe:
«1. - Die streitige Abgabe von 10 Fr. stützt sich und vermag sich nach den
Ausführungen des angefochtenen Entscheides selbst nur zu stützen auf die
Gebührenordnung vom 11. Dezember 1922, also auf eine regierungsrätliche
Verordnung. Sie beruht auch dann, wie vom Rekurrenten nicht bestritten wird,
kantonalrechtlich auf verfassungsmässiger Grundlage, wenn sie nach Wesen und
Betrag noch als Gebühr gelten kann. Anders würde es sich verhalten, wenn sie
nach ihren Merkmalen, entgegen der gewählten Bezeichnung, als Steuer
betrachtet werden müsste. Denn auch nach zürcherischem Staatsrecht (Art. 19
Abs. 4 KV) können Steuern nur im Gesetzgebungswege eingeführt, auf Grand eines
sie vorsehenden Gesetzes erhoben werden. Auf den Namen, unter dem die Erhebung
geschieht, kann bei dieser Kompetenzausscheidung natürlich nichts ankommen
(vgl. die nicht veröffentlichten Urteile vom 7. Juli 1923 und 13. April 1927
i. S. Edgar Schmid und H. G. Tobler, die ebenfalls die Anfechtung in der
Gebührenordnung von 1922 vorgesehener Abgaben unter Berufung auf die gleiche
Verfassungsvorschrift betrafen). Art. 19 KV enthält selbst eine Abgrenzung des

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Begriffes der Steuer von demjenigen der Gebühr nicht und es wird auch nicht
behauptet, dass sich eine solche in einer anderen Verfassungsvorschrift fände.
Massgebend muss demnach die durch die Wissenschaft und Rechtsprechung
herausgearbeitete Unterscheidung sein, wonach die Gebühren als besonderer
Entgelt für bestimmte durch den Pflichtigen veranlasste Leistungen der
Staatsgewalt, die Steuern dagegen als nicht durch die Voraussetzung einer
solchen bestimmten Gegenleistung bedingte Beiträge des Einzelnen an die
allgemeinen dem Wohle der Gesamtheit dienenden Staatsaufgaben erscheinen. Von
den beiden der Gebühr wesentlichen Merkmalen trifft das eine auf die hier
geforderte Abgabe zweifellos zu: sie wird im Anschluss an eine bestimmte zu
Gunsten des Abgabepflichtigen vorgenommene behördliche Verrichtung, die
Erneuerung der im Automobilkonkordat vorgesehenen Führerbewilligung, erhoben.
Um als Gegenleistung (Äquivalent) für die beanspruchte amtliche Tätigkeit
betrachtet werden und auch insoweit als Gebühr gelten zu können, muss die
Auflage der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu jener Tätigkeit
stehen. Dieses Erfordernis darf aber, entgegen der Ansicht des Rekurrenten,
hier ebenfalls als erfüllt angesehen werden, selbst wenn man den Masstab für
das Vorliegen jenes Verhältnisses ausschliesslich in der Deckung der dem
Staate verursachten Kosten erblickt und das andere Moment des Interesses des
Abgabepflichtigen an der Vornahme des abgabepflichtigen Aktes ausser Acht
lässt. Wie das Bundesgericht schon wiederholt ausgesprochen hat (vgl. BGE 53 I
282
ff. und die dort angeführten früheren Urteile) kommen als dem Staate
erwachsene Kosten, die durch die Gebührenerhebung gedeckt werden dürfen, nicht
bloss die Auslagen und Bemühungen gerade für die einzelne verlangte amtliche
Handlung in Betracht: es fällt darunter auch ein entsprechender Anteil an den
Aufwendungen für die staatlichen Einrichtungen, die nötig sind, um die in
Frage stehende behördliche Verrichtung vornehmen

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zu können (so bei den in jenen früheren Fällen streitigen vormundschaftlichen
Gebühren, Stempeltaxen auf im Zivilprozessverfahren verwendeten
Schriftstücken, Grundbuchgebühren an den Kosten der Verwaltung des
Vormundschaftswesens, der Rechtspflege, des Grundbuchwesens im allgemeinen).
Erst wenn die Gesamteinnahmen an Gebühren der betreffenden Gattung die
Gesamtkosten für die betreffende staatliche Einrichtung übersteigen sollten,
kann sich demnach die Frage erheben, ob nicht eine Auflage mit Steuercharakter
vorliege. Auf diesen Boden stellt sich denn auch der Rekurrent. Er weist zwar
auf die nach seiner Auffassung sehr geringe Mühewaltung hin, die der in
Betracht kommende Akt, Erneuerung der Führerbewilligung, selbst wenn man die
damit zusammenhängende Registratur berücksichtige, den staatlichen Organen
verursache. Doch nicht um daraus zu schliessen, dass schon deshalb allein eine
Abgabe von 10 Fr. dafür als Steuer und nicht mehr als Gebühr betrachtet werden
müsse (wie es das Gutachten Fleiner auf Seite 4 oben annimmt), sondern nur um
geltend zu machen, dass es mit Rücksicht hierauf nicht angehe, die Abgabe so
hoch anzusetzen, während sie für einen anderen analogen Akt, die Verlängerung
der Reisepässe, bloss 1 Fr. betrage, also um die in diesem Zusammenhang
erhobene Rüge rechtsungleicher Behandlung zu begründen. Vielmehr stellt auch
er für den Steuercharakter der Auflage entscheidend auf das Verhältnis der
gesamten Gebühreneinnahmen des Dienstzweiges, der die fragliche Verrichtung
vornehme, nämlich der kantonalen Motorfahrzeugkontrolle, zu den Gesamtunkosten
desselben ab, indem er anbringt, dass jene Einnahmen nach den Staatsrechnungen
diese Unkosten seit Jahren um sehr erhebliche Summen überstiegen. Abgaben, die
derartige Reingewinne abwerfen, seien aber nicht mehr Gebühren, sondern
Steuern. Allein die Einnahmen der Motorfahrzeugkontrolle stammen - eben nicht
bloss aus den Gebühren für die Erneuerung von Bewilligungen, dem Posten
«Staats- und Schreibgebühren»

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her, sondern entfallen nach der eigenen Rechnungsaufstellung des Rekurrenten
zu einem noch grösseren Teile auf andere Abgaben, nämlich diejenigen für die
Prüfung von Fahrzeugen und Fahrern und für die Abgabe von Kontrollschildern.
Die Rechnungsüberschüsse, auf die der Rekurrent sich beruft, sind demnach
schon deshalb noch nicht geeignet, um das Begehren zu rechtfertigen, dass
gerade die Erneuerungsgebühr auf einen Betrag herabgesetzt werde, wie der
Rekurrent ihn noch als zulässig anerkennen will. Denn ebensogut wie von einer
übermässigen Ansetzung der letzteren Gebühr können sie auch von einer zu hohen
Bemessung jener anderen Abgaben herrühren. Nachdem der Rekurrent diese nicht
anficht, kann er auch die Behauptung, dass die Erneuerungsgebühr in
Wirklichkeit eine verschleierte Besteuerung enthalte, nicht in jener Weise
begründen, sondern höchstens damit, dass, auch wenn man den Ertrag der
Erneuerungsgebühren allein mit dem auf sie entfallenden Teile der
Gesamtunkosten des Dienstzweiges vergleiche, sich immer noch entsprechende
Überschüsse ergeben. Dieser Einsicht verschliesst sich denn auch der Rekurrent
nicht, indem er in einer zweiten Rechnung dem Posten «Staats- und
Schreibgebühren» einen verhältnismässigen Bruchteil der rechnungsmässigen
Gesamtunkosten der Motorfahrzeugkontrolle gegenüberstellt und auch bei dieser
Aufstellung noch zu jährlichen Reingewinnen von 167000-242000 Fr. in den
Jahren 1927-1929 kommt. Indessen trägt diese Rechnung von vorneherein insofern
etwas Unsicheres an sich, als es kaum möglich ist, den prozentualen Anteil der
Gesamtunkosten des fraglichen Dienstzweiges, der richtigerweise auf die
«Erneuerungstätigkeit» desselben zu verlegen ist, genau zu bestimmen und bei
einer höheren Bemessung sich auch die errechneten Reinerträgnisse entsprechend
vermindern wurden. Die Begründung, mit der der Rekurrent dazu gelangt, jenen
Prozentsatz auf bloss 1/10 der Gesamtunkosten anzusetzen, ist denn auch nichts
weniger als zwingend, wenn man bedenkt, dass es

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sich um einen Verwaltungsapparat handelt, der, auch wenn er durch die in Frage
stehende Tätigkeit allein nur während einer beschränkten Zeit in Anspruch
genommen werden mag, nichtsdestoweniger das ganze Jahr hindurch unterhalten
werden muss. Doch brauchen diese Bedenken wie auch andere Einwendungen, die
gegen die Rechnungsaufstellung der Beschwerde zu erheben nahe liegen würde,
nicht näher erörtert zu werden. Denn die Beschwerde muss auch dann abgewiesen
werden, wenn man sie auf der vom Rekurrenten geltend gemachten tatsächlichen
Grundlage beurteilt. Es liegt in der Natur der Sache, dass sich die Kosten der
Einrichtung einer Dienststelle, die mit der Besorgung gewisser
Verwaltungsaufgaben betraut ist, nicht zum voraus genau berechnen lassen,
zumal wenn es sich um einen Dienstzweig, wie hier die Motorfahrzeugkontrolle
handelt, dessen Inanspruchnahme infolge der fortwährenden Entwicklung des
Automobilwesens ständig wächst. Der Grundsatz der Kostendeckung als Grenze der
zulässigen Gebührenerhebung darf daher nicht in der Weise eng und mathematisch
ausgelegt werden, wie der Rekurrent es tun möchte. Vielmehr müssen die
Gebühren so bemessen werden können, dass sie zur Deckung der Unkosten auf alle
Fälle und zwar reichlich genügen. Es ist daher auch ein Überschuss des
Gesamtgebührenertrages über die Unkosten noch nicht ohne weiteres ausreichend,
um die unter dem Namen von Gebühren erhobenen Abgaben in Steuern zu
verwandeln. Vielmehr wird dabei auch die absolute Höhe der im einzelnen Falle
erhobenen Abgabe berücksichtigt werden dürfen und müssen. Beschränkt sie sich
auf einen runden, an sich mässigen Betrag, so wird sie auch dann noch als
Gebühr gelten dürfen, wenn der Gesamtertrag aus der Abgabe über die Deckung
der Unkosten hinaus einen gewissen mässigen Überschuss ergibt. Im vorliegenden
Falle ist aber der Betrag, der vom einzelnen Abgabepflichtigen zu entrichten
ist, 10 Fr., absolut gesprochen unbedeutend. Und auch die vom Rekurrenten
behaupteten Reingewinne gehen bei

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einem Kanton von dieser Grösse und wenn man die gesamte Zahl der Akte bedenkt,
aus denen sie herrühren, nicht über einen verhältnismässig mässigen
Einnahmeüberschuss hinaus (nach der Eingabe der Sektion Zürich des
Automobilklubs der Schweiz an den Regierungsrat vom 2. Dezember 1927 betrug
schon in den Jahren 1925 und 1926 die Zahl der erneuerten Führerbewilligungen
8580 und 10800). Mag auch durch dieses Reinerträgnis ein gewisses
Steuerelement in die Abgabe hineingetragen werden, so ist es doch zu
untergeordnet und tritt vor dem Charakter eines Entgeltes für die in Anspruch
genommene amtliche Tätigkeit, wie er sich aus den übrigen oben erörterten
Momenten, insbesondere dem absoluten Betrage der Auflage, ergibt, allzusehr
zurück, als dass es genügen könnte, der Auflage den Gebührencharakter
abzusprechen (vgl. die analoge Erwägung in BGE 33 I 132 E. 3 am Ende). Es ist
deshalb nicht nötig zu der zwischen den Parteien streitigen Frage Stellung zu
nehmen, wieweit bei der Bemessung der fraglichen Gebühr neben dem Kostenersatz
auch das andere Moment der Bedeutung der erteilten Bewilligung, des Interesses
des Pflichtigen an dem betreffenden Akte, berücksichtigt werden dürfte. Das
Urteil BGE 52 I 44, wo es als statthaft erachtet wurde, die Taxen für die
Benützung einer öffentlichen Anstalt ohne ausschlaggebende Berücksichtigung
des Kostenaufwandes für den Betrieb der Anstalt nach dem Vorteil zu bestimmen,
den der Benützer aus der Anstaltsnutzung zieht, bezog sich auf industrielle
Unternehmungen von Gemeinwesen (wie Gas- und Elektrizitätswerke). Bei anderen
staatlichen Einrichtungen und Anstalten ist dieses Moment des Vorteils,
Interesses an der staatlichen Leistung bisher jeweilen nur für die Verteilung
der Gesamtkosten der staatlichen Anstalt auf die verschiedenen Benützer, die
Abstufung der Gebühren im einzelnen Falle innert dieser Grenze berücksichtigt
worden. Hierum würde es sich aber im vorliegenden

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Falle nicht handeln. Vielmehr wäre die Frage die, ob eine Berücksichtigung des
Interesses auch über die erwähnte Schranke hinaus zulässig sei.
Es ist auch nicht ersichtlich und wird nicht behauptet, dass in der weiter
angerufenen Vorschrift des Automobilkonkordats Art. 20 II der Begriff der
Gebühr bezw. der Deckung der «gehabten Kosten» in einem anderen, strengeren
Sinne zu verstehen sei als bei der Anwendung von Art. 19 Abs. 4 KV, so dass
sich mit der Rüge des Verstosses gegen diese Verfassungsvorschrift auch die
weitere der Konkordatsverletzung erledigt.»
«2. - Auch der Vorwurf ungleicher Behandlung geht fehl. Im Gegensatz zum
Reisepass, der seiner Natur nach ein einfacher «Ausweis» im Sinne von § 2 a
der Gebührenordnung ist, fällt der Führerschein als Polizeierlaubnis unter die
«Bewilligungen» nach § 2 c ebenda, wie auch das Gutachten Fleiner annimmt. Die
verschiedene Bemessung der Gebühr für die Verlängerung des einen oder andern
ist daher jedenfalls kantonalrechtlich begründet. Es kann auch die Behauptung,
dass die Arbeit der Verwaltung in beiden Fällen die gleiche sei, nicht
entscheidend sein, wenn man die Kostendeckung, wie es nach Erwägung 1 oben
richtigerweise geschehen muss, nicht bloss nach den Bemühungen und Auslagen
gerade für den einzelnen abgabepflichtigen Akt, sondern nach den
Gesamtunkosten des betreffenden Dienstzweiges bemisst. Aus der Tatsache, dass
die kantonale Staatskanzlei für jenen Zweck mit einer Abgabe von 1 Fr. für die
Verlängerung der Reisepässe auskommen zu können glaubt, lässt sich nicht
folgern, dass bei einem anderen Dienstzweige mit verschiedenen Verhältnissen
und anderem Gesamtkostenaufwand für einen verwandten Akt die nämliche
Bemessung Platz greifen müsse.»
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 56 I 510
Datum : 01. Januar 1930
Publiziert : 20. Dezember 1930
Quelle : Bundesgericht
Status : 56 I 510
Sachgebiet : BGE - Verfassungsrecht
Gegenstand : Erhebung einer Abgabe von 10 Fr. für die jährliche Erneuerung der Führerbewilligung i. S. von Art...


Gesetzesregister
BV: 4
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 4 Landessprachen - Die Landessprachen sind Deutsch, Französisch, Italienisch und Rätoromanisch.
BGE Register
29-I-37 • 33-I-127 • 52-I-44 • 53-I-276 • 56-I-510
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
unkosten • deckung • regierungsrat • frage • kv • zahl • gegenleistung • bruchteil • verhältnis zwischen • berechnung • staatsrechnung • vorteil • kontrollschild • sektion • bundesgericht • stelle • amtliche tätigkeit • entscheid • unternehmung • ausgabe
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