S. 22 / Nr. 5 Bundesrechtliche Abgaben (d)

BGE 56 I 22

5. Auszug aus dem Urteil vom 16. Januar 1930 i. S. R.H. gegen Zürich.


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Regeste:
Militärpfichtersatz. Wehrpflichtige, die beim Einrücken in einen
obligatorischen Wiederholungskurs als überzählig nach Hause entlassen werden,
sind nicht ersatzpflichtig, wohl aber Wehrpflichtige, die durch Krankheit an
einer obligatorischen Dienstleistung verhindert sind. Früher bestandene
Wiederholungskurse werden bezüglich der Ersatzleistung auf den versäumten Kurs
nicht angerechnet.

A. - Der im Jahre 1891 geborene Beschwerdeführer ist heute in der I. Kompagnie
des Füsilier-Bataillons 128 militärisch eingeteilt. Er hatte im Jahre 1929
laut Aufgebotsplakat mit seiner Einheit zum Landwehrwiederholungskurs
einzurücken. Er meldete sich am Einrückungstage krank, wurde vom Truppenarzt
vor U. C. gewiesen und von dieser wegen chronischer Bronchitis nach § 112
Ziffer 47 IBW vom Wiederholungskurs und für ein Jahr vom Militärdienst
dispensiert.
Ein Rekurs gegen die daraufhin vorgenommene Veranlagung

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zur Ersatzleistung für 1929 ist von der Militärdirektion des Kantons Zürich
abgewiesen worden.
B. - H. erhebt rechtzeitig verwaltungsrechtliche Beschwerde beim
Bundesgericht. Er werde ungerechtfertigter Weise anders behandelt als
Wehrpflichtige seines Jahrganges, die beim Einrücken als überzählig nach Hause
entlassen wurden: einem Feldweibel sei ein Wiederholungskurs angerechnet
worden, den er im Jahre 1922 freiwillig bestanden habe, als überzählig
entlassene Trainmannschaften der Jahrgänge 1891 und 1892 seien nicht besteuert
worden, dagegen werde er als ärztlich Dispensierter zur Ersatzleistung
herangezogen, trotzdem er infolge vorzeitiger Absolvierung der Rekrutenschule
einen Wiederholungskurs (1911) mehr bestanden habe als seine Jahrgänger und
den laut Eintrag im Dienstbüchlein doppelt anrechenbaren Aktivdienst vom 11.
August bis 8. September 1918 geleistet habe.
C. - Die Militärdirektion des Kantons Zürich und die eidgenössische
Steuerverwaltung beantragen Abweisung der Beschwerde
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Die Pflicht des Beschwerdeführers zur Bezahlung des Militärpflichtersatzes für
das Jahr 1929 beruht auf Art. 3 MO und Art. 1
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
MStG, wonach der Wehrpflichtige,
der die Militärdienstpflicht (Art. 8
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
und 9
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
MO) nicht erfüllt, die
Militärsteuer zu bezahlen hat.
Der Beschwerdeführer hat den Landwehrwiederholungskurs des Jahres 1929, zu dem
er aufgeboten war, wegen vorübergehender Dienstuntauglichkeit versäumt und hat
deshalb Ersatz zu leisten. Die Einwendungen, die er dagegen erbebt, sind nicht
begründet.
a) Wehrpflichtige, die am Einrückungstag als überzählig entlassen werden und
die infolgedessen den Wiederholungskurs nicht bestehen, können nicht zum
Ersatz herangezogen werden, weil bei ihnen auf die Erfüllung der betreffenden
Dienstleistung aus dienstlichen Gründen

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verzichtet wird. Sie sind in der gleichen Lage wie die Wehrpflichtigen, die im
betreffenden Jahre überhaupt nicht aufgeboten sind und deshalb keinen Dienst
versäumen. Sie genügen ihrer Militärdienstpflicht, wen l sie ihre übrigen
militärischen Pflichten erfüllen, und unterliegen unter dieser Voraussetzung
der Ersatzleistung nicht. Wenn demnach ein Feldweibel des Bataillons 128, wie
der Beschwerdeführer behauptet, als überzählig nach Hause entlassen wurde, so
ist er nicht ersatzpflichtig. Einer Anrechnung früher freiwillig geleisteten
Dienstes bedarf es dabei nicht. Beim Beschwerdeführer verhält es sich anders.
Er war aus Gründen, die in seiner Person liegen, an der Dienstleistung
verhindert und musste deshalb von einem Dienste, zu dem er nach Aufgebot
verpflichtet war, dispensiert werden. Er hat die ihm obliegende
Militärdienstpflicht nicht erfüllt (Art. 3 MO).
Der Wiederholungskurs des Jahres 1911 kann auf den im Jahre 1929 versäumten
Dienst schon deshalb nicht angerechnet werden, weil er keine freiwillige
Dienstleistung war. Nachdem der Beschwerdeführer im Jahre 1910 die
Rekrutenschule absolviert hatte, war er zu diesem Wiederholungskurs
verpflichtet. Übrigens wäre es nach bestehender, sachlich gerechtfertigter
Praxis unzulässig, den Kurs des Jahres 1911 als Ersatz für versäumte
Wiederholungskurse späterer Jahre gelten zu lassen (Verfügung des
eidgenössischen Militärdepartementes vom 5. August 1926, Militäramtsblatt
1926, S. 99).
Der Beschwerdeführer hat einen Wiederholungskurs mehr bestanden als seine im
gesetzlichen Alter eingetretenen Alterskameraden, weil die Regelung der
Militärdienstpflicht nach Militärorganisation während des Weltkrieges durch
den Aktivdienstzustand ersetzt worden ist. Für die Militärsteuer ist aber eine
Berücksichtigung solcher Verhältnisse nicht angeordnet. Sie kann auch nicht
auf dem Wege der Praxis ohne gesetzliche Grundlage eingeführt werden. Es
besteht weiterhin keine Vorschrift, wonach

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der Aktivdienst im August/September 1918 bei der Feststellung der
Ersatzpflicht wegen Dienstversäumnis in einem späteren Jahr zu berücksichtigen
wäre.
b) ...
Demnach erkennt das Bundesgericht: Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 56 I 22
Datum : 01. Januar 1930
Publiziert : 16. Januar 1930
Quelle : Bundesgericht
Status : 56 I 22
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Militärpfichtersatz. Wehrpflichtige, die beim Einrücken in einen obligatorischen Wiederholungskurs...


Gesetzesregister
MO: 3  8  9
MStG: 1
SR 321.0 Militärstrafgesetz vom 13. Juni 1927 (MStG)
MStG Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt.
BGE Register
56-I-22
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
weiler • bundesgericht • bataillon • abweisung • angehöriger der armee • entscheid • bronchitis • einwendung • obliegenheit • freiwillige dienstleistung