S. 26 / Nr. 8 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 55 III 26

8. Entscheid vom 19. April 1929 i. S. L. von Roll'sche Eisenwerke.

Regeste:
SchKG Art. 92 Ziff. 10: Unfallversicherungssummen sind gänzlich unpfändbar,
wie gross sie immer sein mögen, und auch wenn sich der Schuldner im Auslande
befindet.
Art. 92 ch. 10 LP. - Les sommes versées à l'ayant droit en exécution d'un
contrat d'assurance contre les accidents sont totalement insaisissables,
quelque considérable que soit leur montant et alors même que le débiteur se
trouve à l'étranger.
Art. 92 cif. 10 LEF. - Le somme solute all'avente-diritto in virtù di un
contratto di assicurazione contro gli infortuni sono impignorabili qualunque
ne sia l'importo e anche se il debitore dimora all'estero.


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A. - Der Rekursgegner, der in seinem Heimatkanton ein Walzwerk betrieb, ohne
sich in das Handelsregister eintragen zu lassen, war bei den
Unfallversicherungsgesellschaften «Zürich», «Winterthur» und «Helvetia» für
den Fall gänzlicher Invalidität mit je 100000 Fr. gegen Unfall versichert.
Infolge Verlustes des linken Daumens beim Arbeiten an der Stanzmaschine
erhielt er nach erfolgreicher Prozessführung gegen die «Zürich» von dieser
entsprechend der vereinbarten Gliedertaxe für teilweise Invalidität 18000 Fr.
und hierauf auch von der «Winterthur» den gleichen Betrag. Gegen die
«Helvetia» erhob er ebenfalls Klage, über die jedoch noch nicht geurteilt
worden ist. Wegen finanzieller Schwierigkeiten ist der Rekursgegner seit dem
Unfall nach Südamerika ausgewandert.
Auf Verlangen der Rekurrenten arrestierte das Betreibungsamt Zürich 1 unter
verschiedenen Malen «das Guthaben des Arrestschuldners an Dr. K. Bollag,
Rechtsanwalt... auf Auszahlung der von der «Zürich»... und ... «Winterthur»
bezahlten Forderungssummen» bis zum Höchstbetrage von insgesamt 8950 Fr., und
«das Guthaben des Arrestschuldners an «Helvetia»...» bis zum Höchstbetrage von
insgesamt 9000 Fr. Hiegegen führte der Rekursgegner wegen Unpfändbarkeit
Beschwerden.
B. - Durch Entscheid vom 5. März 1929 hat die kantonale Aufsichtsbehörde die
Beschwerde gutgeheissen.
C. - Diesen Entscheid haben die Rekurrenten an das Bundesgericht
weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.- Die durch Art. 92 Ziff. 10
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG bestimmte Unpfändbarkeit der
«Kapitalbeträge, welche als Entschädigung für Körperverletzung... dem
Betroffenen... geschuldet werden oder ausbezahlt worden sind», ist nicht auf
das a dem Schuldner und seiner Familie unumgänglich Notwendige» beschränkt
(vgl. den Gegensatz

Seite: 28
zu Art. 93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
SchKG). Nach der von den Rekurrenten nicht in Zweifel gezogenen
Rechtsprechung des Bundesgerichts trifft diese Unpfändbarkeit grundsätzlich
auch auf Versicherungssummen aus privater Unfallversicherung zu. Hieraus
folgt, dass die Unpfändbarkeit einer solchen Versicherungssumme nicht dem
Masse nach von deren Höhe abhängig gemacht werden kann. Für das Gegenteil ist
namentlich kein Anhaltspunkt zu gewinnen aus der Verwendung des Ausdruckes
«Entschädigung» in Art. 92 Ziff. 10
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG. Zutreffend hat die Vorinstanz
auseinandergesetzt, dass die Unfall-Invaliditätsversicherung nicht Schadens-,
sondern Personen- bezw. Summenversicherung ist. Hier wird die
Versicherungssumme unabhängig von der Frage vereinbart, ob sie einen
allfälligen Vermögensschaden auszugleichen geeignet sei, und ohne Begrenzung
auf den Betrag eines allfällig erlittenen Schadens, des Erwerbsausfalles. Von
Überversicherung oder Doppelversicherung, die dem Versicherten einen
ungerechtfertigten «Gewinn» eintragen könnte, kann daher hier nicht mit Fug
gesprochen werden, weder versicherungsrechtlich (vgl. Art. 51 ff
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 51 - Übersteigt die Versicherungssumme den Versicherungswert (Überversicherung), so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Versicherungsnehmer an den Vertrag nicht gebunden, wenn der Versicherungsnehmer den Vertrag in der Absicht abgeschlossen hat, sich aus der Überversicherung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Das Versicherungsunternehmen hat auf die ganze vereinbarte Gegenleistung Anspruch.
. VVG als
«besondere Bestimmungen über die Schadensversicherung»), noch
zwangsvollstreckungsrechtlich. Gleichwie die Gläubiger keinen Zugriff auf den
Körper des Schuldners haben, so soll auch das Äquivalent der verletzten
körperlichen Integrität ihrem Zugriff entzogen sein. Unter diesem
Gesichtspunkt ist die Höhe des Äquivalents nicht von Belang.
Gegenüber betreibungsrechtlichen Behelfen ist nach ständiger Rechtsprechung
die auf Art. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
ZGB gestützte Einwendung des Rechtsmissbrauches ausgeschlossen.
Übrigens sind die finanziellen Schwierigkeiten des Rekursgegners in einem
Masse zutage getreten, dass sie nicht einfach auf Verschwendung in Gestalt von
Unfallversicherungsprämien zurückgeführt werden können, wie die Rekurrenten
glauben machen wollen. Anderseits werden die Rekurrenten nicht behaupten
wollen, dass sie bei der Kreditgewährung die Unfallversicherungen des
Rekursgegners irgendwie in Betracht gezogen haben.

Seite: 29
2.- Auch darin ist der Vorinstanz beizustimmen, dass die Unpfändbarkeit nicht
wegen des gegenwärtigen Auslandwohnsitzes des Rekursgegners verneint werden
kann - wobei nicht ausschlaggebend in Betracht fällt, dass der Rekursgegner
nicht bekannt gibt, wo genau er sich befindet. Sind die Entschädigungen für
Körperverletzung wegen ihres Zusammenhanges mit der Persönlichkeit des
Schuldners, also mit Rücksicht auf die besondere Natur seiner Forderung
unpfändbar, so vermag der Wegzug des Schuldners aus der Schweiz die
Unpfändbarkeit nicht zu beeinflussen. Das für die Unpfändbarkeit der
Berufswerkzeuge massgebende Kriterium der Art und Weise der Verwendung der
Kompetenzstücke - wobei die Verwendung sehr wohl auf das Gebiet der Schweiz
beschränkt werden konnte (vgl. BGE 37 I S. 348 = Sep.-Ausg. 14 S. 177) - fällt
daher hier ganz ausser Betracht. Auch daraus, dass dem im Ausland wohnenden
Schuldner die Wohltat der relativen Unpfändbarkeit versagt worden ist (BGE 40
III S. 63
), lässt sich nichts herleiten, da sich dort die Unmöglichkeit einer
einigermassen zuverlässigen Feststellung des Notbedarfes herausstellte, auf
den hier nichts ankommt, wie bereits ausgeführt wurde. Dazu kommt noch, dass
es sich vorliegend, im Gegensatz zu den angeführten Fällen, um einen Schuldner
handelt, der Schweizerbürger ist, weshalb nicht ausgeschlossen erscheint, dass
er einmal aus schweizerischen öffentlichen Mitteln unterstützt werden müsste,
sofern ihm die Unfallversicherungssummen entzogen werden, und dass diese ihm
für sein Leben lang über seine körperlichen Schäden hinwegzuhelfen, nicht nur
während absehbarer Zeit, während welcher keine örtlichen Beziehungen zur
Schweiz mehr bestehen, den Notbedarf zu sichern bestimmt sind.
Demnach erkennt die Schuldlbetr. und Konkurskammer: Der Rekurs wird
abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 55 III 26
Datum : 01. Januar 1929
Publiziert : 19. April 1929
Quelle : Bundesgericht
Status : 55 III 26
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : SchKG Art. 92 Ziff. 10: Unfallversicherungssummen sind gänzlich unpfändbar, wie gross sie immer...


Gesetzesregister
SchKG: 92 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
93
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 93 - 1 Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
1    Erwerbseinkommen jeder Art, Nutzniessungen und ihre Erträge, Leibrenten sowie Unterhaltsbeiträge, Pensionen und Leistungen jeder Art, die einen Erwerbsausfall oder Unterhaltsanspruch abgelten, namentlich Renten und Kapitalabfindungen, die nicht nach Artikel 92 unpfändbar sind, können so weit gepfändet werden, als sie nach dem Ermessen des Betreibungsbeamten für den Schuldner und seine Familie nicht unbedingt notwendig sind.
2    Solches Einkommen kann längstens für die Dauer eines Jahres gepfändet werden; die Frist beginnt mit dem Pfändungsvollzug. Nehmen mehrere Gläubiger an der Pfändung teil, so läuft die Frist von der ersten Pfändung an, die auf Begehren eines Gläubigers der betreffenden Gruppe (Art. 110 und 111) vollzogen worden ist.
3    Erhält das Amt während der Dauer einer solchen Pfändung Kenntnis davon, dass sich die für die Bestimmung des pfändbaren Betrages massgebenden Verhältnisse geändert haben, so passt es die Pfändung den neuen Verhältnissen an.
4    Auf Antrag des Schuldners weist das Amt den Arbeitgeber des Schuldners an, während der Dauer der Einkommenspfändung zusätzlich den für die Bezahlung der laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung erforderlichen Betrag an das Amt zu überweisen, soweit diese Prämien und Kostenbeteiligungen zum Existenzminimum des Schuldners gehören. Das Amt begleicht damit die laufenden Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen direkt beim Versicherer.205
VVG: 51
SR 221.229.1 Bundesgesetz vom 2. April 1908 über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz, VVG) - Versicherungsvertragsgesetz
VVG Art. 51 - Übersteigt die Versicherungssumme den Versicherungswert (Überversicherung), so ist das Versicherungsunternehmen gegenüber dem Versicherungsnehmer an den Vertrag nicht gebunden, wenn der Versicherungsnehmer den Vertrag in der Absicht abgeschlossen hat, sich aus der Überversicherung einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Das Versicherungsunternehmen hat auf die ganze vereinbarte Gegenleistung Anspruch.
ZGB: 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 2 - 1 Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
1    Jedermann hat in der Ausübung seiner Rechte und in der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln.
2    Der offenbare Missbrauch eines Rechtes findet keinen Rechtsschutz.
BGE Register
37-I-348 • 40-III-63 • 55-III-26
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
schuldner • vorinstanz • bundesgericht • mass • schaden • körperliche integrität • schuldbetreibungs- und konkursrecht • private unfallversicherung • einwendung • frage • zweifel • erwerbsausfall • schadensversicherung • rechtsanwalt • summenversicherung • leben • verschwendung • rechtsmissbrauch • versicherungsrecht • doppelversicherung • maler • familie • betreibungsamt
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