S. 18 / Nr. 7 Erbrecht (d)

BGE 55 II 18

7. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 22. Februar 1929 i. S.
Landtwing gegen Zuger Kantonalbank.

Regeste:
ZGB Art. 678. Anfechtung der Erbschaftsausschlagung in fraudem creditorum.
Die Klage ist ausschliesslich gegen den ausschlagenden Erben zu richten (Erw.
3).
Der Kläger muss den Bestand einer Forderung glaubhaft machen, die jedoch nicht
fällig zu sein braucht (Erw. 4).
Die Klage kann ungeachtet der (unter den übrigen Erben) bereits erfolgten
Erbteilung geführt werden (Erw. 7).


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3.- Durch die auf Art. 578
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 578 - 1 Hat ein überschuldeter Erbe die Erbschaft zu dem Zwecke ausgeschlagen, dass sie seinen Gläubigern entzogen bleibe, so können diese oder die Konkursverwaltung die Ausschlagung binnen sechs Monaten anfechten, wenn ihre Forderungen nicht sichergestellt werden.
1    Hat ein überschuldeter Erbe die Erbschaft zu dem Zwecke ausgeschlagen, dass sie seinen Gläubigern entzogen bleibe, so können diese oder die Konkursverwaltung die Ausschlagung binnen sechs Monaten anfechten, wenn ihre Forderungen nicht sichergestellt werden.
2    Wird ihre Anfechtung gutgeheissen, so gelangt die Erbschaft zur amtlichen Liquidation.
3    Ein Überschuss dient in erster Linie zur Befriedigung der anfechtenden Gläubiger und fällt nach Deckung der übrigen Schulden an die Erben, zu deren Gunsten ausgeschlagen wurde.
ZGB gestützte Anfechtung wird die Gültigkeit der
Erbschaftsausschlagung, als eines vom Erben einseitig vorgenommenen
Rechtsgeschäftes, angegriffen, wie mindestens vom französischen Text des
Gesetzes ausdrücklich ausgesprochen wird («si la nullité de la répudiation a
été prononcée»). Daher ist die Anfechtungsklage, und zwar ausschliesslich,
gegen den ausschlagenden Erben zu richten, nicht gleichzeitig gegen Miterben
oder nachfolgende Erben, welche ein erweitertes Erbrecht oder ihr Erbrecht
überhaupt nur aus der Ausschlagung herleiten könnten und allfällig bereits
Werte der Erbschaft an sich genommen haben, die ohne die Ausschlagung dem
ausschlagenden Erben zugekommen wären. Dass es infolgedessen letzterem
anheimgegeben ist, die Ausschlagung durch Anerkennung der Klage nachträglich
wieder rückgängig zu machen, erweckt (entgegen BLUMENSTEIN, Zeitschrift des
bernischen Juristenvereins 1924 S. 296) kein Bedenken, da ja dann die amtliche
Liquidation durchgeführt werden muss, also nicht etwa der frühere Zustand sich
wieder herstellen lässt. - Sache des amtlichen Liquidators ist es,
gegebenenfalls von den Miterben oder nachfolgenden Erben herauszuverlangen,
was ihnen nicht gebührt, wenn sich die Ausschlagung als ungültig erweist (vgl.
Erw. 7 hienach).
4.- Zur Klage legitimiert sind die «Gläubiger» des ausschlagenden Erben.
Allein es ist weder erforderlich, dass dieser anerkenne, Schuldner des Klägers
zu sein, noch dass dies bereits urteilsmässig festgestellt sei oder, wie der
Beklagte will, zunächst noch urteilsmässig festgestellt werde, was die
Verbindung der Forderungsklage mit der Klage auf Anfechtung der Ausschlagung
voraussetzen würde. Gerade in dem vom Beklagten vorliegend behaupteten Falle
des Schiedsvertrages oder auch nur einer Prorogation würde jedoch eine solche
Klagenverbindung auf Schwierigkeiten stossen. Namentlich aber besteht kein
Anlass, die Forderungssumme ziffermässig genau zu bestimmen, zumal wenn der
Beklagte sich nicht

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anheischig macht, die Forderung sicherzustellen. Genügt für die
Konkurseröffung ohne vorgängige Betreibung, also einen viel empfindlicheren
Eingriff in die Rechtssphäre des Schuldners, nach Lehre und Rechtsprechung,
dass der Antragsteller den Bestand einer Forderung glaubhaft mache, so ist
nicht einzusehen, wieso für die Legitimation zur Klage auf Anfechtung der
Ausschlagung grundsätzlich etwas anderes gelten sollte. Freilich greift hier
nicht wie dort das summarische Verfahren platz; infolgedessen kann hier mit
Fug gefordert werden, dass der Kläger den Bestand einer Forderung in höherem
Grade wahrscheinlich mache als dort. Natürlich bleibt die Entscheidung über
diesen Präjudizialpunkt ohne jeden Einfluss auf die Frage, in welchem Umfange
der Kläger alsdann aus der amtlichen Liquidation Befriedigung beanspruchen
dürfe...
Dass die Forderung des Klägers fällig sei, kann nicht verlangt werden,
ebensowenig wie für den Antrag auf Konkurseröffnung ohne vorgängige
Betreibung, da bei der amtlichen Liquidation ebensowohl wie im Konkurs auch
nicht fällige Forderungen berücksichtigt werden müssen (vgl. Art. 596
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 596 - 1 Zum Zwecke der Liquidation sind die laufenden Geschäfte des Erblassers zu beendigen, seine Verpflichtungen zu erfüllen, seine Forderungen einzuziehen, die Vermächtnisse nach Möglichkeit auszurichten, die Rechte und Pflichten des Erblassers, soweit nötig, gerichtlich festzustellen und sein Vermögen zu versilbern.
1    Zum Zwecke der Liquidation sind die laufenden Geschäfte des Erblassers zu beendigen, seine Verpflichtungen zu erfüllen, seine Forderungen einzuziehen, die Vermächtnisse nach Möglichkeit auszurichten, die Rechte und Pflichten des Erblassers, soweit nötig, gerichtlich festzustellen und sein Vermögen zu versilbern.
2    Die Veräusserung von Grundstücken des Erblassers erfolgt durch öffentliche Versteigerung und darf nur mit Zustimmung aller Erben aus freier Hand stattfinden.
3    Die Erben können verlangen, dass ihnen die Sachen und Gelder der Erbschaft, die für die Liquidation entbehrlich sind, schon während derselben ganz oder teilweise ausgeliefert werden.
ZGB;
208, 210 SchKG). Es liesse sich denn auch schlechterdings nicht rechtfertigen,
solche Gläubiger, deren Forderung nicht schon fällig ist oder nicht zu
beliebiger Zeit innerhalb sechs Monaten gekündigt werden kann, vom
Rechtsbehelf der Anfechtung fraudulöser Erbschaftsausschlagung
auszuschliessen.
7.- ...Nach der für das Bundesgericht verbindlichen tatsächlichen Feststellung
der Vorinstanz ist nicht dargetan, dass die Teilung der Erbschaft unter den
durch die Ausschlagung begünstigten Söhnen des Beklagten bereits stattgefunden
habe. Übrigens stünde weder die Teilung der Erbschaft, noch die Vermischung
des den einzelnen Erben zugeteilten Vermögens mit ihrem bisherigen Vermögen
der Klage auf Ausschlagung entgegen. wie TUOR, Noten 10 zu Art. 578
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 578 - 1 Hat ein überschuldeter Erbe die Erbschaft zu dem Zwecke ausgeschlagen, dass sie seinen Gläubigern entzogen bleibe, so können diese oder die Konkursverwaltung die Ausschlagung binnen sechs Monaten anfechten, wenn ihre Forderungen nicht sichergestellt werden.
1    Hat ein überschuldeter Erbe die Erbschaft zu dem Zwecke ausgeschlagen, dass sie seinen Gläubigern entzogen bleibe, so können diese oder die Konkursverwaltung die Ausschlagung binnen sechs Monaten anfechten, wenn ihre Forderungen nicht sichergestellt werden.
2    Wird ihre Anfechtung gutgeheissen, so gelangt die Erbschaft zur amtlichen Liquidation.
3    Ein Überschuss dient in erster Linie zur Befriedigung der anfechtenden Gläubiger und fällt nach Deckung der übrigen Schulden an die Erben, zu deren Gunsten ausgeschlagen wurde.
und 23
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 23 - 1 Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
1    Der Wohnsitz einer Person befindet sich an dem Orte, wo sie sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält; der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung oder die Unterbringung einer Person in einer Erziehungs- oder Pflegeeinrichtung, einem Spital oder einer Strafanstalt begründet für sich allein keinen Wohnsitz.23
2    Niemand kann an mehreren Orten zugleich seinen Wohnsitz haben.
3    Die geschäftliche Niederlassung wird von dieser Bestimmung nicht betroffen.
zu
Art. 594
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 594 - 1 Haben die Gläubiger des Erblassers begründete Besorgnis, dass ihre Forderungen nicht bezahlt werden, und werden sie auf ihr Begehren nicht befriedigt oder sichergestellt, so können sie binnen drei Monaten, vom Tode des Erblassers oder der Eröffnung der Verfügung an gerechnet, die amtliche Liquidation der Erbschaft verlangen.
1    Haben die Gläubiger des Erblassers begründete Besorgnis, dass ihre Forderungen nicht bezahlt werden, und werden sie auf ihr Begehren nicht befriedigt oder sichergestellt, so können sie binnen drei Monaten, vom Tode des Erblassers oder der Eröffnung der Verfügung an gerechnet, die amtliche Liquidation der Erbschaft verlangen.
2    Die Vermächtnisnehmer können unter der gleichen Voraussetzung zu ihrer Sicherstellung vorsorgliche Massregeln verlangen.
ZGB, und BLUMENSTEIN, Zeitschrift des bernischen Juristenvereins,

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1914, S. 296, meinen. Wäre es doch andernfalls den Miterben oder den
nachberufenen Erben anheimgegeben, die Anfechtung durch das unter Umständen
nur wenige Stunden erfordernde Manöver der Teilung zu vereiteln. Fällt infolge
Gutheissung der Anfechtungsklage die Berufung der nachberufenen Erben oder die
Anwachsung zugunsten der Miterben nachträglich dahin, so haben sie an den
Erbschaftsliquidator herauszugeben, was sie, gestützt auf ihr nachträglich
vernichtetes Erbrecht, erworben haben, wobei das Surrogationsprinzip gilt. Tun
sie es nicht freiwillig, so wird sich der Liquidator vom Anfechtungskläger die
Prozesskosten für die gerichtliche Belangung der Miterben oder nachberufenen
Erben vorschiessen lassen oder ihn selbst mit der Prozessführung beauftragen
oder endlich den Herausgabeanspruch als solchen verwerten können.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 55 II 18
Date : 01. Januar 1929
Published : 22. Februar 1929
Source : Bundesgericht
Status : 55 II 18
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : ZGB Art. 678. Anfechtung der Erbschaftsausschlagung in fraudem creditorum.Die Klage ist...


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