S. 161 / Nr. 31 Familienrecht (d)

BGE 55 II 161

31. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 12. Juli 1929 i. S. Faas
gegen Hardegger.


Seite: 161
Regeste:
Unterhaltsbeiträge für Kinder aus geschiedener Ehe, die durch Urteil (oder vom
Richter genehmigte Parteivereinbarung) festgesetzt worden sind, können
jederzeit nachgefordert werden, solange sie nicht verjährt sind.

Die Parteien sind die im Jahre 1912 geschiedenen Eltern von am 13. September
1903 bezw. 27. Oktober 1904 geborenen Kindern, bezüglich welcher durch vom
Scheidungsgericht genehmigte Vereinbarung bestimmt wurde, dass sie der Mutter
zugeteilt werden und «Der Vater verpflichtet sich..., an den Unterhalt der
Kinder monatlich zusammen 50 Fr. zu leisten, und zwar bis beide Kinder
mehrjährig sind. Sobald das Einkommen des Vaters 250 Fr. per Monat übersteigt,
zahlt er als Aliment für die Kinder mindestens den fünften Teil seines
Einkommens unter Anrechnung obiger 50 Fr.»
Obwohl der Vater seit 1920 als kantonaler Justizbeamter ein 10000 Fr.
übersteigendes Jahresgehalt bezieht, nahm die Mutter den ihr bis zum Oktober
1924 allmonatlich geleisteten Unterhaltsbeitrag von nur 70 Fr. jeweilen
widerspruchslos entgegen... Am 31. August 1927 hob sie dann aber gegen den
Vater Betreibung an, und mit der vorliegenden Klage verlangt sie dessen
Verurteilung zur Bezahlung von 4642 Fr. 20 Cts., welche Summe dem fünften Teil
des vom Beklagten seit Anfang September 1922 bis Ende Oktober 1924 bezogenen
Gehaltes entspricht.
Das Bundesgericht hat die Klage teilweise zugesprochen u. a. in Erwägung:
Zu Unrecht nimmt der Beklagte BGE 52 II S. 330 als Präjudiz für seine These in
Anspruch, dass die Unterhaltsbeiträge, die er seinerzeit schuldig geworden
ist, nicht nach so langer Zeit von ihm nachgefordert werden können. Zunächst
beschränkt sich jenes Präjudiz auf den eigenen

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Unterhaltsanspruch der Ehefrau und befasst es sich nicht mit dem
Ersatzanspruch der Mutter gegen den Vater für den gemeinsamen Kindern
gewährten Unterhalt (entgegen der voraus gedruckten Inhaltsangabe, die jedoch
versehentlich über den Inhalt des Präjudizes hinausgeht). Sodann betrifft es
nicht einen urteilsmässig längst festgesetzten Unterhaltsbeitrag, wie er
vorliegend streitig ist. Für solche urteilsmässig festgesetzten
Unterhaltsbeiträge aber ergibt sich das Nachforderungsrecht ohne weiteres aus
den einschlägigen Vorschriften des Zwangsvollstreckungsrechtes, wonach
definitive Rechtsöffnung dafür verlangt werden kann, ausser wenn Tilgung oder
Stundung oder Verjährung (Art. 81
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 81 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
1    Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
2    Beruht die Forderung auf einer vollstreckbaren öffentlichen Urkunde, so kann der Betriebene weitere Einwendungen gegen die Leistungspflicht geltend machen, sofern sie sofort beweisbar sind.
3    Ist ein Entscheid in einem anderen Staat ergangen, so kann der Betriebene überdies die Einwendungen geltend machen, die im betreffenden Staatsvertrag oder, wenn ein solcher fehlt, im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987159 über das Internationale Privatrecht vorgesehen sind, sofern nicht ein schweizerisches Gericht bereits über diese Einwendungen entschieden hat.160
SchKG) oder aber Urteilsänderung oder
Wegfall einer Grundlage der Beitragspflicht vor dem Auflaufen der einzelnen
geltend gemachten Rentenverpflichtung nachgewiesen wird (BGE 41 I S. 122 Erw.
4). Vorliegend wollte dies offenbar nur deshalb nicht versucht werden, weil
die vom Scheidungsgericht genehmigte Parteivereinbarung keine über 50 Fr. per
Monat hinausgehende ziffermässige Bestimmung enthält.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 55 II 161
Datum : 01. Januar 1929
Publiziert : 12. Juli 1929
Quelle : Bundesgericht
Status : 55 II 161
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Unterhaltsbeiträge für Kinder aus geschiedener Ehe, die durch Urteil (oder vom Richter genehmigte...


Gesetzesregister
SchKG: 81
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 81 - 1 Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
1    Beruht die Forderung auf einem vollstreckbaren Entscheid eines schweizerischen Gerichts oder einer schweizerischen Verwaltungsbehörde, so wird die definitive Rechtsöffnung erteilt, wenn nicht der Betriebene durch Urkunden beweist, dass die Schuld seit Erlass des Entscheids getilgt oder gestundet worden ist, oder die Verjährung anruft.
2    Beruht die Forderung auf einer vollstreckbaren öffentlichen Urkunde, so kann der Betriebene weitere Einwendungen gegen die Leistungspflicht geltend machen, sofern sie sofort beweisbar sind.
3    Ist ein Entscheid in einem anderen Staat ergangen, so kann der Betriebene überdies die Einwendungen geltend machen, die im betreffenden Staatsvertrag oder, wenn ein solcher fehlt, im Bundesgesetz vom 18. Dezember 1987159 über das Internationale Privatrecht vorgesehen sind, sofern nicht ein schweizerisches Gericht bereits über diese Einwendungen entschieden hat.160
BGE Register
41-I-119 • 52-II-330 • 55-II-161
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vater • monat • mutter • beklagter • beendigung • unterhaltspflicht • bedürftigkeitsrente • dauer • bezogener • definitive rechtsöffnung • verurteilung • bundesgericht • ehe • weiler