S. 13 / Nr. 3 Familienrecht (d)

BGE 55 II 13

3. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 21. März 1929 i. S. Schmid
gegen Schmid.

Regeste:
Dauer der Beitragspflicht des Ehegatten, dem die Kinder bei der Scheidung
entzogen werden.
Art. 156 Abs. 2 ZGB.

Die Beitragspflicht des Ehegatten, dem ein Kind entzogen wird, dauert
grundsätzlich ebenso lange als die Unterhaltspflicht des andern Teils, dem das
Kind zugewiesen wurde, und diese letztere Verpflichtung nimmt in der Regel ihr
Ende erst mit dem Eintritt der Mündigkeit des Kindes (BGE 54 II 342). Eine
frühere Beendigung der Beitragspflicht kommt nur für den Fall in Frage, wo das
Kind schon vor seiner Mündigkeit seinen Unterhalt selbst verdient und daher
keiner Beiträge mehr bedürftig ist (vgl. den eben zitierten Entscheid, S;. 344
oben). Art. 156 Abs. 2 ZGB schliesst nun nicht aus, dass die Beiträge bloss
bis zu einem solchen frühern Termin vorgesehen werden. Voraussetzung dafür ist
jedoch, dass mit grosser Wahrscheinlichkeit damit gerechnet werden kann, dass
das betreffende Kind schon vor Eintritt seiner Mündigkeit sich selbst
durchbringen kann. Nur wenn dies der Fall ist, kann und soll der Richter die
Beitragsleistung entsprechend früher aufhören lassen. Andernfalls ist sie bis
zum Eintritt der Mündigkeit vorzusehen, wobei dann dem Beitragspflichtigen
gemäss Art. 157 ZGB die Möglichkeit bleibt, eine Änderung des Urteils zu
erwirken, wenn das Kind wider Erwarten doch schon früher selbständig werden
sollte.
Im vorliegenden Falle hat die Vorinstanz nicht näher begründet. warum sie die
Beiträge des Beklagten nur bis

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zum zurückgelegten 18. Altersjahr der beiden jüngern Kinder vorgesehen hat.
Offenbar ging sie davon aus, dass die Kinder in jenem Zeitpunkt imstande sein
werden, ihr Brot selbst zu verdienen. Da es sich um körperlich und geistig
normal entwickelte Kinder handelt - aus den Akten geht wenigstens nichts
Gegenteiliges hervor - und beide Parteien Kreisen angehören, in denen
möglichste Beschleunigung der wirtschaftlichen Verselbstständigung der Kinder
angestrebt und mit zurückgelegtem 18. Altersjahr der Kinder in der Regel auch
erreicht wird, darf jene Erwartung als hinreichend gerechtfertigt betrachtet
werden, so dass der Entscheid der Vorinstanz in dieser Beziehung zu bestätigen
ist.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 55 II 13
Datum : 01. Januar 1929
Publiziert : 21. März 1929
Quelle : Bundesgericht
Status : 55 II 13
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : Dauer der Beitragspflicht des Ehegatten, dem die Kinder bei der Scheidung entzogen werden.Art. 156...


Gesetzesregister
ZGB: 156  157
BGE Register
54-II-341 • 55-II-13
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
vorinstanz • ehegatte • entscheid • unterhaltspflicht • frage • beklagter • termin • kreis • dauer • brot