S. 99 / Nr. 15 Derogatorische Kraft des Bundesrechts (d)

BGE 55 I 99

15. Urteil vom 14. Juni 1929 i.S. Häfliger gegen Buddeberg.


Seite: 99
Regeste:
Die Bestimmung der Art. 31
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
und 32
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 32 - 1 ...50
1    ...50
2    Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51
3    ...52
4    Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.
SchKG, wonach eine Frist, auch für die durch
die Post eingereichten Eingaben, am letzten Tage abends 6 Uhr abläuft, bezieht
sich nicht auf die kantonale Frist für den Rekurs gegen Entscheide des
Rechtsöffnungsrichters. Wird sie hierauf bezogen, so liegt eine Verkennung des
Grundsatzes der derogatorischen Kraft des Bundesrechts vor.

A. - In einer Betreibung der Rekursbeklagten gegen den Rekurrenten erteilte
der Vizepräsident des Amtsgerichts von Luzern-Stadt jener am 7. Februar 1929
die provisorische Rechtsöffnung für 600 Fr. nebst Zins. Gegen diesen
Entscheid, der ihm am 14. Februar zugestellt worden ist, rekurrierte Dr.
Häfliger an das Obergericht des Kantons Luzern. Er übergab die
Beschwerdeschrift am 25. Februar, dem letzten Tage der Rekursfrist, nach 6 Uhr
abends der Post zur Übermittlung an das Obergericht. Die Schuldbetreibungs-
und Konkurskommission des Obergerichtes entschied am 15. März 1929, es sei auf
den Rekurs nicht einzutreten, indem sie ausführte: «Der Entscheid hängt davon
ab, ob für die Bemessung der Rekursfrist im Rechtsöffnungsverfahren kantonales
Recht oder Bundesrecht zur Anwendung kommt. Es ist dem Rekurrenten zuzugeben,
dass die frühere Praxis der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des
Obergerichtes gestützt auf die Erwägung, dass das Bundesrecht die Regelung des
Rechtsöffnungsverfahrens den Kantonen überlassen hat, die Rekursfrist als dem
kantonalen Recht unterstellt erklärt und demnach bei Benützung der Post die
Frist als eingehalten

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angenommen hat, wenn immer die Aufgabe am letzten Tage der Frist erfolgt ist,
Max. VI Nr. 634. In gleicher Weise hat die hierortige Instanz in ihrem
Entscheid vom 26. Mai 1924 i. S. Mösch gegen Sparkasse Willisau die Auffassung
vertreten, dass für die Ferienbestimmungen im Rechtsöffnungsverfahren
kantonales Recht massgebend sei. Dieser auf dem Wege der staatsrechtlichen
Beschwerde weitergezogene Entscheid ist vom Bundesgericht unter dem
Gesichtspunkt der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes gegenüber dem
kantonalen Rechte aufgehoben worden, indem es die im Rechtsöffnungsverfahren
erlassenen richterlichen Verfügungen unter die Betreibungshandlungen gemäss
Art. 56
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 56 - Ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen Betreibungshandlungen nicht vorgenommen werden:
1  in den geschlossenen Zeiten, nämlich zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen;
2  während der Betreibungsferien, nämlich sieben Tage vor und sieben Tage nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31. Juli; in der Wechselbetreibung gibt es keine Betreibungsferien;
3  gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand (Art. 57-62) gewährt ist.
SchKG subsumiert und entsprechend den Art. 63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
SchKG für den
Fristenlauf im Rekursverfahren bestimmend erklärt hat, Bd. 50 I Nr. 38. In
Anlehnung an diesen Entscheid hat die hierortige Instanz die Vorschriften der
kantonalen Zivilprozessordnung betreffend die Gerichtsferien auf das
Rechtsöffnungsverfahren nicht anwendbar erklärt, Max. Bd. VII Nr. 357. Ist
somit nach der geltenden bundesgerichtlichen Praxis das
Rechtsöffnungsverfahren der speziellen Fristbestimmung des Art. 63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
SchKG
unterstellt, so besteht keine Veranlassung von dieser Praxis für die
allgemeinen Fristbestimmungen, wie sie das Bundesrecht im Art. 31
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
SchKG
vorsieht, wieder abzuweichen. Hier wie dort gilt der Grundsatz, dass
kantonales Recht dem Bundesrecht zu weichen hat. Dazu sprechen Erwägungen
praktischer Natur gegen die Anwendung von eidgenössischem Recht für die
Berechnung des Fristenlaufes während den Ferien, dagegen von kantonalem Rechte
für die Bestimmung von Anfang und Ende der Fristen. Steht somit fest, dass der
vorliegende Rekurs nach dem SchKG verspätet ist, so kann auf denselben nicht
eingetreten werden.»
B. - Gegen diesen Entscheid hat Dr. Häfliger die staatsrechtliche Beschwerde
an das Bundesgericht ergriffen mit dem Antrag, er sei aufzuheben und die
Schuldbetreibungs-

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und Konkurskommission des Obergerichtes zu verhalten, seinen Rekurs materiell
zu behandeln.
Der Rekurrent macht geltend, der angefochtene Entscheid beruhe auf Willkür und
falscher Anwendung des Grundsatzes der derogatorischen Kraft des
Bundesrechtes. Zur Begründung führt er aus: Die Ausgestaltung des
Rechtsöffnungsverfahrens, insbesondere die Regelung des Weiterzuges, sei den
Kantonen überlassen, so dass hiefür grundsätzlich kantonales Recht zur
Anwendung komme (BGE 29 I S. 175; 47 III S. 67; 48 III S. 119). § 5 der
luzern. ZPO bestimme, dass gegen Rechtsöffnungsverfügungen des
Gerichtspräsidenten bei einem Streitwert von mehr als 200 Fr. ein Rekurs
zulässig sei. Ein solcher müsse nach § 255 ZPO binnen zehn Tagen beim
Obergericht eingereicht werden. Diese Frist gelte als innegehalten, wenn die
Postaufgabe am letzten Tage erfolge (§ 76 ZPO). Das Obergericht habe im
angefochtenen Entscheid übersehen, dass die derogatorische Kraft des
Bundesrechts sich im Rechtsöffnungsverfahren nur dann auswirke, wenn der Sinn
und Geist des Bundesgesetzes es erheische, was gerade in dem von ihm
angeführten Urteil des Bundesgerichts ausgesprochen worden sei. Dieser
Entscheid beruhe auf dem Gedanken, dass der Schuldner während bestimmter Zeit
durch den Gläubiger nicht belästigt werden dürfe, also auf einem Grund, der im
vorliegenden Fall nicht zutreffe. Es liege überhaupt kein vernünftiger Grund
vor, hier von der bisherigen Praxis des Obergerichtes abzuweichen. Dass das
Obergericht diese geändert habe, ohne es vorher anzuzeigen, bilde ebenfalls
Willkür.
C. - Die Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichtes hat die
Abweisung der Beschwerde beantragt. Sie legt ihren Entscheid vom 20. März 1929
i. S. Aeschbach gegen Hegglin vor, worin sie den gleichen Standpunkt wie im
angefochtenen eingenommen und zu dessen Unterstützung u. a. ausgeführt hat:
Die Art. 31
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
und 32
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 32 - 1 ...50
1    ...50
2    Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51
3    ...52
4    Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.
SchKG gehörten zu den allgemeinen Bestimmungen des

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Betreibungsgesetzes. Es wäre unzweckmässig und verwirrend, wenn für die
Berechnung der Rekursfrist im Rechtsöffnungsverfahren Bundesrecht oder
kantonales Recht gelten würde, je nachdem das Ende der Frist in die
Betreibungsferien falle oder nicht. «Nachdem nun gemäss der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Verlängerung um drei Tage nach Art. 63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.

SchKG auch im Rechtsöffnungsverfahren für die Rekursfrist eintritt und daher
für die Berechnung des Endes dieser verlängerten Frist, indem diese eben als
eine betreibungsgesetzliche zu gelten hat, ohne weiteres Art. 31
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
,
Schlussabsatz, in Verbindung mit Art. 32
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 32 - 1 ...50
1    ...50
2    Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51
3    ...52
4    Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.
SchKG massgebend zu sein haben, kann
die richtige Schlussfolgerung nur die sein, dass das Ende der
Rechtsöffnungsrekursfrist sich auch dann nach den gleichen betreibungs- d. h.
bundesgesetzlichen Grundsätzen zu bestimmen hat, wenn es nicht in die
Betreibungsferien fällt.»
D. - Die Rekursbeklagte hat ebenfalls den Antrag gestellt, die Beschwerde sei
abzuweisen, und dabei u. a. bemerkt, nach der neuesten bundesgerichtlichen
Praxis gelten die Bestimmungen des Art. 31
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
SchKG auch für das
Rechtsöffnungsverfahren, insbesondere für den Rechtsöffnungsrekurs (BGE 51 I
S. 168
).
Das Bundesgericht zieht in Erwägung:
Das Rechtsöffnungsverfahren bildet zwar einen Bestandteil, ein sog.
richterliches Inzident des bundesrechtlichen Betreibungsverfahrens. Doch wird
es im allgemeinen, soweit das Schuldbetreibungsgesetz hierüber keine eigenen
Bestimmungen enthält, vom kantonalen Recht beherrscht, da nach Art. 25 1. c.
das summarische Prozessverfahren betreffend Rechtsvorschläge von den Kantonen
zu regeln ist. Das gilt insbesondere auch für die Frage, unter welchen
Voraussetzungen, innert welcher Frist der Entscheid eines
Rechtsöffnungsrichters bei einer andern kantonalen Instanz angefochten werden
kann. Da das Schuldbetreibungsgesetz

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eine solche Anfechtung überhaupt nicht vorsieht - obwohl es sie zulässt (BGE
29 I S. 183 ff.) - und daher auch keine ausdrückliche Bestimmung über die
Frist, innerhalb der sie zulässig ist, enthält, so kommen für die Berechnung
dieser Frist seine in Art. 31 ff. enthaltenen Grundsätze nicht zur Anwendung,
soweit nicht besondere Gründe eine solche Anwendung erheischen. Derartige
Gründe liegen in Beziehung auf die Bestimmungen der Art. 31
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
und 32
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 32 - 1 ...50
1    ...50
2    Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51
3    ...52
4    Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.
SchKG,
wonach eine Frist, auch für die durch die Post eingereichten Eingaben, am
letzten Tage abends 6 Uhr abläuft, nicht vor. Die zweckmässige Durchführung
des Rechtsöffnungsverfahrens, die Wahrung der schutzwürdigen
betreibungsrechtlichen Interessen des Gläubigers und des Schuldners erfordert
es keineswegs, dass die Frist für den Rekurs gegen Entscheide des
Rechtsöffnungsrichters am letzten Tage schon um 6 Uhr abends, statt um
Mitternacht zu Ende gehe. Art. 31
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
SchKG setzt das Ende der Frist wohl
lediglich deshalb auf abends 6 Uhr an, weil um diese Zeit in der Regel die
Kanzleien oder Bureaux geschlossen werden, und dass diese Bestimmung nach Art.
32 auch für die durch die Post gemachten Mitteilungen oder Eingaben gilt,
rührt wohl davon her, dass der Gesetzgeber fand, derjenige, der für eine
Mitteilung oder Erklärung die Post benützt, dürfe in Beziehung auf die Dauer
der Frist nicht besser gestellt werden als derjenige, der sie im Bureau des
Empfängers abgibt. Es handelt sich also hiebei nicht um einen Grund der in der
Eigenart des Betreibungs- und Rechtsöffnungsverfahrens liegt.
Das Bundesgericht hat sich beim Entscheid i. S. Hew & Cie gegen A.-G. Bündner
Kraftwerke (BGE 51 I S. 168) keineswegs auf den Standpunkt gestellt, dass die
Bestimmungen des Art. 31
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
SchKG auch für das Rechtsöffnungsverfahren gelten. Es
erklärte damals nur, dass sie sich auf die «betreibungsrechtlichen Rekurse»
beziehen; hierunter sind aber bloss die in den Art. 17 ff
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26
. SchKG angeführten
Rechtsmittel, speziell der Rekurs gegen den

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Entscheid einer kantonalen Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs
an das Bundesgericht im Sinne des Art. 19 zu verstehen.
Auch aus dem von der Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts
angeführten Urteil des Bundesgerichts i. S. Mösch gegen Sparkasse Willisau
lässt sich nicht schliessen, dass die Art. 31
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
und 32
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 32 - 1 ...50
1    ...50
2    Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51
3    ...52
4    Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.
SchKG für den Rekurs im
Rechtsöffnungsverfahren gelten. In diesem Urteil wird nicht etwa gesagt, dass
die im ersten Titel des Schuldbetreibungsgesetzes, speziell unter Ziff. II in
Art. 31-37 enthaltenen «allgemeinen Bestimmungen» im Rechtsöffnungsverfahren
anwendbar seien; sondern es werden bloss die im zweiten Titel unter Art. 56
und 63 aufgestellten Vorschriften mit Rücksicht auf ihren besondern Grund und
Zweck, die Schonung des Schuldners während der Betreibungsferien und des
Rechtsstillstandes, auch auf das Rechtsöffnungsverfahren, insbesondere auf die
Frist für Rekurse gegen Entscheide des Rechtsöffnungsrichters bezogen. Für die
dadurch eintretende Verlängerung dieser Frist mag allerdings vielleicht die
Bestimmung des Art. 31 Abs. 3 gelten, die den Fall im Auge hat, wo der letzte
Tag einer Frist ein Sonntag oder ein staatlich anerkannter Feiertag ist.
Dagegen kann die Vorschrift des Art. 31 Abs. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
über die letzte Stunde der
Frist auch auf eine solche verlängerte Frist keine Anwendung finden, weil Art.
63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
SchKG lediglich deren Verlängerung um eine bestimmte Anzahl von Tagen
vorsieht, sie im übrigen aber unberührt lässt.
Da somit Art. 31 Abs. 4
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
in Verbindung mit Art. 32
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 32 - 1 ...50
1    ...50
2    Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51
3    ...52
4    Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.
SchKG im vorliegenden Falle
auf die Berechnung der Rekursfrist nicht anwendbar war, hätte die
Schuldbetreibungs- und Konkurskommission des Obergerichts die Frage, um welche
Stunde am 25. Februar 1929 die Rekursfrist ablief, nach dem kantonalen
Prozessrecht, statt nach Art. 31
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
und 32
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 32 - 1 ...50
1    ...50
2    Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51
3    ...52
4    Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.
SchKG beurteilen sollen. Ihr Entscheid
ist daher der Praxis gemäss wegen Verkennung der derogatorischen Kraft des
Bundesrechts aufzuheben (BGE 29 I S. 180: 48 I S. 232).

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Ob er auch willkürlich sei, kann unter diesen Umständen dahingestellt bleiben.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
Der Rekurs wird gutgeheissen und der Entscheid der Schuldbetreibungs- und
Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern vom 16. März 1929
aufgehoben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 55 I 99
Datum : 01. Januar 1929
Publiziert : 14. Juni 1929
Quelle : Bundesgericht
Status : 55 I 99
Sachgebiet : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Gegenstand : Die Bestimmung der Art. 31 und 32 SchKG, wonach eine Frist, auch für die durch die Post...


Gesetzesregister
SchKG: 17 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26
31 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 31 - Für die Berechnung, die Einhaltung und den Lauf der Fristen gelten die Bestimmungen der Zivilprozessordnung vom 19. Dezember 200848 (ZPO), sofern dieses Gesetz nichts anderes bestimmt.
32 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 32 - 1 ...50
1    ...50
2    Eine Frist ist auch dann gewahrt, wenn vor ihrem Ablauf ein unzuständiges Betreibungs- oder Konkursamt angerufen wird; dieses überweist die Eingabe unverzüglich dem zuständigen Amt.51
3    ...52
4    Bei schriftlichen Eingaben, die an verbesserlichen Fehlern leiden, ist Gelegenheit zur Verbesserung zu geben.
56 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 56 - Ausser im Arrestverfahren oder wenn es sich um unaufschiebbare Massnahmen zur Erhaltung von Vermögensgegenständen handelt, dürfen Betreibungshandlungen nicht vorgenommen werden:
1  in den geschlossenen Zeiten, nämlich zwischen 20 Uhr und 7 Uhr sowie an Sonntagen und staatlich anerkannten Feiertagen;
2  während der Betreibungsferien, nämlich sieben Tage vor und sieben Tage nach Ostern und Weihnachten sowie vom 15. Juli bis zum 31. Juli; in der Wechselbetreibung gibt es keine Betreibungsferien;
3  gegen einen Schuldner, dem der Rechtsstillstand (Art. 57-62) gewährt ist.
63
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 63 - Betreibungsferien und Rechtsstillstand hemmen den Fristenlauf nicht. Fällt jedoch für den Schuldner, den Gläubiger oder den Dritten das Ende einer Frist in die Zeit der Betreibungsferien oder des Rechtsstillstandes, so wird die Frist bis zum dritten Tag nach deren Ende verlängert. Bei der Berechnung der Frist von drei Tagen werden Samstag und Sonntag sowie staatlich anerkannte Feiertage nicht mitgezählt.
BGE Register
29-I-175 • 51-I-166 • 55-I-99
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
frist • bundesgericht • tag • kantonales recht • uhr • die post • betreibungsferien • schuldner • rechtsmittel • staatsrechtliche beschwerde • weiler • frage • sparkasse • bezogener • entscheid • dauer • schuldbetreibung • schuldbetreibungs- und konkursrecht • beschwerdeschrift • begründung des entscheids
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