S. 42 / Nr. 10 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 54 III 42

10. Entscheid vom 23. Februar 1928 i.S. Haas & Levy.

Regeste:
Arrestierung eines angeblich nicht existierenden Rechtes (Erbanteiles);
kantonales Beschwerdeverfahren und Rekursverfahren vor Bundesgericht:
Bestätigung des kantonalen Entscheides, dass nach dem Tode eines Ehemannes,
welcher Dritten gegenüber unter dem altbernischen Ehegüterrecht stand, für
Schulden der Nachkommen desselben nicht deren «Erbanteile» arrestiert werden
können (Erw. 2).
Bestreitet jedoch der Gläubiger das Vorliegen tatsächlicher Voraussetzungen
der Geltung des altbernischen Ehegüterrechtes, so steht es den
Aufsichtsbehörden nicht zu, hierüber ein Beweisverfahren durchzuführen und auf
Grund des Ergebnisses desselben die Arrestierung des Erbanteiles aufzuheben
(Erw. 2).
Ist der Gläubiger im Beschwerdeverfahren nicht angehört worden, so kann er
seine Bestreitung auch erst im Rekurs an das Bundesgericht anbringen (Erw. 1).

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Séquestre d'un droit (part successorale) dont l'inexistence est alléguée.
Procédure cantonale en matière de plainte et procédure de recours au Tribunal
fédéral.
Confirmation du prononcé cantonal, en ce qu'il a jugé qu'après le décès d'une
personne soumise, vis-à-vis des tiers, à l'ancien régime matrimonial bernois,
les «parts héréditaires» ne peuvent être séquestrées, à raison des dettes des
enfants (consid. 2).
Si le créancier conteste, toutefois, que les conditions d'application de
l'ancien droit matrimonial bernois fussent réalisées, il n'appartient pas à
l'autorité de surveillance de procéder, sur ce point, à l'administration de
preuves et, suivant leur résultat, d'annuler le séquestre de la part
successorale (consid. 2).
Si le créancier n'a pas été entendu lors de l'instruction de la plainte, il
doit être admis à soulever ledit moyen dans son recours au Tribunal fédéral
(consid. 1).
Sequestro di un diritto (quota ereditaria) preteso inesistente. - Procedimento
cantonale e procedimento di ricorso davanti il Tribunale federale in tema di
esecuzione e fallimento.
Conforma della decisione cantonale in quanto ha ritenuto che, dopo la morte
del marito soggetto, verso terzi, all'antico regime matrimoniale bernese, le
«quote ereditarie» spettanti ai figli non possono essere sequestrate per i
loro debiti (cons. 2).
Se il debitore contesta, che si verifichino le condizioni di fatto di
applicazione dell'antico diritto matrimoniale bernese, non spetta all'Autorità
di Vigilanza la facoltà di procedere su questo punto all'amministrazione delle
prove e, eventualmente, all'annullazione del sequestro (consid. 2).
Ove nel procedimento cantonale il creditore non sia stato sentito, esso potrà
proporre la sua contestazione per la prima volta in sede federale (consid.-
1).

Die Rekurrenten haben am 28. Dezember 1927 in Bern einen Arrest herausgenommen
auf den «Erbanteil des (in Paris wohnenden) Schuldners Georges Bernheim am
Nachlasse seines am 7. Oktober 1927 in Bern verstorbenen Vaters Salomon
Bernheim-Bloch, wohnhaft gewesen Monbijoustrasse 8, Bern, d.h. hievon soviel,
als zur Deckung vorstehender Forderung von 9800 Fr. und Folgen notwendig sein
wird 15000 Fr.»
Auf Beschwerde des Schuldners hin, von welcher den Rekurrenten keine Kenntnis
gegeben wurde, hat die Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen

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für den Kanton Bern am 28. Januar 1928 den Arrest aufgehoben mit folgender
Begründung: «Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, dass ein
Arrestvollzug als unwirksam aufzuheben ist, wenn in Wirklichkeit keine
Arrestgegenstände vorhanden sind... Der verstorbene Vater des
Beschwerdeführers, Salomon Bernheim, und seine Ehefrau reichten am 11.
Dezember 1911 an den Güterrechtsregisterführer von Bern eine (mit der
Beschwerde vorgelegte) Beibehaltungserklärung im Sinne von Art. 9
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 9 - 1 Öffentliche Register und öffentliche Urkunden erbringen für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist.
1    Öffentliche Register und öffentliche Urkunden erbringen für die durch sie bezeugten Tatsachen vollen Beweis, solange nicht die Unrichtigkeit ihres Inhaltes nachgewiesen ist.
2    Dieser Nachweis ist an keine besondere Form gebunden.
, Abs. 2 des
Schlusstitels des ZGB und Art. 141, Abs. 1 des bernischen EG zum ZGB ein.
Demgemäss behielten sie den Güterstand der Gütereinheit nach Massgabe der
Bestimmungen des Art. 144 EG'ZGB bei und ist der Nachlass des Salomon Bernheim
im Sinne des Art. 151 Ziffer 2 EG'ZGB an die Ehefrau gefallen. Die an dem
fraglichen Nachlass bestehenden Rechte und Verfügungsbeschränkungen sind in
Art. 148, Ziffer 2 bis 7 EG'ZGB geordnet; zur Ergänzung sind die Bestimmungen
des alten bernischen Zivilgesetzbuches heranzuziehen. Danach sind die Kinder
nicht berechtigt, zu Lebzeiten der Witwe über den väterlichen Nachlass oder
über einen Teil desselben zu verfügen, noch können sie - unter Vorbehalt des
Falles einer Wiederverheiratung der Witwe - die Teilung verlangen. Stirbt ein
Kind vor Eintritt des Teilungsfalles, so haben seine Erben keine Rechte
irgendwelcher Art an dem in Händen der Witwe befindlichen väterlichen
Nachlass; insbesondere fallt auch das suspensiv bedingte Teilungsrecht nicht
in die Erbmasse des die Witwe nicht überlebenden Kindes (Satzung 529 des
bernischen Zivilgesetzbuches; ZbJV 5. S. 113 ff.; vorbehalten bleibt das
Einstandsrecht der Nachkommen des Kindes, siehe auch Art. 153, Abs. 1 EG'ZGB).
Aus dieser gesetzlichen Regelung ergibt sich, dass die Kinder vor Eintritt des
Teilungsfalles bloss eine Anwartschaft auf das vom Vater nachgelassene
Vermögen haben, aber noch nicht (Gesamt-)Eigentümer dieses Vermögens geworden
sind. (Vgl.

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hierüber auch die Ausführungen von C. Senn in ZbJV 63, S. 529 ff., und dort
zitierte). In dieser Rechtsstellung eines Kindes, dem sein anwartschaftlicher
Anteil am väterlichen Nachlass noch nicht angefallen ist, befindet sich heute
der Beschwerdeführer. Da nun blosse Anwartschaften nicht pfändbar sind
(JAEGER, N. 1 B zu Art. 92
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 92 - 1 Unpfändbar sind:
1    Unpfändbar sind:
1  die dem Schuldner und seiner Familie zum persönlichen Gebrauch dienenden Gegenstände wie Kleider, Effekten, Hausgeräte, Möbel oder andere bewegliche Sachen, soweit sie unentbehrlich sind;
1a  Tiere, die im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten werden;
10  Ansprüche auf Vorsorge- und Freizügigkeitsleistungen gegen eine Einrichtung der beruflichen Vorsorge vor Eintritt der Fälligkeit;
11  Vermögenswerte eines ausländischen Staates oder einer ausländischen Zentralbank, die hoheitlichen Zwecken dienen.
2  die religiösen Erbauungsbücher und Kultusgegenstände;
3  die Werkzeuge, Gerätschaften, Instrumente und Bücher, soweit sie für den Schuldner und seine Familie zur Ausübung des Berufs notwendig sind;
4  nach der Wahl des Schuldners entweder zwei Milchkühe oder Rinder, oder vier Ziegen oder Schafe, sowie Kleintiere nebst dem zum Unterhalt und zur Streu auf vier Monate erforderlichen Futter und Stroh, soweit die Tiere für die Ernährung des Schuldners und seiner Familie oder zur Aufrechterhaltung seines Betriebes unentbehrlich sind;
5  die dem Schuldner und seiner Familie für die zwei auf die Pfändung folgenden Monate notwendigen Nahrungs- und Feuerungsmittel oder die zu ihrer Anschaffung erforderlichen Barmittel oder Forderungen;
6  die Bekleidungs-, Ausrüstungs- und Bewaffnungsgegenstände, das Dienstpferd und der Sold eines Angehörigen der Armee, das Taschengeld einer zivildienstleistenden Person sowie die Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände und die Entschädigung eines Schutzdienstpflichtigen;
7  das Stammrecht der nach den Artikeln 516-520 OR189 bestellten Leibrenten;
8  Fürsorgeleistungen und die Unterstützungen von Seiten der Hilfs-, Kranken- und Fürsorgekassen, Sterbefallvereine und ähnlicher Anstalten;
9  Renten, Kapitalabfindung und andere Leistungen, die dem Opfer oder seinen Angehörigen für Körperverletzung, Gesundheitsstörung oder Tötung eines Menschen ausgerichtet werden, soweit solche Leistungen Genugtuung, Ersatz für Heilungskosten oder für die Anschaffung von Hilfsmitteln darstellen;
9a  die Renten gemäss Artikel 20 des Bundesgesetzes vom 20. Dezember 1946193 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung oder gemäss Artikel 50 des Bundesgesetzes vom 19. Juni 1959194 über die Invalidenversicherung, die Leistungen gemäss Artikel 12 des Bundesgesetzes vom 19. März 1965195 über Ergänzungsleistungen zur Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung sowie die Leistungen der Familienausgleichskassen;
2    Gegenstände, bei denen von vornherein anzunehmen ist, dass der Überschuss des Verwertungserlöses über die Kosten so gering wäre, dass sich eine Wegnahme nicht rechtfertigt, dürfen nicht gepfändet werden. Sie sind aber mit der Schätzungssumme in der Pfändungsurkunde vorzumerken.198
3    Gegenstände nach Absatz 1 Ziffern 1-3 von hohem Wert sind pfändbar; sie dürfen dem Schuldner jedoch nur weggenommen werden, sofern der Gläubiger vor der Wegnahme Ersatzgegenstände von gleichem Gebrauchswert oder den für ihre Anschaffung erforderlichen Betrag zur Verfügung stellt.199
4    Vorbehalten bleiben die besonderen Bestimmungen über die Unpfändbarkeit des Bundesgesetzes vom 2. April 1908200 über den Versicherungsvertrag (Art. 79 Abs. 2 und 80 VVG), des Urheberrechtsgesetzes vom 9. Oktober 1992201 (Art. 18 URG) und des Strafgesetzbuches202 (Art. 378 Abs. 2 StGB).203
SchKG), ist der angefochtene Arrest wegen Fehlens
eines arrestierbaren und zur Vollstreckung tauglichen Substrates aufzuheben.»
Diesen Entscheid haben die Rekurrenten an das Bundesgericht weitergezogen und
dabei wesentlich folgendes geltend gemacht: Entgegen der Behauptung von
Beschwerde und Beschwerdeentscheid, es sei in Wirklichkeit gar kein
Arrestgegenstand vorhanden, ein Erbteil des Schuldners Georges Bernheim am
Nachlasse seines Vaters existiere nicht, halten die Gläubiger daran fest, dass
der arrestierte Erbteil wirklich existiere. Sie stützen sich hiefür in erster
Linie auf Art. 457 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 457 - 1 Die nächsten Erben eines Erblassers sind seine Nachkommen.
1    Die nächsten Erben eines Erblassers sind seine Nachkommen.
2    Die Kinder erben zu gleichen Teilen.
3    An die Stelle vorverstorbener Kinder treten ihre Nachkommen, und zwar in allen Graden nach Stämmen.
ZGB. Dass für die erbrechtlichen Verhältnisse
altbernisches Recht zur Anwendung komme, werde bestritten. Der angerufenen
Erklärung vom 11. Dezember 1911 gegenüber sei einzuwenden, dass den Gläubigern
die Einreden aus Ungültigkeit einer solchen Erklärung, sei es aus
Willensmängeln, sei es aus anderen Gründen, gewahrt bleiben müssen. Ferner sei
eine solche Erklärung noch nicht schlüssig für das Bestehen eines internen und
externen altbernischen Ehegüterrechtes, da das Ehepaar Bernheim seinen ersten
ehelichen Wohnsitz nicht im Kanton Bern hatte. Solchenfalls sei die vor dem 1.
Januar 1912 abgegebene Erklärung der Beibehaltung des Ehegüterrechtes
wirkungslos, wenn nicht die frühere Erklärung gemäss Art. 20 ZivrVerhG
abgegeben wurde. Sodann müsse der Gläubigerschaft unbenommen bleiben,
gegenüber einem allfälligen (nur) in der Beschwerde erwähnten Testament, durch
welches die Witwe als Universalerbin eingesetzt worden sein soll, die Einrede
der Ungültigkeit, eventuell der Herabsetzung wegen

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Pflichtteilsverletzung geltend zu machen. Wenn aber auch altbernisches Recht
für den Erbfall zur Anwendung kommen sollte, so wäre damit die Erbenqualität
des Georges Bernheim noch nicht zu verneinen. Es wären in diesem Falle
Streitfragen zu erörtern, wie aus der angeführten Abhandlung von Notar Senn in
ZbJV 63, S. 529 und der dort zitierten Literatur ersichtlich sind. Speziell
beginne die Verjährung der Klage aus Pflichtteilsverletzung nicht erst mit dem
Tode der überlebenden altbernischen Ehefrau zu laufen (BGE 46 II S. 329),
sodass schon aus diesem Grunde das Interesse bestehe an der Möglichkeit der
Pfändung des Erbanteiles eines Kindes nach dem Tode des Vaters, selbst wenn
dieser unter altbernischem Ehegüterrechte stund. Endlich sei die Arrestierung
und Pfändung des Erbteiles des Georges Bernheim auch aus dem Grunde statthaft,
dass, selbst wenn altbernisches Recht zur Anwendung käme, seit dem Tode des
Vaters Bernheim schon im allseitigen Einverständnis, speziell infolge
Verlangens der Witwe (Art. 148 Ziff. 5 Abs. 2 EG zum ZGB), die Ausscheidung
der Erbteile erfolgt seine könnte. Der behauptete Erbteil des Schuldners müsse
also als Arrestobjekt beansprucht werden, indem andernfalls den Gläubigern
verwehrt wäre, das einzige vorhandene Vermögensstock des Schuldners in
Anspruch nehmen zu können. Die Frage, ob Georges Bernheim wirklich einen
erbrechtlichen Anspruch habe, wäre später, sei es im Exekutionsverfahren, sei
es ausserhalb desselben durch einen Erwerber des Anspruches zum rechtlichen
Austrage zu bringen. Durch die Aufsichtsbehörde in dem summarischen Verfahren
dürfe der Weg der Anrufung der zuständigen Gerichtsbarkeit nicht abgeschnitten
werden.
Hierauf hat sich die kantonale Aufsichtsbehörde zunächst eine Bescheinigung
der Städtischen Polizeidirektion geben lassen, wonach der am 7. Oktober 1927
verstorbene Salomon Bernheim schon vor der zweiten am 3. September 1872
erfolgten Verehelichung mit

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Henriette geb. Bloch in Bern niedergelassen, also der erste eheliche Wohnsitz
Bern war. Ihren weiteren Gegenbemerkungen ist zu entnehmen: Auch wenn eine
Forderung als Arrestgegenstand bezeichnet wäre, könnte dem Gläubiger nicht das
Recht zugestanden werden, auf Grund einer als haltlos erwiesenen Behauptung,
dass dem Schuldner eine an einem Orte der Schweiz gelegene Forderung zustehe,
sich ein forum arresti zu schaffen; vielmehr müsste eine vom Schuldner mit dem
Nachweise der Nichtexistenz des vom Gläubiger bezeichneten Arrestgegenstandes
angefochtene Arrestnahme in jedem Fall aufgehoben werden. Es könne nicht
Aufgabe der staatlichen Betreibungsinstanzen sein, einem Gläubiger zu dem
Versuch, aus einem nachgewiesenermassen nicht existierenden «Gegenstand» auf
dem Wege einer Zwangsverwertung einen Erlös zu erzielen, behilflich zu sein.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
1.- Im allgemeinen wird die für das Berufungsverfahren aufgestellte Vorschrift
des Art. 80
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 457 - 1 Die nächsten Erben eines Erblassers sind seine Nachkommen.
1    Die nächsten Erben eines Erblassers sind seine Nachkommen.
2    Die Kinder erben zu gleichen Teilen.
3    An die Stelle vorverstorbener Kinder treten ihre Nachkommen, und zwar in allen Graden nach Stämmen.
OG, dass vor Bundesgericht keine neuen Tatsachen vorgebracht
werden dürfen, ebenso neue Begehren, Einreden, Bestreitungen und Beweismittel
in der bundesgerichtlichen Instanz ausgeschlossen sind, auch für den Rekurs in
Schuldbetreibungs- und Konkurssachen angewendet, mit der Einschränkung
freilich, dass die bezüglichen Betreibungs- oder Konkursakten nicht als neue
Beweismittel angesehen werden, selbst wenn sie von den kantonalen
Aufsichtsbehörden noch nicht beigezogen wurden. Allein wie das Bundesgericht
schon wiederholt ausgesprochen hat, wäre der Ausschluss des Novenrechtes
unangebracht einem Rekurrenten gegenüber, welcher sich im Beschwerdeverfahren
vor den kantonalen Aufsichtsbehörden kein Gehör hat verschaffen können, weil
er von der Beschwerdeführung keine Kenntnis erhielt (vgl. z.B. Entscheid vom
1. März 1926 i.S. Sägewerk

Seite: 48
Aarburg-Rothrist und BGE 53 III S. 17 oben). Dass die Vorinstanz die
Rekurrenten nicht als Beschwerdegegner angehört hat, stellt mangels einer
bundesrechtlichen Vorschrift über das rechtliche Gehör im Beschwerdeverfahren
zwar keine Bundesrechtsverletzung dar. Doch muss befremden, dass die
Vorinstanz einfach auf die einseitigen Vorbringen des Beschwerdefahrers über
seine materiellen Rechtsverhältnisse und das von ihm vorgelegte Beweismittel
der Beibehaltungserklärung abgestellt hat, ohne den Rekurrenten Gelegenheit zu
geben, sich dazu zu äussern. Wie wenig sachentsprechend ein derartiges
Prozedere ist, wird dadurch dargetan, dass die Vorinstanz auf die Einreichung
des Rekurses hin das Bedürfnis empfand, zur Stützung ihres Entscheides von
Amtes wegen eine amtliche Bescheinigung über die für materielle
Rechtsverhältnisse des Rekursgegners bedeutungsvolle Tatsache des ersten
zweitehelichen Wohnsitzes seines Vaters einzuholen, was auf nichts anderes als
eine Geschäftsbesorgung für den Rekursgegner hinausläuft.
2.- Indessen ist den Rekurrenten darin Recht zu geben, dass es nach der
ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtes (als Oberaufsichtsbehörde) über
die Arrestierung und Pfändung von Rechten überhaupt nicht in den
Zuständigkeitskreis der Aufsichtsbehörden für Schuldbetreibung und Konkurs,
ebensowenig wie der Betreibungsämter selbst, fällt, die vom Gläubiger
verlangte Arrestierung oder Pfändung eines Erbanteiles seines Schuldners aus
dem Grunde zu verweigern, dass diesem mangels Vorliegens der erforderlichen
materiellrechtlichen Voraussetzungen eine Erbschaft überhaupt nicht angefallen
sei, es wäre denn, dass sich dies aus den eigenen tatsächlichen Anbringen des
Gläubigers schliessen lässt. Der Vorinstanz stand es also nicht zu, das vom
Schuldner vorgelegte Beweismittel der sog. Beibehaltungserklärung dahin zu
würdigen, dass es der Anwendung des bernischen intertemporalen

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Ehegüterrechtes rufe, und dann in Anwendung dieses Rechtes zu entscheiden, es
existiere kein Erbanteil des Schuldners. Vielmehr ist für die verbindliche
Würdigung dieses Beweismittels einzig und allein die Überzeugung des
zuständigen Gerichtes massgebend, ganz abgesehen davon, dass im
Beschwerdeverfahren vor den Aufsichtsbehörden, selbst wenn diese aus
Berufsrichtern zusammengesetzt ist, keine Gewähr für ein einwandfreies
kontradiktorisches Einwendungs- und Beweisverfahren besteht, wie gerade der
vorliegende Fall dartut. Somit kommt auf die von der Vorinstanz nachträglich
eingezogene Wohnsitzbescheinigung der Polizeibehörde nichts an, zu welcher
sich zu äussern übrigens den Rekurrenten zunächst Gelegenheit eingeräumt
werden müsste. Und da die Betreibungsbehörden ja doch nicht berufen sind, über
die Gültigkeit der sog. Beibehaltungserklärung zu befinden, so kann auch
nichts daraus hergeleitet werden, dass die Rekurrenten nicht näher angegeben
haben, inwiefern sie glauben, die Verbindlichkeit dieser Erklärung in Frage
ziehen zu können. Danach muss es also bei der angefochtenen Arrestierung das
Bewenden haben. Beizufügen ist jedoch, dass der Arrestgegenstand gemäss der in
diesem Punkte nicht zu beanstandenen Entscheidung der Vorinstanz nicht die
Befugnisse umfasst, welche dem Rekursgegner bezüglich des von seinem Vater
hinterlassenen Vermögens zustehen, wenn dieses entgegen der Bestreitung der
Rekurrenten in der Tat den von der Vorinstanz namhaft gemachten Vorschriften
des bernischen intertemporalen Ehegüterrechtes unterworfen ist; denn in diesem
Falle kann von einer dem Rekursgegner angefallenen Erbschaft bezw. von einem
Erbanteil des Rekursgegners, überhaupt von pfändbaren Rechten schlechterdings
nicht gesprochen werden. Hieran ändert die von den Rekurrenten ausgesprochene
Befürchtung einer vorzeitigen Teilung nichts, solange diese nicht wirklich
stattfindet, was die Rekurrenten gegenwärtig gar nicht behaupten. Und der

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drohenden Verjährung der Herabsetzungsklage kann überhaupt nicht durch
Arrestierung oder Pfändung des Erbanteiles, sondern nur durch Klage gemäss
Art. 524
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 524 - 1 Die Konkursverwaltung eines Erben oder dessen Gläubiger die zur Zeit des Erbganges Verlustscheine besitzen, können, wenn der Erblasser den verfügbaren Teil zum Nachteil des Erben überschritten hat und dieser auf ihre Aufforderung hin die Herabsetzungsklage nicht anhebt, innerhalb der dem Erben gegebenen Frist die Herabsetzung verlangen, soweit dies zu ihrer Deckung erforderlich ist.
1    Die Konkursverwaltung eines Erben oder dessen Gläubiger die zur Zeit des Erbganges Verlustscheine besitzen, können, wenn der Erblasser den verfügbaren Teil zum Nachteil des Erben überschritten hat und dieser auf ihre Aufforderung hin die Herabsetzungsklage nicht anhebt, innerhalb der dem Erben gegebenen Frist die Herabsetzung verlangen, soweit dies zu ihrer Deckung erforderlich ist.
2    Die gleiche Befugnis besteht auch gegenüber einer Enterbung, die der Enterbte nicht anficht.
ZGB begegnet werden, sofern deren Voraussetzungen zutreffen.
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird begründet erklärt und der angefochtene Entscheid aufgehoben.
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Document : 54 III 42
Date : 01. Januar 1927
Published : 23. Februar 1928
Source : Bundesgericht
Status : 54 III 42
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : Arrestierung eines angeblich nicht existierenden Rechtes (Erbanteiles); kantonales...


Legislation register
OG: 80
SchKG: 92
ZGB: 9  457  524
BGE-register
46-II-329 • 53-III-12 • 54-III-42
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debtor • father • federal court • lower instance • widow • death • distraint purpose • evidence • solomon islands • certification • expectancy • civil code • spouse • question • knowledge • descendant • law of succession • fraction • debt enforcement and bankruptcy law • property rights
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