S. 273 / Nr. 63 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 54 III 273

63. Entscheid vom 20. Oktober 1928 i.S. Halter.

Regeste:
Beschwerde mit dem Antrag auf materielle Abänderung des Kollokationsplanes (im
Konkurs) können auch solche Drittpersonen nicht führen, welchen die
Kollokationsplananfechtungsklage nicht zusteht.
Die einzelnen Genossenschafter, welche für die
Genossenschaftsverbindlichkeiten persönlich haftbar sind, können nichts gegen
die Zulassung von Forderungen im Genossenschaftskonkurse vorkehren.
Les tiers, qui n'ont pas qualité pour attaquer l'état de collocation devant
les tribunaux, ne peuvent pas non plus, dans la faillite, demander par la voie
de la plainte que celui-ci soit modifié au fond.
Les membres d'une société coopérative, personnellement responsables des dettes
de la société, n'ont aucun moyen de s'opposer individuellement à l'admission
d'une créance dans la faillite de celle-ci.
Il terzo cui non spetta il diritto di impugnare la graduatoria davanti ai
tribunali non ha neppure veste per chiederne una modificazione sostanziale per
la vià del ricorso.
I membri di una cooperativa personalmente responsabili dei debiti della
società non hanno nessun mezzo per opporsi personalmente all'ammissione di un
credito nel fallimento della stessa.


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A. - Die in Liquidation getretene Genossenschaftsmosterei Staad, für deren
Verbindlichkeiten die einzelnen Genossenschafter persönlich haftbar sind,
verkaufte ihre Mosterei an die Obstverwertungsgenossenschaft Staad, welcher
mehr als die Hälfte der Genossenschafter der erstgenannten Genossenschaft
angehören. Im nachfolgenden, summarisch durchgeführten Konkursverfahren über
die Genossenschaftsmosterei Staad meldete die Obstverwertungsgenossenschaft
Staad wegen Minderwert und Schädigung infolge Mangelhaftigkeit der in die
Mosterei eingebauten Zementfässer eine Forderung von 30000 Fr. an und wurde
von der Konkursverwaltung (Konkursamt Unterrheintal) zugelassen. Hierauf
führte eine grössere Anzahl von Genossenschaftern der Genossenschaftsmosterei
Staad, welche nicht auch Genossenschafter der Obstverwertungsgenossenschaft
Staad sind, Beschwerde mit dem Antrag, das Konkursamt sei anzuweisen, in
Abänderung des Kollokationsplanes die Forderung der
Obstverwertungsgenossenschaft Staad von 30000 Fr. abzuweisen. Zur Begründung
brachten sie wesentlich an: Wenn es bei der Zulassung dieser Forderung
verbliebe, so würden die übrigen Gläubiger der Genossenschaft im
Genossenschaftskonkurs einen um so grösseren Verlust erleiden und
dementsprechend die persönlich haftbaren Genossenschafter umso stärker in
Anspruch genommen werden. Hiegegen sich durch Kollokationsplananfechtungsklage
mit dem Antrag auf Wegweisung der Forderung der Obstverwertungsgenossenschaft
Staad zur Wehr zu setzen, fehle jedoch den einzelnen Genossenschaftern die
Legitimation. Diese müssen daher zu ihrem Schutze verlangen, dass die
Konkursverwaltung die Forderung abweise und eine allfällige Kollokationsklage
der Obstverwertungsgenossenschaft an sich herankommen lasse. Für die
Prozesskosten machen sich die Beschwerdeführer anheischig einzustehen.
B. - Durch Entscheid vom 24. September 1928 hat die Aufsichtsbehörde für
Schuldbetreibung und

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Konkurs des Kantons St. Gallen die Beschwerde abgewiesen.
C. - Diesen Entscheid haben die Beschwerdeführer an das Bundesgericht
weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Zutreffend hält das Konkursamt der Beschwerde die Art. 17
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26
und 250
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 250 - 1 Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
1    Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
2    Will er die Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang bestreiten, so muss er die Klage gegen den Gläubiger richten. Heisst der Richter die Klage gut, so dient der Betrag, um den der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird, zur Befriedigung des Klägers bis zur vollen Deckung seiner Forderung einschliesslich der Prozesskosten. Ein Überschuss wird nach dem berichtigten Kollokationsplan verteilt.
3    ...446
SchKG
entgegen, wonach die Beschwerde nicht zulässig ist im Falle, dass der Weg der
gerichtlichen Klage gesetzlich vorgeschrieben sei, wie es für die Anfechtung
des Kollokationsplanes zutrifft. Freilich wird die Beschwerdeführung gegen den
Kollokationsplan durch die Möglichkeit der Anfechtung vermittelst Klage nicht
gänzlich ausgeschlossen, nämlich insoweit nicht, als die Verletzung von
formellen Vorschriften über die Art und Weise der Aufstellung und Auflage des
Kollokationsplanes gerügt werden will (vgl. JAEGER, Note 2 zu Art. 249
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 249 - 1 Der Kollokationsplan wird beim Konkursamte zur Einsicht aufgelegt.
1    Der Kollokationsplan wird beim Konkursamte zur Einsicht aufgelegt.
2    Die Konkursverwaltung macht die Auflage444 öffentlich bekannt.
3    Jedem Gläubiger, dessen Forderung ganz oder teilweise abgewiesen worden ist oder welcher nicht den beanspruchten Rang erhalten hat, wird die Auflage des Kollokationsplanes und die Abweisung seiner Forderung besonders angezeigt.
SchKG).
Indessen machen die Beschwerdeführer nichts derartiges geltend, sondern zielen
einzig und allein auf eine gegenteilige Verfügung über die Anerkennung bezw.
Nichtanerkennung der von der Obstverwertungsgenossenschaft Staad angemeldeten
Forderung ab. Nachdem jedoch die Konkursverwaltung ihre Verfügung über die
Anerkennung dieser Forderung, und zwar in formell nicht zu beanstandender
Weise, getroffen hat, würde es eine unzulässige Einmischung in das Recht der
Organe des Konkursverfahrens zur Selbstverwaltung des Konkurses bedeuten, wenn
die Aufsichtsbehörde, aus welchen Gründen immer, anordnen wollte, es sei eine
Kollokationsverfügung mit materiell anderem Inhalte zu treffen. Unter diesem
Gesichtspunkte leuchtet auch ohne weiteres ein, dass es nicht etwa nur den
Konkursgläubigern (und Ansprechern beschränkter dinglicher Rechte), welchen
allein die Kollokationsklage zur Verfügung steht, versagt ist, mit Beschwerde
auf materielle Abänderung des Kollokationsplanes

Seite: 276
anzutragen, sondern dass Beschwerden, welche auf materielle Abänderung des
Kollokationsplanes abzielen, überhaupt unzulässig sind - was darauf
hinausläuft, dass anderen Personen als den Konkursgläubigern (und Ansprechern
beschränkter dinglicher Rechte) jegliche Einwirkung auf den materiellen Inhalt
des Kollokationsplanes versagt ist.
Dass es eine sachentsprechender Ausfüllung bedürftige Lücke der - nicht auf
die besondern Bedürfnisse des Konkurses der Genossenschaft mit persönlicher
Haftbarkeit der Genossenschafter für die Genossenschaftsverbindlichkeiten
zugeschnittenen -Gesetzgebung sei, wenn sie den einzelnen persönlich haftbaren
Genossenschaftern nicht ermögliche, sich gegen die Teilnahme unbegründeter
Konkursforderungen am Ergebnis des Genossenschaftskonkurses zur Wehr zu
setzen, kann nicht zugegeben werden. Denn mit nicht viel weniger Recht könnten
alle Bürgen, Mitschuldner und Gewährspflichtige jedes Gemeinschuldners ein
Mitspracherecht bei der Kollokation im Konkurse des Hauptschuldners bezw.
eines Mitschuldners beanspruchen, da sie alle durch Anteilnahme unbegründeter
Forderungen am Konkursergebnis ebenfalls benachteiligt werden, wie übrigens ja
auch der Gemeinschuldner selbst, werden doch diesfalls auch für die von ihm
anerkannten Forderungen in um so höheren Beträgen Verlustscheine ausgestellt.
Freilich können sich Bürgen und Solidarschuldner von Rechts wegen durch
Befriedigung des Gläubigers nachträglich selbst zum Gläubiger des
Gemeinschuldners machen, während dies zahlenden Genossenschaftern nicht
möglich ist. Indessen werden sich die Genossenschaftsgläubiger ja nicht
weigern, zum Auskauf Hand zu bieten, m.a.W. ihre Forderungen den sie
befriedigenden Genossenschaftern abzutreten, sodass diese also faktisch
gegenüber Bürgen und Solidarschuldnern kaum im Nachteil sein dürften. Endlich
schaffen die im Genossenschaftskonkurs ausgestellten Verlustscheine auch nicht
etwa

Seite: 277
gegenüber dem unbeschränkt haftenden Genossenschafter materiell Recht (vgl.
BGE 26 II S. 479 = Sep.-Ausg. 3 S. 137).
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird abgewiesen.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 54 III 273
Datum : 01. Januar 1927
Publiziert : 20. Oktober 1928
Quelle : Bundesgericht
Status : 54 III 273
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Beschwerde mit dem Antrag auf materielle Abänderung des Kollokationsplanes (im Konkurs) können auch...


Gesetzesregister
SchKG: 17 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26
249 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 249 - 1 Der Kollokationsplan wird beim Konkursamte zur Einsicht aufgelegt.
1    Der Kollokationsplan wird beim Konkursamte zur Einsicht aufgelegt.
2    Die Konkursverwaltung macht die Auflage444 öffentlich bekannt.
3    Jedem Gläubiger, dessen Forderung ganz oder teilweise abgewiesen worden ist oder welcher nicht den beanspruchten Rang erhalten hat, wird die Auflage des Kollokationsplanes und die Abweisung seiner Forderung besonders angezeigt.
250
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 250 - 1 Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
1    Ein Gläubiger, der den Kollokationsplan anfechten will, weil seine Forderung ganz oder teilweise abgewiesen oder nicht im beanspruchten Rang zugelassen worden ist, muss innert 20 Tagen nach der öffentlichen Auflage des Kollokationsplanes beim Richter am Konkursort gegen die Masse klagen.
2    Will er die Zulassung eines anderen Gläubigers oder dessen Rang bestreiten, so muss er die Klage gegen den Gläubiger richten. Heisst der Richter die Klage gut, so dient der Betrag, um den der Anteil des Beklagten an der Konkursmasse herabgesetzt wird, zur Befriedigung des Klägers bis zur vollen Deckung seiner Forderung einschliesslich der Prozesskosten. Ein Überschuss wird nach dem berichtigten Kollokationsplan verteilt.
3    ...446
BGE Register
26-II-479 • 54-III-273
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
genossenschaft • kollokationsplan • konkursamt • konkursverwaltung • kollokationsklage • konkursverfahren • beschränktes dingliches recht • verlustschein • schaden • entscheid • begründung des entscheids • weisung • richtlinie • treffen • wille • bundesgericht • not • legitimation • konkursforderung • materielles recht
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