S. 180 / Nr. 38 Schuldbetreibungs- und Konkursrecht (d)

BGE 54 III 180

38. Entscheid vom 18. Juni 1928 i.S. Sprenger.

Regeste:
Gleichwie gegen Konkursandrohungen, so kann auch gegen die von einem örtlich
unzuständigen Betreibungsamt erlassenen Zahlungsbefehle in der
Wechselbetreibung jederzeit Beschwerde geführt werden, solange der Konkurs
noch nicht eröffnet worden ist.
Aussi longtemps que la faillite n'est pas ouverte, plainte peut être portée en
tout temps contre la notification d'un commandement de payer dans une
poursuite pour effets de change par un office incompétent quant au lieu, comme
c'est le cas pour ce qui concerne les comminations de faillite.
Finchè il fallimento non è dichiarato, e, in ogni tempo, proponibile il
ricorso contro la notifica, da parte di Ufficio incompetente ratione loci, di
un precetto esecutivo cambiario, come lo sarebbe il ricorso contro la
comminatoria di fallimento.

A. - Der in Rheinfelden, Kanton Aargau, wohnende Rekurrent, welcher in
Neu-Allschwil, Kanton Basel-Landschaft, die Aluminiumwarenfabrik «Erga»
betreibt und hier im Handelsregister eingetragen ist, liess sich vielfach
widerspruchslos durch das Betreibungsamt Binningen, in dessen Kreis
Neu-Allschwil liegt, betreiben, so auch am 10. März 1928 seitens der
Aluminiumwarenfabrik. Gontenschwil (Betreibung Nr. 11575) und am 17. April
1928 für Wechsel seitens der Aluminiumwerke A.-G. Rorschach (Betreibung Nr.
12119). Als der erstgenannte Gläubiger in der zweiten Hälfte Mai beim
Konkursrichter von Arlesheim, Kanton Basel-Landschaft, das Konkursbegehren
stellte, führte der Rekurrent am

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25. Mai bei der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons
Basel-Landschaft Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung sowohl der am 18.
April zugestellten Konkursandrohung in dieser Betreibung als auch des
Wechsels-Zahlungsbefehles Nr. 12119 wegen örtlicher Unzuständigkeit des
Betreibungsamtes Binningen.
B. - Durch Entscheid vom 1. Juni hat die Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Basel-Landschaft die Beschwerde
abgewiesen.
C. - Diesen Entscheid hat der Rekurrent am 8. Juni an das Bundesgericht
weitergezogen.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:
Die Vorinstanz ist der Auffassung, dass weder die Konkursandrohung, noch der
Wechselzahlungsbefehl später als zehn Tage nach ihrer Zustellung noch wegen
örtlicher Unzuständigkeit angefochten werden können, da durch diese
Betreibungshandlungen keine Interessen dritter, am Betreibungsverfahren nicht
beteiligter Personen beeinträchtigt werden; letzteres würde erst durch die
Konkurseröffnung am unrichtigen Ort eintreffen, weshalb die in Betracht
kommenden Betreibungen durch Konkursbegehren beim Konkursrichter von
Rheinfelden weiterzuführen seien.
Diese Auffassung könnte nur dann als zutreffend betrachtet werden, wenn der
Konkursrichter das gestützt auf eine in seinem Sprengel durchgeführte
Betreibung gestellte Konkursbegehren daraufhin prüfen dürfte, ob die
Betreibung am richtigen Orte durchgeführt worden sei, und dementsprechend die
Konkurseröffnung ablehnen dürfte, wenn er findet, der Schuldner habe seinen
Wohnsitz nicht im Betreibungskreis oder mindestens nicht im Gerichtssprengel.
Allein die Art. 172
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 172 - Das Gericht weist das Konkursbegehren ab:
1  wenn die Konkursandrohung von der Aufsichtsbehörde aufgehoben ist;
2  wenn dem Schuldner die Wiederherstellung einer Frist (Art. 33 Abs. 4) oder ein nachträglicher Rechtsvorschlag (Art. 77) bewilligt worden ist;
3  wenn der Schuldner durch Urkunden beweist, dass die Schuld, Zinsen und Kosten inbegriffen, getilgt ist oder dass der Gläubiger ihm Stundung gewährt hat.
und 173
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 173 - 1 Wird von der Aufsichtsbehörde infolge einer Beschwerde oder vom Gericht gemäss Artikel 85 oder 85a Absatz 2 die Einstellung der Betreibung verfügt, so setzt das Gericht den Entscheid über den Konkurs aus.333
1    Wird von der Aufsichtsbehörde infolge einer Beschwerde oder vom Gericht gemäss Artikel 85 oder 85a Absatz 2 die Einstellung der Betreibung verfügt, so setzt das Gericht den Entscheid über den Konkurs aus.333
2    Findet das Gericht von sich aus, dass im vorangegangenen Verfahren eine nichtige Verfügung (Art. 22 Abs. 1) erlassen wurde, so setzt es den Entscheid ebenfalls aus und überweist den Fall der Aufsichtsbehörde.334
3    Der Beschluss der Aufsichtsbehörde wird dem Konkursgerichte mitgeteilt. Hierauf erfolgt das gerichtliche Erkenntnis.
SchKG, welche die Gründe aufzählen, aus welchen
der Konkursrichter das Konkursbegehren abweist oder sein Erkenntnis

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über dasselbe bis zu einem Entscheid der Aufsichtsbehörde aussetzt, sieht
nichts derartiges vor, wohl gerade um der Einmischung des Konkursrichters in
die den Aufsichtsbehörden vorbehaltene Befugnis zur Entscheidung über den
Betreibungsort vorzubeugen. Daher hat denn auch das Bundesgericht in BGE 51
III S. 157
ausgesprochen - was die Vorinstanz übersehen zu haben scheint -,
dass gegen eine von einem unzuständigen Betreibungsamt erlassene
Konkursandrohung jederzeit Beschwerde geführt werden kann, solange der Konkurs
noch nicht eröffnet ist. Gleiches muss auch für den Zahlungsbefehl in der
Wechselbetreibung gelten, da die Art. 172
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 172 - Das Gericht weist das Konkursbegehren ab:
1  wenn die Konkursandrohung von der Aufsichtsbehörde aufgehoben ist;
2  wenn dem Schuldner die Wiederherstellung einer Frist (Art. 33 Abs. 4) oder ein nachträglicher Rechtsvorschlag (Art. 77) bewilligt worden ist;
3  wenn der Schuldner durch Urkunden beweist, dass die Schuld, Zinsen und Kosten inbegriffen, getilgt ist oder dass der Gläubiger ihm Stundung gewährt hat.
und 173
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 173 - 1 Wird von der Aufsichtsbehörde infolge einer Beschwerde oder vom Gericht gemäss Artikel 85 oder 85a Absatz 2 die Einstellung der Betreibung verfügt, so setzt das Gericht den Entscheid über den Konkurs aus.333
1    Wird von der Aufsichtsbehörde infolge einer Beschwerde oder vom Gericht gemäss Artikel 85 oder 85a Absatz 2 die Einstellung der Betreibung verfügt, so setzt das Gericht den Entscheid über den Konkurs aus.333
2    Findet das Gericht von sich aus, dass im vorangegangenen Verfahren eine nichtige Verfügung (Art. 22 Abs. 1) erlassen wurde, so setzt es den Entscheid ebenfalls aus und überweist den Fall der Aufsichtsbehörde.334
3    Der Beschluss der Aufsichtsbehörde wird dem Konkursgerichte mitgeteilt. Hierauf erfolgt das gerichtliche Erkenntnis.
SchKG auf das
Konkursbegehren in der Wechselbetreibung ebenfalls zutreffen und zudem binnen
drei Tagen und ohne Parteiverhandlung darüber zu entscheiden ist (Art. 189
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 189 - 1 Das Gericht zeigt den Parteien Ort, Tag und Stunde der Verhandlung über das Konkursbegehren an. Es entscheidet, auch in Abwesenheit der Parteien, innert zehn Tagen nach Einreichung des Begehrens.
1    Das Gericht zeigt den Parteien Ort, Tag und Stunde der Verhandlung über das Konkursbegehren an. Es entscheidet, auch in Abwesenheit der Parteien, innert zehn Tagen nach Einreichung des Begehrens.
2    Die Artikel 169, 170, 172 Ziffer 3, 173, 173a, 175 und 176 sind anwendbar.

SchKG), was dem Konkursrichter geradezu verunmöglicht, über die Einwendung
örtlicher Unzuständigkeit das zur Gewinnung des Prozesstoffes unerlässliche
Verfahren durchzuführen und einen Entscheid zu fällen. Wollte man nach Ablauf
der ordentlichen Beschwerdefrist eine Beschwerde wegen örtlicher
Unzuständigkeit nicht mehr zulassen, so könnte dies also zur Folge haben, dass
der Konkurs da eröffnet würde, wo der Schuldner gesetzwidrigerweise betrieben
worden ist, was aber auch nach der Meinung der Vorinstanz dem öffentlichen
Interesse an der Beobachtung der Vorschriften über den Gerichtsstand für die
Konkurseröffnung widerstreiten würde. Von der derart gebotenen grundsätzlichen
Entscheidung eine Ausnahme zu machen, weil der Rekurrent Binningen als
Betreibungsort fortgesetzt anerkannt hat, geht nicht an. Ebensowenig kommt
etwas darauf an, dass vorliegend durchaus liquid ist, dass nur der
Konkursrichter von Rheinfelden und nicht derjenige von Arlesheim zur
Konkurseröffnung über den Rekurrenten zuständig ist, und dass die Rekursgegner
wohl ohne weiteres damit einverstanden wären, das Konkursbegehren in
Rheinfelden anzubringen.

Seite: 183
Demnach erkennt die Schuldbetr.- und Konkurskammer:
Der Rekurs wird begründet erklärt und sowohl die Konkursandrohung Nr. 11575
als der Wechselzahlungsbefehl Nr. 12119 aufgehoben.
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 54 III 180
Datum : 01. Januar 1927
Publiziert : 18. Juni 1928
Quelle : Bundesgericht
Status : 54 III 180
Sachgebiet : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Gegenstand : Gleichwie gegen Konkursandrohungen, so kann auch gegen die von einem örtlich unzuständigen...


Gesetzesregister
SchKG: 172 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 172 - Das Gericht weist das Konkursbegehren ab:
1  wenn die Konkursandrohung von der Aufsichtsbehörde aufgehoben ist;
2  wenn dem Schuldner die Wiederherstellung einer Frist (Art. 33 Abs. 4) oder ein nachträglicher Rechtsvorschlag (Art. 77) bewilligt worden ist;
3  wenn der Schuldner durch Urkunden beweist, dass die Schuld, Zinsen und Kosten inbegriffen, getilgt ist oder dass der Gläubiger ihm Stundung gewährt hat.
173 
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 173 - 1 Wird von der Aufsichtsbehörde infolge einer Beschwerde oder vom Gericht gemäss Artikel 85 oder 85a Absatz 2 die Einstellung der Betreibung verfügt, so setzt das Gericht den Entscheid über den Konkurs aus.333
1    Wird von der Aufsichtsbehörde infolge einer Beschwerde oder vom Gericht gemäss Artikel 85 oder 85a Absatz 2 die Einstellung der Betreibung verfügt, so setzt das Gericht den Entscheid über den Konkurs aus.333
2    Findet das Gericht von sich aus, dass im vorangegangenen Verfahren eine nichtige Verfügung (Art. 22 Abs. 1) erlassen wurde, so setzt es den Entscheid ebenfalls aus und überweist den Fall der Aufsichtsbehörde.334
3    Der Beschluss der Aufsichtsbehörde wird dem Konkursgerichte mitgeteilt. Hierauf erfolgt das gerichtliche Erkenntnis.
189
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 189 - 1 Das Gericht zeigt den Parteien Ort, Tag und Stunde der Verhandlung über das Konkursbegehren an. Es entscheidet, auch in Abwesenheit der Parteien, innert zehn Tagen nach Einreichung des Begehrens.
1    Das Gericht zeigt den Parteien Ort, Tag und Stunde der Verhandlung über das Konkursbegehren an. Es entscheidet, auch in Abwesenheit der Parteien, innert zehn Tagen nach Einreichung des Begehrens.
2    Die Artikel 169, 170, 172 Ziffer 3, 173, 173a, 175 und 176 sind anwendbar.
BGE Register
51-III-157 • 54-III-180
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
konkursbegehren • konkursandrohung • basel-landschaft • betreibungsamt • wechselbetreibung • zahlungsbefehl • vorinstanz • tag • bundesgericht • schuldner • betreibungsort • richtigkeit • schuldbetreibungs- und konkursrecht • schuldbetreibung • beschwerdefrist • betreibungskreis • betreibungshandlung • einwendung • kreis • weiler
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