S. 375 / Nr. 71 Obligationenrecht (d)

BGE 54 II 375

71. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Oktober 1928 i.S.
Regana A.-G. gegen Wirth's Erben.

Regeste:
Vertrag über die Einräumung des Alleinvertriebsrechtes für einen
Massageapparat in einem bestimmtem Gebiete auf bestimmte Dauer. Kriterien für
die rechtliche Qualifikation (Erw. 2).
Agenturähnliches Vertretungsverhältnis nach den konkreten Abmachungen, das mit
dem Tode des Vertreters erlischt (Erw. 3).

Talbestand (gekürzt):
Am 28. Juli 1926 schloss Dr. E. Wirth, Tierarzt in Leuzigen, mit der
Beklagten, Regana A.-G. in Zürich, einen schriftlichen Vertrag ab, mit
folgenden für den vorliegenden Streitfall wesentlichen Bestimmungen:
«1. Die Regana A.-G. überträgt an Dr. E. Wirth den Alleinvertrieb des
Vibrations-Massage-Apparates, genannt: «U-Wa-Massa» (Deutsches Reichspatent)
für das gesamte Gebiet der Kantone Solothurn, Aargau, Basel-Stadt und
Basel-Land.
2. Die Reagan A.-G. verpflichtet sich dadurch, weder direkt noch indirekt
durch Vermittlung Dritter nach dem obgenannten Vertragsgebiete Apparate zu
liefern, und alle bei der Regana A.-G. direkt eingehenden Anfragen, dieses
Gebiet betreffend, werden Dr. E. Wirth zur direkten Erledigung und
Effektuierung überwiesen. Sollte aber auf der andern Seite Dr. E. Wirth in
einem andern als dem ihm vertraglich zugesicherten Gebiete Verkäufe tätigen,
steht es der Regana A.-G. frei zu, das Vertragsverhältnis als gelöst zu
erklären und entsprechenden Schadenersatz zu verlangen.

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3.- Die Regana A.-G. übertragt den Alleinvertrieb an Dr. E. Wirth zunächst auf
die Dauer eines Jahres, d.h. bis 28. Juli, bezw. 15. August 1927, gegen dem,
dass Dr. E, Wirth sich zu einer Mindestabnahme von 700 Stück
«U-Wa-Massa»-Apparaten im ersten Jahre hiermit vertraglich verpflichtet, d.h.
zu einem monatlichen Mindestbezuge von 59 Apparaten, zum Preise von 39 Fr. 50
Cts. pro Apparat... ab Zürich... Lieferung gegen Kassa.
5. Prospekte werden über Wunsch des Vertreters... von der Regana A.-G.
geliefert zum Selbstkostenpreise; doch steht es auch dem Vertreter vollkommen
frei, sich selbst Propaganda-Material anfertigen zu lassen, und liefert ihm
die Regana A.-G. die hierzu notwendigen Clichés; nur muss in diesem Falle der
Vertreter solche Propaganda zur Genehmigung der Regana A.-G. vorlegen.
7. Die Festsetzung der Verkaufspreise im Vertragsgebiete steht Dr. E. Wirth
frei zu.
8. Akkonto dieses Abschlusses zahlt Dr. E Wirth der Regana A.-G. 5600 Fr. als
Anzahlung und als Garantie für die richtige Einhaltung dieses Vertrages
bezüglich des vereinbarten Mindestquantums von 700 Apparaten. Von dieser
Anzahlung von 5600 Fr. werden bei jeder Lieferung 8 Fr. pro Apparat in Abzug
gebracht auf der Faktura, so dass nach Bezug der gesamten, abgeschlossenen 700
«U-Wa-Massa»-Apparate die anbezahlte Summe von 5600 Fr. verrechnet ist.
9. Bei Nichteinhaltung dieses Vertrages, resp. bei Nichtbezug des vereinbarten
Mindestquantums, d.h. der monatlichen Bezüge von 59 Apparaten, würden die 5600
Fr., soweit sie noch nicht verrechnet wären. zugunsten der Regana A.-G.
verfallen und das Vertragsverhältnis gelöst sein.»
Dr. Wirth leistete die in Ziff. 8 vorgesehene Garantiesumme und bezog einen
Apparat. Am 22. August 1926 starb er, bevor er mit dem Vertrieb hatte beginnen

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können. Unterm 26. August 1926 schrieb Witwe Wirth der Beklagten, dass sie den
Vertrag mit dem Tode ihres Mannes als erloschen betrachte, und verlangte die
5600 Fr. zurück. Demgegenüber nahm die Beklagte den Standpunkt ein, dass der
Vertrag - als Kaufvertrag - auf die Erben Wirth übergegangen sei.
Mit im Februar 1927 angehobener Klage stellten diese daraufhin das Begehren um
Verurteilung der Beklagten zur Rückerstattung der 5600 Fr., eventuell eines
nach richterlichem Ermessen zu bestimmenden Teiles davon.
Mit Urteil vom 29. März 1928 schützte das Handelsgericht Zürich die Klage im
Betrage von 5128 Fr; Die von der Beklagten hiegegen mit dem Antrag auf
gänzliche Klageabweisung ergriffene Berufung hat das Bundesgericht abgewiesen.
Aus den Erwägungen:
2.- Durch den Vertrag wurde Dr. Wirth der Alleinvertrieb des Massageapparates
für das Gebiet der Kantone Solothurn, Aargau, Basel-Stadt und Basel-Land für
vorläufig ein Jahr in der Weise übertragen, dass er die Apparate auf eigene
Rechnung zu übernehmen und zu verkaufen hatte, unter gleichzeitiger
Verpflichtung zum festen Bezuge von mindestens 700 Stück während der 12
Monate. Nun umgrenzt zwar der Ausdruck «Alleinvertrieb» keinen bestimmten
rechtlichen Begriff; nach seiner sprachlichen Bedeutung besagt er indessen,
dass der Fabrikant dem mit dem Alleinvertrieb Betrauten den Absatz der
betreffenden Waren in dem ihm zugewiesenen Gebiete ausschliesslich zu
überlassen hat, sich also jeglichen Verkaufes an Dritte in diesem Gebiete
enthalten muss, um so dem Berechtigten ein gewisses Absatzgebiet zu sichern.
Im Hinblick auf diese wirtschaftliche Zweckfunktion fasst Pfeiffer (Leipziger
Zeitschrift für Handels-, Konkurs- und Versicherungsrecht; Jg 1915 S. 1087)
die Einräumung des Alleinverkaufsrechtes als eine Garantiezusage auf;
EHRENBERG

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(Zeitschrift f. d. ges. Handelsr. Bd. 28 S. 30) spricht von einem singulären
Bannrecht; BIERER (Das Alleinverkaufsrecht, Zürich 1922, S. 7, 12 ff.)
erblickt darin eine Art Pachtrecht, wobei er aus der Unterlassungspflicht des
Bestellers in Verbindung mit der Verpflichtung, an den Alleinverkäufer zu
liefern, folgert, dass die Zubilligung dieses Rechts gewöhnlich als
Nebenabrede eines Kaufes, und zwar eines Sukzessivlieferungsgeschäfts, zu
betrachten sei, die mit der Ausführung des Kaufvertrages für die vereinbarte
oder aus den Umständen zu schliessende Dauer in Wirksamkeit trete; dies im
Gegensatz zum sog. Alleinvertretungsrecht, das auf ein Agenturverhältnis
hinweise und so lange wirksam sei, als der Agenturvertrag bestehe. Auch Becker
erachtet die Alleinvertretung als dem Agenturvertrag am nächsten stehend, hält
aber, wie übrigens auch Bierer (a.a.O. S. 17 f.), zutreffend dafür, dass im
Einzelfalle für die Ermittlung der massgebenden Rechtssätze auf die konkrete
Ausgestaltung des Verhältnisses durch die Parteien abzustellen sei (vgl. N. 8
zu Art. 394
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 394 - 1 Le mandat est un contrat par lequel le mandataire s'oblige, dans les termes de la convention, à gérer l'affaire dont il s'est chargé ou à rendre les services qu'il a promis.
1    Le mandat est un contrat par lequel le mandataire s'oblige, dans les termes de la convention, à gérer l'affaire dont il s'est chargé ou à rendre les services qu'il a promis.
2    Les règles du mandat s'appliquent aux travaux qui ne sont pas soumis aux dispositions légales régissant d'autres contrats.
3    Une rémunération est due au mandataire si la convention ou l'usage lui en assure une.
und N. 27 zu Art. 319
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 319 - 1 Par le contrat individuel de travail, le travailleur s'engage, pour une durée déterminée ou indéterminée, à travailler au service de l'employeur et celui-ci à payer un salaire fixé d'après le temps ou le travail fourni (salaire aux pièces ou à la tâche).
1    Par le contrat individuel de travail, le travailleur s'engage, pour une durée déterminée ou indéterminée, à travailler au service de l'employeur et celui-ci à payer un salaire fixé d'après le temps ou le travail fourni (salaire aux pièces ou à la tâche).
2    Est aussi réputé contrat individuel de travail le contrat par lequel un travailleur s'engage à travailler régulièrement au service de l'employeur par heures, demi-journées ou journées (travail à temps partiel).
OR).
In der Tat kann die Zubilligung des Alleinvertriebsrechts Bestandteil sowohl
eines Kaufvertrages, wie eines Vertretungsverhältnisses bilden, und zwar
speziell eines Agenturvertrages, also nach der bundesgerichtlichen Praxis
eines Vertrages, wonach jemand für das Handelsgewerbe eines andern dauernd
Geschäfte vermittelt oder abschliesst, ohne dass er in einem Dienstverhältnis
zu ihm stünde (vgl. BGE 29 l I 109; 40 II 392). Dabei ist auch mit einem
Vertretungsverhältnis wohl vereinbar, dass sich der Fabrikant als Äquivalent
für seine Konkurrenzenthaltungspflicht vertraglich die käufliche Übernahme
einer bestimmten Menge Ware durch den Alleinvertreter ausbedingt, um auf diese
Weise von vorneherein einen gewissen Absatz in dem fraglichen Gebiete
sicherzustellen.
3.- Mit einem Verhältnis dieser Art hat man es im vorliegenden Falle zu tun.
Gegen die Auffassung der

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Beklagten, es handle sich nur oder doch im wesentlichen um einen Vertrag auf
Abnahme von 700 Apparaten, also um einen Kaufvertrag mit einigen
Nebenbestimmungen, spricht entscheidend der Umstand, dass diese Stückzahl
ausdrücklich als ein «Mindestquantum» bezeichnet ist. Die vertraglichen
Verpflichtungen des Wirth erschöpften sich mithin in der käuflichen Übernahme
der 700 Apparate keineswegs; vielmehr sollte eine auf eine längere Zeitdauer
berechnete Interessenverbindung in dem Sinne geschaffen werden, dass Wirth der
im Vertrage wiederholt auch als «Vertreter» bezeichnet wird in dem ihm
zugewiesenen Gebiete neben den eigenen, gleichzeitig auch die Interessen der
Beklagten am Vertriebe ihrer Apparate während vorläufig eines Jahres
wahrzunehmen hatte. Dieser Vertragswille erhellt auch aus Ziff. 5 des
Vertrages, wonach Wirth das allfällig von ihm - auf eigene Kosten - erstellte
Propagandamaterial der Beklagten zur Genehmigung vorlegen musste, sowie aus
Ziff. 2, wonach ihm verboten war, Apparate ausserhalb des ihm vertraglich
reservierten Absatzgebietes zu verkaufen. Dabei verschlägt es nichts, dass er
die Apparate in eigenem Namen und auf eigene Rechnung zu einem seinem Ermessen
anheimgestellten Preise vertreiben sollte. Denn wenn auch für ihn als
Eigenhändler seine eigenen Interessen im Vordergrunde standen, so hatte er
doch mit Rücksicht auf die eine Grundlage des ganzen Verhältnisses bildende
Interessenvertretung mittelbar auch diejenigen der Beklagten durch einen unter
normalen Verhältnissen sich abwickelnden Weiterverkauf zu fördern. Gerade
diese Einräumung des freien Preisbestimmungsrechts zeigt, dass die Beklagte
volles Vertrauen in ihn setzte, dass er seine Tätigkeit in einer auch ihr zum
Vorteil gereichenden Weise ausüben werde, wie überhaupt seine Persönlichkeit
für die Zubilligung der Alleinvertretung von ausschlaggebender Bedeutung war.
Aus den Prospekten der Beklagten ergibt sich, dass sie den Massageapparat

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speziell von Ärzten und Tierärzten prüfen und empfehlen liess, so dass ihr
Wirth als Tierarzt für die Übernahme eines erfolgreichen Alleinvertriebes als
besonders geeignet erscheinen musste, und zwar auch für den im Vertrage nicht
vorgesehenen Fall, dass er den Verkauf nicht allein besorgte, sondern
Untervertreter beizog, die er zu überwachen imstande war.
Es handelt sich darnach, wenn auch nicht um einen eigentlichen Agenturvertrag,
- weil Wirth den Vertrieb auf eigenen Namen und eigene Rechnung vorzunehmen
hatte, - so doch um ein agenturähnliches Vertretungsverhältnis, auf das, wie
die Vorinstanz mit Recht angenommen hat, die Bestimmungen über den Auftrag
entsprechend zur Anwendung zu bringen sind, zumal der Agenturvertrag im
allgemeinen nach den Vorschriften über die Kommission, die das Gesetz
ausdrücklich den Mandatsregeln unterstellt, zu beurteilen ist (vgl. BGE 40 II
39
V Mangels abweichender Vereinbarung ist daher das Vertragsverhältnis mit
dem Tode des Dr. Wirth erloschen (Art. 405
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 405 - 1 Le mandat finit par la perte de l'exercice des droits civils, par la faillite, par la mort ou par la déclaration d'absence soit du mandant, soit du mandataire, à moins que le contraire n'ait été convenu ou ne résulte de la nature de l'affaire.257
1    Le mandat finit par la perte de l'exercice des droits civils, par la faillite, par la mort ou par la déclaration d'absence soit du mandant, soit du mandataire, à moins que le contraire n'ait été convenu ou ne résulte de la nature de l'affaire.257
2    Toutefois, si l'extinction du mandat met en péril les intérêts du mandant, le mandataire, ses héritiers ou son représentant sont tenus de continuer la gestion jusqu'à ce que le mandant, ses héritiers ou son représentant soient en mesure d'y pourvoir eux-mêmes.
OR).
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 54 II 375
Date : 01 janvier 1927
Publié : 16 octobre 1928
Source : Tribunal fédéral
Statut : 54 II 375
Domaine : ATF - Droit civil
Objet : Vertrag über die Einräumung des Alleinvertriebsrechtes für einen Massageapparat in einem bestimmtem...


Répertoire des lois
CO: 319 
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 319 - 1 Par le contrat individuel de travail, le travailleur s'engage, pour une durée déterminée ou indéterminée, à travailler au service de l'employeur et celui-ci à payer un salaire fixé d'après le temps ou le travail fourni (salaire aux pièces ou à la tâche).
1    Par le contrat individuel de travail, le travailleur s'engage, pour une durée déterminée ou indéterminée, à travailler au service de l'employeur et celui-ci à payer un salaire fixé d'après le temps ou le travail fourni (salaire aux pièces ou à la tâche).
2    Est aussi réputé contrat individuel de travail le contrat par lequel un travailleur s'engage à travailler régulièrement au service de l'employeur par heures, demi-journées ou journées (travail à temps partiel).
394 
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 394 - 1 Le mandat est un contrat par lequel le mandataire s'oblige, dans les termes de la convention, à gérer l'affaire dont il s'est chargé ou à rendre les services qu'il a promis.
1    Le mandat est un contrat par lequel le mandataire s'oblige, dans les termes de la convention, à gérer l'affaire dont il s'est chargé ou à rendre les services qu'il a promis.
2    Les règles du mandat s'appliquent aux travaux qui ne sont pas soumis aux dispositions légales régissant d'autres contrats.
3    Une rémunération est due au mandataire si la convention ou l'usage lui en assure une.
405
SR 220 Première partie: Dispositions générales Titre premier: De la formation des obligations Chapitre I: Des obligations résultant d'un contrat
CO Art. 405 - 1 Le mandat finit par la perte de l'exercice des droits civils, par la faillite, par la mort ou par la déclaration d'absence soit du mandant, soit du mandataire, à moins que le contraire n'ait été convenu ou ne résulte de la nature de l'affaire.257
1    Le mandat finit par la perte de l'exercice des droits civils, par la faillite, par la mort ou par la déclaration d'absence soit du mandant, soit du mandataire, à moins que le contraire n'ait été convenu ou ne résulte de la nature de l'affaire.257
2    Toutefois, si l'extinction du mandat met en péril les intérêts du mandant, le mandataire, ses héritiers ou son représentant sont tenus de continuer la gestion jusqu'à ce que le mandant, ses héritiers ou son représentant soient en mesure d'y pourvoir eux-mêmes.
Répertoire ATF
40-II-35 • 40-II-390 • 54-II-375
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
défendeur • contrat d'agence • concessionnaire exclusif • mois • mort • livraison • bâle-ville • durée • calcul • vente • héritier • bière • argovie • vétérinaire • tribunal fédéral • pouvoir d'appréciation • présentation • décision • contrat • soleure
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