368 Familienrecht. N° 60.

60. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilahteilung _ vom 7. Oktober 1925
i. S. St. c. J.

V a t e r s c h a f t. Es verstösst nicht gegen die Beweisregel der
Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
und 314
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB, wenn der kantonale Richter zur Feststellung
des _Geschlechtsverkehrs auf die Aussagen der Klägerin abstellt,
die diese unter Androhung von Strafen für den Fall der Unwahrheit
gemacht hat. Gebundenheit des Bundesgerichts an eine hierauf beruhende
Feststellung. Bedeutung von Indizien, auf dieder Tatsachenrichter neben
der Parteiaussage abstellt.

Nach der Feststellung der Vorinstanz hat der Beklagte der Klägerin in der
kritischen Zeit beigewohnt. Diese Feststellung ist für das Bundesgericht
verbindlich. Sie beruht zwar zunächst auf der Parteiaussage der Klägerin,
ihre Darstellung der behaupteten Beiwohnung sei richtig, und sie habe
in der kritischen Zeit mit keinem andern Manne als dem Beklagten
geschlechtlich verkehrt. Allein wie das Bundesgericht wiederholt
ausgesprochen hat, verletzt der kantonale Richter, der auf die Aussage
einer Partei abstellt, dann die Beweisvorsohriften des eidgenössischen
Rechts nicht (Art. 8
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 8 - Wo das Gesetz es nicht anders bestimmt, hat derjenige das Vorhandensein einer behaupteten Tatsache zu beweisen, der aus ihr Rechte ableitet.
und 314
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 314 - 1 Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
1    Die Bestimmungen über das Verfahren vor der Erwachsenenschutzbehörde sind sinngemäss anwendbar.
2    Die Kindesschutzbehörde kann in geeigneten Fällen die Eltern zu einem Mediationsversuch auffordern.
3    Errichtet die Kindesschutzbehörde eine Beistandschaft, so hält sie im Entscheiddispositiv die Aufgaben des Beistandes und allfällige Beschränkungen der elterlichen Sorge fest.
ZGB), wenn diese Parteierldärungen (ähnlich
wie der Eid oder Zeugenaussagen) nach erfolgter Strafandrohung für den
Fall ihrer Unwahrheit vor dem Richter abgegeben werden. Dies trifft
namentlich, wie das Bundesgericht ebenfalls bereits erkannt hat, bei
der-Beweisaussage des Art. 279 der bernischen Zivilprozessordnung zu
(BGE 46 II 348). Gegen eine solche Parteiaussage vermag, wie gegenüber
dem Eid, die vom Beklagten erhobene Rüge der Aktenwidrigkeit nicht
aufzukonimen. Die Aussage hat hier für sich allein Beweiskraft-; es ist
eine Frage des kantonalen Prozessrechts, ob der Richter darauf abstellen
muss, oder ob ihm deren freie Würdigung zusteht. Ist der Richter an die
Aussage gebunden, so kann sie nur durch ein strafgerichtliches Urteil
wegen falscher Aussage, nicht aber wegen Aktenwidrigkeit in ihrer

Familienrecht. N° 60. 369

Beweiskraft zerstört Werden. Steht dem Richter aber,

wie nach dem bernischen Prozessrecht (Art. 281), die freie Beweiswürdigung
auch gegenüber einer Beweisaussage zu, so ist seine Vürdi'gung verbindlich
und kann vom Bundesgericht nicht überprüft werden.

Es war daher überflüssig, wenn die Vorinstanz neben der Beweisaussage der
Klägerin für den Beweis des behaupteten Geschlechtsverkehrs auch noch
auf ver.schiedene Indizien abgestellt hat. es sei denn, sie habe damit
angesichts der ihr auch gegenüber einer Beweis' aussage zustehenden freien
Würdigung die durch die Parteiaussage gewonnene nur teilweise Überzeugung
noch verstärken wollen. Es ändert somit nichts am BeWeisergebnis, wenn
die herangezogenen Indizien auch

nicht alle zwingend erscheinen, und sich die Klägerin

auch in verschiedene Widersprüche verwickelt hat; in jedem Falle ist
die Überprüfung der Anzeichen auf ihre Beweiskraft und ihre Abwägung bei
bestehenden Widersprüchen Sache des Tatsachenrichters. Sein Beweisergebnis
kann vor Bundesgericht nicht mehr gerügt werden, namentlich nicht mit
der Behauptung der Aktenwidrigkeit; denn wenn der Tatsachenrichter von
verschiedenen abweichenden Darstellungen eine als wahr annimmt, so liegt
dies in seinem freien Ermessen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 51 II 368
Date : 07. Oktober 1925
Published : 31. Dezember 1925
Source : Bundesgericht
Status : 51 II 368
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 368 Familienrecht. N° 60. 60. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilahteilung _ vom


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ZGB: 8  314
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46-II-345
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