34 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 8.

tatsache, dass in den meisten Fällen das Lastenverzeichnis ohne
jegliche Bestreitung oder sonstige Beanstandung in Rechtskraft tritt, und
infolgedessen die Steigerung unmittelbar nach Ablauf der Bestreitungs-und
Beschwerdefrist stattfinden kann. Sie vermag aber nichts daran zu ändern,
dass logisch betrachtet die Bereinigung der Lasten der Anordnung des
steigerungstermins vor-anzugehen hat. so sieht denn auch für den Fall,
dass die Steigerung an dem ursprünglich festgesetzten Termin nicht
stattfinden kann, wie es insbesondere bei Beschwerden, Prozessen, aber
auch infolge Aufschubsbewilligung eintrifit, der bereits angezogene
Art. 31
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 31 - Wird die Steigerung erst nach Ablauf der Frist zur Anmeldung der Lasten eingestellt, so braucht die neue Steigerung nur mindestens 14 Tage vorher ausgekündigt zu werden. Die Aufforderung des Artikels 138 Absatz 2 Ziffer 3 SchKG ist nicht zu wiederholen.
VZG eine von der Aufforderung zur Forderungseingahe losgelöste,
ihr zeitlich nachfolgende Steigerungspublikation vor, Es ist nicht
einzusehen. warum sich das Steigerungsamt auf eine solche Publikation
nicht ebenfalls sollte beschränken dürfen, wenn nach der Durchführung
des Lastenbereinigungsverfahrens das Verwertungsbegehren, auf welches hin
das Lastenverzeichnis erstellt worden ist, zwar Zurückgenommen wird, die
Steigerung aber doch stattzufinden hat, weil während der Durchführung des
Bereinigungsverfahrens das Verwertungsbegehren von einem andern Gläubiger
gestellt worden ist. Keiner der Beteiligten, weder der Schuldner, noch
der Gläubiger, welcher das Verwertungsbegehren zurückgezogen hat, noch
ein anderer Pfandgläubiger vermag ein beachtenswertes Interesse dafür
geltend zu machen, dass, nachdem die Lasten eben festgestellt worden
sind, nun sofort ein neues auf Feststellung der Lasten abzielendes
Verfahren eröffnet werde, das geraume Zeit in Anspruch nimmt und
bedeutende Kosten verursacht. Durch die Änderung in der Person des
die Verwertung verlangenden Gläubigers wird ja die Rechtsstellung der
übrigen Beteiligten in Hinsicht auf die Lasten in keiner Weise verändert,
sondern nur in Hinsicht auf den Steigerungs-akt selbst, insofern, als
dadurch der Mindestzuschlags--

Schuldbeu'eibungsund Konkursrecht. N° 9. 35

preis. beeinflusst wird. Hierauf werden sie aber gemäss Art. 30 Abs. 3
SR 281.42 Verordnung des Bundesgerichts vom 23. April 1920 über die Zwangsverwertung von Grundstücken (VZG)
VZG Art. 30 - 1 Die Spezialanzeigen (Art. 139 SchKG) sind sofort mit der Bekanntmachung der Steigerung zu versenden. Ist in der Bekanntmachung der Schätzungswert des Grundstücks angegeben, so gilt die Zustellung dieser Spezialanzeige zugleich als Mitteilung nach Artikel 140 Absatz 3 SchKG.55
1    Die Spezialanzeigen (Art. 139 SchKG) sind sofort mit der Bekanntmachung der Steigerung zu versenden. Ist in der Bekanntmachung der Schätzungswert des Grundstücks angegeben, so gilt die Zustellung dieser Spezialanzeige zugleich als Mitteilung nach Artikel 140 Absatz 3 SchKG.55
2    Solche Anzeigen sind jedem Gläubiger, dem das Grundstück als Pfand haftet oder für den es gepfändet ist, den im Gläubigerregister des Grundbuches eingetragenen Pfandgläubigern und Nutzniessern an Grundpfandforderungen, dem Schuldner, einem allfälligen dritten Eigentümer des Grundstücks und allen denjenigen Personen zuzustellen, denen ein sonstiges, im Grundbuch eingetragenes oder vorgemerktes Recht an dem Grundstück zusteht. Soweit nach dem Auszug aus dem Grundbuch für Grundpfandgläubiger Vertreter bestellt sind (Art. 860, 875, 877 ZGB56 ), ist die Anzeige diesen zuzustellen.57
3    In den Spezialanzeigen an die Pfandgläubiger ist diesen mitzuteilen, ob ein Pfändungsgläubiger oder ein vorhergehender oder nachgehender Pfandgläubiger die Verwertung verlangt habe.
4    Spezialanzeigen sind auch den Inhabern gesetzlicher Vorkaufsrechte im Sinne von Artikel 682 Absätze 1 und 2 ZGB58 zuzustellen. In einem Begleitschreiben ist ihnen mitzuteilen, dass und auf welche Weise sie ihr Recht bei der Steigerung ausüben können (Art. 60a hiernach).59

(102) VZG ohnehin durch die der veränderten Sachlage entsprechend
abzufassende Spezialanzeige über den Steigerungstermin aufmerksam
ge-macht... ,

4. sollten das Verwertungshegehren der Rekursgegnerin wie auch
die emeuerten Verwertungsbegehren der Banken den Schuldnern noch
nicht mitgeteilt Werden sein, so müsste dies nachgeholt werden,
ohne dass jene freilich aus der Verspätung eine die Durchführung des
Steigerungsverfahrens hindernde Einrede herleiten könnten. ' s '

Demnach erkennt die Schuldbetr. und Konkurskammer :1

1. Auf den Rekurs des Konkursamts Luzern wird nicht eingetreten. '
2. Die Rekurse werden abgewiesen.

9. Entscheid vom 5. mm 19241. s. ziyysi si

SchKG A rt. 2 O 6. Das Betreibungsverbot gilt auch für nach der
vKonlcurserötknung entstandene Forderungen.

vA. Der, Fiel-currenthat dem seit 28. April 1923 im Konkurs befindlichen
Otto Walder Wüthrich am 31. August 1923 eine Wohnung vermietet. Als er
ihn für Mietzins betreiben wollte, lehnte das Betreibungsamt Basel Stadt
das, Begehren unter Hinweis auf Art. 206
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 206 - 1 Alle gegen den Schuldner hängigen Betreibungen sind aufgehoben, und neue Betreibungen für Forderungen, die vor der Konkurseröffnung entstanden sind, können während des Konkursverfahrens nicht eingeleitet werden. Ausgenommen sind Betreibungen auf Verwertung von Pfändern, die von Dritten bestellt worden sind.
1    Alle gegen den Schuldner hängigen Betreibungen sind aufgehoben, und neue Betreibungen für Forderungen, die vor der Konkurseröffnung entstanden sind, können während des Konkursverfahrens nicht eingeleitet werden. Ausgenommen sind Betreibungen auf Verwertung von Pfändern, die von Dritten bestellt worden sind.
2    Betreibungen für Forderungen, die nach der Konkurseröffnung entstanden sind, werden während des Konkursverfahrens durch Pfändung oder Pfandverwertung fortgesetzt.
3    Während des Konkursverfahrens kann der Schuldner keine weitere Konkurseröffnung wegen Zahlungsunfähigkeit beantragen (Art. 191).
SchKG ab. , . .

B. f ,Durch Entscheid vom 19. Februar 1924 hat die Aufsichtsbehörde von
Basel-Stadt das Betreihungsamt bei seiner .Weigerung geschützt. --

.C. -si-.Diesen Entseheid hat der Rekurrent rechtzeitig andas
Bundesgericht weitergezogen und verlangt, dass seinem Betreihungsbegehren
Folge gegeben werde.

-36 fSchnldbssetreibungssi and: Konkani-echt. 'ssN" 9.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung}

Der Rekurrent will die Bestimmung des Art." 206 SchKG, wonach neue
Betreibungen während der Dauer des Konkuisverfahren's nicht angehoben
werden können, dahin verstanden wissen, dass nur Betreibungen für ver
der Konkurseröffnung entstandene Forderungen ausgeschlossen seien ;
denn den Gläubiger-n später entstandener Forderungen,'die am Konkurse
nicht teilnehmen, könn'e vernünftigerweise nicht verwehrt werden,
sich aus dem nicht in die Masse fallenden pfändbaren Arbeitsertrag des
Schuldners bezahlt zu machen und zu diesem Zwecke schon während des
Konkurses Betreibung einzuleiten. si

Der Wortlaut des Gesetzes lässt eine solche Unterscheidung nicht zu,
und 'die Praxis hat denn auch von jeher in der fraglichen Bestimmung
ein absolutes Verbot der Einleitung neuer Betreibungen gegen den
Gemeinschuldner während der Konkurspendenz erblickt und davon einzig
die Betreibungen ausgenommen, die ein Drittpfand zum Gegenstand haben
(vgl. Sep. -Ausg XII Nr. 57.1 und dortige Zitate). An dieser Praxis
ist festzuhalten. Der Gesetzgeber hat nicht übersehen, dass der
Gemeinschuldner während des Konkurses neue Verbindlichkeiten eingehen
kann und dass für diese in seinem Arbeitsertrag ein Exekutionsobjekt
vorhanden wäre, aber er hat diesen Arbeitsertrag nicht lm Konkurse
freigegeben, damit die neuen Gläubiger darauf greifen können sonst hätte
mit dem während des Konkurses anfallenden Vermögen täglich ein gleiches
geschehen müssen ·sondern um dem bis zum Schluss des KonkurSes ausser
der Kompetenz Von allen Aktiven entblössten Schuldner z'u ermöglichen,
seine wirtschaftliche Existenz neu aufzubauen. A'us diesem Grunde soll
der Gemeinschuldner ausserhalb des Konkurses {on

'A33513.789f.

Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 9. _ 37

den Gläubigern unbehelligt bleiben und darum werden nicht nur (was sich
aus der Natur des Konkursverkahrens ohnehin ergibt und gar nicht gesagt
zu werden brauchte) Betreibungen für Konkursforderungen, sondern Betreisi
bungen gegen ihn überhaupt als unzulässig erklärt. Die vom Rekurrenten
postulierte Einschränkung des Betreibungsverbotes würde also nicht
nur gegen den Wortlaut des Art. 206, sondern auch gegen die Absicht
des Gesetzgebers verstossen. Sie wurde ferner der im oben zitierten
Entscheide erwähnten Komplikation rufen. Überdies aber mutet sie den
Betreibungshehörden, welche danach den ihnen obliegenden Entscheid
über die Zulässigkeit einer Betreibung von der Entstehungszeit der in
Betreibung gesetzten Forderung abhängig machen sollen, die Prüfung einer
Frage zu, mit der sie sich nach dem ganzen System des Gesetzes nicht
zu befassen haben. Den Entscheid in die Hand des Schuldners zu legen
dadurch, dass ihm überlassen wird, Rechtsverschlag zu erheben oder nicht,
Wäre im Hinblick auf die übrigen Gläubiger nicht angängig und das im
Bestreitungsfalle platzgreifende Prozessverfahren zu schwerfällig

Zuzugeben ist, dass die strikte Anwendung des Art. 206 etwa einmal
unbillig sein kann, namentlich bei langwährenden Konkursen. Dieses
Bedenken muss aber hinter den grundsätzlichen Erwägungen zurücktreten
und im allgemeinen werden sich schwere Unzukömmlichkeiten nicht ergeben,
da der Dritte, der mit dem Kridaren Geschäfte schliesst, sich eben im
Hinblick auf das Gesetz so einrichten soll, dass seine Interessen _
auch ohne Betreibung gewahrt sind. Der Vermieter ss insbesondere kann
bei Abschluss des Vertrages Voraus ,_ zahlung des Mietzinses ausbedingen
oder, wenn der Konkurs während der Mietzeit eintritt und der Mietzins
nicht sichergestellt wird, gemäss Art. 266
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 266 - 1 Haben die Parteien eine bestimmte Dauer ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart, so endet das Mietverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf dieser Dauer.
1    Haben die Parteien eine bestimmte Dauer ausdrücklich oder stillschweigend vereinbart, so endet das Mietverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf dieser Dauer.
2    Setzen die Parteien das Mietverhältnis stillschweigend fort, so gilt es als unbefristetes Mietverhältnis.
OR die Miete auflösen und
den Mieter ausweisen lassen.

Demnach erkennt die Schuidbetr.und Konkurskammer : Der Rekurs wird,
abgewiesen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 50 III 35
Date : 05. Januar 1924
Published : 31. Dezember 1925
Source : Bundesgericht
Status : 50 III 35
Subject area : BGE - Schuldbetreibungs- und Konkursrecht
Subject : 34 Schuldbetreibungs und Konkursrecht. N° 8. tatsache, dass in den meisten Fällen


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OR: 266
SchKG: 206
VZG: 30  31
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[noenglish] • appointment • basel-stadt • burden register • claim provable in bankruptcy • debt enforcement and bankruptcy law • debtor • duration • exploitation demand • federal court • forest • hamlet • intention • knowledge • measure • obligation • outside • pledge pertinent to a third party • prosecution office • prosecution office • question • quotation • time-limit for appeal