DROIT DES PERSONNES
53. Urteil der II. Zivilabteilung vom 16. September 1920 i. S. Frey
gegen Schweizerischer Eeizerund Maschînistenverband.
Anfechtung von Beschlüssen der Generalversammlung einer Genossenschaft:
Zahlung der Mitgliederbeiträge ist kein Verzicht auf die Anfech-tung.
Anwendung des Art, 75 ZGB auf Genossenschaftshesehlüsse ? - Beginn
der Frist zur Anfechtung einer Urabstimmung, deren Resultat. im
Verbandsorgan veröffentlicht werden muss ? Anfechtbarkeit eines
blossen Mehrheitsbuschlusses, durch den ohne Aenderung der Statuten
die statutarischen Pflichten der Mitglieder erweitert werden (Art. 680
Ziff. 5
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 680 - 1 Der Aktionär kann auch durch die Statuten nicht verpflichtet werden, mehr zu leisten als den für den Bezug einer Aktie bei ihrer Ausgabe festgesetzten Betrag. |
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1 | Der Aktionär kann auch durch die Statuten nicht verpflichtet werden, mehr zu leisten als den für den Bezug einer Aktie bei ihrer Ausgabe festgesetzten Betrag. |
2 | Ein Recht, den eingezahlten Betrag zurückzufordern, steht dem Aktionär nicht zu. |
A. Der Kläger, Frey, ist seit 1907 Mitglied des Heizerund
Maschinistenverbandes Zürich. Der Zweck dieses Vereins besteht nach §
1 der vom Jahre 1911 datierten Statuten in der beruflichen Ausbildung
und Fortbildung seiner Mitglieder und in der Unterstützung dieser
Mitglieder bezw. ihrer Angehörigen in Krankheits , lnglücks-und
Sterbefällen. Politisch soll der Verein nach der zitierten
Statutenhestimmung neutral sein.
Im Jahre 1911 bildete sich der Verband Schweizerischer Heizerund
Maschinisten. Dieser als Genossenschaft konstituierten Vereinigung
trat der Heizerund Maschinistenverband Zürich als Mitglied bei,
wodurch der Kläger Mitglied des Zentralverbandes wurde. Die Statuten
der Gesamtvereinigung, datiert vom 27. November 1917, bezeichnen als
Verbandszweclc die Wah-
AS 46 u 1910 22
314 Personenrecht. N° 53.
rung der Interessen des ganzen Verbandes und der einzelnen
Mitglieder. Dieser Zweck soll erreicht werden durch Förderung der
beruflichen Bildung, Unterstützung der Mitglieder, Besprechung und
Beschlüsse über ökonomische und berufliche Fragen und Wahrung der
gewerkschaftlichen Interessen... Stellungnahme zu den Tagesfragen
wirtschaftlicher Natur, als da sind steuergesetze, Zollgesetze,
Handelsverträge etc.
Durch Urabstimmung vom 26. u. 31. Juli 1919 beschloss der Schweizerische
Heizerund Maschinistenverband dem seit mehreren Jahren bestehenden
Schweizerischen Gewerkschaftsbund beizutreten. Nach § 1 der 1917
revidierten Statuten des Gewerkschaftsbundes wird dieser gebildet
aus den auf dem Boden des proletarischen Klassenkampfes stehenden
Gewerkschaftsverbänden der Schweiz. Er bezweckt, nach § 3, die
Verwirklichung der Postulate der Gewerkschaftsbewegung. Gemäss §§
11 und 15 kann das Bundeskamitee, das oberste Verbandsorgan, Sperren
und Boykotte beschliessen, die für alle Mitglieder der angeschlossenen
Gewerkschaftsverbände vebindlich sein sollen.
B. Mit der vorliegenden Klage, die am 3. Oktober 1919 beim Sühnbeamten
eingeleitet worden ist, ficht der Kläger den Beschluss des Heizerund
Maschinistenverbandes, in den Gewerkschaftshund einzutreten, als rechtsund
statutenwidrig an. Er machte. geltend: Der Schweizerische Heizerund
Maschinistenverband sei nach seinen Statuten politisch neutral. Für
die Sektion Zürich werde das in den vom Zentralverband genehmigten
Statuten ausdrücklich festgestellt Der Gewerkschaftsbund dagegen stehe
nach seinen Statuten auf dem Boden des proletarischen Klassenkampfes;
zum Gewerkschaftsbund können demnach nur solche Personen gehören, welche
auf marxistischem Boden stehen und revolutionäre Ziele verfolgen. Dem
entspreche denn auch das Verhalten des Gewerkschafts-bundes in den
politischen Kämpfen, speziell anlässlich
..a-Personenreeht. N° 53. 315
des Generalstreiks 1918. Durch den Beitrittsbeschluss solle der
Heizer und Maschinistenverband aus seiner Neutralität herausgehoben
und in das extreme sozialistische Fahrwasser des Gewerkschaftsbundes
geleitet werden. Der Beitrittsbeschluss sei daher statutenwidrig und
könne angefochten werden. Er müsse aber auch als rechtswidrig und
gegen die guten Sitten verstossend aufgehoben werden. Die Statuten des
Gewerkschaftebundes berechtigen das Bundeskornitee auf Antrag der Verbände
Boykotts und Sperren zu verhängen, ohne dass irgend eine Schranke gezogen
sei. Solche an keine Schranken gebundene Kampfmittel betrachte die Praxis
als Widerrechtlich. Dazu komme dass er, Kläger, wenn er an einem Streik
mitmache, als Gemeindebeamter öffentlichrechtliche Pflichten verletze
und bestraft werden könne. Der Beitrittsbeschluss sehaffe eine zu grosse
Abhängigkeit der einzelnen Mitglieder, er lade zu grosse Risiken auf
ihre Schultern, als dass er vor dem Gesetz bestehen konnte.
Der Beklagte hat auf Abweisung der Klage angetragen und zur
Begründung angeführt: Die Klage sei, weil nicht innert Monatsfrist
nach Fassung des Beitrittsbeschlusses eingeleitet, und weil der
Kläger die Mitgliederbeiträge weiter bezahlt habe, verwirkt (Art. 75
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten. |
ZGB). Materiell sei nnrichtig, dass der Heizerund Maschinistenverband nach
seinen Statuten neutral sein müsse. Zudem werde er durch den Beitritt
zum Gewerkschaftsbund nicht aus seiner Neutralität herausgehohen.
Der Gewerkschaftsbund selber sei neutral, seine Statuten enthalten keine
politischen, sondern nur wirtschaftliche Programmpunkte und ferner habe
der Bund an politischen Aktionen nie teilgenommen. Uebrigens könnte, auch
wenn man hinsichtlich des letzteren Punktes gegenteiliger Ansicht sein
wollte, dem Gewerkschaftsbund die Neutralität dennoch nicht abgesprochen
werden, weil hiefür nicht die Stellungnahme einzelner Gewerkschaftsführer,
sondern die Statuten massgebend
316 Personenrecht. N° 53
sein müssen. Was sodann das Recht des Bundeskomitees zur
Anordnung von Streiks und Sperren anbelange, so mache es, da diese
Kampfmittel grundsätzlich nicht widerrechtlich seien, den Beitritt zum
Gewerkschafts-bund ebenfalls nicht anfechtbar. Zudem sei zwischen dem
Gewerkschaftsbund und dem Heizerund Maschinistenverband eine besondere
Uebereinkunft abgeschlossen worden, wonach der letztere nicht ohne
weiteres an Streikbeschlüsse etc. gebunden sei.
C. Mit Urteil vom 6. Mai 1920 hat der Appellationshok des Kantons Bern
die Klage abgewiesen. Der Appellationshof ist _davon ausgegangen, dass der
Heizerund Maschinistenverband nach seinen Statuten politisch neutral sein
müsse. Aber auch der Gewerkschaftsbund, obwohl er sich der politischen
Betätigung nicht unbedingt fernhalte, wie sich aus seinem Verhalten
anlässlich des Generalstreiks ergebe, habe sich dennoch nicht soweit von
dem wirtschaftlichen Boden entfernt, dass er nicht. mehr als unpolitische
Vereinigung bezeichnet werden könnte. Der Beitrittsbeschluss sei daher
nicht statutenwidrig. Abzulehnen sei aber ferner auch der Standpunkt, die
durch den Beitritt den einzelnen Mitgliedern auf-erlegten Verpflichtungen
seien widerrechtlich oder gegen die guten Sitten verstossend. _
D. Gegen diesen Entscheid hat der Kläger die Berufung an das Bundesgericht
ergriffen mit dem Antrag auf Gutheissung der Klage.
Der Beklagte hat auf Bestätigung des vorinstanzlichen Urteiles antragen
lassen.
Das Bundesgericht zieht in Erwägung :
1. Die Einrede des Beklagten Verbandes, der Kläger habe sein
Anfechtungsrecht verwirkt, geht jedenfalls insofern fehl, als sie sich auf
die weitere Zahlung der Mitgliederbeiträge seitens des Klägers stützt. In
diesen Zahlungen liegt keine Genehmigung des streitigen Beschlusses.
Der Kläger war zur Entrichtung der Beiträge Personenrecht. N° 53. 317
weiterhin verplichtet, auch wenn der Beitrittsbeschluss statutenwidrig
oder rechtwidrig war. Wollte er diesen Beschluss nicht anerkennen, so
stand es ihm frei, ihn anzufechten, die statutarischen Verpflichtungen
aber blieben für ihn trotz dieses Beschlusses bestehen (AS 34 II
801). Ebensowenig kann sich der Beklagte darauf berufen, der Kläger habe
durch stillschweigen gegenüber der Entscheidung der Verbandsmehrheit
den Willen kund gegeben, diese Entscheidung anzuerkennen. schon Anfangs
Oktober wurde die Klage, die sich gegen diesen Beschluss wendet, beim
'Sühnbeamten angemeldet. Zwischen der Beschlussfassung und der Einleitung
des Sühnverfahrens liegt also nur eine Frist von zirka zwei Monaten;
daraus, dass der Kläger während dieser Zeit nicht geklagt hat, kann
nicht auf einen Genehmigungswillen geschlossen werden.
Fragen könnte sich dagegen, ob nicht das Gesetz, indem es für die
Anfechtung von Genossenschaftsbeschlüssen keine Befristung vorsieht,
eine Lücke aufweise, die der Richter auszufüllen habe, und ob er
nicht zu diesem Behufe Art. 75
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten. |
erklären sollte. Allein auch wenn man diese Frage bejahen, und auch auf
Genossenschaften die einmonatliche Frist des Art. 75 anwenden wollte,
kann doch im vorliegenden Falle die Klage nicht wegen Verspätung
abgewiesen werden. Der Beschluss, in den Gewerkschaftsbund einzutreten,
wurde vom Beklagten nicht in einer Versammlung, sondern in einer von den
Lokalorganisationen vorgenommenen Urabstimmung gefasst. Der Natur der
Sache nach könnte daher die Frist zur Klageerhebung nicht schon mit dem
Abstimmungstage zu laufen beginnen, sondern erst mit dem Zeitpunkte, wo
das Abstimmungsresultat bekannt gemacht wurde, und zwar bekannt gemacht
wurde auf dem in den Statuten, § 18 Ziff. 5, für alle Urabstimmungen
vorgesehenen Wege der Publikation im Verbandsorgan. Es Wäre nun Sache
des Beklagten, der die Einrede der
318 Personenrecht. N° 53.
Verspätung erhebt, gewesen, die Tatsachen zu behaupten und eventuell zu
beweisen, die als Grundlage dieser Verspätungseinrede nötig sind. Er
hätte nach dem oben Gesagten dartun müssen, dass die Publikation des
Abstimmungsresultates mehr als ein Monat vor Klageeinleitung erfolgt sei,
wobei nach der bundesgerichtlichen Praxis für andere im eidgenössischen
Rechte aufgestellte Klagefristen (AS 42 II 101) als Klageeinleitung
die Anhängigmachung im Siihnverfahren betrachtet werden müsste. Eine
solche Behauptung fehlt aber in den Akten. Die Verwirkungseinrede ist
somit nicht genügend substanziiert und es muss materiell auf die Klage
eingetreten werden.
_ 2. Der Kläger ficht den Beschluss des Beklagten, in
den Gewerkschaftsbund einzutreten, in erster Linie wegen
Statutenwidrigkeit an. In dieser Hinsicht ist darauf hinzuweisen, dass
dieser Beitrittsbeschluss als blosser Mehrheitsbeschluss gefasst wurde,
ohne dass dabei die Statuten des Beklagten revidiert worden wären. Das
Bundesgericht hat daher nicht zu untersuchen, ob eine entsprechende
Statutenänderung zulässig wäre, sondern ob sich die Mitglieder gefallen
lassen müssen, dass durch blossen Mehrheitsbeschluss über den Beitritt
entschieden wurde.
Bei Prüfung dieser Frage ist. davon auszugehen, dass der beklagte Verband
durch seinen Beitritt die Statuten des Gewerkschaftsbundes anerkannt und
die daraus für die Mitglieder des Bundes resultierenden Verpflichtungen
übernommen hat. Diese Statuten bringen aber nicht nur eine Bindung des
dem Bunde als Mitglied beitretenden Heizerund Maschinenverbandes mit
sich, sondern auch eine weitgehende persönliche Bindung der Mitgheder
des Beklagten. Hervorzuheben ist insbesondere, dass nach Art. '15 der
Gewerkschaftsbundstatuten die Ml t gl i e d e r der dem Bund angehörenden
Gewerkschaften verpflichtet sind, an Boykotts und Sperren, die vom
Bunde, bezw. seinen Organen verhängt werden, mitzuwirken Die Statuten
des beklagten VerbandesPersonenrecht. N° 53. 319
enthalten diese Verpflichtungen nicht. Sie sehen Boykott und Sperre als
Kampfmittel für die" gewerksohaftlicheu Ziele des Verbandes überhaupt
nicht vor. Den Mitgliedern des Beklagten erwuchsen also mit dem Eintritt
in den Gewerkschaftsbund neue, und zwar sehr bedeutende Verpflichtungen.
Nun gehört aber bei der Gründung einer Genossenschaft zu den wichtigsten
Punkten die Feststellung der Verpflichtungen, die der einzelne Genosse
gegenüber der Genossenschaft auf sich zu nehmen hat. Um hierüber keinen
Zweifel zu lassen bestimmt Art. 680 Ziff. 5 ausdrücklich, dass die
Statuten Bestimmungen über Art und Grösse der von den Genossenschaftern zu
leistenden Beiträge enthalten müssen. Dabei wurde allerdings in erster
Linie an Geldbeiträge gedacht, für andere Leistungen aber muss das
Gleiche gelten. Es wäre nicht verständlich, warum der Gesetzgeber für
Geldleistungen auch kleineren Umfanges dieses Erfordernis aufgestellt,
für andere Leistungen aber, die für den Pflichtigen unter Umständen von
Viel grösserer Bedeutung sein können, davon hätte absehen wollen. Art. 680
Ziff. 5 ist vielmehr lediglich ein Ausfluss des in der Lehre von den
juristischen Personen unbestrittenen allgemeinen Grundsatzes, dass die
aus ihrer Mitgliedschaft den Genossen erwachsenden Verpflichtungen
aus dem Grundgesetz der Korporation, den Statuten. ersichtlich sein
sollen. Dass Art. 71 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 71 - Beiträge können von den Mitgliedern verlangt werden, sofern die Statuten dies vorsehen. |
an dem Gesagten nichts. Die Fassung dieser Bestimmung zeigt deutlich dass
es'sich dabei tatsächlich nur um eine Ausnahme von ganz beschränktem
Anwendungsgebiet handelt, die als solche' den allgemeinen Grundsatz
unberührt lässt. Juristische Personen, Vereine, Aktiengesellschaften,
Genossenschaften können somit von ihren Mitgliedern persönliche
Leistungen, sofern sie Wenigstens von etwelcher Bedeutung sind, nur
verlangen, soweit diese Leistungen in den Statuten vorgesehen sind.
Geht man hievon aus, so war der Eintritt in den
320 Personenrecht. N° 53.
Gewerkschaftsbund mit Rücksicht auf die daraus für die Genossen
entstehenden Verbindlichkeiten statutenWidrig. Der Zwang bei Streiks. und
Sperren mitzuwirken bedeutet für die Mitglieder eine Verpflichtung
von weitestgehender Tragweite, eine erhebliche Beschränkung der
persönlichen Freiheit und der ökonomischen Stellung und durfte ihnen
daher nicht auferlegt werden, wenn nicht die Statuten diese Möglichkeit
vorsahen. Diese Voraussetzung trifft nicht zu. Die Statuten geben dem
Beklagten selber nicht das Recht von seinen Mitgliedern die Teilnahme
an wirtschaftlichen Kämpfen zu verlangen, um so weniger konnte es ihm
zustehen, ihnen eine solche Verpflichtung Dritten gegenüber aufzuerlegen.
Der Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Anwendung
des Art. 15 der Statuten des Gewerkschaftsbundes durch ein zwischen
den Vorständen der beiden Verbände getroffenes Abkommen gemildert
worden sei. Nach diesem Uebereinkommen Wäre ein vom Schweizerischen
Gewerkschaftsbund beschlossenes Kampfmittel für die Mitglieder
des Beklagten nicht verbindlich, wenn es ohne Benachrichtigung des
Beklagten oder gegen seinen Wilien zur Anwendung gebracht wird. Auch
zur statuierung dieser etwas weniger weitgehenden Pflicht war der
Beklagte nicht be-rechtigt. Zudem kann die von den Vorständen des
Gewerkschaftsbundes und des Beklagten errichtete Vereinbarung die
Statutenwidrigkeit des Urabstimmungsbeschlusses schon deswegen nicht
beseitigen, weil ja die Vorstände, ohne dass der Kläger dabei mitzuwirken
hat, jederzeit die Abmachung aufheben können..
3. Verstösst also der Beschluss der beklagten Genossenschaft, in den
Gewerkschaftsbund einzutreten, gegen die Statuten, weil dadurch den
Mitgliedern Verpflichtungen auferlegt werden, mit denen sie auf Grund
eines blossen Mehrheitsheschlusses nicht belastet werden können, so hat
der Kläger schon aus diesem Grunde,
s "-N ***,-WMW
am;Personenrccht. N° 53. 321
und ohne dass geprüft zu werden braucht, ob eine Sta ' tutenverletzung
auch deswegen vorliege, weil der Beitritt die Aufgabe der ss politischen
Neutralität des Beklagten mit sich bringe, oder ob der Beitrittsbeschluss
vor Art. 20
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag OR Art. 20 - 1 Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig. |
|
1 | Ein Vertrag, der einen unmöglichen oder widerrechtlichen Inhalt hat oder gegen die guten Sitten verstösst, ist nichtig. |
2 | Betrifft aber der Mangel bloss einzelne Teile des Vertrages, so sind nur diese nichtig, sobald nicht anzunehmen ist, dass er ohne den nichtigen Teil überhaupt nicht geschlossen worden wäre. |
seine Aufhebung zu verlangen.
Allerdings enthält das OR keine dieses Anfechtungsrecht regelnde
Vorschrift. Dass aber der Anfechtungsanspruch grundsätzlich'besteht,
hat das Bundesgericht schon in seinem Urteil i. S. Blatter gegen
Kuranstalt Affoltern (AS 2411801) festgestellt, zudem hat es in
konstanter Praxis dieselbe Befugnis den Aktionären gegenüber der
Aktiengesellschaft zuerkannt, und endlich ist ja nun auch durch Art. 75
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 75 - Beschlüsse, die das Gesetz oder die Statuten verletzen, kann jedes Mitglied, das nicht zugestimmt hat, von Gesetzes wegen binnen Monatsfrist, nachdem es von ihnen Kenntnis erhalten hat, beim Gericht anfechten. |
ZGB den Vereinsmitgliedern die Anfechtungsklage gewährleistet. Richtiger
Meinung nach wird dabei davon auszugehen sein, dass das einzelne
Mitglied jeden statutenwidrigen Beschluss anfechten kann, weil jedes
Mitglied einen Anspruch darauf hat, dass die Korporation das von ihr
selber geschaffene Grundgesetz beachte. Auf alle Fälle aber, und von
dieser Grundlage gehen die Erwägungen des Bundesgerichts in dem zitierten
Entscheid (AS 24II 801) aus, ist jedes Mitglied berechtigt die Au hebung
eines Beschlusses zu verlangen, der seine Sonderrechte oder allgemeine
aber unentziehbare Mitgliedschaftsrechte verletzt. Im vorliegenden Falle
nun trifft auch diese weitergehende Voraussetzung zu. Da nach den oben
gemachten Ausführungen die Regelung der Leistungspflicht der Genossen
durch die Statuten eine notwendige Grundlage der genossenschaftlichen
Vereinigung ist, kann auch keine Rede davon sein, dass den Genossen
der hieraus abgeleitete Anspruch darauf, dass ihre Verpflichtungen
nicht über die Statuten hinweg erweitert werden, entzogen werden dürfe
(GIERKE Genossenschaftstheorie, S. 297).
Fragen könnte sich einzig noch, ob die Wirksamkeit der Anfechtungsklage
nicht auf das Verhältnis des
322 l-'ersoncurecht. N° 54 .
Klägers zum Beklagten begrenzt werden, für die Genossen aber, die damit
einig gehen, der Beschluss aufrecht erhalten bleiben soll. Auch hievon
kann jedoch in casa nicht die Rede sein, weil der Beschluss seiner
Natur nach nur gegenüber allen Genossen oder aber dann überhaupt keine
Wirksamkeit haben kann.
Demnach erkennt das Bundesgericht .'
Die Berufung wird begründet erklärt und die Klage zugesprochen. '
54. Arrét de la IIme Section civile du 27 Octobre 1920, dans la cause
Commune d'Avry-clevant Pont contre Fragniére et consorts.
F o n d a t i o n: Fondation mixte en Îaveur, d'une part, d'une ceuvre
de bienfaisance et, d'autre part, de la famille du fon-
dateur ; conséquences du défaut d'inscription, dans les 5 ans -
dès l'entrée en Vigueur du code civil suisse.
A. Jean Leclerc, décédé en 1883, a laissé un testament date du 28
septembre 1871 par lequel il léguait la jonissance des intéréts de ses
hiens : ses frères et soeurs. novena, petits-neveux et arriéres petits
neveux; après la jouissance ainsi léguée, il jnstituajt héritier de
tous _ses biens le rentier des pauvres de la commune d'Avry-devantPont
ou un orphelinat établi par la commune ; il désignaii' comme cxécuteur
testamcntaire la Justice de Paix du ime cercle de la Gruyère ou un
curateur qu'elle nommerait et qui serait charge de percevoir les intérèts
et de les dislrihuer conformément à ce qui precede.
Tous les frei-es de Jean Leclerc sont decedes avant lui; par contre sa
soeur Nanette lui a survécu; les demandeurs au present procès sont ses
petits enfants eiPersonenrecht. N° 54. 323
arrières petits-enfants, par conséquent les petits-neveux et
arrières-petits-neveux de Jean Leclerc.
En aoùt 1884151 comune d'Avry devant Pont a ouvert action aux hoirs
Leclerc pour faire prononcer que le legs d'usufruit devait étre limite aux
enfants nes ou concus à l'époque du déeès de Jean Leclerc. Devant le Juge
de Paix de Vuippens les défendeurs ont reconnu que ce legs de'ait etre
limite aux dfficendants des légataires actuels qui étaient nes ou concus
lors du décès de Jean Leclerc. Cette declaration a mis fin au preces.
Le 20 mai 1884 le Grand Conseil a approuvè sous räerve de tous droits,
la fondation Leclerc en faveur des pauvres de la commune d'Avry-devant
Pont. En 1904, la Justice de Paix de Vuippens étant entrée en conflit avec
lacommune d'Avry et ayant refusé de continuer à désigner les curateurs
prévus par le testament, le Conseil d'Etat a nommé le Crédit gruyérien
administrateur des hiens de la fondation Leclerc. Actuellement ces hiens
sont ger és par la Banque de l'Etat de Fribourg.
B. Jusqu'à la fin de 1915 les revenus de la kondation Leclerc ont été
distribués chaque année entre les intéressés. A partir de cette date la
commune d'Avry a contesté aux demandeurs tous droits à ces revenus.
Par citation en conciliation du 12 septembre 1917 et demande du 29 janvier
1918, les demandeurs ont ouvert action à la commune d'Avry, en sa double
qualité d'héritière et d'administratrice des biens de Jean Leclerc et
éventuellement comme représentante de la fondation Leclerc, en concluant
a ce qu'il soit pronunce qu'ils ont droit à l'usufruit impose à titre de
charge ou qui leur a été légué, que par conséquent la commune doit leur
faire parvenir la répartition annuelle dont ils ont été privés dès 1916
et qu'elle doit leur fournir le compte exact des répartitions antérieures
et actuelles et leur rapporter les répartitions non touchées pendant les
5 dernières années. lls soutiennent qu'ils ont droit à ces revenus soit
en qualité de légataires, soit comme bénéficiaires de la fondation