494 Obligationenrecht. N ° 62.

Par ces motifs, le Tribunal fedéral p r o n o n c e :

Le recours par voie de junction du demandeur est éearté.

Le recours principal est admis et l'arrét attaqué est reforme dans le
sens suivant : Il est donné acte an demandeur de l'offre de la banque
défenderesse de lui payer la somme de 161 fr. ; cette somme porte intérét
à 2 1/2 0/0 du 30 juin 1911 an 28 septembre 1911 et a 5 ° /0 dès cette
date; pour le surplus, les conclusions du demandeursont écartées.

62. Urteil der I. Zivila'eteilung vom 4. Juli 1915 i. S. der Basler
Droschkenanstalt Settelen, Klägerin, gegen Treu, Beklagten

Art. 55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
OR. Begriff des Geschäftsherrn f: er umfasst nicht nur
die einem Geschäftsbetriebe (jn Handel, Industrie oder Gewerbe)
vorstehenden Personen. Begriff des Angestellten : er setzt kein
wirkliches Dienstvertragsverhältnis voraus. Die von einem Betriebsinhaber
einem Privaten zur Verfügung gestellte Hülfsperson kann Angestellter
des letztern sein. S cha d en s b em es s u ng: Das Verschulden des
Angestellten ist als Erhöhungsgrund zu berücksichtigen. Anwendbarkeit
des Art. 43
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 43 - 1 Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat.
1    Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat.
1bis    Im Falle der Verletzung oder Tötung eines Tieres, das im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten wird, kann er dem Affektionswert, den dieses für seinen Halter oder dessen Angehörige hatte, angemessen Rechnung tragen.27
2    Wird Schadenersatz in Gestalt einer Rente zugesprochen, so ist der Schuldner gleichzeitig zur Sicherheitsleistung anzuhalten.
OR.

1. Der Beklagte, Kaufmann Ludwig Treu in Basel. ist Besitzer eines
Automobile. Zu dessen Bedienung hat er seit Frühjahr 1912 häufig den
1895 geborenen Hermann Brunner verwendet, der als Automobihnechaniker bei
den Gebrüdern Bader, Inhaber einer Auto Garage und Reparaturwerkstätte,
die Lehrzeit machte und von ihnen jeweilen dem Beklagten zur Verfügung
gestellt wurde. Seit dem 7. Juni 1913 besass Brunner eine polizeiliche
Fahrbewilligung zur Führung speziell des dem

Obligationenrecht. N° 62. 495

Beklagten gehörenden Autos. Laut Feststellung der Vorinstanxen vertraute
der Beklagte das Auto nicht oder nur selten Brunner allein an, sondern
sass in der Regel, wenn Brunner lenkte, neben ihm.

Am, B.;Noszember 191-3,ssabends zwischen 9 und 10 Uhr, liess der Beklagte
einen Bekannten, Pfarrer Brefin, in Begleitung seines Bruders Erwin Treu
durch Brunner als Chauffeur nach dem Bundesbahnhof Basel führen. Das
Auto fuhr den Spalenring hinauf und holte einen in gleicher Richtung
fahrenden Tram ein. Brunner wollte diesem links verfahren, als ihm in
entgegengesetzter Richtung ein anderer Tram und ein Omnibus des Hotels
Drei Könige, beide ungefähr in gleicher Entfernung, entgegenfuhren. Der
Omnibus gehört der Klägerin, der Basler Drosehkenanstalt und wurde von
zwei ihrer Pferde gezogen. Als der Fuhrmann d rs Auto rasch auf sich
zukommen sah, riss er die Pferde nach rechts herum, so dass das eine und
der halbe Wagen auf das Trottoir zu stehen kamen. Brunner stoppte das
Auto nicht rechtzeitig, sondern fuhr zu, indem er, wie die Vorinstanzen
annehmen, entweder den Kopf verloren oder irrtümlicherweise geglaubt
hatte, zwischen Tram und Omnibus hindurchgelangen zu können. Es kam zu
einem Zusammenstoss, durch den das Sattelpferd töilich verletzt und der
Omnibus beschädigt wurde. In der Folge verurteilte das Polizeigericht
Braun-r wegen Verletzung der Fahrordnung zu 20 Fr. Busse.

Im vorliegenden Prozesse belangt die Klägerin den Beklagten auf Ersatz
des erlittenen Schadens, den sie auf 2038 Fr. bezifi'ert hat, wovon
1937 Fr. auf den Verlust des Pferdes samt tierärztlicherBehandlung und
51 Fr. auf die Bes-sihàdigung des Wagens entfallen. Vom eingeklagten
Betrag fordert sie keiner Verzugszins zu 5 % seit dem 10. Februar 1914
(Betreibungshegehren). In rechtlicher Beziehung h xt sie zur Begründung
der Klage auf den Art, 55 OR abgestellt.

Das Zivilgen'cht von Basel-Stadt hat die Klage am

496 Obligationenrecht. N° 62.

20. Januar 1915 in der Höhe von 1200 Fr. gutgeheissen. Es hält zwar
den Art. 55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
OR für unanwendbar, da der Beklagte nicht Geschäftsherr
Brunners gewesen sei. Dagegen bejaht es seine Ersatzpflicht auf Grund
des von ihm nicht ausdrücklich angerufenen Art. 41
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
OR, wenn sie sich
auch nicht auf den vollen, 1738 Fr. betragenden Schaden erstrecke,
da ihn nur ein leichtes Verschulden treffe.

Das Appellationsgericht hat dagegen mit Urteil vom 9. März 1915 die
Klage gänzlich abgewiesen, indem es die Anwendbarkeit des Art. 55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
OR
ebenfalls verneinte und zwar weil kein Dienstverhältnis zwischen dem
Be-klagten und Brunner bestanden habe, und indem es, was den Art. 41
anlangt, ein Verschulden des Beklagten als nicht nachgewiesen'ansah.

Vor Bundesgericht hat nunmehr die Klägerin ihr Klage-begehren erneuert,
eventuell Wiederherstellung des zivilgerichtlichen Entscheides verlangt.

2. Der Art. 55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
OR trifft auf den vorliegenden Tatbestand zunächst insoweit
zu, als der Beklagte Geschäftsherr im Sinne dieses Artikels gewesen
ist. Dass die Automobilfahrt, bei der sich der Unfall ereignete,
keinem beruflichen, sondern einem privaten Zwecke des Beklagten
diente, tut nichts zur Sache. Der gesetzliche Ausdruck Geschäftsherr
umfasst. nicht nur die einem Geschäftsbetriebe (in Handel, Industrie oder
Gewerbe) vorstehenden Personen, wie dies der Beklagte, unter Hinweis
auf ancnnannr, Zeitschrift für schweizerisches Recht, 22 S. 541 (l.,
-ebenso USER. Kommentar, S. 231, II., l und BECKER, Kommentar, S. 239,
II., 1, behauptet. Indem das Gesetz vom Geschäftsherrn spricht, will
es nicht sowohl die Tätigkeit, die zu einer Haltbarkeit aus Art. 55
Anlass geben kann, besonders qualifizieren und von andern abgrenzen,
sondern den Haitbaren in der Person dessen bezeichnen, für'den als
Geschàitsherrn und auf dessen Betreiben ein bestimmtes Geschäft besorgt
wird. Der BegriffObligationenrecht. N° 62. 497

deckt sich insoweit im allgemeinen mit dem commettant des Art. 1384
Abs. 3 des Code Civil, welche Bestimmung, wie das Bundesgericht schon
früher ausführte (BGE 33 II S. 156), für den Art. 62 aOR als Vorbild
diente (vergl. dagegen BGE 30 II S. 435/36, woselbst aber mit der engem
französischen Fassung maître ou patron des Art. 62 aOR argumentiert
wird). Diese weitere Auslegung des Ausdruckes Geschäftsherr entspricht
ebenso gut, wie die engere, einer seiner Wortbedeutungen und sie wird
auch dadurch gestützt, dass nun der Art. 55 (anders als der Art. 62
aOR) neben den geschäftlichen auch dienstliche Verrichtungen als
solche erwähnt, aus denen sich eine Haftung ergeben kann und dass sein
französischer T ext an Stelle der Wendung maître ou patron des Art. 62
aOR den allgemeinen Ausdruck employeur enthält. Entscheidend aber ist,
dass die genannte Auslegung allein dem gesetzgeberischen Zwecke und
den praktischen Bedürfnissen zu genügen vermag. Der Gedanke, den der
Art. 55 im Rechtslehen zur Geltung bringen will, besteht darin, dass,
wer eine Besorgung zu seinem Nutzen durch einen andern verrichten lässt,
(unter bestimmten Voraussetzungen und in bestimmtem Umfange) auch das
Risiko für den schaden tragen soll, der Dritten aus der Verrichtung durch
die Hülisperson erwächst Hiernach kann es jedoch nicht darauf ankommen, ob
die Verrichtung zur Ausübung beruflicher Tätigkeit, namentlich solcher des
Handels oder Gewerbes gehöre, oder ob sie sonstigen, namentlich häuslichen
oder gesellschaftlichen Zwecken diene. Sodann kann es auch nicht die
Meinung des OR als eines das gemeine Recht regelnde-n Gesetzes sein,
nur die einen Beruf ausübenden Personen der durch den Art. 55 geordneten
Haftung zu unterstellen. Eine solche einsehränkende Auslegung müsste zu
einer Verschiedenheit in der Behandlung führen, die als Verstoss gegen
das Rechlsgekiihl empfunden würde und die Gesetzgebung als lückenhatt
erscheinen liesse. So wäre z.B. ein kleiner

498 Obiigafiauemecht. N? 32.

Fnh rhalter oder ss ein Kleinbauerssss dessen Leute beim Fuhrwerkbetrieb
jemanden schädigen, haftbar, während sich der Besitzer einer
herrschafflic'hen Kutsche oder eines Luxusautomohils,dessen Angestellter
eine solche Schädigung verursacht, der Verantwortlichkeit entschlagen
könnte. Tatsächlich hat denn bereits die bisherige Rechtssprechung des
Bundesgerichtes auch ausserberufliche Verrichtungen der Haltung des
Geschäftsherrn unterstellt, so namentlich in den Fällen der Erben Pur
gegen Lang (BGE 24 II S. 867 ff.) und Rosenhand gegen Fischer (BGE 30
II S. 435
Erw. 4). Mit dieser weitem Auslegung des Gesetzes billigt man
lediglich den Rechtsznstand, wie er in Frankreich kraft der erwähnten,
dem OR zu Grande gelegten Bestimmung des Code Civil seit jeher in Geltung
ist und wie ihn auch der deutsche Gesetzgeber durch § 831 DBGB als den
Lebensbedürfnissen entsprechend anerkannt hat.

3. Im fernem muss der Mechanikeriehrling Brunner, der den Unfall
verursachte, als Angestellter des Beklagten im Sinne des Art. 55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
OR
gelten. Mit Unrecht glaubt das die Vorinstanz verneinen zu sollen,
weil Brunner in keinem Dienstverhältnisse zum Beklagten gestanden
habe, was die Voraussetzung einer Haftung aus dem Art. 55 bilde. Der
Begriff des Angestellten ist hier nicht im rechtlichen, sondern
im wirtschaftlichen Sinne aufzufassen Erforderlich ist nicht, dass
formell ein wirklicher Dienstvertrag zwischen Geschäftsherrn und
Angestelltem bestehe, sondern nur, dass die VerAchtung-nach aussen
als das Geschäft jenes. als auf seinem Willen und seinen Weisungen
beruhend und unter seiner Ausssicht erfolgend, sich darstellt und der
dabei durch den Ausführenden verursachte Schaden als mittelbar v in
ihm veranlasst erscheint. Auf diese tatsächliche Beschaffenheit und
Wirkung der Verrichtung im Verhälnis nach aussen, gegenüber dem durch
sie Geschädigten, kommt es an, nicht darauf, auf Grund welcher Rechts--

Obügationenrecht. N° 62, 499

beziehungen zwisehen Geschäftsherrn und Angestelltem sie sich vollzieht
(vergl. den angeführten Bundesgerichtsentscheid, 33 II NO 18 Erw. 7
und 8).

_ Im gegebenen Falle steht zunächst ausser Zweifel, dass Brunner
Hülfsperscn war und nicht selbständiger Unternehmer, der kraft
eigener Entschliessung und, in Hinsicht auf eine mögliche Schädigung
Dritter, lediglich auf seine Verantwortlichkeit handelt. Das von der
Vorinstanz angeführte Beispiel der Beförderung des Fahrgastes durch den
Droschkenkutscher (der seinen Beruf selbständig ausübt) lässt sich daher
nicht zur Vergleichung beiziehen. Fragen kann sich nur, ob Brunner während
der Zeit, da er jeweilen das Automobil des Beklagten zu bedienen hatte,
dessen Hülksperson geworden oder ob er auch in-soweit solche seiner
Prinzipale, der Gebrüder Bader, geblieben sei, Nach den Umständen
ist das erstere anzunehmen und also die Stellung, in die Brunner zum
Beklagten getreten ist, als ein Subordinationsverhältnis im erwähnten
Sinne aufzufassen kraft dessen der Beklagte eine hinreichende Befehl-sund
Aulsichtsgewalt erlangte, um seine Beziehungen zu Brunner als die des
Geschäftsherm zum Angestellten erscheinen zu lassen, Brunner hatte seine
Chaui'ieurdienste für den Beklagten in regelmässig wiederkehrende-r
Weise und in Betreff des dem Beklagten gehörenden Automobils zu
verrichten. Zu diesem Zwecke war ihm eine amtliche Fahrbewilligung
ausgestellt werden, die sich auf die Ermächtigung zur Führung dieses
Automobils beschränkte. Letzterer Umstand und die Minderjährigkeit des
Konzessionärs rechtfertigt ,die Annahme, die Polizeibehörde habe ihn
noch nicht als voll ausgebildeten, die Verantwortlichkeit für sein
Tun ausschliesslich tragenden Fahrer gelten lassen wollen, sondern
vorausgesetzt, der Eigentümer werde das noch erforderliche Mass an
Aufsicht auf-wenden Im übrigen braucht auf die Frage nicht näher
eingetreten zu werden, welchen Einfluss der Umstand, dass der von einem

A* M Il HMS 33

500 Obligationenrecht. N° 62.

Unternehmer zur Verfügung gestellte Arbeiter Angestellter des Bestellers
wird, auf die sonst gegebene Haftung des Unternehmers aus Art. 55 ausübe.

4. Der Beklagte haftet hiernach als Geschäftsherr, sofern er den ihm
durch Art. 55 gewährten E u tla s t u n g s b e w e i s nicht erbracht,
also nicht dargetan hat,ssdass er alle zur Vermeidung des Unfalles
erforderliche Sorgfalt angewendet habe. Nach den obigen Ausführungen
war nun Brunner als Chauffeur noch der Ueberwachung bedürftig. Trotzdem
hat ihn des Beklagte die zur Nachtzeit in einer verkehrsreichen Stadt
vorzunehmende Fahrt unbeaufsiehtigt ausführen lassen, da Erwin Treu,
der neben Brunner sass, laut Feststellung der Vorinstanz sich auf
das Lenken nicht verstand. Schon von dieser Erwägung aus muss der
Entlastungsheweis als gescheitert gelten. Hätte aber auch der Beklagte
Brunner das Automobil allein anvertrauen dürfen, so wären dann doch eine
Ermahnung und zweckdienliehe Instruktion von nöten gewesen, namentlich was
das rasche. Fahren und das Uehcrholen anderer Fuhrwerke anlangt. In die-

ser Beziehung ist ein Beweis überhaupt nicht angetreten"

worden.

5. Der der Klägerin zugefügte s c h ad e n bemisst sich nach verbindlicher
Feststellung der ersten Instanz auf zusammen 1738 Fr., wovon 1675 Fr. den
Verlust des Pferdes und die tierärztliche Rechnung und 51 Fr. die Kosten
für die Reparatur des Wagens betreffen.

Doch kann der Beklagte nicht für den vollen Schadensbetrag ersatzpfliehtig
erklärt werden. Da Brunner sich vorher als zuverlässig gezeigt hatte
und in der Führung von Automobileu bereits eine erhebliche Erfahrung und
Sachkunde, wenn auch noch nicht volle Fachtüchtigkeit besass, darf man in
der Unterlassung seiner Beaufsichtigung nur eine leichte Fahrlässigkeit
erblicken. Anderseits ist freilich mit der Vorinstanz anzunehmen, dass
der Unfall durch eine Unvorsichtigkeit Brunners, die sich als erhebliches
Verschulden darsteilt, verursacht wurde, und diesesObligatiouenrecht. N°
63. 501

Verschulden muss der Beklagte bei der Entschädigungsbemessung als
Erhöhungsgrund gegen sich gelten lassen (vergl. z.B. BGE 35 II s. 222,
Osan, Komm. S. 232 IV.

_2 und BECKER, Komm. S. 243, IV.). Wägt man beide

Momente gegen einander ab und berücksichtigt man alle sonstigen Umstände
des Falles, so scheint in Anwendung von Art. 43
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 43 - 1 Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat.
1    Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat.
1bis    Im Falle der Verletzung oder Tötung eines Tieres, das im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten wird, kann er dem Affektionswert, den dieses für seinen Halter oder dessen Angehörige hatte, angemessen Rechnung tragen.27
2    Wird Schadenersatz in Gestalt einer Rente zugesprochen, so ist der Schuldner gleichzeitig zur Sicherheitsleistung anzuhalten.
OR eine Belastung
des Klägers mit rund 2/3 des Schadens, also dem von der untern Instanz
zuerkannten Betrage von 1200 Fr. als den Verhältnissen angemessen. Nebst
dieser Summe sind mit der ersten Instanz Verzugszinsen zu 5 % vom
10. Februar 1914 (Anhebung der Betreibung) an zuzusprechen.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt :

Die Berufung wird unter Aufhebung des angefochtenen Urteils dahin
begründet erklärt, dass der Beklagte der Klägerin eine Entschädigung
von 1200 Fr. samt Zins zu 5% seit dem 10. Februar 1914 zu bezahlen hat.

63. Arrèt de la IIe section civile dv. 8 juillet 1915 dans la cause
Société de l'Industrie des Hòtels contre Société du Grand Garage Cuénod
& Ci".

Art. 55 CO. Responsabilité d'un tenancier de garage d'automobiles pour
le dommage cause par son personnel. Nature de cette responsabilité :
cura in eligendo, in custocliendo et

in instruendo .

A. Le 3 décembre 1912, sur la Place des Alpes à Genève, un omnibus
automobile apppartenant a la Société de i'Iudustrie des Hötcls de
Genève, partie demanderesse et recourante, est entre en eollision avec un
taxiauto, propriété de la Société du Garage Cuénod & Cie défenderesse et
intimée à Genève, lequel était conduit par an ehaull'eur du nem d'Antoine
Bouchard. Son omnibus-
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 41 II 494
Datum : 04. Juli 1915
Publiziert : 31. Dezember 1915
Quelle : Bundesgericht
Status : 41 II 494
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 494 Obligationenrecht. N ° 62. Par ces motifs, le Tribunal fedéral p r o n o n c


Gesetzesregister
OR: 41 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 41 - 1 Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
1    Wer einem andern widerrechtlich Schaden zufügt, sei es mit Absicht, sei es aus Fahrlässigkeit, wird ihm zum Ersatze verpflichtet.
2    Ebenso ist zum Ersatze verpflichtet, wer einem andern in einer gegen die guten Sitten verstossenden Weise absichtlich Schaden zufügt.
43 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 43 - 1 Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat.
1    Art und Grösse des Ersatzes für den eingetretenen Schaden bestimmt der Richter, der hiebei sowohl die Umstände als die Grösse des Verschuldens zu würdigen hat.
1bis    Im Falle der Verletzung oder Tötung eines Tieres, das im häuslichen Bereich und nicht zu Vermögens- oder Erwerbszwecken gehalten wird, kann er dem Affektionswert, den dieses für seinen Halter oder dessen Angehörige hatte, angemessen Rechnung tragen.27
2    Wird Schadenersatz in Gestalt einer Rente zugesprochen, so ist der Schuldner gleichzeitig zur Sicherheitsleistung anzuhalten.
55
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 55 - 1 Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
1    Der Geschäftsherr haftet für den Schaden, den seine Arbeitnehmer oder andere Hilfspersonen in Ausübung ihrer dienstlichen oder geschäftlichen Verrichtungen verursacht haben, wenn er nicht nachweist, dass er alle nach den Umständen gebotene Sorgfalt angewendet hat, um einen Schaden dieser Art zu verhüten, oder dass der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.30
2    Der Geschäftsherr kann auf denjenigen, der den Schaden gestiftet hat, insoweit Rückgriff nehmen, als dieser selbst schadenersatzpflichtig ist.
BGE Register
24-II-867 • 30-II-429 • 33-II-150 • 35-II-216
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • brunnen • automobil • schaden • vorinstanz • bundesgericht • pferd • wille • unternehmung • erste instanz • weiler • chauffeur • frage • entscheid • handel und gewerbe • weisung • bewilligung oder genehmigung • basel-stadt • munition • wirkung
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