866 Civilrechtspflege.

Versuch gemacht hat und offenbar auch nicht machen konnte -si darzuthun,
welches andere Geschäft, wenn nicht das anerkanntermassen von ihm
betriebene Vordellgeschäft, denn von ihm verkauft werden wollte; und
dazu kommt verstärkend noch der Umstand dass der Kläger zugleich mit
dem Geschäft und Mobiliar das Hansin dem er sein Gewerbe Betrieben,
der Beklagten verkauft hat. '

· 4. Die vom Kläger eventuell erhobene Replik der Arglist die damit
begründet wird, es liege eventuell auf beiden Seiten turpttudo vor,
und nun könne sich die Beklagte nicht aus ihreetgene Unsittlichkeit
stützen kann selbstverständlich nicht geschützt werden, schon deshalb
nicht, weil einem unsittlichen Rechtsgeschäfte nach Art. 17 O.-R. der
Rechtsschutz von Amtes wegen versagt werden muss; das Recht sieht
derartige Rechtsgeschäfte schlechtweg als ausser feinem Bereiche
stehend an (vgl. Urteil d. B.-G. i. SJohl gegen Thoma, er. S. XX, S. 234
Erw. ?). Aus demselbenvGrunde muss auch die Einrede des Verzicht-Z ohne
weiteres abgewiesen werden. Diese beiden Einreden könnten nur im Falle
der Ruckforderung des bereits gezahlten durch die Beklagte wirksam werden.

5. Nach dem in Erwägung 2 und 3 aus efi rten er ' der ftreitige Kauf als
uichtig, soweit er das ICfJestchäftit bessiestit und da der Kaufpreis für
das Mobiliar nicht etwa speziell aus: gesetzt worden ist und überhaupt
ein selbständiger Kauf über das Mobiltar nicht stattgefunden hat, kann
dieser Teil des Kaufes nicht etwa als gültig aufrecht erhalten werden,
sondern der Vertrag tstnm seinem ganzen Umfange als nichtig zu erklären,
und demgemass die Klage-, in Bestätigung des angefochtenen Urteils im
ganzen Umfange abzuweisen. ss

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und somit das Urteil des
Appellationsund Kassationshofes des Kantons Bern vom s. September 1898
in allen Teilen bestätigt.V. Ohligationenrecht. N° 100. 86?

100. Urteil vom 17. Dezember 1898 in Sachen Erben Pur gegen Lang.

Art. 50 fi". 0. R.. speziell Art. 52, 65 amd Art. 62. Begrenzung des
UML-funge: des Art. 65. Fahrlässigkeit eines Kutschen. e Erforderliche
Sorgfalt des Geschd/Wherm, Art. 62. Mitversck-ulde-n des Verletzten,
Art. 51 Abs. 2. Ersatzberechäigte Personen nach Art. 52 ; Stiefkiaed'
des Getöäeten.

A. Durch Urteil vom 10. September 1898 hat die Appellationskammer des
Obergerichtes des Kantons Zürich die Klage abgewiesen. '

B. Gegen dieses Urteil haben diesKläger die Berufung an das Bundesgericht
erklärt, mit dem Antrag, die Klage sei in vollem Umfange gutzuheissen,
eventuell die Entschädigung nach richterlichem Ermessen festzusetzen
Weiter eventuell, sofern nicht als erwiesen angesehen werden sollte, dass
Pur einen Taglohn von 5 Fr. und bei Akkordarbeit einen Tages-verdienst von
6 Fr. 50 Cfs. bis 7 Fr. gehabt habe, seien die Akten an die Vorinstanz
zurückzuweisen, mit dem Auftrage, den vor den kantonalen Justanzen
angetragenen Beweis durch Einvernahme der Gebr. Dietrich zu erheben.

In der heutigen Hauptverhandlung erneuert der Vertreter der Kläger
seine schriftlich gestellten Bernfuugsanträge. Der Anwalt des Beklagten
beantragt Verwerfung derselben und Bestätigung des angefochtenen Urteils.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. J. Ch. Pur, von Ried, Tyrol, geb. 22. Januar 1849, Vater der Kläger
1 3, Ehemann der Klägerin Nr. 5 Und Stiesvater der Klägerin Nr. 4,
wurde am 13. März 1897, abends zwischen 7 und 7 % Uhr an der Stelle,
wo die Poststrasse und Bahnhosstrasse in Zürich sich kreuzen, zwischen
den Tiefenhösen und dem Centraihof von dem Fuhrwerk des Bektagten
überfahren. Er erlitt dabei einen Oberschenkelbruch, an dessen Folgen
er am 1. April 1897 starb. Die Kutsche war mit zwei Pferden bespannt
und vom Kutscher des Beklagten, Pius Albas-, geleitet, der am Tage vor
dem Unsall bei dem Beklagten in

868 Civilrechtspflege.

Dienst getreten war. In der Kutsche befanden sich der Beklagte und seine
Frau nebst den Eheleuten Piccard. Wegen des Unfalles wurde gegen Albus
strafrechtliche Untersuchung eingeleitet, dieselbe jedoch durch Verfügung
vom 17. Mai 1897 von der Staatsanwaltschaft mit der Begründung sistieri,
über das Tempo, in welchem gefahren worden, seien verschiedene Angaben
gemacht worden, es scheine aber, dass dasselbe kein überinässiges gewesen
sei, wenigstens haben die Pferde sofort angehalten werden können. Der
Unfall sei vielmehr auf Unachtsamkeit des Getöteten zurückzuführen,
der plaudernd, und ohne aufzupafsen, seines Weges gegangen sei. Mit
Weisung vom 16. Februar 1898 forderten die Kläger (Nr. 1 3 geboren
am 2. März 1892, 26. August 1893 und 10. Mai 1895, Nr. 5 geboren am
28. Oktober 1858, und Nr. 4 Tochter der Klägerin Nr. 5 aus erster Ehe
geboren 1882) vom Beklagten die Summe von 14,000 Fr. nebst Zins zu
5 0/0 seit 1. April 1898, indem sie sich auf Art. 50 ff., speziell
Art. 62 SDA}? stützten und behaupteten, durch den vom Kutscher des
Beklagten verursachten Unfall haben sie ihren Versorger verloren. Der
Beklagte bestritt jede Ersatzpflichh da er alle erforderliche Sorgfalt
angewendet habe, der Unfall übrigens auch nicht durch eine Fahrlässigkeit
seines Kutschers, sondern durch eigene Uuachtsamkeit des Getöteten
verursacht worden sei. Die erste Instanz hiess die Klage im Betrage
von 2000 Fr. gut, die zweite wies sie dagegen gänzlich ab, weil Albus
sich weder einer objektiv noch subjektiv widerrechtlichen Handlung
schuldig gemacht, eventuell der Beklagte den Beweis geleistet habe,
dass alle erforderliche Sorgfalt von ihm angewendet worden sei. 2. Die
den kantonalen Urteilen zu Grunde gelegte Thatfache, dass J. Ch. Pur an
dem obgenannten Tage von den, an. den Landauer des Beklagten gespanntem
im Laufe begriffenen Pferden desselben zu Boden geworfen worden ist,
und dabei einen Oberschenkelbruch erlitten hat, der zu seinem Tode
führte, ist nicht bestritten. Vor erster Instanz hat zwar der Beklagte,
im Widerspruch mit den Zeugenaussagen, geltend gemacht, Pur sei zu Boden
gefallen, bevor er mit den Pferden in Berührung gekommen, allein diese
Behauptung scheint vor zweiter Instanz, nach der Begründung ihres Urteils,
nicht mehr festgehalten worden zu sein, und ist auch heute nicht wieder
aufgenommen worden.V. Obiigationem'echt. N° 100. 869

Streit herrscht zwischen den Parteien vielmehr nur/WHEEL (SB __ }
jene Verletzung des Pur und damit dessen Tod verursacht worden sei
durch ein Verschulden des Kutscher-s Albus bezw. des Veklagten selbst,
oder ob dieselbe nicht dem eigenen Verschulden des Pur, oder doch einem
vom Beklagten nicht zu vertretenden Um' nde uu reiben ei. _ WB. man? RW
hasben sich die Kläger zur Begründung ihres Anspruchs nicht auf Art. 65
O.-R. berufen-, wonach sur Schaden, welcher ein Tier anrichtet, der
Haltet desselben haftet, wenn er nicht beweist, dass er alle erforderliche
Sorgfalt m der Verwahrung und Beaufsichtigung desselben angewendet vhabez
Denn Art. 65 O.:ZR. beschlägt nur den Schaden, den einTier aus eigenem
Antriebe verursacht hat. Jst das Tier durch eine Person zur Anrichtung des
Schadens angetrieben, bezw. der Schaden durch die Art und Weise, wie das
Tier von einer Person benutzt worden ist, verursacht worden, so haftet
diese Person, sofernathr ein Verschulden zur Last fällt, gemäss Art. 50
ff. als Thater, und eventuell, nach Massgabe von Arn 62 O.-R.', deren Ge-·
schäftsherr. In casu gehen nun die Parteien darin einig, dass die Pferde
des Beklagten nicht etwa durchgegangen send, oder durch Aus-schlagen
den Pur verletzt haben, sondern mit der vom Kutscher Albus gewollten
Schnelligkeit gelaufen sind. Ebenso herrscht darüber kein Streit,
dass Albus der Angestellte des Beklagten war, und dass die Lenkung des
beklagtischen Fuhrwerkes zu semenageschäftlichen Verrichtungen im Sinne
des Art. 62 OxR gehorte 4. Was nun die Frage anbelangt, ob dem Kutscher
Rlbus eine rechtswidrige und schuldhafte Handlung zur Last falle-, ;D
kann hier dahingestellt bleiben, ob für die Haftung des Geschaft ... herrn
nach Art. 62 O-R. nur widerrechtliche Schadenszufuglung erfordert werde,
oder ob auch ein Verschulden des Angeste tens, bezw. die subjektive
Voraussetzung der Verantwortlichkeit aau. Art. 50 O-R in der Person
des Handelnden vorliegen musse. Denn im Gegensatz zu der Auffassung
der Vor-instaan rntusz den; Kutscher Albus in der That ein-Verschulden
zur ...a] ge eg werden. Nicht entscheidend kann hiebei fem, dassHAlbus
wean Übertretung des in der allgemeinen Polizeiverorvnung sur t; Stadt
Zürich ausgesprochenen Verbotes des zu schnellen Fuhren nicht bestraft,
und die gegen ihn angehobene Strafuntersuchung

870 Civilrec-htspflege.

wegen fahrlässiger Tötung deshalb sistiert worden ist, weil ihm
ein strafrechtliches Verschulden nicht zur Last falle. Denn wenn
auch die Anklagebehörde des Kantons Zürich gefunden hat, dass-. das
Untersuchungsergebnis nicht genüge, um eine Anklage gegen Albus wegen
fahrlässiger Tötung zu begründen, so schliesst das nicht aus, dass die
Civilgerichte in seinem Verhalten ein civilrechtliches Verschulden
erblicken können, indem eine solche Sistierungsverfügung für die
Civilgerichte in keiner Weise massgebend ist Und was die Polizeiverordnung
der Stadt Zürich betrifft, so ergibt sich aus den Akten überhaupt nicht,
dass der zuständige Polizeibeamte sich mit der Frage, ob dem Albus eine
Übertretung jener Vorschrift zur Last falle, beschäftigt habe, indem der
über den Unfall erstattete Polizeirapport eine Denunziation in dieser
Richtung nicht enthielt. Die Civilgerichte haben daher durchaus frei
und selbständig zu untersuchen, ob den Albus ein Verschulden treffe. Die
Vorinstanz verneint die Frage, weil nicht gesagt werden könne, dass Albus
an jenem Abend zu schnell gefahren seiAus der von ihr festgestellten
Thatsache, dass Albus auf einer Strecke von 800 Meter hinter einem
einspännigen, allerdings leeren, Bruggwagen gefahren sei, und dass es ihm
sofort, nachdem er des Pur ansichtig geworden, gelungen sei, die Pferde
anzuhalten, in Verbindung mit dem Umstande, dass die Stadtpolizei ihm
keine Busse auferlegt habe, ergebe sich, dass die Fahrgeschwindigkeit
des beklagtischen Fuhrwerks keine übermässige gewesen sein könne; denn
diese Thatsachen bilden einen sichereren Massstab für die Beurteilung der
Fahrgeschwindigkeit, als die Aussagen der einvernonimenen Zeugen. Immerhin
nimmt die Vorinsianz selbst an Albus sei an der Unfallsstelle nicht etwa
bloss im Schritt gefahren, sondern in einem lebhaften Trab, indem sie be-

tont, es habe ihm, mit Rücksicht auf die obwaltenden Umstände,

breite, wenn auch verkehrsreiche Strasse mit guter Beleuch-

tung, gutes Fuhrwerk und sichere Pferde nicht zugemutet

werden können, nur Schritt oder in einem schläfrigen Trabe zu

fahren. Zu bemerken ist ferner, dass die Fahrgeschwindigkeit des

Bruggwagens nicht festgestellt ist, und dass abgesehen von den

Aussagen der Augenzeugen, Albus sei in schneller Gangart (in scharfem
Trab, schnellem TWh, zu schnell, weit schneller als die andern) gefahren,
Albus selbst erklärte, der Bruggwagen,V. Obligationenrecht. N° 100. 871

dem er folgte, sei davongesprengt, was doch auch auf eine rasche Gangart
hindeutet. Sodann übersieht die Vorinstanz bei ihrer Argumentation, dass
die Fahrgeschwindigkeit eines Fuhrwerkes eben keine unabänderliche sein
darf, sobald die Umstande eine Abänderung erfordern, und nun liegen
in der That eine Reihe solcher Umstände ver, die das Verhalten des
vKutschers als ein fahrlässiges erscheinen lassen, selbst wenn dieser
ein Tempo beobachtet hat, das im allgemeinen nicht als übermässig
schnell bezeichnet werden kann. So lange das beklagtische Fuhrwerk die
Bahnhofstrasse hinauf bis zum Paradeplatz fuhr, mochte die von Albus
eingehaltene Fahrgeschwindigkeit im allgemeinen die richtige sein, da auf
beiden Seiten sich Trottoirs befinden, auf welchen die Fussgiinger sich
regelmässig bewegen. Allein an der Unfallsstelle lagen die Verhältnisse
anders. Hier, an der Kreuzungsstelle der Bahnhof-sund Poststrasse,
besteht nicht nur gesteigerter Verkehr, sondern die Fussgänger müssen
überdies wegen der Kreanng notwendig die Fahrbahn überschreiten Speziell
an jenem Abend war, nach Aussage der Zeugen, der Platz durch Fuhrwerke,
welche sich nach der Tonhalle begaben,. sowie durch Fussgänger, die von
der Arbeit heimkehrten, stark in Anspruch genommen; zudem war es zur
Zeit, als der Unfall passierte, Nacht, und die Fussgänger hatten wegen
des Regens die Schkrme geöffnet, so dass sie nur einen beschränkten
Umkreisuberbltcken konnten. Erfahrungsgemäss wird ferner insbesondere
beiI Strassenübergängen die Gefahr für Fussgänger wesentlich erhoht, wenn,
wie hier, einein mit Geräusch fahrenden Wagen (dem berausfahrenden leeren
Bruggwagen) in geringer Entfernung nein sanft und leicht gehendes Fuhrwerk
folgt, indem das sGerausch des erstern das des letztern übertönt, und
dieses dem Fussganger weniger bemerkbar macht. Bei allen diesen Umständen
konnte dein Kutscher Albus unmöglich entgehen, dass es an der bezeichneten

ss Stelle besonderer Aufmerksamkeit bedürfe, um Kollisionen zwischen

Fuhrwerken und ben, die Bahnhofstrasse kreuzenden Fnssgangern zu
verhüten, und nun kann doch keinem begrundeten Zweifel unterliegen, dass
es nicht nur Pflicht der Fussganger, sondern auch der Wagenlenker war,
alle Aufmerksamkeit zur .Verhutung von llnsèilîen, die keineswegs so
ungewöhnlich sind,'dass sie ausser dem Kreise aller Berechnung lägen,
anzuwenden. Vielmehr haben

872 Civilrechtspflege.

die Wagenlenker unter Umständen, wie sie zur kritischen Zeit an der
fraglichen Stelle bestanden, auch auf minder achtsame Personen Rücksicht
zu nehmen. Diese Rücksicht hätte aber erfordert, dass Albas die für
die vorhergehende Strecke ja vielleicht angemessene Fahrgeschmindigkeit
wesentlich ermässigte, was er unbestrittenermaszen nicht gethan hat.

5. Fragt es sich im weitern, ob der Beklagte den ihm nach Art. 62
O.-R. offen gelassenen Entlastungsbeweis geleistet habe, so ist zunächst
zu bemerken, dass die Kläger heute selber erklärt haben, eine culpa in
eligendo sei nicht anzunehmen, und in der That erscheint nach den Akten,
insbesondere angesichts des Umstandes-, dass Albus bereits Z'}, Jahre
in Zürich als Fuhrmann gedient hat, und von seinen Dienstherrn günstige
Zeugnisse erhalten hatte, die Auffassung der Vorinstanz als begründet,
dass der Beklagte keine Veranlassung hatte, den Albus nicht als Kutscher
einzustellen Auf das von dem frühem Diensiherrn Schmid aus-gestellte
Zeugnis kann sich zwar der Bektagte nicht berufen, da dasselbe aus der
Zeit nach der Anstellung des Albas datiert, und somit dem Beklagten
bei dieser Anstellung nicht vorgelegen haben konnte. Dagegen ist nicht
bestritten, dass das Zeugnis des Zadra dem Beklagten vor-gewiesen worden
sei, und dieses war geeignet, den Albus für die in Frage kommenden
Dienste zu empfehlen. Für die Frage, ob der Beklagte die in Art. 62
I O.-R. geforderte Sorgfalt auch eücksichtlich der Beaufsichtigung s
aufgewendet habe, kommt jedoch immerhin in Betracht, dass erfahrungsgemäss
derartige Dienstzeugnisse nicht immer ein untrügfiches Beweismittel find,
indem Dienstherrschaften in der Regel nicht gewillt find, dem austretenden
Angestellten sein weiteres Fortkommen zu erschweren, und daher solche
Zeugnisse den neuen Diensiherrn von der Pflicht zur Beaufsichtigung
jedenfalls so lange nicht entbinden, als er nicht selbst, durch eigene
Wahrnehmungen oder durch persönliche Erkundigungen bei dem frühem
Dienstherrn, sich von der Zuverlässigkeit und Vorsicht des Angestellten
in Ausübung seiner geschäftlichen Verrichtungen überzeugt hat. Nun steht
aber fest, dass der Beklagte bei Zadra keine [ Erkundigungen eingezogen,
und auch sonst vor jener Fahrt keine Gelegenheit gehabt hat, sich über
den Besitz jener Eigenschaften bei Albas persönlich zu überzeugen. Ferner
hat der Beklagte,V. Obligationenrecht. N° 100. 873 nach seiner eigenen
Darstellung, dem Kutscher ledigtlicdberdgeäkxx sung erteilt, vorstchtig
zu fahrethl Allegdibrxgsuäg der Kutscher

s habe keine Eie ge a , _ geltend gemathtss EUR brauchen. Allem er kann
d s alb nicht schnell zu fahren _ . =' $$$; neiclkt behaupten, dass er
den Kutscher auch heeraxcxfî aigîtmezrlîfî an emacht habe. Im Gegenteil
hat er dem Kms ,er "im s 1urgdirekt zur Tonhalle, was der Kutscher wohl
so aulfsaseher kunnte dass er sich nun beeilen solle. Bei dem MangeK
Xchaeigenen Erfahrung über das Verhalte; desb Nähxisdegslesn srÎlîerer
' ' " lichen Erkundigung tem er · _ îowte raw: Pfiff? ' Bekta t lte
Weisung nicht ' gten er et Dienftherrschaft kann die vorn t ar mw de];
" ' Gerade weil es Nach. w , als genugend erscheinen. _ ' t leicht
in der Lage {fen, der Beklagte also 'meh . · Tigejdengesgutsjcher in
der Fahrgeschwmdigkeit zu llkontxätxteäex hätte der Beklagte sich
jedenfalls nichtauf seine agteiith langeisung beschränken, sondern
ihm besonders vorsich g , Pflicht 1james Fahren über so verkehrsreiche
Strassenubergange Zur

machen sollen. Denn jene Anweisung bedeutete in ihrer Allge-

. , meinheit doch im wesentlichen nichts anderes,a als MESSI???
darauf dass Albus ein kundiger und zuvertasstger Befla te bi;
der seh-on wisse, wie man fahren muffe. Hatte der. flüge) '
't ehabt dass Albas ein guter, zuverlassiger . Sewlsshes Herde
,und Wagen unbedenklich, ohne Beaufsichtigung TV;, gängige Weisung
anvertraut werden dürfen, Billhattedieesre Îoxîhî osin einer solchen
Weisutg saxztsähenni:.;;:nn:t;.d ma? daher ' ' ' a" dem e a ,
Sexwikhmmoslketäeenxx gegiz für die Aufwendung aller gebotenen

' " ben. Allerdings ist

[E ni t gelungen bezeichnet wer ' ' kafzätsofut sichî, dass durch
eine bestimmtere Ikeisuglgärhezusgkxtä sor sättigen Fahrens der Unfall
verhindert Zuoz! enten nicht erSikherheit ist jedoch zur VerwteihtngA
des gzgager bezeichneten ' ' 'ondern es genügt, dass die ' nwen . t :
gäsirxhihsmltssregeln zur Verhinderung des Unsalls geeigne ge mez Essig
ist dass nicht nur den Kutscher Albgs,del:ez;oz;r:;n ss ' ' ., ' tri·t,
ondern dass au . Veflagten, em Berîchusheh'iieigeîî Asufmeckîamfeiî
hat fehlen lassen,

" 'nveSanderge ' ds ZEIT Î laut den Zeugenaussagen, trotz der
Gefahrlichkeit e

874 Givilrechtspflege.

Strassenüberganges, sich beim Verlassen des Trottoirs nicht nach beiden
Seiten umgesehen hat, sondern, im Gespräch mit seinem Begleiter Hurter
Begriffen, seinen Blick lediglich auf diesen richtete, während es
jedenfalls geboten war, das Gespräch an jener Stelle einzustellen, und
das Augenmerk den vorbeifuhr-enden Fuhrwerken zuzuwenden. Und zwar ist mit
der ersten Instanz anzunehmen, dass den Pur das überwiegende Verschulden
treffe. Zur Anwendung kommt daher Art. 51 Abs. 2 O.-R., wonach der
Richter, wenn auch dem Beschädigten ein Verschulden beizumessen ist, die
Ersatzpflicht nach Verhältnis ermässigen oder ganz von derselben entbinden
farm. Gründe für eine gänzliche Verneinung der Ersatzpslieht liegen
hier nicht vor, sondern es hat lediglich eine Er- mässigung derselben
Platz zu greifen, und ist der Beklagte zum Ersatze eines Teiles des der
Witwe Pur und ihren Kindern entstandenen Schadens zu verurteilen. Zn
dieser Beziehung hat der Beklagte vorerst die Ersatzberechtigung des
Kindes Burger bestritten, weil Pur zu dessen Versorgung nicht gesetzlich
verpflichtet gewesen sei. Allein diese Einwendung ist unbegründetz denn
wenn man auch nicht einfach jeder faktisch vom Getöteten unterhaltenen
Person einen Erfatzanspruch gewähren wollte, so muss doch angesichts des
allgemeinen Wortlautes des Art-. 52 O.-R. und der Entstehungsgeschichte
desselben die Erfatzberechtigung derjenigen Personen anerkannt werden,
deren Unterhaltung durch die bestehende Sitte geboten und vom Getöteten
thatsächlich übernommen war. Dies ist aber in casa unzweifelhaft der
Fall, indem es allgemein Sitte isf, dass der Stiefvater die mit ihm in
gleicher Haushaltung lebenden Kinder aus einer srühern Ehe Zeiiier Frau,
soweit sie bedürftig sind, aus seinen Mitteln unterät.

7. Was endlich das Mass der Entschädigung anbetrifft, so ist zur Anordnung
eines Beweisverfahrens keine Veranlassung vorhanden. Im Strafversahren
hat die Ehesrau Pur erklärt, ihr Mann habe im Taglohn 5 Fr. und bei
Akkordarbeit im Tag 6 Fr. verdient, und damit stimmt das Zeugnis seiner
Dienstherrn, Gebr. Dietrich, resp. der Brief derselben an Bezirks-richtet
Henger, den Vormund der Kläger 1 4, überein, welche sogar erklären, Pur
habe bei Akkordarbeit 6 Fr. 50 Cis. bis 7 Fr.V. Obligationenrecht. N°
100. 875

per Tag verdient Unermittelt ist das Verhältnis der Taglohnzur
Akkordarbeit. Die Kläger haben in dieser Hinsicht weder bestimmte
Angaben noch Beweisanerbieten gemacht, so dass unbedenklich angenommen
werden kann, die Taglohnarbeit habe die Regel gebildet. Berücksichtigt
man dazu, dass Pur zur Zeit seines Todes bereits 48 Jahre alt war,
und körperlich nicht besonders kräftig gewesen zu sein scheint, so darf
sein Jahresverdienst jedenfalls nicht höher als aus 1600 Fr. angesetzt
werden. Hievon mögen der Ehefrau circa 400 Fr. zugekommen sein. Um
derselben bei dem Alter des Pur zur Zeit seines Todes eine Rente in diesem
Betrage zu verschaffen, bedurfte es nach den Tabellen der schweizerischen
Rentenaustalt einer Einlage voneirca 6000 Fr. Rechnet man hievon mit
den Klägern 10 0/0 für Verwaltungskosten ab, so ergäbe sich für die
Witwe Pur eine Entschädigung von 5400 Fr unter der Annahme, dass Pur
die mittlere Lebensdauer nach Massgabe der Berechnung der Rentenanstalt
erreicht hätte, und seine Arbeitsfähigkeit unvermindert geblieben wäre.
Was die Kinder betrifft, so ist bei den Vermögensverhältnissen des Pur die
Annahme begründet, dass dieselben mit dem Ende ihrer Schulpflichtigkeit,
jedenfalls mit dem zurückgelegten 16. Altersjahre sich ihren Unterhalt
mindestens zum grössten Teil selbst hätten verschaffen müssen. Wird
nun berücksichtigt, dassden Pur das überwiegende Verschulden trifft, so
erscheint unter diesen Umständen eine Gesamtentschädigung an die Kläger
von 2500 Fr., auf den Todestag des Pur berechnet, als angemessen, in
welcher Summe auch der Ersatz der Heilungskosten, und des vom Tage der
Verletzung bis zum Todestage entgangenen Verdienstes inbegrisfen ist.
Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung der Kläger wird dahin als begründet erklärt, dass der
Beklagte verpflichtet wird, an die Kläger 2500 Fr. samt Zins zu 5 0/0
vom 1. April 1897 an zu bezahlen.

XXIV, 2. 1898 57
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 24 II 867
Datum : 01. September 1898
Publiziert : 31. Dezember 1898
Quelle : Bundesgericht
Status : 24 II 867
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 866 Civilrechtspflege. Versuch gemacht hat und offenbar auch nicht machen konnte


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • fuhrwerk • pferd • tag • weiler • schaden • frage • weisung • vorinstanz • tod • stelle • akkordarbeit • bundesgericht • zeuge • erste instanz • verhalten • sitte • strafuntersuchung • zins • treffen
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