502 A. Oberste Zivilgerichtsînztanz. !. Maieriellrechtliche Entscheidungen

jene Dampfturbine genügend elektrische Energie zur gleichmässigen

Bedienung aller Abonnenten und damit der Kläger hätte produzieren
können. Denn in diesem Falle tritt das Moment der verspäteten
Inbetriebsetzung der Dampfturbine ausserhalb des Kausal-

zusammenhanges zwischen Schaden und schädigender Handlung, und-

die Klage muss einfach aus dem Grunde abgewiesen werden, weil für die
dann einzige als höhere Gewalt sich darstellende Ursache des Schadens
-nämlich den Niederwasserstand die Beklagte nicht einzustehen hat. Dem
(Experten ist nun die genannte Frage allerdings entgegen den Anträgen
der Beklagten nicht zur Beantwortung vorgelegt worden. Trotzdem gestattet
die Expertise den sichern Schluss, dass auch ohne Dampfturbine, aber bei
normalem Wasserstand, der Betrieb hätte aufrecht erhalten werden können.

Laut Expertise waren nämlich im Oktober 1907 mit Entschluss der-

vorhandenen Dampsreserve, aber ohne die bei Escher, Wyk & Cie. bestellte
Dampsturbine Maschinenkapazitäten von total 6500 KW in Betrieb; dabei
betrug die höchste effektive Belastung am 27. Oktober 3790 KW. Diesem
Bedarf hätte offenbar bei genügendem Wasser-stand das Werk gerecht zu
werden vermocht. Es braucht daher diese Frage zu ihrer ausdrücklichen
Beantwortung dem Experten nicht noch besonders vorgelegt zu werden '

4. Entfällt somit mangels eines für den Schaden kausalen Verschuldens
der Beklagten ihre Ersatzpflicht,so braucht auf die Substantiierung des
Schadens und die Frage des Kausalzusammenhanges zwischen dem angebiichen
Schaden und den Stromunterbrechungen als schädigender Handlung
nicht eingetreten zu werden. Immerhin sei bemerkt, dass den Klägern
nach allgemeinen Vertragsgrundsätzen die Pflicht oblag, den drohenden
Schaden nach Kräften abzuwenden, wenigstens mit denjenigen Mitteln, deren
Aufwendung nicht bedeutender gewesen wäre als der Betrag des mutmasslichen
Schadens selbst. Nun hätten laut Expertife die Kläger in der Tat den von
ihnen ans "viele hunderttausend- Franken angegebenen Schaden in kürzester
Frist und mit einem Aufwand von etwa 4000 Fr. abwenden können. Wäre sonach
bei pflichtgemässem Verhalten der Kläger jeder weitere Schaden verhütet
worden, so könnte die Beklagte höchstens zum Ersatze jener 4000 Fr. an die
Kläger angehalten werden, und dieser Betrag müsste wiederum infolge kau-

. ...__,_.,.__....._ ____.,_,__. .....sisi si-siA,... . _

w___,._._. . .

4. Obiigationenrecht. N° 81. 503

salen Mitwirkens von Ereignissen höherer Gewalt (der Felsrntschungen)
eine Herabsetzung erfahren; endlich wären noch die 315 Fr. abzurechnen,
die die Beklagte den Klägern bereits als Reduktion des Abonnementspreises
pro rata temporis offeriert hat.

Die Klage ist sonach gänzlich abzuweisen. Die Beklagte ist jedoch bei der
vor Qbergericht abgegebenen Erklärung zu behafien, womit sie den Klägern
den diesen gebührenden Anteil an dem im Prozesse gegen Escher, Wyss &
(Sie. erzielten Gewinne überlassen werde

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung der Kläger wird abgewiesen und das Urteil des Obergerichts
des Kantons Appenzetl 'IL-:bai. vom 26. Februar 1912 in allen Teilen
bestätigt

81. Eli-teil der I. .;,ioifussieituug vom 20. Heute-aber 1912 in Sachen
Hchtvurz, Kl. u· Ver.-Rl... gegen Hanover, Beil. u. Bett-Kl.

Erbengemeinschaft und Koliekiivgeseuschaft. Max-se des einen lie
ws!schuf/ars (nt/' Auflösung, Passivlegiiimaiion: Die Klage muss gegen
{elle dur Auflösung uidm'sprfclmulen Gesellssscsmflm' gerichtet sein,
nicht gegen nur ein: eine oder gnng die Gesullsflmfl als solche. Kompetenz
des Bmedesgerésshtes.

A. Durch Urteil vom 14. und 21. Dezember 1911, 29. Jamxar, 8. und 22·
Februar 1912 hat das Obergericht des Kanten-:Nidwalden erkannt:

fsi.1. Die seinerzeit unter den Firmen Schivarz-J1uchs Familie
und Adolf Schwarz & Cie. gegründeten und gemeinsam betriebenen
Kollektivgesellschaften sind aufgelöst

2. Den Söhnen Adolf und Paul Schwarz wird un Sinne der Motive ein
Sohnesförderling in bar eingeräumt Bei Berechnung dieses Sohnesvorteils
ist der beim Tode des Erbiassers ='-{d. Schwarz fel. vorhandene
Vermögensbestand und Liegeirschrif9wer-i massgebendf

504 A. Oberste Zivilgerichtsinslanz. _ ]. Materiellrechîliche
Entscheidnngen.

3. Im übrigen sind die Kollektivgesellschasten Schwarz-Jauchss Familie
und Adolf Schwarz & Cie. nach Obligationenrecht zuliquidieren, wobei
die Kollektivgesellschafter gleichberechtigt find.

4. Auf die Wahl von Liquidatoren wird dermalen nicht eingetreten.

B. Gegen dieses Urteil haben beide Parteien rechtzeitig dieBerufung an
das Bundesgericht ergriffen: der Kläger mit den Anträgen es sei unter
teilweiser Aufhebung des Urteils zu erkennen:

1. Es sei in Abänderung von Biff. 2 des Urteils-

a) der Übergang der Liegenschaften der Erbmasfe Ad. Schwarz in das
Eigentum der Kollektivgesellschaften Schwarz-Jauchs Familie und Adolf
Schwarz & Cie. zu verneinen

b) die Teilung des ungeteilten Nachlasses Ad. Schwarz
unterVerücksichtigung des gesetzlichen Sohnesvorteils und des Vorzugs-
rechts der Söhne auf die Liegenschaften einem spätern Verfahren
vorbehalten.

2. Es sei in Abänderung von Ziff. 3 des Urteils gemäss Biff. 4 der
Übereinkunft vom 18. Juni 1895 bei der Liquidation das Vorrecht des
Sohnes Adolf auf einen Fünftel am Geschäftsgewinn zu wahren, eventuell:
es sei die Frage der Anteils- .b.erechtigung der Gesellschafter am
Liauidationsergebnis nach Durch,si"rhrsung der Lickuidation in einem
besondern Verfahren zu entMühen. --

TZiEs sei in Abänderung von Biff. 4 des Urteils der zusiändige kantonale
Richter pflichtig., die Liquidatoren zu erneunen,

die Beklagte mit dem Antrage auf gänzliche Abweisung der Klage-. '

G. In der heutigen Verhandlung haben die Vertreter der Parteien je
Gutheissung der eigenen und Abweisung der gegnerischen Berufung beantragt

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Der im Jahre 1888 gebotene Kläger ist der einzigeSohn erster Ehe des
am 21. April 1895 in Veckenried verstorbenen, bei seinem Tode in Zug
heimatberechtigten Johann Adam genannt Adolf Schwarz. Dieser letztere
hatte im Jahre 1890 mit Josephine Jauch aus Altdorf, der heutigen
Beklagten, die ihrerseits seit 1901

4. Obligationenrechi. N° 81. 505

mit Wilhelm Hammer wiederverheiratet ist, eine zweite Ehe,eiugegangen,
aus der zwei Kinder bei seinem Tode lebten und noch heute am Leben find;
Josephine, geboren 1891, und Paul, geboren 1893.

Jm Jahre 1880 gründete Vater Schwarz auf hier gepachtetem Lande in
Beckenried eine hydraulische Kalkfabrik. Im Jahre 1883 kaufte er
ebendaselbst den Gasthof Nidwaldnerhof.

Nach dem Tode des Vaters Schwarz beschloss der Gemeinderat von Beckenried
als ordentliche Vormundschastsbehörde mit Rücksicht aus die beiden damals
minderjährigen Kinder zweiter Ehe:

Auf erhaltene Auskunft des Waisenvogtes Ad. Wymaun unterliegi es keinem
Zweifel, dass beide Geschäfte in bisheriger Weise und auf gemeinsame
Rechnung der Familie weitergeführt werden und dass deshalb eine Teilung
des vaterlichen Vermögens vorder"hand nicht vorgenommen wird.

Zum Zwecke der Ausscheidung des mütterlichen Vermögens des Kindes erster
Ehe und des Frauenvermögeus, ferner behufs Regelung und Erledigung
geschäftlicher Fragen werden dem Sohn Adolf Schwarz Herr alt Ständerat
J. Amstad und der Witwe und ihren Kindern Herr Rudolf Tobler in Luzern
als Beisie besnmmt und dieselben in Sache zu endgültigen Abmachungen
ermächtigt.

Die Anmeldungen für das Handelsregister lauten übereinstimmend:

unter der Firma . . . . haben die Geschwister Adolf Schwarz und Paul
und Josefiue Schwarz von Zug in Beckenried, sowie thwe Josefina Schwarz
geb. Jauch eine Kollektivgesellschaft eingegangen, welche Aktiva und
Passiva der erloschenen Firma . . . übernimmt und mit der Einiragung im
Handelsregisier beginnt.

Am18. Juni 1895 schlossen die Beklagte einerseits und die vorerwahuien
beiden Beisiände namens der drei Kinder anderseits bezuglich des
Nachlasses des Vaters Schwarz eine giitliche Übereinkunft-C aus der als
für den vorliegenden Rechtsstreit von Vedeutung hervorzuheben ist: ·

3. Das in die Ehe gebt-achte eigene Vermögen der Frau Îèhwqrz wird
ausgeschieden und dessen Ertrag fällt ausschliesslich zu.

306 A. Oberste Zivilgerichtsinstanz. [. Materieflrechtliehe
Entscheidungen.

4. Das mütterliche Vermögen des Sohnes Adolf wird eben"falls
ausgeschieden, separat verwaltet und der Ertrag abzüglich Sie-Eiern
zu seinen Gunsten ver-rechnet Was von diesem Vermögen nicht in natura
vorhanden oder in Gülten ersetzt worden

ist, wird ihm jährlich mit 5 0/0 verzinsi.

Sofern der jährliche Reinertrag beider Geschäfte nach Abzug der Zinsen
und sämtlicher Haushaltungskosten die Summe von 10,000 Fr. übersteigt,
so partizipiert Ad. Schwarz an dem Uber chuss, nebst mit seiner
Erbsbeteiligungsquote, noch vorab mit einem Fünftel

5 Adolfs Gewinnanteile und Zinsen werden solange die .

übrigen Beteiligten ein gleiches tun, im Geschafte belassen und 311
kourentem Zins verzinst.

.8 Die beiden Geschäfte hydraulische Kalkfabrik und Hotel ,Nidwaldnerhof
werden in bisheriger Weise, das erstere unter der Firma Ad. Schwarz & Eie,
das letztere unter der Firma SchwarzJanchs Familie weitergeführt Samtliche
Beteiligte sind Dritten gegenüber unbeschränkt haftbar, in dem Sinne aber,
dass Adolf mit feinem mütterlichen und Frau Schwarz mit ihrem zugebrachten
Fr;uenvermögen nur hinter dem unverteilten Familienvermögen a en

8 Der Nachlass des Herrn Ad Schwarz sel. geht soweit nicht in Biff. 2, 3
4 und 5 Ausnahmen gemacht wurden, gemäss des auf Grundlage des zuger'schen
Erbsgesetzes unterm 9. Januar _ 1891 errichteten Testamentes in folgenden
Verhältnissen auf die Er-lieu aber:

a) ber Witwe Josefine Schwarz-Jane!) 1. 1/4 des Reinvermögens zu Eigentum
und 2. während der Dauer ihres Witwenstandes der Niessbrauch an der
Hälfte des Nachlasses.

b) den Kindern Adolf, Paul und Josefine Schwarz '/4. des Nachlasses.

Wenn vorstehende-s Übereinkommen aus irgend einem Grunde abgeändert oder
aufgelöst wird, mit andern Worten, wenn eine Ausscheidung veranlasst
werden sollte oder aber nach Ziff 2 der Über-einkauft das eine oder das
andere der Kinder vom gemeinsamen Nachlass mehr wie das oder die andern
genossen, so soll nach den Grundsatzen des § 299 1. .2 des zuger'schen
Erbrechtes eine Ausgleichung stattfinden. 4. Obligationenrecht. N° 81. 507

Am 28. Februar 1910 bestellte der Ortsbürgerrat der Stadt

"Luzern als Vormundschaftsbehörde jedem der beiden Kinder Iosefine und
Paul Schwarz zum Zwecke der Wahrung ihrer vermögens-

rechtlichen Interessen betreffend die Kollektivgesellschaften . . ."

einen ausserordentlichen Vormund.

2. Der Kläger hat dann später gegen Frau Hanauers Jauch in Beckenried,
für sich und namens und zuhanden der "Firmen Schwarz-Jauchs Familie
in Liq. und Adolf Schwarz & Cie. in Liq., Beckenried, als Beklagte,
folgende Rechtsbegehren

gestellt t

I. Die vermittelst gütlicher Übereinkunft vom 18. Juni 1895 begründete,
gemeinschaftliche Geschäftsführung der Erben des Adon Schwarz sel. unter
den Firmen Schwarz-Jauchs Familie und .Ad. Schwarz & Cie. sei aufzuheben
und es habe unter den erwähnten Erben eine Teilung des bisher unverteilten
Familien.vermögens stattzufinden, wobei folgende Grundsätze zu beachten
s'md; .....

II. Die bisher bestandenen Kollektivgesellschaften SchwarzJauchs Familie
und Ad. Schwarz & (Sie. sind durch Kündigung nach Art. 545 Ziff. 6
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 545 - 1 Die Gesellschaft wird aufgelöst:
1    Die Gesellschaft wird aufgelöst:
1  wenn der Zweck, zu welchem sie abgeschlossen wurde, erreicht oder wenn dessen Erreichung unmöglich geworden ist;
2  wenn ein Gesellschafter stirbt und für diesen Fall nicht schon vorher vereinbart worden ist, dass die Gesellschaft mit den Erben fortbestehen soll;
3  wenn der Liquidationsanteil eines Gesellschafters zur Zwangsverwertung gelangt oder ein Gesellschafter in Konkurs fällt oder unter umfassende Beistandschaft gestellt wird;
4  durch gegenseitige Übereinkunft;
5  durch Ablauf der Zeit, auf deren Dauer die Gesellschaft eingegangen worden ist;
6  durch Kündigung von seiten eines Gesellschafters, wenn eine solche im Gesellschaftsvertrage vorbehalten oder wenn die Gesellschaft auf unbestimmte Dauer oder auf Lebenszeit eines Gesellschafters eingegangen worden ist;
7  durch Urteil des Gerichts282 im Falle der Auflösung aus einem wichtigen Grund.
2    Aus wichtigen Gründen kann die Auflösung der Gesellschaft vor Ablauf der Vertragsdauer oder, wenn sie auf unbestimmte Dauer abgeschlossen worden ist, ohne vorherige Aufkündigung verlangt werden.
des
OR, eventuell durch die Aufhebung der gemeinsamen Geschäftsführung nach
Massgabe der gütlichen 1lbereinkunft vom 18. Juni 1895, subeventuell nach
Art. 547 leg. cit. als aufgelöst zu bezeichnen, eventuell aufzulösen
und es seien die Liquidatoren durch das Gericht zu bestimmen. Im Sinne
dieses Begehrens regelt sich auch die Parteianschreibung der Beklagten.

Der Beklagte hat beantragt-

Die Klage sei des gänzlichen abzuweisen .

3 Die Kompetenz des Bundesgerichts zur Beurteilung des vorliegenden
Rechtsfireites ware von vornherein nicht gegeben, wenn einzig und allein
die im Klagbegehren I geforderte Aufhebung der Erbengemeinschaft in
Frage stände, wie sie in der Übereinkunft vom 18. Juni 1895 geregelt
ist, nicht aber auch in Klagbegehren II die Auflösung der beiden
Kollektivgesellschaften Schwarz-Janchs Familie- und "Adolf Schwarz &
Cie.. Nun

A8 38 11 _. 1912 33

ll

508 A.. Oberste Zivilgerichtsinstanz. I. Materiellrechfliche
Entscheidungen.

kann aber, obwohl jener Übereinkunft vorherrschend Familienund-

erbrechtlicher Charakter zukommt wenn sie auch als Bestandteile
nebenbei obligatorische Elemente enthält, wie in Ziff. 6" dasjenige der
Weiterführung beider Geschäfte durch die Erben doch nicht gesagt werden,
dass faktisch Kollektivgesellschaften im Sinne des Obligationenrechts
überhaupt nicht bestanden hätten und demzufolge auch die Frage der
Auflösung jener Gesellschaften nach eidgenössischem Obligationenrecht
gar, nicht zur Entstehung gelange. Der Kläger selber hat nicht etwa
das Bestehen der beiden Kollektivgesellschaften in Abrede gestellt,
sondern im Gegenteil in seinem II. Klagbegehren die Bestätigung der
erfolgten Auflösung bezw. Auflösung ex mmc verlangt und dabei zur
Begründung durchweg Bestimmungen des OR angerufen. Und die beklagte
Partei ihrerseits hat sich gegenüber Klagbegehren II wie auch gegenüber
der Begründung von Klagbegehren I auf Bestimmungen des OR gestützt,
um ihren Standpunkt zu begründen, dass dem Begehren vauf Auflösung der
Kollektivgesellschasten Gründe eidgenössischen Rechtes entgegenstehen,
und dass ferner dieses Recht auch in Bezug auf verschiedene Punkte des
eventuellen Teilungsmodus zur Anwendung zu bringen sei.

Da nun die Beklagte gerade dem auf Gesellschaftsauflösung gerichteten
Klagbegehren II gegenüber in erster Linie die Einrede der mangelnden
Passiolegitimation erhoben hat, und diese Einrede angesichts der
erörterten Sachlage zweifellos dem eidgenössischen OR untersteht, ist
die Kompetenz des Bundesgerichts hiefür gegeben und vorab auf diese
Einrede einzutreten.

4. Jus Recht gefasst sind vom Kläger in der Klageschrift: Frau
Hanauer-Jauch in Beckenried für sich und namens und zuhanden der
Firmen Schwarz-Jauchs Familie in Lief- und Ad. Schwarz & Eie. in Liq.
in Beckenried. Dagegen sind die beiden Gesellschafter Josephine und
Paul weder mit Namen eingeklagt, noch besteht angesichts der an sich
genauen Parteibezeichnung der Klage ein Grund, sie als Prozessparteien
aufzufassen. Auch die überhaupt nicht recht verständliche Bemerkung
amSchlusse des Klagebegehrens II, im Sinne dieses Begehrens regelt sich
auch die Parteianschreibung, kann unmöglich als Einklagung der beiden
Gesellschafter aufgefasst werden. Wenn jenem4. Obligationenrecht. N°
81. 509

Satze überhaupt ein Sinn zukommt, so könnte es nur der-sein,
dass erklärt werden soll, wie die Bezeichnung der beiden Firmen
als in Liquidation stehend aufgefasst sein wolle. Da ferner die
Vorinstanz die von der Beklagten auch vor ihrem Forum (und zwar sowohl
gegenüber dem Begehren auf ers-rechtliche Aus-einandersetzung als
gegenüber demjenigen auf Gesellschaftsauflösung) erhobenen Einrede der
mangelnden Passivlegitimation unbeachtet gelassen hat und im übrigen
die Parteibezeichmtng auf dem angefochtenen Entscheid mit derjenigen
der Klagschrift wörtlich übereinstimmt, so könnte auch nicht angenommen
werden, jene Instanz habe den beiden Gesellschaftern Josephine und Paul
stillschweigend Parteieigenschaft zugeteilt. -

Nun steht aber zur Beurteilung der Auflösungsanspruch des einen
Gesellschafters. Mit dem Auslösungsanspruch bezw. mit der Begründetheit
der Auflösung entsteht der Anspruch auf Auseinandersetzung nach
Art. 548
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 548 - 1 Bei der Auseinandersetzung, die nach der Auflösung die Gesellschafter unter sich vorzunehmen haben, fallen die Sachen, die ein Gesellschafter zu Eigentum eingebracht hat, nicht an ihn zurück.
1    Bei der Auseinandersetzung, die nach der Auflösung die Gesellschafter unter sich vorzunehmen haben, fallen die Sachen, die ein Gesellschafter zu Eigentum eingebracht hat, nicht an ihn zurück.
2    Er hat jedoch Anspruch auf den Wert, für den sie übernommen worden sind.
3    Fehlt es an einer solchen Wertbestimmung, so geht sein Anspruch auf den Wert, den die Sachen zur Zeit des Einbringens hatten.
bezw. 580 ff. OR. Diese beiden Ansprüche bestehen ihrer
Natur nach nur gegen die Mitgesellschafter und zwar gegen s amtliche
bezw. gegen die das Vorhandensein des Auflösungsgrundes bestreitenden
Mitgesellschafter (vergl. BGE 211 II S. 201 Erw. 2). Unmögiich aber kann
der Auflösungsanspruch gegenüber der Gesellschaft selbst geltend gemacht
werden, deren Auflösung sei es bestätigt, sei es konstitutiv ausgesprochen
werden soll. Es mangelt somit zweifellos die Passivlegitimation der beiden
eingeklagten Gesellschaften Dagegen ist freilich in der Beklagten Frau
Hanauer persönlich wenigstens eine richtige Beklagte ins Recht gefasst.

Allein auch diese Beklagte ist, solange die übrigen Gesellschafter
nicht ebenfalls als Prozessparteien auftreten, zur Klage nicht passiv
legitimiert. Wenn zu diesem Punkte der Kläger in Anruqug des kantonalen
Prozessrechtes eingewendet hat, die Einklagung der übrigen Gesellschafter
sei lediglich eine prozessuale Frage Und es handle sich in Wirklichkeit
um die prozessuale Einrede der passiven Streitgenossenschaft, die die
Beklagte rechtzeitig zu erheben versäumt habe, so verkennt er dabei,
dass keineswegs die prozessuale Stellung der Parteien unter sich oder zum
Gerichte, insbesondere die prozessual richtige Einklagung zur Entscheidung
steht, sondern einzig und allein die Frage, ob der materielle, auf Gesell-

510 A. Obama Zivilgerschtsinsknz. I. Materielirechflicbe Entscheidungen.

schaftsauslösung selbst gerichtete Anspruch gegen einen einzelnen
Gesellschafter geltend gemacht werden könne. Da nun aber dieser Anspruch
nur gegen alle Gesellschafter besteht, so muss er zweifellos auch im
Prozesse gegen alle gerichtet werden, wie ex ja auch dein einzelnen
Gesellschafter gegenüber gar nicht exequiew bar wäre. Derohne prozessuale
Mitwirkung aller Gtsellschafter gesällte Entscheid würde denn auch über
die Rechte der unbeteiligten Gesellschafter hinwegschreiten. Endlich
kann auch nicht gesagt werden, dass im vorliegenden Falle die Belangung
der Beklagten als Mutter der beiden nicht eingeklagten Gesellschafter
deren selbständige

Einklagung unnütz mache. Denn Josephine Schwarz war im Zeit.

punti der Klageerhebung mehrjährig, musste also selbständig belangt
werden, und der noch minderjährige Paul Schwarz hatte, da ihm ein
besonderer Vormund gesetzt war, ebenfalls gesondert ins Recht gefasst
werden müssen. Ebensowenig kann natürlich die Belangung der Mutter
namens der Kollektivgesellschaften die Belangung der Gesellschafter
selbst ersehen.

Aus dein Gesagten ergibt sich die Abweisung der auf Gesellschaftsauslösung
gerichteten Begehren mangels Passivlegitimation der Be- klagten, und
die Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit es in Dispositiv I
jene Auflösung ausspricht, womit die übrigen Dispositive von selbst
dahinfallen.

5. Ein anderes Resultat ergäbe sich nur dann, wenn das angefochtene Urteil
aus dem Grunde aufrecht erhalten werden müsste, weil es ausspreche,
die Gesellschaftsauslösung hänge ab von familienund erbrechtlichen
Gründen, bezw. auf der Gutheissung des Klagbegehrens I beruhen würde,
für das das Bundesgericht grundsätzlich unzuständig isf. Nach den Motiven
des angefochtenen Urteils beruht nun aber die Gesellschaftsauslösung
ausdrücklich aus der doppelten Erwägung, es müsste jedenfalls eine
Auslösung nach Art. 547
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 547 - 1 Wird die Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung aufgelöst, so gilt die Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntnis hat oder bei schuldiger Sorgfalt haben sollte.
1    Wird die Gesellschaft in anderer Weise als durch Kündigung aufgelöst, so gilt die Befugnis eines Gesellschafters zur Geschäftsführung zu seinen Gunsten gleichwohl als fortbestehend, bis er von der Auflösung Kenntnis hat oder bei schuldiger Sorgfalt haben sollte.
2    Wird die Gesellschaft durch den Tod eines Gesellschafters aufgelöst, so hat der Erbe des verstorbenen Gesellschafters den andern den Todesfall unverzüglich anzuzeigen und die von seinem Erblasser zu besorgenden Geschäfte in guten Treuen fortzusetzen, bis anderweitige Fürsorge getroffen ist.
3    Die andern Gesellschafter haben in gleicher Weise die Geschäfte einstweilen weiter zu führen.
OR erfolgen, und es sei diese Auslösung
sogar durch Kündigung schon eingetreten. Erst im Anschluss hieran
behandelt oann das Urteil den Teilungsmodus an Hand der allerdings der
euudesgekichelichen ùverprafung nicht unterliegenden Übereiunuft vom
18. Juni 1895. Die Vorinstanz hat somit die Auflösung ausschliesslich
auf Bundesrecht gestützt4. Obligatienenrecht. N° 82. ZU

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

1. In Gutheissung der Berufung der Beklagten wird das Urteil des
nidwaldnischen Obergerichts vom 14. und 21. Dezember 1911, 29. Januar,
8. und 22. Februar 1912 aufgehoben und die Klage angebrachtermassen
abgewiesen _ _

2.Aus die Berufung des Klägers wird, soweit sie sich auf den
Eigentumsübergang der Gesellschaftsliegenschaften und die sonstige
Verteilung des Gesellschaftsvermögens ·bezieht, nicht eingetreten.
Im übrigen wird die klägerische Berufung als unbegründet abgewiesen.

82. Zweit der II. Diritabteilnng vom 26. éevtemloer 1912 in
Sachen HugglsetsziaegetI Kl. u. Ber.-Kl., gegen Windex & Sie-,
Bekl. u. Ver·-Bekl.

Verjährung. Beginn der einjährigen Frist nach Art. 69
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 69 - 1 Der Gläubiger braucht eine Teilzahlung nicht anzunehmen, wenn die gesamte Schuld feststeht und fällig ist.
1    Der Gläubiger braucht eine Teilzahlung nicht anzunehmen, wenn die gesamte Schuld feststeht und fällig ist.
2    Will der Gläubiger eine Teilzahlung annehmen, so kann der Schuldner die Zahlung des von ihm anerkannten Teiles der Schuld nicht verweigern.
alt, 60 ma OR. Die
Unterbrechung der Verjährung durch Ladung zum amtlichen Sühneeerszech,
OR 154, neu 135 Ze'ff. 2, tritt auch dann ein, wenn der persöntiche
Träger des Amtes den öfi'enttich-rechtlichen Requiséten (Beeidigung)
nicht entspricht. Entscheidend ist, dass der Gläubiger während der
Veejähremgsfrisl die zuständige Amm-telle um Anardnung des gesetzlichen
Süheeeversuches angegangen hat. _ Wesen des Institutes der Verjährung.

Das Bundesgericht hat auf Grund folgender Prozesslage:

A. Mit Urteil voms29. Mai 1912 hat der Appellationshoss des Kantons Bern,
I. Zivilkammer, in vorliegender Streitsache erkannt:

Der Beklagten wird ihr Rechts-begehren 1 Verjährungseinrede -gegenüber
dem Kläger zugesprochen

B. Gegen dieses, den Parteien am 25.,-29. Juni 1912 zugestellte Urteil
hat der Kläger rechtzeitig die Berufung an das Bundesgericht erklärt,
mit den Anträgen:

1. Es sei in Abänderung des angefochtenen Urteils die permisstorische
Einrede der Beklagten abzuweisen;
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 38 II 503
Date : 26. Februar 1912
Published : 31. Dezember 1913
Source : Bundesgericht
Status : 38 II 503
Subject area : BGE - Zivilrecht
Subject : 502 A. Oberste Zivilgerichtsînztanz. !. Maieriellrechtliche Entscheidungen jene


Legislation register
OR: 69  545  547  548
Keyword index
Sorted by frequency or alphabet
defendant • family • partnership • federal court • question • damage • sullage • marriage • death • father • liquidator • law of succession • heir • legal demand • mother • hamlet • guardian • time limit • lower instance • force majeure
... Show all