280 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. Il. Abschnitt Bundesgesetze.

Zweiter Abschnitt. Seconde section. Bundesgesetze. Lois iédérales. 1

Erwerb und Betrieb von Eisenbahnen für Rechnung des Bundes. Acquisition
et exploitation de chemins de fer pour le compte de la, Confédération.

56. guten vom 22. Juni 1911 in Sachen gramm. Bunde-bahnen gegen Hut-ten

Verhältnis zwischen Art. 59 BV und Art. 12 des
Eisenbahne'üekkanfs-gesetzes. Sinn und Tragweite des Art. 12 Abs. 4
Rachis-Gas., wonach die SSB am Hauptort der durch ihre Bahnlinien
beru'hrten Kantone ein Domizil zu nerzeigon haben, rm welchem
Sie von den betreffenden Kantonseinwohnern belangt werden können
. Anwendbarkeit dieses Spezialgeriehtsstandes auf alle von den Einwohnern
des betreffenden Kantons erhobenen Klagen und nicht nur auf die Klagen
aus dem Eisenbahnbetrieb als solchem.

A. Der am 28. April 1909 zwischen der Generaldirektion der SBB und der
Direktion der Gotthardbahn abgeschlossene Übernahmevertrag enthält als
Art. Vl folgende Bestimmung:

Die Bundesbahnen anerkennen und bestätigen, soweit es das Bundesbahnnetz
betrifft, diejenigen Rechte, die durch den Freikartenvertrag des
Verbandes Schweiz. Eisenbahnen vom 21/25. November 1893, Art. 5,
den Direktionsmitgliedern und den Oberbeamten der Gotthardbahn
zugesichert worden sind, vorbehältlich der Zustimmung des
Eisenbahndepartementes.Erwerb und Betrieb von Eisenbahnen durch don
Bund. N° 56. 281

Ferner bestimmt Art. VIII:

Allfällige Streitigkeiten über die Auslegung oder die Vollziehung dieses
Vertrages sind vom s chweiz. Bundesgericht in erster und letzter Jnstanz
zu entscheiden, sofern es sich Um einen Streitwert von mindestens 3000
Fr. handelt. Bei geringerem Streitwert ist das Bezirksgericht Luzern in
erster Instanz zuständig.

Der in Art. VI hievor zitterte Art. 5 des sog. Freikartenver-

trages vom 24.X25. November 1893 lautet, soweit hier in Vetracht kommend:
Den Direktoren der Verbandsverwaltungen, die wenigstens zehn Jahre lang
die Stellung eines Direktors bekleidet haben, werden Verbandsfreikarten
verabfolgt, wenn sie auch nicht mehr im Dienste der Eisenbahn stehen

Die gleiche Vergünstigung wird den Oberbeamten gewährt, die im Zeitpunkt
ihres Rücktrittes Verbandsfreikarten inne haben und eine der nachstehenden
Bedingungen erfüllen:

a) dass sie den Rücktritt aus Altersoder Gesundheitsrücksichten
nehmen, fünsundzwanzig Jahre ohne Unterbrechung im Dienste einer
Verbandsverwaltung gestanden und wenigstens fünfzehn Jahre nacheinander
eine Stelle bekleidet haben, die Ansprnch auf Verbandsfreikarten gewährt;

b) dass sie das sechzigste Altersjahr erreicht haben.

Gestützt auf diese letztere Bestimmung und indem er sich in formeller
Beziehung auf Art. 12 Abs. 4 des Eisenbahnrückkaufsgesetzes berief,
hat der Rekursbeklagte vor den luzernischen Gerichten gegen
die SBB auf Ausftellnng einer Rücktrittssreikarte I. Kl. für das
Bundesbahnnetz geklagt. Die von den SBB unter Berufung auf Art. 12
Abs. 3 Nückk.-Ges. erhobene Gerichtsstandseinrede wurde sowohl vom
Bezirksgericht Luzern als auch vom Obergericht des Kantons Luzern
abgewiesen, von letzterem mit Entscheid vom 17. März 1911.

B. Gegen den Entscheid des Obergerichts haben die SBB rechtzeitig
und formrichtig den staatsrechtlichen Rekurs an das Bundesgericht
ergriffen, wobei sie sich über Verletzung der Art. 59 BB und 12 Abs. 3
Rückk.:Ges. beschweren. Im einzelnen ist die Rekursbegründung aus den
nachfolgenden Erwägungen er-

sichtlich.

282 A. Staaisrechtliche Entscheidungen. Il. Abschnitt. Bundesgesetze.

C. Der Rekursbeklagte hat Abweisung des Rekurses beantragt und dabei
den Eventualstandpunkt eingenommen, dass die Kompetenz der luzernischen
Gerichte sich auch aus Art. VIH des Übernahmevertrages ergebe.

. Das Bundesgericht zieht in (Erwägung:

1. Da die SBB sich über Verletzung der Art. 59 BV und 12 Abs. 4 des
Eisenbahnrückkaufsgesetzes beschweren, und es sich somit um eine
eidgenössische Gerichtsstandsfrage handelt, ist die Kompetenz des
Bundesgerichts gegeben.

Dagegen kann der Beschwerde Über Verletzung des Art. 59 BV neben
derjenigen aus Art. 12 Abs. 4 des Rückkaufsgesetzes keine selbständige
Bedeutung zuerkannt werden. Der Gerichsstand der SBB ist in Art. 12
Rückk.-Ges. erschöpfend geregelt, und es hat daher Art. 59 BV,
insoweit die Gerichtsstandsverhältnisse der SBB in Frage kommen, durch
die erwähnte Gesetzesbestimmung in analoger Weise seine Ausführung
erhalten, wie z. B. (vergl. BGE 29 I S. 434 ff.) durch Art. 271 SchKG
hinsichtlich der Zulässigkeit des Arrestes. Art. 59 BV kann deshalb im
einzelnen Falle nur dann als zum Nachteil der SBB verletzt gelten, wenn
zugleich eine Verletzung des Art. 12 Rückk.-Ges. vorliegt. Dies ergibt
sich Übrigens auch aus Art. 113 Abs. Z BV, wonach für das Bundesgericht
unter allen Umständen die von der Bundesversammlung erlassenen Gesetze
massgebend find.

Auf die Frage, ob für Klagen gegen die SBB der Grundsatz des Art. 59
BV durch Art. 12 Abs. 4 Rückk.-Ges. tatsächlich modifiziert worden fei,
braucht bei dieser Sachlage hier nicht eingetreten zu werden.

2. Die vom Rekursbeklagten gegenüber der Berufung der SBB auf
Art. 12 Abs. 3 Rückk.-Ges. erhobene Einrede, die Rekurrenten hätten
eventuell in Art. VIII des Übernahmevertrages vom 28. April 1909
auf den Gerichtsstand des Sitzes der Generaldirektion verzichtet,
da nach dieser Vertragsbestimmung bei einem Streitwert von unter
3000 Fr. das Bezirksgericht Luzern zuständig sei, erweist sich als
unbegründet. Abgesehen davon, dass der Rekursbeklagte selber in einer bei
den Akten liegenden Eingabe an die Liquidationskommission der Gotthardbahn
den Wert der streitigen Freikarte auf 500 Fr. per Jahr beziffertErwerb
und Betrieb von Eisenbahnen durch den Bund. N° 56. 283

hatte, was offenbar auf einen Streitwert von Über 3000 Fr. schliessen
liesse, fällt hier in Betracht, dass ja nicht die Auslegung oder
Vollziehung des zwischen den SBB und der Gotthardbahn abgeschlossenen
Übernahmevertrages vom 28. April 1909, sondern lediglich die Auslegung
und Vollziehung des sogen. Freikartenvertrages vom 24/25. November 1893
streitig ist. Die Parteien sind darüber vollkommen einig, dass die SBB
(vorbehältlich der Zustimmung des Eisenbahndepartements) alle diejenigen
Rechte, die den Oberbeamten der Gotthardbahn durch den Freikartenvertrag
zugesichert worden waren, anzuerkennen haben; streitig ist nur, ob die
Voraussetzungen eben jenes Freikartenvertrages beim Rekursbeklagten
erfüllt seien.

Beruft sich somit der Rekursbeklagte mit Unrecht auf den in Art. VIII
des Übernahmevertrages fÜr Streitigkeiten unter 3000 Fr. vorgesehenen
vertraglichen Gerichts-stand (wonach das Bezirksgericht Luzern als
I. Instanz zuständig wäre), und haben die SBB ihrerseits -nach dem
Gesagten übrigens mit Recht aus demselben Art. VIII des Übernahmevertrages
nicht etwa umgekehrt die Zuständigkeit des Bundesgerichts als erster
und letzter Instanz abgeleitet (weil der Streitwert 3000 Fr. erreiche),
so ist die streitige Gerichtsstandsfrage einzig und allein auf Grund der
in Art. 12 Rückk.-Ges. enthaltenen gesetzlichen Regelung zu entscheiden.

Z. Die in Art. 12 Abs. 3 Rückk.-Ges. aufgestellte, aus Art. 59 VV
abgeleitete Regel, dass die SBB ihr rechtliches Domizil am Sitze der
Generaldirektion haben, wird durch Art. 12 Abs. 4 insofern modifiziert,
als darnach, neben dem Gerichtsstand des Sitzes der Generaldirektion,
auch noch am Hauptorte eines jeden von den SBB berührten Kantons ein
Gerichtsstand gegeben ist, an welchem die SBB von den betreffenden
Kantonseinwohnern belangt werden können. Streitig ist mm, ob dieser
Gerichtsstand für alle von den Einwohnern des betreffenden Kantons
erhobenen Klagen, oder aber nur für die Klagen aus dem Eisenbahnbetrieb
als solchem gelte.

Entgegen einer Bemerkung der Rekursschrift ist hier zunächst
festzustellen, dass diese Frage nicht etwa durch das Urteil des
Bundesgerichts vom 21. Dezember 1910 in Sachen Dreux gegen

284 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. ll. Abschnitt. Bundesgesetze,

SBB präjudiziert ist. Denn in diesem Urteile wurde lediglich konstatiert,
dass Art. 8 Abs. 2 des Eisenbahngesetzes von 1872 durch die Praxis
allerdings im Sinne der Beschränkung des Spezialgerichtsstandes auf
Klagen aus dem Betrieb interpretiert worden sei, im übrigen aber
zur Frage, ob gegebenen Falls an dieser Praxis festzuhalten wäre,
bezw. ob sich ihre Übertragung auf Art. 12 Rückk.-Ges. rechtfertigen
würde, nicht Stellung genommen, sondern bloss betont, dass unter allen
Umständen kein begründeter Anlass vorhanden sei, bei der Anwendung des
Rückkaufsgesetzes in der restriktiven Interpretation der fraglichen Ge-
richtsstandsnorm noch weiter zu gehn, als dies schon bei der Anwendung
des Eisenbahngesetzes von 1872 geschehen sei.

4. Ist somit die zu entscheidende Rechtsfrage jedenfalls durch das
angeführte neuere Urteil nicht präjudiziert, so ist nun gegenüber
der von den SBB befürworteten restriktiven Interpretation des Art;
12 Abs. 4 WWE.-(Ses. vor allem auf den Wortlaut dieses Artikels
zu verweisen, worin, im Gegensatz zu andern ein Zwangsdomizil
begründenden gesetzlichen Bestimmungen (vergl. z. B. Art. 2 Ziff. 4 des
Bundesgesetzes betr. Beaufsichtigung von Privatunternehmungen im Gebiete
des Versicherungswesens, vom 25. Juni 1885), keinerlei Beschränkung auf
eine besondere Kategorie von Klagen enthalten ist, sondern schlechthin
bestimmt wird, dass die SBB an den Hauptorten aller von ihnen berührten
Kantone von den betreffenden Kantonseinwohnern belangt werden können. Da
von Kantonseinwohnern in Art. 12 Abs. 4 und auch sonst in Art. 12 vorher
nirgends die Rede war, so müssen unter den betreffenden Kantonseinwohnern
überhaupt alle Einwohner der betreffenden Kantone, d. h. alle Einwohner
der durch ihre Bahnlinien (sc. durch die Bahnlinien der SBB) berührten
Kantone, verstanden werden, und es bietet also der Wortlaut des Gesetzes
keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Spezialgerichtsstand des Art. 12
Abs. 4 etwa nur für diejenigen Kantonseinwohner gelte, die ihre Ansprüche
aus dem Eisenbahnbetrieb herleiten.

Nun ist allerdings richtig, dass die Bestimmung des Art. 12 Abs. 4
Rückk.-Ges. im Jahre 1897 nicht erstmals formuliert worden ist, sondern
dass sie von der Kommission des StänderatesErwerb und Betrieb von
Eisenbahnen durch den Bund. N° 56. 285

der bundesrätliche Entwurf vom 25. März 1897 hatte in seinem Art. 10
nur den ersten Absatz des heutigen Art. 12 enthalten aus Art. 8 des
Eisenbahngesetzes von 1872 herübergenommen wurde, sowie dass diese
letztere Gesetzesbestimmung durch zwei bundesgerichtliche Entscheide
(AS 26 I S. 438 f. Crw. 1 f., 27 I S. 30 f.) im Sinne der Beschränkung
des Spezialsorums auf Klagen aus dem Betrieb interpretiert worden
ist. Allein einmal erscheint diese restriktive Interpretation schon
an sich ziemlich anfechtbar, da durch Art. 8 Eis-Ges. seiner Zeit
offenbar die gleiche Wirkung erreicht werden wollte, wie durch die
früheren kantonalen Konzessionen, welche meist schlechthin (ohne
Beschränkung auf bestimmte Rechtsverhältnisse) die Verpflichtung der
Eisen- bahngesellschaften zur Domizilnahme in den betreffenden Kantonen
ausgesprochen hatten. Zur Unterstützung der durch die Praxis eingeführten
restriktiven Interpretation des Art. 8 Eis-Geshat denn auch in den
betreffenden Urteilen lediglich die s. Bt. zum Eisenbahngesetz erlassene
Botschaft (BBl. 1871 II S. 667) angeführt werden können, welch letztere,
mit ihren, im Grunde doch bloss exemplifizierenden, zum Teil übrigens
offenbar rechtsirrtümlichen Ausführungen (vergl. die Bemerkung betr. die
Möglichkeit, die Bahngesellschaften in der Person eines jeden Stations:
vorstandes zu belangen), gewiss keine genügende Grundlage Bot, um den
Art. 8 Eis-Ges. entgegen seinem Wortlaut im Sinne jener Beschränkung
des Spezialsorums zu interpretieren Sodann kann aber auf die erwähnte
frühere Praxis heute namentlich deshalb nicht abgeftellt werden, weil im
Zweifel doch anzunehmen isf, dass der Gesetzgeber, als er im Jahre 1897
den Wortlaut des Art. 8 Eis-Ges. reproduzierte, diesen Wortlaut als seinem
eigenen gesetzgeberischen Gedanken entsprechend betrachtete und also weit
entfernt war, eine damit im Widerspruch stehende Praxis sanktionieren zu
wollen, was übrigens damals geradezu unmöglich gewesen wäre, da ja die
beiden einzigen in Betrachten kommenden Entscheide des Bundesgerichts aus
den Jahren 1900 und 1901 stammen, und also die betreffende restriktive
Praxis im Jahre 1897 noch gar nicht existierte. Jst aber darnach Art. 12
Abs. 4 Rückk.-Ges. unabhängig von der dem Art. 8 Eis-Ges. seither zu
Teil gewordenen Auslegung zu interpretieren, so liegt ein Grund,

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den Gerichtsstand des Kantonshauptortes entgegen dem Wortlaut des Gesetzes
auf die Klagen aus dem Betrieb zu beschränken, umsoweniger vor, als es im
Jahre 1897 auch sonst keineswegs die Tendenz des Gesetzgebers war, die
kautonale Gerichtsbarkeit in Bezug auf die Bundesbahnen einzuschränken
oder gar die Gerichtsbarkeit desjenigen Kantons zu bevorzugen, in
welchem sich aus Gründen, die mit den Rechtsbeziehungen der SBB zum
Publikum offenbar nichts zu tun haben der Sitz der Generaldirektion
befindet. Abgesehen davon, dass mit Rücksicht auf die Annahme des
ohnehin stark umstrittenen Gesetzes durch das Volk und die Stände von
vornherein alles vermieden werden wollte, wodurch sicheinzelne Kantone
benachteiligt fühlen konnten, ergibt sich die prinzipielle Stellungnahme
des Gesetzgebers zur Frage des Gerichtsstandes der SBB u. a. deutlich
aus der zuerst im Ständerat beschlossenen und dann im Nationalrat
gutgeheissenen Erhöhung der Spruchkompetenz des Bundesgerichts als
einziger Instanz auf 30,000 Fr. (vergl. stenographisches Bulletin 1897
S. 596 ff., S. 612 ff. und S. 1009), wobei mehrfach betont wurde, dass den
kantonalen Gerichten möglichst viel Kompetenzen belassen werden sollten,
zumal da für die Einheitlichkeit der Rechtsprechung ja bereits durch
das Rechtsmittel der Berufung gesorgt sei.

Aber auch noch andere Erwägungen gesetzgebungspolitischer Natur würden
einer Beschränkung der Gerichtsbarkeit der verschiedenen in Betracht
kommenden Kantone auf Klagen aus dem Betrieb eutgegengestanden haben. Mit
der in Frage stehenden Bestimmung wurde doch in erster Linie bezweckt,
den Einwohnern der einzelnen Kantone die Verfolgung von Rechtsansprüchen
gegenüber den SBB zu erleichtern. Dieser Zweck aber würde offenbar nur
ganz unvollständig erreicht, wenn in jedem Spezialfalle zuerst untersucht
werden müsste, ob es sich um einen Anspruch aus dem Betrieb, oder aber
um einen sonstigen Rechtsanspruch handle, und wenn alle nicht direkt aus
dem Betriebe herrührenden Ansprüche am Sitz der Generaldirektion geltend
gemacht werden müssten. Rein theoretisch liesse sich die Beschränkung
des Spezialforums auf die Geltendmachung der Ansprüche ans dem Betrieb
ja allerdings damit begründen, dass eine von der allgemeinen Norm
abweichende Behandlung der Eisenbahngesellschaften bezw.Erwerb und
Betrieb von Eisenbahnen durch den Bund. N° 56. 287

der SBB in Bezug auf Gerichtsstandsfragen doch nur insofern gerechtfertigt
sei, als es sich um Rechtsverhältnisse handle, die sich aus der
besondern Natur der Eisenbahnen als öffentlicher Transportanftalten
ergeben. Allein in der Praxis würde die Grenze Umso schwerer zn
ziehen sein, als schliesslich fast alle Ansprüche, die gegenüber einer
Eisenbahngesellschaft oder gegenüber den Bundesbahnen erhoben werden
können, mehr oder weniger mit der Eigenschaft dieser Organisationen
als öffentlicher Transportanstalten zusammenhängen. Die erste und
hauptsächlichste Wirkung einer besondern Behandlung der Klagen aus dem
Betrieb wäre somit die Entstehung zahlreicher anidenzftreitigkeiten über
die Frage, was unter Ansprüchen aus dem Betrieb zu verstehen sei.

Bei dieser Sachlage liesse sich eine verschiedene Behandlung der Klagen
aus dem Betrieb und derjenigen aus andern Verhältnissen nur rechtfertigen,
wenn sie durch sonstige Erwägungen praktischer Natur-gebieterisch
gefordert würde. Auch dies ist indessen keineswegs der Fall, da die
Notwendigkeit, wegen einer jeden, auch noch so geringen Forderung,
sofern sie nicht aus dem Betried herrührt, in Bern zu prozessieren, für
die Einwohner anderer Kantone eine weit grössere Belästigung darstellt,
als umgekehrt für die SBB die Notwendigkeit, in den verschiedenen
Kantonshauptorten, woselbst sie ja ohnehin schon für Ansprüche aus dem
Betrieb belangt werden können, auch noch in andern Beziehungen Rede und
Antwort zu stehen.

Aus allen diesen Gründen rechtfertigt es fich, bei der Interpretation
des Art. 12 Abs. 4 Rückk.-Ges. gemäss dem Wortlaute des Gesetzes den
Gerichtsstand des Kantonshauptortes für alle Klagen gelten zu lassen,
welche von den Einwohnern des betreffenden Kantons gegen die SBB
angestrengt werden

Danach haben sich im vorliegenden Falle die Gerichte des Kantons
Luzern mit Recht zuständig erklärt, und es ist daher der Reknrs der
SBB abzuweisen.

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen

Î... , ,
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 37 I 280
Date : 22 juin 1911
Publié : 31 décembre 1911
Source : Tribunal fédéral
Statut : 37 I 280
Domaine : ATF- Droit constitutionnel
Objet : 280 A. Staatsrechtliche Entscheidungen. Il. Abschnitt Bundesgesetze. Zweiter Abschnitt.


Répertoire des lois
Cst: 12  59  113
LP: 271
Répertoire ATF
29-I-432
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
1871 • assemblée fédérale • autonomie • autorisation ou approbation • avantage • caractéristique • catégorie • cff • chapeau • chemin de fer • condition • conseil national • constitution d'un droit réel • dernière instance • direction • domicile • dossier • doute • décision • emploi • exactitude • hameau • instance unique • loi fédérale sur les chemins de fer • motivation de la décision • moyen de droit • moyen de droit cantonal • norme • parentèle • pratique judiciaire et administrative • première instance • question • rapport entre • tribunal fédéral • valeur • valeur litigieuse • étendue
FF
1871/II/667