458 B Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

85. Eutscheid vom 14. Oktober 1910 in Sachen Hchweizerische Mittel-auch

Art. 251 SchKG: Begriff der verspäteten Konkurseingabe. Unzulässlgkeit
einer solchen an Stelle einer unterlassenen Anfechtung des
Kollolcationsplanes.

A. In dem über Albert Feller, gewesenen Angestellten in Bern, ergangenen
Konkurs gaben die Ersparniskasse von Konolfingen in Grosshöchstetten sowie
die Schweizerische Volksbank in Bern je eine Forderung von 19,155 Fr. 20
Cts. und 5360 Fr. 70 Ets. (wovon 5000 Fr. restanzliches Kapital und 360
Fr. 70 Ets. Zins und Kommission bis 4. November 1909) ein, welche beide
auf die Mühlebesitzung des Gemeinschuldners in Mirchel pfandversichert
waren. Weder die ss eine noch die andere Pfandgläubigerin legte ihrer
Eingabe den Forderungstitel bei.

Durch die Angaben des Konkursamts Konolfingen in dem über die Liegenschaft
in Mirchel aufgenommenen Inventar irregeführt, kollozierte das Konkursamt
Bern-Stadt die Forderung der Ersparniskasse von Konolfingen im ]. unb
diejenige der Volksbank im II. Rang, während in Wirklichkeit letztere
Forderung der ersteren voi-ging. Der am 7. April 1910 aufgelegte
Kollokationsplan wurde jedoch von der Schweizerischen Volksbank
nicht angefochten und erwuchs in Rechtskraft. Am 4. Mai wurde die
Mühlebesitzung unter Überbindung der Forderung der Ersparniskasse an
den Erwerber versteigert.

Einige Tage darauf, d. h. am 13. Mai 1910, richtete die Volksbank eine
Ergänzungseingabe an das Konkursamt, worin sie für ihre Forderung
von 5503 Fr. 30 Ets. gegen Feller (unter Berechnung von Zins und
Kommission bis zum 4. Mai 1910 den Titelsrechten entsprechend Anweisung
auf die Mühlebesitzung im I. Hypothekarrang verlangte und nunmehr den
Forderungstitel (Kaufbeile vom 23. März 1900) einlegte. Die Volksbank
machte geltend, die Kollozierung der Forderung sei anrichtigerweise
im II. Rang erfolgt, da ihrer ersten Eingabe die BEweismittel nicht
beilagen. Es werde Abänderung des Kollokations-und Konkurskammer. N°
85. 459

planes und der Rangstellung nach dem Forderttngstitel verlangt.
Die Hypothekarforderung der Ersparniskasfe Konolfingen stehe im Range
derjenigen der Volksbank nach.

Nachdem sie sich von der Richtigkeit der Angaben der Volksbank überzeugt
hatte, entsprach die Konkursverwaltung mit Verfügung vom 20. Mai 1910
ihrem Begehren und änderte demgemäss den Kollokationsplan dahin ab, dass
die Volksbank im I. Rang und die Ersparniskasse Konolfingen im II. Rang
auf den Erlös aus der Versteigerung der Mühlebesitzung kolloziert wurde.

B. Hiegegen führte die Ersparnis-fasse Konolfingen bei der kantonalen
Aufsichtsbehörde Beschwerde, mit dem Begehren um Aufhebung
der angefochtenen Verfügung. Zur Begründung führte sie aus, die
Ergänzungseingabe der Volksbank könne nicht als verspätete Konkurseingabe
im Sinne von Art. 251
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 251 - 1 Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
1    Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
2    Der Gläubiger hat sämtliche durch die Verspätung verursachten Kosten zu tragen und kann zu einem entsprechenden Vorschusse angehalten werden.
3    Auf Abschlagsverteilungen, welche vor seiner Anmeldung stattgefunden haben, hat derselbe keinen Anspruch.
4    Hält die Konkursverwaltung eine verspätete Konkurseingabe für begründet, so ändert sie den Kollokationsplan ab und macht die Abänderung öffentlich bekannt.
5    Der Artikel 250 ist anwendbar.
SchKG angesehen werden und der Kollokationsplan
sei daher zu Unrecht abgeändert worden. Zudem komme der Überbindung der
Pfandforderung an den Ersteigerer die gleiche rechtliche Wirkung zu,
wie einer Auszahlung des Erlöses aus der Verwertung des Pfandes, sodass
eine Änderung bezüglich des Pfandrechtsranges tatsächlich unmöglich
geworden sei und die Volksbank einen Anspruch auf das schon verteilte
Massavermögen sowieso nicht mehr erheben könnte.

Die kantouale Aufsichtsbehörde hat die Beschwerde mit Entscheid vom
29. Juni 1910 aus der zweiten von der Beschwerdeführerin entwickelten
Erwägung begründet erklärt, ohne die Frage zu prüfen, ob es sich bei
der zweiten Eingabe der Volksbank um eine ver-" spätete Eingabe im Sinne
von Art. 251
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 251 - 1 Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
1    Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
2    Der Gläubiger hat sämtliche durch die Verspätung verursachten Kosten zu tragen und kann zu einem entsprechenden Vorschusse angehalten werden.
3    Auf Abschlagsverteilungen, welche vor seiner Anmeldung stattgefunden haben, hat derselbe keinen Anspruch.
4    Hält die Konkursverwaltung eine verspätete Konkurseingabe für begründet, so ändert sie den Kollokationsplan ab und macht die Abänderung öffentlich bekannt.
5    Der Artikel 250 ist anwendbar.
SchKG gehandelt habe.

C. Diesen ihr am 16. September 1910 notisizierten Entscheid hat
die schweizerische Volksbank nunmehr innert Frist ans Bundesgericht
weitergezogen. Die Ausführungen der Rekurrentin lassen sich wie folgt
zusammenfassen: Laut Art. 219
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 219 - 1 Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
1    Die pfandgesicherten Forderungen werden aus dem Ergebnisse der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt.
2    Hafteten mehrere Pfänder für die nämliche Forderung, so werden die daraus erlösten Beträge im Verhältnisse ihrer Höhe zur Deckung der Forderung verwendet.
3    Der Rang der Grundpfandgläubiger und der Umfang der pfandrechtlichen Sicherung für Zinse und andere Nebenforderungen bestimmt sich nach den Vorschriften über das Grundpfand.392
4    Die nicht pfandgesicherten Forderungen sowie der ungedeckte Betrag der pfandgesicherten Forderungen werden in folgender Rangordnung aus dem Erlös der ganzen übrigen Konkursmasse gedeckt:
a  Die Forderungen von Personen, deren Vermögen kraft elterlicher Gewalt dem Schuldner anvertraut war, für alles, was derselbe ihnen in dieser Eigenschaft schuldig geworden ist. Dieses Vorzugsrecht gilt nur dann, wenn der Konkurs während der elterlichen Verwaltung oder innert einem Jahr nach ihrem Ende veröffentlicht worden ist.
abis  Die Rückforderungen von Arbeitnehmern betreffend Kautionen.
ater  Die Forderungen von Arbeitnehmern aus Sozialplänen, die nicht früher als sechs Monate vor der Konkurseröffnung entstanden oder fällig geworden sind.
b  Die Beitragsforderungen nach dem Bundesgesetz vom 20. Dezember 1946400 über die Alters- und Hinterlassenenversicherung, dem Bundesgesetz vom 19. Juni 1959401 über die Invalidenversicherung, dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die Unfallversicherung, dem Erwerbsersatzgesetz vom 25. September 1952402 und dem Arbeitslosenversicherungsgesetz vom 25. Juni 1982403.
c  Die Prämien- und Kostenbeteiligungsforderungen der sozialen Krankenversicherung.
d  Die Beiträge an die Familienausgleichskasse.
e  ...
f  Die Einlagen nach Artikel 37a des Bankengesetzes vom 8. November 1934406.
5    Bei den in der ersten und zweiten Klasse gesetzten Fristen werden nicht mitberechnet:
1  die Dauer eines vorausgegangenen Nachlassverfahrens;
2  die Dauer eines Prozesses über die Forderung;
3  bei der konkursamtlichen Liquidation einer Erbschaft die Zeit zwischen dem Todestag und der Anordnung der Liquidation.408
SchKG werden die pfandverficherten
Forderungen nach dem durch das kantonale Recht bestimmten Rang aus dem
Ergebnis der Verwertung der Pfänder vorweg bezahlt. Eine Kollokation
dieser Forderungen sei daher nicht notwendig. Es genüge, in der
Verteilungsliste ihren Rang festzustellen In casu sei nun die Ber-

460 B. Entscheidungen der Schuldbeireibungs-

teilungsliste noch nicht aufgestellt gewesen. Die Rekurrentin habe
durch Eingabe ihrer Forderung und genaue Angabe des Forderungstiiels,
aus welchem die Rangverhälnisse entnommen werden konnten, ihre Rechte
in genügender Weise gewahrt. Es sei unzulässig, in der Überbindung der
Pfandhaftung an den Ersteigerer der Mühlebesitzung schon eine definitive
Zuteilung zu erblicken. Die Rekurrentin habe bis zum Schluss des
Konkursverfahrens eine verspätete Konkurseingabe einreichen, bezw. durch
Vorlage ihres Forderungstitels ihre frühere Eingabe ergänzen können und
infolge ihrer neuen Eingabe habe der bereits in Rechtskraft erwachsene
Kollokationsplan abgeändert werden müssen.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. In Frage steht, ob das Konkursamt Bern-Stadt mit Recht den bereits in
Rechtskraft erwachsenen Kollokationsplan im Konkurs Feller nachträglich im
Sinn der Ergänzungseingabe der Rekurrentin abgeändert hat. Damit hat die
von der Rekurrentin aufgeworfene weitere Frage, ob die pfandrersicherten
Forderungen überhaupt in den Kollokationsplan aufzunehmen seien, nichts zu
tun. Die Rekurrentin setzt sich zudem mit dem in ihrer Ergänzungseingabe
gestellten Begehren, es sei der Kollokationsplan dahin abzuändern,
dass ihre Forderung im I. statt im II. Rang auf den Erlös aus der
Mühlebesitzung kolloziert werde, direkt in Widerspruch, wenn sie nunmehr
geltend macht, dass die pfandoersicherten Forderungen überhaupt nicht
in den Kollokationsplan gehören, weil ihr gegenseitiger Rang durch das
kantonale Recht bestimmt merde. Dass übrigens diese Auffassung unhaltbar
ist, bedarf keiner weitern Erörterung.

2. Zur Sache selber ist zu sagen, dass laut Art. 251
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 251 - 1 Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
1    Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
2    Der Gläubiger hat sämtliche durch die Verspätung verursachten Kosten zu tragen und kann zu einem entsprechenden Vorschusse angehalten werden.
3    Auf Abschlagsverteilungen, welche vor seiner Anmeldung stattgefunden haben, hat derselbe keinen Anspruch.
4    Hält die Konkursverwaltung eine verspätete Konkurseingabe für begründet, so ändert sie den Kollokationsplan ab und macht die Abänderung öffentlich bekannt.
5    Der Artikel 250 ist anwendbar.
SchKG verspätete
Konkurseingaben freilich bis zum Schluss des Konkursverfahrens angebracht
werden können und dass die Zulassung solcher Forderungen die Abänderung
eines bereits in Rechtskraft erwachsenen Kollokationsplanes zur Folge
haben kann, wobei der Gläubiger jedoch auf Abschlagsverteilungen, welche
vor seiner Anmeldung stattgefunden haben, keinen Anspruch hat.

Die Ergänzungseingabe der Rekurrentin vom 13. Mai 1910 kann aber nicht als
eine verspätete Konkurseingabe im Sinn vonund Konkurskammer. N° 85. 451

Art. 251
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 251 - 1 Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
1    Verspätete Konkurseingaben können bis zum Schlusse des Konkursverfahrens angebracht werden.
2    Der Gläubiger hat sämtliche durch die Verspätung verursachten Kosten zu tragen und kann zu einem entsprechenden Vorschusse angehalten werden.
3    Auf Abschlagsverteilungen, welche vor seiner Anmeldung stattgefunden haben, hat derselbe keinen Anspruch.
4    Hält die Konkursverwaltung eine verspätete Konkurseingabe für begründet, so ändert sie den Kollokationsplan ab und macht die Abänderung öffentlich bekannt.
5    Der Artikel 250 ist anwendbar.
SchKG angesehen werden. Unter diesem Begriff ist nur die
nachträgliche Geltendmachung eines materiellen Rechtsanspruchs zu
verstehen, welcher im Konkurs Überhaupt noch nicht eingegeben worden
war, in Verbindung mit dem Gesuch um nachträgliche Kollozierung
des Anspruchs. In casu liegt aber die Sache nicht so. Die Von der
Rekurrentin in ihrer zweiten Eingabe geltend gemachte Forderung
war von ihr bereits früher eingegeben und rechtsgültig kolloziert
worden. Sie konnte daher nicht den Gegenstand einer neuen Eingabe
bilden. Zn ihrer Ergänzungseingabe verlangte die Rekurrentin denn
auch lediglich die Kollozierung ihrer bereits in den Kollokationsplan
aufgenommenen Forderung, mit der alleinigen Änderung, dass sie einen
andern pfandrechtlichen Rang beanspruchte als den ihr im Kollokationsplan
zugewiesenen.

Es handelt sich somit in Wirklichkeit um eine Anfechtung des
Kollokationsplanes, welche laut Gesetz während der zehntägigen
Auslagefrift des Art. 250 auf dem Klageweg hätte erhoben werden
sollen. Die Rekurrentin hat diese Unterlassung dadurch gut zu machen
versucht, dass sie zum Aushülfsmittel einer angeblich verspäteten
Konkurseingabe griff. Ein solches Vorgehen lässt sich aber mit dem
Gesetz nicht vereinbaren. Die Auffassung der Rekurrentin würde in
Wirklichkeit dazu führen, dass der Rang sämtlicher im rechtskräftig
gewordenen Kollokationsplan enthaltener Forderungen bis zum Konkursschluss
wieder in Frage gestellt werden könnte, was selbstverständlich durchaus
unzulässig wäre. Das Konkursamt hat demnach die nachträgliche Eingabe
der Rekurrentin zu Unrecht in Betracht gezogen und den Kollokationsplan
dementsprechend abgeändert.

3. Unter diesen Umständen braucht das weitere, von der Ersparniskasse
Konolfingen in ihrer Beschwerde an die kantonale Aufsichtsbehörde
vorgebrachte Argument, welches die Vorinstanz zum ihrigen gemacht
hat und wonach in der Überbindung der Forderung der Ersparniskasse an
den Ersteigerer bereits eine definitive Zuteilung des Erlöses an die
Ersparniskasse zu erblicken sei, nicht näher untersucht zu werden, da
das in Erwägung 2 hievor entwickelte Motiv schon an sich notwendig zur
Abweisung des Rekuxses und zur Bestätigung des Vorentscheides führt.

462 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer erkannt: Der Rekurs
wird abgewiesen.

86. Entscheid vom 19. Oktober 1910 in Sachen Holler-Cswald.

Art. 17 Abs. 2
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 17 - 1 Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
1    Mit Ausnahme der Fälle, in denen dieses Gesetz den Weg der gerichtlichen Klage vorschreibt, kann gegen jede Verfügung eines Betreibungs- oder eines Konkursamtes bei der Aufsichtsbehörde wegen Gesetzesverletzung oder Unangemessenheit Beschwerde geführt werden.25
2    Die Beschwerde muss binnen zehn Tagen seit dem Tage, an welchem der Beschwerdeführer von der Verfügung Kenntnis erhalten hat, angebracht werden.
3    Wegen Rechtsverweigerung oder Rechtsverzögerung kann jederzeit Beschwerde geführt werden.
4    Das Amt kann bis zu seiner Vernehmlassung die angefochtene Verfügung in Wiedererwägung ziehen. Trifft es eine neue Verfügung, so eröffnet es sie unverzüglich den Parteien und setzt die Aufsichtsbehörde in Kenntnis.26
SchKG: Beginn der Frist zur Anfechtung des Zah-lungsbefehls
auf dem Beschwerdeweg durch den Gläubiger. Recht und Pflichtdes
Betreibungsamtes, begangene Fehler während der Beschwerdefrist zu
berichtigen. Zulässigkeit der nachträglichen Streichung einer ohne
Begehren des Gläubigers in einer Pachtzinsbetreibnng in den Zahlungsbefehl
aufgenommenen Answeisnngsandrohung ohne Anhebung einer neuen Betreibung.

A. Am 30. Juli 1910 hat Hermann Rüetschi, Glockengiesser in Aarau, für
eine Pachtzinsforderung von 500 Fr. ein Betreibungsbegehren gegen den
Rekurrenten Jakob Koller-Oswald, früher Färber in Aarau, eingereicht, mit
der Bemerkung, dass er Wahrung seines Retentionsrechtes und Einleitung der
Betreibung aus Pfandverwertung verlange. In dem dem Rekurrenten gleichen
Tages zugestellten Zahlungsbefehl war ihm ausserdem die Vertragsauflösung
und Ausweisung für den Fall der Nichtbezahlung innert sechzig Tagen nach
Art. 312
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 312 - Durch den Darlehensvertrag verpflichtet sich der Darleiher zur Übertragung des Eigentums an einer Summe Geldes oder an andern vertretbaren Sachen, der Borger dagegen zur Rückerstattung von Sachen der nämlichen Art in gleicher Menge und Güte.
OR angedroht.

Gegen diesen von ihm nicht verlangten Zusatz protestierte der Gläubiger
bei Erhalt des Doppels des Zahlungsbefehls nach Ablauf der Frist zur
Erhebung des Rechtsvorschlages; das Betreibungsamt strich infolgedessen
den bezüglichen Passus im Gläubigerdoppel und gab dem Schuldner davon
am 17. August schriftlich Kenntnis

B. Dieser beschwerte sich hierüber bei der untern Aufsichtsbehörde,
mit dem Begehren um Aufhebung der nachträglichen Abänderung des
Zahlungsbefehls, welcher für beide Parteien in Rechtskraft erwachsen sei.

Der Gerichtspräsident von Aarau als untere Aufsichtsbehörde wies die
Beschwerde mit Entscheid vom 31. August 1910 ab-und Konkurskammer. N°
86. 463

hob jedoch gleichzeitig die ganze Betreibung als eine irrtümliche auf,
da die nach Ablauf der zehntägigen Beschwerdefrift erfolgte Abänderung des
Zahlungsbefehls nicht geschützt werden könne, und hielt das Betreibungsamt
an, eine neue, dem Begehren des Gläubigers entsprechende Betreibung
anzuheben.

Die kantonale Aufsichtsbehörde dagegen, an welche der Schuldner weiter
rekurrierte, begnügte sich damit, die Androhung der Vertragsauflösung
und der Ausweisung in beiden Exemplaren des Zahlungsbefehles als
ungültig zu erklären und hob die weitergehenden Anordnungen der
untern Aufsichtsbehörde auf. Dieser Entscheid ist in der Hauptsache
wie folgt motiviert: Nach Art. 282
SR 281.1 Bundesgesetz vom 11. April 1889 über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG)
SchKG Art. 282
SchKG sei bei der Betreibung für
Mietund Pachtzinsforderungen die fragliche Androhung nur aufBegehren
des Gläubigers in den Zahlungsbefehl aufzunehmen. Wenn nun das Amt in
casu unterlassen habe, den bezüglichen Passus im amtlichen Formular
zu streichen, so habe es gesetzwidrig und offenkundig aus Versehen
gehandelt. Laut konstanter bundesgerichtlicher Praxis können solche
Massnahmen vom Amt selber innert der zehntägigen Beschwerdefrist und
absolut anfechtbare, wie die vorliegende, auch nach Ablauf dieser Frist
vom Amt berichtigt werden. Von einer Konvaleszenz des Zahlungsbefehls
könne in casu deshalb keinesfalls die Rede sein, weil die amtliche
Berichtigung am 17. August stattgefunden habe und zu dieser Zeit
die Beschwerdefrist dem betroffenen Gläubiger noch offen gestanden
fei. Doch hätte das Amt auch das Schuldnerdoppel des Zahlungsbefehls
berichtigen sollen, was nachzuholen sei. Zu einer Aufhebung des ganzen
Betreibungsverfahrens liege dagegen eine Veranlassung nicht vor, zumal
nicht der geringste Anhalt dafür bestehe, dass der Schuldner zur Erhebung
des Rechtsvorschlages einen rechtlichen Grund hätte.

C. Hiegegen hat Kollet-Oswald innert Frist ans Bundesgericht rekurriert
und verlangt, die nachträgliche Abänderung des Zahlungsbefehles
sei als unzulässig zu erklären und der Zahlung-sbefehl in seinem
ursprünglichen Jnhalt aufrecht zu erhalten, eventuell es fei der
erstinstanzliche Entscheid wieder herzustellen. Zur Begründung macht der
Rekurrent geltend, er habe, um der drohenden Ausweisung zu entgehen,
das Pachtobjekt verlassen und mit Rücksicht daraus auch unterlassen,
einen Rechtsvorschlag zu
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 36 I 458
Date : 14. Oktober 1910
Published : 31. Dezember 1910
Source : Bundesgericht
Status : 36 I 458
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : 458 B Entscheidungen der Schuldbetreibungs- 85. Eutscheid vom 14. Oktober 1910 in


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OR: 312
SchKG: 17  219  251  282
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