864 B. Entscheidungen der Schuldhetreibungs-

145. Entscheid vom 20. Dezember 1909 in Sachen· Feuer-its

Art. 244 SchKG: Einhaltung der Erklärung des Gemeinschuldners über die
Konkurseingaben. Anrecht eines jeden Koltektivgesellschaftm's. Rechtliche
Natur der Vorschrift. Bcrcchmmg der Beschwerde- frist. Kein Einschreiten
des Bundesgerichts von Amtes wegen und keine Rechtscerwcigeruny.

A. Unterm 18. Oktober 1906 hat der Rekurrent Domeuico Toneatti,
Bauunternehmer in Frutigen, als Teilhaber der seit dem 19. Juni 1909
im Konkurs befindlichen Kollektivgesellschafti Götz, Toneatti & Cie in
Jnterlaken bei der kantonalen Aufsichtsbehörde Beschwerde geführt mit
folgenden Anträgen:

1. Es sei der Kollokationsplan im genannten Konkurs aufzuheben. _ '

2. Das Konkursamt Interlaken als Konkursverwaltung sei anzuhalten,
in Gemässheit von Art.244 SchKG vorzugehen und

über die Konkurseingaben des R. Bocci, des F. Hutmacher sowie--

der übrigen Gläubiger die Erklärung der Gesellschafter einzuholen.

3. Die Aufsichtsbehörde möchte im übrigen zum Schutz derbeiden
Gesellschafter Götz und Toneatti die ihr erforderlich scheinenden
Massnahmen von Amtes wegen treffen.

Zur Begründung dieser Begehren führte der Rekurrent aus, nachder
im Amtsblatt vom 27. September 1909 erfolgten Publikation sei der
Kollokationsplan nur vom 28. September bis und mit dem 5. Oktober,
statt wie gesetzlich bis und mit dem 8. Oktober, auf dem Konkursamt
aufgelegen. Ferner sei bei der Aufstellung desselben von der
Konkursverwaltung unterlassen worden, über jedeKonkurseingabe die
Erklärung der Gemeinschuldnerin einzuholen-

B.Mit Entscheid vom 9. November 1909 hat die kantonale Aufsichtsbehörde
gestützt auf die von ihr eingeholte Vernehmlassung des Konkursamtes
Jnterlaken die Beschwerde aus folgenden Gründen abgewiesen: Es sei
allerdings richtig, dass im bernischen Amtsblatt vom 27. September,
nicht aber im schweizerischen Handelsamtsblatt, als Schlusstag der
Anfechtungsfrist irrtümlicherweise der 5. Oktober angegeben gewesen
sei. Die bezügliche Beschwerde sei jedoch verspätet eingereicht worden,
da die gesetzliche Beschwerde-und Konkurskammer. N° 145. 865

ifrist vom 1. Tag der Auflage des Kollokationsplanes und nicht vom Auslan
der Auflagefrist an laufe. Was den weitern Beschwerdepunkt anbetreffe, so
könne, abgesehen davon, dass die Teilhaber der Gemeinschuldnerin, wie der
Konkursverwalter ausführe und es der Rekurrent bezüglich seiner eigenen
Person selbst zugebe, mit Ausnahme des Götz nach Ablauf der Auflagefrist
landesabavesend gewesen seien und es demnach dem Konkursverwalter gar
nicht möglich gewesen sei, dieselben einzuvernehmen, auch hier formell
wegen verspäteter Einreichung der Beschwerde auf dieselbe nicht mehr
eingetreten werden.

C, Diesen Entscheid hat der Rekurrent rechtzeitig ans Bundesgericht
weitergezogen mit dem Antrag, es seien in Abänderung desselben die von
ihm vor der Vorinstanz gestellten Begehren zu schützen. Er macht geltend,
der Vorentscheid erweise sich als gesetzwidrig, zudem involviere er
eine Rechtsverzögerung oder Rechtsverweigerung. Die Begründung der
rechtzeitigen Beschwerdeeinreichung liege im Gesetz und es müsse daher
in formeller Beziehung auf seine Beschwerde eingetreten werden. Sodann
wird ausgeführt, Art. 244 SchKG enthalte eine zwingende Norm und es habe
daher der Konkursverwalter von Amtes wegen über die Konkurseingaben die
Erklärung des Gemeinschnldners einzuholen.

Die kantonale Aufsichtsbehörde hat von Gegenbemerkungen zum Reknrs
abgesehen, das Konkursamt Jnterlaken hat sich auf seine Bernehmlassung
an die kantonale Aufsichtsbehörde berufen.

Die Schuldbetreibungs und Konkurskammer zieht in Erwägung:

1. Was zunächst den Hauptbeschwerdegrund d. f). die Unterlassung
der Einholung der Erkärung des Rekurrenten über die Konkurseingaben
anbetrisst, so hat, da beim Konkurs der Kollektivgesellschaft in
Ermangelung eines einheitlichen Rechtssubjekts die Gesellschafter im
Grunde genommen als die Träger des Konkurses erscheinen, allerdings
grundsätzlich jeder derselben, sofern

er nicht von der Geschäftsführung ausgeschlossen ist, ein Anrecht

an Mitwirkung bei der Erwahrung der Konkursforderungen. Dagegen kann
dem Rekurrenten darin nicht beigepflichtet werden, dass die Vorschrift
des Art. 244 SchKG als eine zwingende

Norm des öffentlichen Rechtes anzusehen sei, wegen deren Nicht-

866 B. Entscheidungen der Schuldbetreibungs-

beachtung der Kollokationsplan jede rzeit angefochten werden könnte.
Dies wäre schon von der Erwägung ans unzulässig, dass damit sämtliche auf
den Kollokationsplan gestützte Prozesse auf unbestimmte Zeit hinaus in
Frage gestellt würden. Es liegt aber auchfür die Offentlichkeit kein Grund
vor, von Amtes wegen für die Einziehung dieser Erkundignngen zu sorgen.

Wenn dem Gemeinschuldner auch durch den (an und für sich durchaus
zulässigen) Verzicht der Gläubiger auf Einholung seinerErklärungen über
die Konkursforderungen eventuell insofern ein Nachteil erwachsen sollte,
als eine Forderung zugelassen würde, deren Wegweisung er vielleicht schon
von der Konkursverwaltung hätte erwirken können, so ist zu sagen, dass ihm
die Geltendmachung der ihm gegen diese Forderung zustehenden Einreden auch
nachAustrag des Konkurses ja immer nach möglich ist. Ebensowenig kann eine
Anerkennung der Forderung seinerseits in den. Verlustschein eingetragen
werden und wesentlich zur Ermöglichung dieser Angabe ist Art. 244
zit. überhaupt ins Gesetz aufgenommen worden , sodass der Verlustschein
auch nicht als Schuldanerkeunuug gegen ihn benutzt und verwertet werden
könnte-. Gegen die Zulassung der Forderung im Konkursverfahren aber kann
der Schuldner sich Überhaupt auf keine andere Art und Weise wehren als
dadurch, dass er seine Einwendungen bei der Erwahrung der Forderungen
anbringt; werden sie von der Konkursverwaltung nicht berücksichtigt, so
steht ihm jedoch gegen die trotzdem verfügte Zulassung der betreffenden
Forderung zur Teilnahme am Konkursverfahren ein Rechtsmittel nicht zu
GeboteBegibt sich nun der Schuldner, wie in casu, entgegen der Vor
schrift des Art. 229 SchKG während des Konkursverfahrens insAusland
und versetzt er sich damit selbst in die Unmöglichkeit, rechtzeitig
bei der Erwahrung der Konkursforderungen mitzuwirken, so kann er sich
nachträglich nicht darüber beschweren, dass sie vorgenommen worden sei,
ohne dass er angehört worden wäre Hieraus folgt, dass die Vorinstanz
die Beschwerde insofern mit Recht als verspätet abgewiesen hat.

2, Auch das weitere Begehren des Rekurrenten, es sei der Kollokationsplan
wegen mangelhafter Publikation aufzuheben, istvon der kantonalen
Aufsichtsbehörde mit Recht als verspätet be-und Konkurskammer. N°
1 46. 867

zeichnet worden und es ist die Behauptung des Rekurrenten, die Begrundung
der rechtzeitigen Beschwerdeeinreichung liege im Gesetz selber, in keiner
Weise geeignet, den Vorentscheid zu entkräften.

Ebensowenig kann es sich für das Bundesgericht darum handeln,
wie vom Rekurrenten auch noch verlangt, von Amtes wegen gegen
die. Konkursverwaltung einzuschreiten.

Daass m casu endlich von einer Rechtsverweigerung oder Rechts-.
verzogeruug im Sinn von Art. 17 ff . SchKG nicht die Rede sein fame,
bedarf keiner weitern Erörterung.

Demnach hat die Schuldbetreibungs und Konkurskammer

erkannt:

Der Rekurs wird abgewiesen.

146. Eurictjeid vom 27. Dezember 1909 in Sachen Jaron.

Betreibungsort. Art. 46 SchKG: Begri/f des Wohnsitzes. Zustel-lung
der Betreibungsurkunden. Art. 64 Abs.1 SchKG: Folgen der
Annahmewrweiyerung. Art. 72 Abs. 2 SchKG . Inhalt der
Zustellungsbesc/ieinigng. Anfechtbarkeii bezw. Nichtigkeit.

_ A. Der Rekurrent Michael Jalon -Rosenmann, Inhaber eines Import: und
Erportgeschäfts in London, welches er in den letzten Jahren von Basel
aus geleitet hatte, meldete sich dort Ende September 1909 polizeilich
ab und bezahlte seine Steuern wegen Abreise. Seither hält sich Jalon
in London auf, wo er in einem boarding-house zwei Zimmer zu 10 sh per
Woche gemietet hat. Seine Frau und seine Kinder sowie sein Hausrasind
dagegen nach wie vor in Basel und es ist das von ihnen weiter bewohnte
Einfamilienhaus nach dem auf den Sohn ausgestellten Mietvertrag vom
1. Oktober 1909 noch auf drei Jahre fest gemietet.

Inzwischen hatte J. J. Anner, Kaufmann in Reutlingen, gestützt auf vier
Akzepte gegen den Rekurrenten ein Betreibungsbegehren für 30,000 Fr. nebst
Zins zu 50/0 seit 15. Januar 1909 gestellt. Behufs Zustellung des hierauf
vom Betreibungs-. amt Baselstadt gegen Jalou erlassenen Zahlungsbefehls
Nr. 73,397I
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 35 I 864
Date : 20 décembre 1909
Publié : 31 décembre 1909
Source : Tribunal fédéral
Statut : 35 I 864
Domaine : ATF- Droit constitutionnel
Objet : 864 B. Entscheidungen der Schuldhetreibungs- 145. Entscheid vom 20. Dezember 1909


Répertoire des lois
LP: 17  46  64  72  229  244
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
acte de défaut de biens • acte de poursuite • administration de la faillite • adulte • autorisation ou approbation • autorité inférieure • ayant droit • bâle-ville • chambre • commandement de payer • commerçant • créance • créance dans la faillite • d'office • débiteur • déclaration • délai • exactitude • feu • feuille officielle • feuille officielle suisse du commerce • for de la poursuite • intérêt • jour • maison familiale • motivation de la décision • moyen de droit • moyen de droit cantonal • nullité • objection • office des faillites • procédure de faillite • question • rencontre • réquisition de poursuite • société en nom collectif • sujet de droit • tribunal fédéral • état de collocation