300 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

42. guten vom 19. Mai 1906 in Sachen göaisser, Bekl. u. Hauptber.-Kl.,
gegen gem, Kl. u. Anschlussber.-Kl.

Haftung des Veranstalters eines Velowettfahrens, Art. HO ff. OR. -Messe
der E-ntsclzà'dtîgung bei. Körperverletzung (Knieverleéwng),
Mitverscsi'mlden des Geschädigten? Art. 116 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 116 - 1 Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
1    Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
2    Insbesondere bewirkt die Eingehung einer Wechselverbindlichkeit mit Rücksicht auf eine bestehende Schuld oder die Ausstellung eines neuen Schuld- oder Bürgschaftsscheines, wenn es nicht anders vereinbart wird, keine Neuerung der bisherigen Schuld.
OR. Berechnung der"
bleibe-intenMinderung der Erwerbsfdhigkeit bei einem i4jd'kmgm Knaben.

A. Durch Urteil vom 13. Februar 1906 hat die II. Appellationskammer des
Obergerichts des Kantons Zürich erkannt:

Der Beklagte ist schuldig, an den Kläger 8000 Fr. nebst Zins zu 5 00
seit dem 20 Dezember 1904 zu bezahlen

B Gegen dieses Urteil hat der Beklagte rechtzeitig und in richtiger Form
die Berufung an das Bundesgericht eingelegt Die Berufungsanträge lauten:

1. Es sei das angesochtene Urteil aufzuheben und die Klage der Gegenpartei
gänzlich abzuweisen, eventuell nach durchgeführtem Beweis-verfahren

L. Eventuell: es sei die geforderte Streitsumme nach richterlichem
Ermessen erheblich zu reduzieren, und zwar auf den Betrag von 500 Fr.

3. Eventuell weiter: es sei dem Kläger lediglich eine jährliche Rente
zuzusprechen

G. Der Klager hat sich der Berufung rechtzeitig Und formt-ichtig
angeschlossen und den Antrag gestellt:

Es sei die Klage des H Renz in dem ganzen Umfange, wie sie vor
Bezirksgericht Zürich geltend gemacht worden sei, gutzuheissen Und
demgemäss das erstinstanzliche Urteil in allen Teilen zu bestätigen.

D. In der heutigen Verhandlung haben die Vertreter der Parteien je
auf Gutheissung der eigenen und Abweisung der gegnerischen Berufung
angetragen. Hinsichtlich seines eventuellen Antrages auf Zusprechung
einer Rente hat der Vertreter des Bektagten heute erklärt, es werde
deren Sicherstellung anerboten.

Das Bundesgericht zieht in Erwagung: 1 Der Beklagte veranstaltete am
25. September 1904 auf

III. Obligationenrecht. N° 42. 801

der von ihm gepachteten Rennbahn zur Hardau in Zürich ein Velorennen,
zu welchem der Kläger, der am 15. Dezember 1890 geboren isf, ein
Kinderbillet löste. Die eine Ellipfe bildende Rennbahn war gegen den
Zuschauerraum durch Pfosten abgetrennt, die einige Meter von einander
entfernt und durch Querstangen an ihrem obern Ende verbunden waren. Der
Klager nahm Platz auf der 60 (Sm. von der Einfriedigung entfernten ersten
Bank hinter der südwestlichen Kurve. Beim Rennen kam ein Velosahrer zu
Fall, sein ihm folgender Schrittmacher konnte mit seinem Motorrad an ihm
vorbeikommen, der ihm unmittelbar nachfolgende Velofahrer Braun stürzte
aber ebenfalls unmittelbar nach dem Durchpassierenz der diesem folgende
Schrittmacher Lance fuhr, um auszuweichen, mit seinem Motorvelo zu weit
an das Geländer heran, riss dabei den links vom Kläger befindlichen Pfahl
um und streifte mit dem Pedal das linke Bein des Klägers, der inzwischen
ans die Bank gestanden war, sich mit den Händen aus die Querstange der
Einfriedigung gestützt vorübertehnte und das linke Bein von der Bank
nach vorn gezogen hatte. Der Kläger erlitt einen komplizierten Bruch des
linken Kniegelenkes und eine Weichteilwunde des linken Unterschenkels. Er
blieb bis 28. November 1904, an welchem Tage er als gebessert entlassen
wurde, im Kantonsspital in Zürich und wurde nachher noch längere Zeit
poliklinisch behandelt Gegen den Beklagten wurde Strafklage wegen
fahrlässiger Körper-verletzung eingeleitet, jedoch in der Folge mangels
eines dem Beklagten zur Last fallenden strafbaren Verschuldens sistiert.

2. Mit seiner heute wieder im vollen Umfange aufgenommenen Klage
macht der Kläger nun den Beklagten als Veranstalter des Vetorennens
aus Vertrag, event. aus Art. 50 ff
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
. und 67 OR, haftbar für den ihm
entstandenen Schaden aus bleibender Minderung der Erwerbsfähigkeit,
die er auf den eingeklagten Betrag von 4000 Fr. bezifsert. Der Beklagte
hat die ans Fakt. B ersichtlichen Anträge damit begründet, es falle
ihm kein Verschulden zur Last, eventuell sei seine Schadenersatzpflicht
zu reduzieren wegen Mitverschuldens des Klägersz endlich sei die Höhe
des dem Kläger erwachsenen Schadens nicht so gross, wie dieser sie
schätze. Während die I. Instanzdie Klage im ganzen

302 A. Entscheidungen des Bundesgerichis als oberster
Zivilgerichtsinsianz,

Umfange guthiess, hat die Il. Instanz das in Fakt. A mitgeteilte Urteil
erlassen, gegen das nunmehr beide Parteien wieder ihre ursprünglichen
Anträge aufgenommen haben.

3. Ju rechtlicher Beziehung hat der Kläger in erster Linie es als
vertragliche Pflicht des Beklagten hingestellt, die Zuschauer gegen
voraussehbare Gefahren zu schützen, und es dabei als unerheblich
bezeichnet, unter welche Vertragskategorie man den durch Lösen des
Zuschauerbillets entstandenen Vertrag einreihen wolle. Dieser Standpunkt
ist durchaus zutreffend. Es geniigt, als Vertragspflicht des Beklagten
festzustellen, dass er mit aller Sorgfalt für Vorkehrungen zum Schutze
des Publikums seiner EVertragstontrahenten gegen die hier in concreto
zu erwartenden Gefahren eines solchen Unternehmens zu sorgen hatte. Die
Leistungen des Beklagten, auf welche der Löser eines Villers Anspruch
erwirbt, bestehen einmal im Vor-führen des Wettrennens, und sodann im
anverfügungstellen eines seinem Zwecke entsprechenden Platzes; damit der
Platz zweckentsprechend sei, muss nun aber das Zusehen gestattet sein,
ohne dass sich der Zuschauer Gefahren aussetzt, die abgehalten werden
können. Eine solche Pflicht ergibt sich aus der Natur des Vertrages,
heisse man ihn wie immer, und es hat denn auch der Beklagte nicht
bestritten, dass er die verkehrsübliche Sorgfalt zu beobachten hatte;
seine Verteidigung geht vielmehr dahin, er habe die verkehrsübliche
Sorgfalt beobachtet und damit seinen Vertragspflichten genügt;
insbesondere habe er alle Anordnungen getroffen, die von der Polizei
verlangt worden seien. Allein damit zieht der Beklagte den Kreis seiner
Pflichten zu eng; er hat nicht nur eine Sorgfalt, wie sie vielleicht von
gleichartigen Unternehmern tatsächlich oft geübt wird, sondern jede zum
Schutze des Publikums gegen voraussehbare Gefahren notwendige Sorgfalt zu
beobachten; auch eine allgemeine Übung kann in dieser Hinsicht vielleicht
ungenügend sein, und die Berufung darauf vermöchte den Beklagten nicht zu
entlasten. Ebensowenig entschuldigt den Beklagten eine zu grosse Nachsicht
der Polizeiorgane. Soweit die Mängel der vorhandenen Einrichtung einer
solchen Schaubühne dem Vertragsgegner erkennbar find, könnte allerdings
vielleicht von einem stillschweigenden Einverständnis mit der Gefahr
gesprochen und damit eine Haftung ab-ill. Obligationenrecht. N° 42. 303

gelehnt werden. Allein im vorliegenden Falle war der Beklagte allein
im Stande, die besondern Gefahren des Unternehmens zu beurteilen, und
jedenfalls war der Kläger, in Anbetracht seines jugendlichen Alters,
dazu ausser Stunde. Als unterlassene Vorkehr, die mit dem entstandenen
Schaden kausal sein kann, kommt nun hier nur in Betracht die Herstellung
einer festen BretterWand, welche den Zuschauerraum gegen die Rennbahn so
deckt, dass der Körper der Zuschauer nicht verletzt werden kann. Das
Anstossen der Renner an die Umzäumung der Rennbahn in Fällen, wo
letztere durch Gestürzte versperrt wird, gehört zum normalen Risiko
eines solchen Unternehmens wie es jeder Rennunternehmer voraussehen
kann, und ebenso voraussehbar ist die Möglichkeit einer Verletzung der
zunächst an der Barriere befindlichen Zuschauer bei solchen Fällen
von Anstossen an die Barriere. Wenn nun die Vorinstanz feststellt,
dass in solchen Fällen das Anbringen einer Bretterwand genügt hatte,
so handelt es sich hiebei nicht um eine Rechtsfrage, sondern um eine
Frage sachverständigen Ermessens, und das Bundesgericht hat daher
die bezügliche Feststellung nicht zu überpriifen. Zur Herstellung des
Kausalzusammenhanges zwischen schnldhaster Unterlassung und Schaden genügt
es aber, dass das Schadensereignis als normale Folge der Unterlassung
erscheint, und der Kläger braucht nicht darzutun, dass jede andere
Schadeusursache überhaupt und unbedingt ausgeschlossen gewesen sei; auch
kann sich der Beklagte nicht darauf berufen, dass trotz der von ihm nun
verlangten Massregel der Schaden vielleicht doch in anderer Weise hätte
herbeigeführt werden können. Dass das Anbringen einer Bretterverschalung
an sich zur Verhütung derartiger Unfälle geeignet ist, ergibt sich auch
aus den zwei weitern Feststellungen der Vorinstanz, dass die Polizei nach
dem Unfalle eine solche Massregel anordnete, und dass sie anderwärts in
Genf bei einer Rennbahn angebracht wurde. Ob die Vorinstanz zu letzterer
Feststellung gelangen durfte unter Ausserachtlassung der Beweisofferte
des Beklagten dafür, dass andern Orts nicht mehr verlangt werde als er
verkehrte, ist eine vom Bundesgericht nicht zu überprüfende Frage des
Fantonalen Prozessrechts Endlich steht fest, dass der Beklagte früher
eine solche Bretterverschalung hatte und dass er sie lediglich nicht

804 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

mehr erneuerte, nachdem sie ihm gestohlen worden war. Aus diesen
Ausführungen folgt, dass der Beklagte schuldhaft in Verletzung
feiner Vertragspflichten eine Sicherungsmassregel unterlassen hat,
die geeignet war, den Unfall zu verhüten. Es ist dabei noch speziell
darauf hinzuweisen, dass es dem Beklagten oblag, nachzuweisen; dass ihn
ein Verschulden nicht treffe, da ja seine Haftung in erster Linie auf
Vertrag gestützt wird (Art. 110 SSR).

4. Die erste Instanz hatte angenommen, dem Kläger falle ein gewisses
Mitverschnldeu zur Last, und der Beklagte hält auch heute noch
an diesem Standpunkt fest. Richtig ist, dass ein Mitverschulden
des Geschädigten nach dem allgemeinen Grundsatze der Bemessung des
Schadenersatzes unter Würdigung aller Umstände (Art. 116 Abs. 2
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 116 - 1 Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
1    Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
2    Insbesondere bewirkt die Eingehung einer Wechselverbindlichkeit mit Rücksicht auf eine bestehende Schuld oder die Ausstellung eines neuen Schuld- oder Bürgschaftsscheines, wenn es nicht anders vereinbart wird, keine Neuerung der bisherigen Schuld.
OR)
auch in Vertragsverhältnissen zu berücksichtigen ist (BGE 26 II S. 63
Erw. 6, u. E. Chr. Bui-ci: hardt, in Verh. d. schweiz. Juristenvereins,
Jahrg. 1903, S. 81, =?). s. schw. SR. NF 22 S. 499). Allein mit Recht hat
die II. Jnstanz von der Annahme eines Mitverschuldens abgesehen. Dass der
Kläger auf seiner Bank aufstand wie seine Mitzuschaner und sich gegen die
nur 60 Em. von derselben entfernte Barriere lehnte, war jedenfalls kein
vertragswidriges Verhalten seinerseits, zumal ein vertragliches Verbot
nicht vorlag. Dass er aber eine Gefahr erkennen musste, dagegen spricht
einmal sein jugendliches Alter und sodann die Geschwindigkeit mit der
sich das gefährdende Ereignis vollzog; diese Geschwindigkeit schliesst
die Annahme der I. Instanz aus, dass der Kläger habe erkennen können,
dass auf der Rennbahn etwas in Unordnung war, und dass er deshalb seinen
Körper hätte zurückziehen sollen; der Erkennbarkeit der Gefahr infolge
des Sturzes folgte unmittelbar die Verletzung des Klägers; denn wie aus
den Zeugenaussagen im Strafverfahren hervorgeht, folgte dem Sturze des
ersten Fahrers unmittelbar derjenige des zweiten und das Anrennen des
Motorfahrers Lance, der den Kläger verletzte, und zwar so rasch, dass
der erstgestiirzte Fuhrer, obschon er sofort aussprang und sich und sein
Velo aus der Rennbahn entfernen wollte, dazu nicht mehr im Stande war.
Dass endlich der Kläger sein linkes Bein in den Luftraum der Rennbahn
habe hinausschienkern lassen, wie der Vettagte behaupten ist nicht
bewiesen; das Nachziehen des Beiues warIII. Obligationenrecht. N° 42. 305

offenbar eine ganz unwillkürliche mit dem Vorlehnen verbundene Bewegung,
die bei den gegebenen Umständen dem Kläger nicht zum Verschulden
augerechnet werden kann.

5. Was nun den dem Kläger erwachsenen Schaden betrifft, so bezeichnet
die von beiden Vorinstanzen als Basis der Schadensberechnung angenommene
Expertise als bleibende Nachteile: 1. eine erhebliche Verminderung
der Funktionssähigkeit des linken Beines im Kniegelenk, die Beugung
sei nur bis zum rechten Winkel möglich; 2. eine gewisse Unsicherheit
im Gebrauche des linken Knirs, insbesondere auch bei der Belastung,
infolge der Lockerung des Kniescheibenbandes und der Gelenkkapselz
3. eine Anwartschaft auf spätere Entzündungen im Kniegelenk, welche
entstehen können durch die Reizung des Gelenkes infolge der abgesprengten
Knochenpartien und der noch im Gelenk nachweisbaren Knochensplitter. Die
Schlüsse der Expertise lauten dahin: 1. Die Arbeitsfähigkeit des Klägers
sei durch den bleibenden Nachteil dauernd um 15 20 jo vermindert. 2. Dem
Kläger seien alle Berufsarten zur Erlernung und Ausübung durch den
betreffenden Nachteil verschlossen, welche Arbeit im Knieen, Erklettern
von Leitern, intakte Sicherheit im Gebrauche des Kniegelenkes und starke
Belastung desselben erheischen; somit insbesondere auch der Beruf eines
Bauspenglers 3. Es bestehe wenig Aussicht, dass fici), in Anbetracht
des jugendlichen Alters des Klägers, der betreffende bleibende Nachteil
ver-mindere Endlich führt die Expertise in Beantwortung einer speziellen
Frage des Beklagten aus, die Verletzungen des Klägers haben durch dessen
Sprung von der Bank keine Verschlimmerung erlitten, welche von Einfluss
auf die Grösse des bleibenden Nachteils sei. Unter Zugrundelegung dieses
Gutachtens und bei der Annahme eines künftigen Taglohnes von 5 Fr. war die
I. Instanz dazu gelangt, einen bleibenden Nachteil von 5700 Fr. Gährlicher
Ausfall von 17 1/2 0/0 auf 1500 Fr. = 260 Fr., kapitalisiert auf das
Alter des Klägers zur Zeit des Unfalls) anzunehmen, den sie wegen der
Vorteile der Kapitalabfindung auf 5000 Fr. und wegen Mitverschuldens
des Klägers aus den eingeklagten Betrag von 4000 Fr. reduziert hat. Die
II. Instanz ist zu einer weitern Reduktion gelangt, hauptsächlich

' mit Rücksicht auf das jugendliche Alter des Klägers und den

'306 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster
Zivilgerichtsinstanz.

Umstand, dass er noch während einer Reihe von Jahren gar kein
Einkommen beziehen merde, sowie mit Rücksicht daraus, dass ihm noch
eine ganze Anzahl von Beruer offen stehe. Diese Berechnung erscheint
als rechts-irrtümlich und dem Inhalte des ärztlichen Gutachtens nicht
entsprechend Denn aus dem letztern ergibt sich, dass der Experte
in seiner Taxaiion der Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers
auf dessen jugendliches Alter und das grosse ihm noch freistehende
Arbeitsfeld schon Rücksicht genommen hai, wie denn Überhaupt sonst die
Funktionsftörungen des Kniegelenkes höher bewertet werden (Kaufmann,
Spb. der Unfallverletzungen, 2. Aufl S. 422); der Kläger leidet aber
zudem nicht nur an diesen gewöhnlichen Funktionsstörungen, sondern es
kommt die erhebliche Disposition zu Gelenkentzündungen mit schweren
Folgen hinzu. Es darf daher nicht von der Schätzung der Erpertise
abgegangen werden, weshalb als Mittel -eine dauernde Minderung der
Erwerbsfähigkeit von 17 s/ss2 "0 zu Grunde zu legen ist Als künftige-s
Einkommen ist mit den Vorinstanzen 1500 Fr. pro Jahr zu Grunde zu legen,
da es sich hier um eine Annahme tatsächlicher Natur handelt, obschon nicht
zu verkennen ist dass hiemit das Minimum in Anschlag gebracht wird, das
unter den gegebenen Umständen zu erwarten isf. Um nun die Zeit, während
welcher der Kläger noch nichts verdienen wird, zu berücksichtigen,
empfiehlt es sich die Kapitalisation nach der Rententabelle für das
Alter von 19 Jahren vorzunehmen, von dem an der Kläger jedenfalls im
Stande gewesen wäre, wenn er nur zum Handwerker ausgebildet wurde,
etwas zu verdienen. Für einen Mia!}: rigen ergibt sich nun als für
eine jährliche Rente von 260 Fr. erforderliches Kapital 5330 Fr. Dieses
Kapital ist, da der Kläger es schon auf den Moment des Unfalles erhält,
um 5 Jahre zuriickzudiskoutieren, was, zu 40/0 berechnet, einen Abzug
von 1066 Fr., also 4264 Fr. ergibt. Hier kommen die Arztkosten mit 157
Fr. 50, was zusammen 4421 Fr. 50 Cis-. ausmacht Wegen des hier geringen
Vorteils der Kapitalabfindung ist lediglich eine Herabsetzung auf die
eingeklagte Summe von 4000 Fr. vorzunehmen. Ein Kapital und nicht eine
Rente zuzusprechen, empfiehlt sich mit den Vorinstanzen schon aus dem
Grunde, weil laut Jnhalt des ärztlichen Gutachtens die Nachteile sich
in verschiedenen Zeiten ganz verschieden darstellen können, sodass eine
variableHI. Obiigationenr'echt. N° 43. 30?

Rente gesprochen werden miifzte; auch liegt es gewiss im Jnteresfe beider
Parteien, dasz der Fall heute seine endgültige Erledigung finde. An
sich wäre freilich der Zuspruch einer Rente statt eines Kapitals bei
derartigen Ansprüchen auf Schadenersatz aus Körperverletzung auf Grund des
Art. 116
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 116 - 1 Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
1    Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
2    Insbesondere bewirkt die Eingehung einer Wechselverbindlichkeit mit Rücksicht auf eine bestehende Schuld oder die Ausstellung eines neuen Schuld- oder Bürgschaftsscheines, wenn es nicht anders vereinbart wird, keine Neuerung der bisherigen Schuld.
(wie auch Art. 51
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 51 - 1 Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
1    Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
2    Dabei trägt in der Regel derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie derjenige, der ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar ist.
) OR statthaft (vgl. BGE 27 II S. 504 i. f.),
und der Beklagte hat heute auch das Hindernis gehoben, das noch vor den
kantonalen Jnstanzen bestand, dass er nämlich keine Erklärung für die
Sicherstellung abgegeben hatte; indessen ist immerhin nicht ersichtlich,
ob er der Sicherstellung auch wirklich gewachsen ware. Demnach hat das
Bundesgericht _ erkannt:

Die Hauptberusung des Beklagten wird abgewiesen, dagegen die
Anschlussberusung des Klägers als begründet erklärt und demgemäss in
Abänderung des Urteils der II. Appellationskammer des Obergerichts des
Kantons Zürich vom 13. Februar 1906 der Bekkagte verurteilt, dem Kläger
4000 Fr. samt 5 0/0 Zins seit 20. Dezember 1904 zu bezahlen.

48. Arrät du 25 mai 1906, dans la cause Société de Transports
internationaux, def. ,wma, dem. recon-ex. el Tec., conii-e Ringeissen &
Darbîns, dem. print,-., de'f. reco-nu. et int.

contra-tde transport; commissionnaire-expédiceur ou agent de transport,
Art. 448 GO. -Défaut de reeours. Prétendue prescription. -Transport par
chemin de fer, Art. 467 CO. Conv. internat. du 14 octobre 1890 sur les
transports de marchandises par chemins de fer, art. 25 et suiv., 30,
31, 44 al. 1 ch. 2; 45 a]. 1; 87;41, 50. Loi féd. du 29 mai-s 1893 sur
les transports par chemins de fer, art. 44 ai. 1 ; 37 ai. 2; 8 al. il;
44 ai. 2 ch. 1, 45 al. 1350.

A. La Société Ringeissen, Angerer & Darbins, agence de transports
à Paris, s'étant chargée de i'expédition, à ses risques et périls,
et pour le compte de Ia Société des Mines du Val d'Anniviers, à Sion,
d'un materie] d'usine électrique
Entscheidinformationen   •   DEFRITEN
Dokument : 32 II 300
Datum : 19. Mai 1906
Publiziert : 31. Dezember 1907
Quelle : Bundesgericht
Status : 32 II 300
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 300 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsinstanz. 42.


Gesetzesregister
OR: 50 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 50 - 1 Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
1    Haben mehrere den Schaden gemeinsam verschuldet, sei es als Anstifter, Urheber oder Gehilfen, so haften sie dem Geschädigten solidarisch.
2    Ob und in welchem Umfange die Beteiligten Rückgriff gegeneinander haben, wird durch richterliches Ermessen bestimmt.
3    Der Begünstiger haftet nur dann und nur soweit für Ersatz, als er einen Anteil an dem Gewinn empfangen oder durch seine Beteiligung Schaden verursacht hat.
51 
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 51 - 1 Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
1    Haften mehrere Personen aus verschiedenen Rechtsgründen, sei es aus unerlaubter Handlung, aus Vertrag oder aus Gesetzesvorschrift dem Verletzten für denselben Schaden, so wird die Bestimmung über den Rückgriff unter Personen, die einen Schaden gemeinsam verschuldet haben, entsprechend auf sie angewendet.
2    Dabei trägt in der Regel derjenige in erster Linie den Schaden, der ihn durch unerlaubte Handlung verschuldet hat, und in letzter Linie derjenige, der ohne eigene Schuld und ohne vertragliche Verpflichtung nach Gesetzesvorschrift haftbar ist.
116
SR 220 Erste Abteilung: Allgemeine Bestimmungen Erster Titel: Die Entstehung der Obligationen Erster Abschnitt: Die Entstehung durch Vertrag
OR Art. 116 - 1 Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
1    Die Tilgung einer alten Schuld durch Begründung einer neuen wird nicht vermutet.
2    Insbesondere bewirkt die Eingehung einer Wechselverbindlichkeit mit Rücksicht auf eine bestehende Schuld oder die Ausstellung eines neuen Schuld- oder Bürgschaftsscheines, wenn es nicht anders vereinbart wird, keine Neuerung der bisherigen Schuld.
BGE Register
26-II-56 • 27-II-496
Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • rennbahn • bundesgericht • schaden • vorinstanz • zuschauer • frage • vorteil • kapitalabfindung • zahl • zins • sturz • richtigkeit • erwachsener • ermessen • schadenersatz • einfriedung • veranstalter • sachverständiger • gefahr
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