56 Civilrechtspflege.

8. Urteil vom 2. Februar 1900 in Sachen Grüter gegen Felder.

Dienetvertrag, Art. 338 [f. {).-R. Unfall des Dienstmkmers bei
der Ausübung der Dienxte. Pflicht des Dienstherm zur Sichem ng des
Diemtnekmers gegen Bemfsgefah-ren; Schadenersatzpflicht gemäss Art. MO
0.-R. bei Nichterfüllung dieser Verpflichtung. Konkurriermde Haftbarkeit
des Diensthee'rn aus Art. 60 ff. Gl.-B. Mexesdes Sehadenersatzes;
Art. 116 Abs. 2 and Art. 51 0.-R.

A. Durch Urteil vom 24. Juni 1899 hat das Obergericht desKantons Luzern
erkannt :

Beklagter habe an Kläger 1500 Fr. zu bezahlen, nebst Verzugszins à 50/9
seit 12. Juni 1898; mit der Mehrforderung sei Kläger abgewiesen

B. Gegen dieses Urteil hat der Kläger rechtzeitig die Berufung an
das Bundesgericht erklärt, und den Antrag gestellt, es sei die vom
Obergericht des Kantons Luzern gesprochene Entschädigungauf 4000
Fr. (nebst Verzugszins seit 12. Juni 1898) zu erhöhen.

Der Anwalt des Beklagten hat die Anschlussberufung erklärtund beantragt,
das Urteil sei umzuändern im Sinne gänzlicher Abweisung der Klage,
eventuell sofern die indirekte Unterstellung des Beklagten unter die
Haftpflichtgesetzgebung Mindesinstanzlich geschützt werden sollte habe
eine Herabsetzung der Entschädigung analog den Grundsätzen des Art. 5
litt. b und Art. 6 Abs. 3 des Fabrikhaftpflichtgesetzes einzutreten.

C. In der heutigen Hauptverhandlung erneuern die Parteianwalte ihre
schriftlich gestellten Berufungsanträge und beantragen Abweisung der
gegnerischen Berufung.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1. Zin Frühjahr 1897 war die am 26. April 1883 geborene,. also damals
14jährige Maria Grüter in die Haushaltung ihresVetters, des Beklagten
Johann Felder, eingetreten, wohin sie zur Pflege der kranken Tochter
Felder-Z gerufen worden war. Sie blieb auch nach dem Tode dieser Tochter
dort und half aus dem Heimwesen des Beklagten bei den Arbeiten in und
ausser dem HauseIV. Obligationenrecht. N° S. 57

mit, wofür sie ausser dem Logis, Kost und Kleidern auch etwas Sackgeld
erhielt. So wurde sie auch am 17. September 1897 beigezogen, als beim
Beklagten mit einer Dreschmaschine gedro-

schen wurde. Bei diesem Anlass erlitt sie einen Unfall, indem ihr

beim Hineinschieben von Güsel in die Maschine die linke Hand von
dieser erfasst und zerinalmt wurde, so dass sie drei Finger-, den
Mittelsinger, den Ringfinger und den kleinen Finger, verlor. Laut dem
ärztlichen Gutachten hat diese Verstümmelung eine Be- einträchtigung
ihrer Erwerbsfähigkeit um 40 % zur Folge. Ihr Vater erhob nun wegen
dieses Unfalls sowohl für sich, als in ihrem Namen gegen den Beklagten
Klage auf Leistung einer Entschädigng von 5000 Fr. nebst Verzugszins
seit dem Friedensrichtervorstande, indem er ausser der eingetretenen
teilweisen Erwerbsunfähihkeit daraus abstellte, dass Maria Grüter durch
die Verstümmelung einen erheblichen ästhetischen Mangel davon getragen
habe, der ihr spätere-s Fortkommen erschwere, und dass infolge derselben
auch die' Unterstützung, die Maria Grüter den Eltern und Geschwister-n aus
ihrem Verdienst geleistet habe, dahingefallen sei. Uber das Unfallereignis
machte er folgende Augaben: Am 17. September 1897 habe der Beklagte
unter Mithülfe seines Sohnes, eines Schwestersohnes seiner Frau und
der Maria Grüter mit der Dreschmaschine gedroschen. Als die Garben
durchgedroscheu gewesen seien, habe der Sohn Felder der Maria Grüter
befohlen, die Abfälle, den Eiffel, in die Maschine zu schieben, und bei
dieser Manipulation sei ihr die linke Hand von der Maschine erfasst und
in der oben angegebenen Weise verletzt worden. Der Unfall sei durch den
Beklagten verschuldet; es sei Fahrlässigkeit, ein minderjähriges Kind mit
einer solchen Arbeit zu beauftragen, die auch ein Erwachsener nicht ohne
Gefahr mit blosser Hand hätte ausführen können. Neben der deliktischen
Haftbarkeit habe der Beklagte für kontraktliches zVerschulden einzustehen;
das kontraktliche Verschulden bestehe darin, dass er für gehörige
Sicherung der in seinem Dienste stehenden Maria Grüter gegen dievorhandene
Gefahr nicht gesorgt habe. Der Beklagte bestritt die Klage gänzlich und
machte geltend: Maria Grüter sei bei ihm nicht als Dienstbote gewesen,
sondern zur Aushülfe, um etwas in der Haushaltung zu lernen. Ein Dienst-

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vertrag habe nicht bestanden. Sie sei noch sehr kindisch, dazu nervös
und schosselig gewesen. Die beim Dreschen verwendete Maschine sei
eine Handmaschine gewesen, die vom Sohne Felder und einem Arbeiter
mittelst einer Kurbel getrieben worden sei. Maria Grüter habe das
Stroh ausschütteln und den längern Güsel mit der Scheitergabel auf den
Auslegetisch der Maschine heben müssen, von wo es dann der Beklagte
mit der neuen Garbe jeweilen suceessive in den Tambour hineingeschoben
habe. Diese Verrichtung sei absolut gefahrlos. Den kürzeren Güsel,
der mit der Gabel nicht fassbar gewesen sei, habe der Beklagte selbst
auf den Auslegetisch gehoben, und das Hineinschieben in den Tam: bour
habe er selbst ausschliesslich besorgt. Zum Hineinschieben habe er einen
Besen gebraucht. Maria Grüter habe beim Tambour nichts zu thun gehabt und
habe auch nicht durch das Beispiel der andern veranlasst werden können,
die Hand demselben zu nähem. Gleichwohl habe sie in einem unbewachten
Augenblicke spontan die Hand hineingestossem was man erst bemerkt habe,
als der Unfall erfolgt sei. Die Maschine sei, bei einiger Vorsicht,
gefahrlos; übrigens hätte die Verunglückte mit ihr nicht in Berührung
kommen können, wenn sie den ihr angewiesenen Standpunkt hinter der
Maschine nicht verlassen hätte. Dem Beklagten falle kein Verschulden
zur Last. Es fehle ihm auch die Passivlegitimation, da in der Klage der
Sohn Felder als der Schuldige hingestellt merde. Eventuell werden die
klägerischen Angaben betreffend des Schadens bestritten.

2. Die Klage stützt sich sowohl aus ein kontraktliches Verschulden, als
auf eine dem Beklagten zur Last fallende, gemäss Art. 50 ff. D.M. zu
Schadenersatz verpflichtende, Verletzung der Gebote der allgemeinen
Rechtsordnung Nun hat das Bundesgericht in ständiger Praxis daran
festgehalten, dass dem Arbeitgeber aus dem Dienstvertrag die Pflicht zur
Anwendung der erforderlichen Sorgfalt erwachse, damit seine Angestellten
bei Ausübung ihrer dienstlichen Verrichtungen gegen Gefahren für Leben und
Gesundheit nach Möglichkeit geschützt seien, und dass die Nichterfüllung
dieser Pflicht dem Geschädigten Anspruch auf Schadenersatz gemäss Art. 110
D.M. gebe. Es ist unrichtig, wenn der Vertreter des Beklagten in seinem
heutigen Vortrage behauptet[v. Ubligationenrecht. N° 8. ' 59

hat, diese Haftbarkeit gehe über die Anforderungen hinaus, welche das
Bundesgesetz über das O.-R. an den Dienstherrn stelle-. Allerdings spricht
das O.-R. eine Verpflichtung der Art nicht ausdrücklich aus (wie dies
z. B. beim deutsch. bürgerl. Ges.-Buche, § 618, der Fall ist); allein
dieselbe folgt, wie auch in der Praxis des gemeinen Rechts anerkannt ist
(vgl. Entsch. des dtsch. Reichsgerichts, Bd. VIII, S. 151; XII, S. 45;
XV, S. 52; XVIII, S. 176; XXI, S. 79; Seuff. Archiv, Bd. XL, Nr. 231
und XLVIII, Nr. 255), nach den Regeln der guten Treue von selbst aus
der Natur des gedachten Vertragsverhältnisses (vgl. bundesger. Entsch,
Umts. Samml., Bd. XVI, S. 560; XX, S. 1129; XXI, S. 894, Erw. s; XXII,
S. 1221; XXIII, S. 1740 f. und XXV, 2. Teil, S. 404 Erw. L).

3. Wenn daher die verunglückte Marie Grüter bei dem Beklagten in
Dienst gestanden hat, so war der Beklagte grundsätzlich verpflichtet,
dieselbe vor den Gefahren, weiche die Ausübung ihrer Dienstverrichtungen
mit sich brachte, zu sichern, und er hat gemäss Art. 110 O.-Tt. für
eine Schädigung, welche infolge Nichterfüllung dieser Verpflichtung
entstanden ist, aufzukommen, sofern er nicht darzuthun vermag, dass ihm
an der Vernrsachung der thatsächlich eingetretenen Schädigung keinerlei
Verschulden zur Last falle. Ein Dienstverhältnis im Sinne der Art. 338
ff. O..-R. muss nun aber, in Ubereinstimmung mit der Vorinstanz,
als vorhanden angenommen werden. Eine ausdrückliche, auf Begründung
eines Dienstvertrages gerichtete Stipulation hat zwar allerdings nicht
stattgefunden; allein der Dienstvertrag kann auch stillschweigend,
durch konkludente Handlungen, geschlossen werden, und dass die Parteien
beim Eintritt der Maria Grüter in die Haushaltung des Beklagten wirklich
die Begründung eines Verhältnisses im Auge hatten, welches sich gemäss
Art. 338 O.-R. als Dienstvertrag qualisiziert, ergiebt sich daraus,
dass die Maria Grüter nicht nur in dieser Haushaltung, sowie auf dem
Heimwesen des Betlagten überhaupt, persönliche Dienste zu leisten hatte,
sondern dass sie dafür Unterkunft und Kost beim Beklagten geniessen
sollte, sowie von demselben auch Kleider und einiges Sackgeld erhielt.
Diese Leistungen des Beklagten erscheinen als die Gegenleistung,
Vergütung, für die Dienste der Maria Grüter, so dass also diese

60 Civilrechtspflege.

letztern in der That entgeltliche waren, und darnach das zum Begriffe
des Dienstvertrages nach Art. 338 O.-R. erforderliche Verhältnis von
Leistung und Gegenleistung hier zutrifft. Wenn übrigens die Maria Grüter
beim Beklagten, wie dieser behauptet, nicht als eigentlicher Dienstbote
eingetreten wäre, sondern lediglich um etwas in der Hanshaltung zu
lernen, so würde dies an der rechtlichen Grundlage für die Entscheidung
der vorliegenden Streitsache nichts ändern. Denn die Verpflichtung des
Arbeitsherrn, ' seine Dienstuntergebenen gegen Gefahren für Leib und Leben
bei Ausführung ihrer Dienstverrichtungen zu sichern, besteht auch seinen
Lehrlingen oder Lehrlindern gegenüber; sie stellt hier in Anbetracht
der Unselbständigkeit dieser Personen sogar noch höhere Anforderungen
bezüglich Anleitung und Überwachung an ihn (vergl. bundesgerichtl Entsch.,
Amtl. Samml., Bd. XXII, S. 1224, Erw. 2).

4. Frägt es sich demnach, ob der Beklagte den Beweis für sdie Anwendung
der ihm nach der angegebenen Richtung hin obliegenden Sorgfalt geleistet
habe, so kann ihm nun allerdings nicht ohne weiteres schon daraus
ein Vorwurf gemacht werden, dass er die Mai-te Grüter Überhaupt zur
Handreichung bei der Drescharbeit herbeigezogen hat. Wie die gedachte
Verpflichtung des Arbeitsherrn aus der Natur des Dienstvertrages, als
eines in allen Richtungen getreulich, Unter geziemender Rücksichtnahme
aus die Interessen des andern Teils, zu erfüllenden Vertragsverhältnisses
hervorgeht, so ist umgekehrt auch bei der Frage, welche Anforderungen
im einzelnen Fall rücksichtlich der Gesahrsverhütung zu stellen seien,
von den Grundsätzen über Treu und Glauben auszugehen, und daher den
obwaltenden Umständen, insbesondere der Natur der zu leistenden Dienste,
billig Rechnung zu tragen (vgl. Entsch. des B.-G. i. S. Warimann gegen
Hirschi vom 20. Mai 1899, Amis. Samml., Bd. XXV, 2. Teil, S. 404,
Erw. 2 f.). Es muss deshalb darauf Rücksicht genommen werden, dass die
Verhältnisse des landwirtschaftlichen Betriebes es allerdings mit sich
bringen, auch Kinder im Alter der Maria Grüter zu den gewöhnlichen,
bei diesem Betriebe sich bietenden Arbeitsleistungen zu verwenden,
und es ist auch nicht anzunehmen, dass die blosse Anwesenheit und
eineIV. Obligaüonenrechi. N° 8. ' 61

untergeordnete Hülfeleistung der Maria Grüter bei der Drescharbeit für
sie eine Gefahr in sich geschlossen hätten, wenn ihr die vGefährlichkeit
der Maschine gehörig vor Augen geführt, und sie bei ihrer anfänglichen
Thätigkeit, die eine Berührung mit der Maschine nicht erheischte,
sorgsam überwacht worden ware. Die Anwendung dieser Sorgfalt lag aber
dem Beklagten jedenfalls ob, und zwar um so mehr, als der von ihm selbst
geschilderte Charakter der Maria Grüter, als eines noch sehr kindischen,
zudem nervösen, Mädchens-, die Möglichkeit voraussehen liess, dass sie
sich vor der Gefahr, die mit dem Betriebe der Maschine verbunden war,
nicht genügend in acht nehmen werde. Nun hat aber der Beklagte nicht
einmal geltend gemacht, dass er die Maria Griiter auf die Gefährlichkeit
der Dreschmaschine aufmerksam gemacht haha, und auch nicht darthun können,
dass er sie bei der Arbeit gehörig überwacht habe, vielmehr geht aus den
Umständen, unter welchen sich der Unfall zugetragen hat, mit Sicherheit
hervor, das; dies nicht geschehen ist, und dass der Unfall bei gehöriger
Uberwachung nicht eingetreten wäre.

5. Da somit der Beklagte den ihm obliegenden Beweis, dass ihn an der
eingetretenen Schädigung kein Verschulden treffe, nicht geleistet
hat, ist seine Schadenersatzpslicht nach Art. 110 O.-R. grundsätzlich
gegeben. Allein die Klage ist auch auf Grund von Art. 50 Q.-R., wonach der
Geschädigte den Beweis des mit der Schädigung kausalen Verschuldens zu
erbringen hat, grundsätzlich gutzuheissen. Laut der von der Vorinstanz
als im wesentlichen richtig angenommenen Zeugenaussage des bei der
Drescharbeit beteiligten Arbeiters Geisseler besorgte anfänglich der
Beklagte das Hineinschieben der Garben in die Dreschmaschine, während
der Sohn Felder und Geisseler die Kurbel drehten, und Maria Griiter auf
der dem Auflegetisch entgegengesetzten Seite der Maschine den Abfall
zusammenzuräuinen hatte. Gegen das Ende der Arbeit änderten jedoch
der Beklagte und Maria Grüter die Stellung. Der Zeuge Geisseler sagt
darüber aus: Wir hatten das letzte noch zu dreschen. Es war noch kurzes
Zeug umher. Sohn Felder sagte zur Maria Grüter, sie solle das bereits
zusammengekehrte Güsel auf den Tisch werfen; sie wollte es mit den Händen
hinaufwerfen, da sagte der Sohn: Mit der Gabelt

62 Civilrechtspflege.

Dann warf Maria Grüter das Güsel mit der Gabel aus den Maschinentisch Es
stellte die Gabel an die Maschine und schob das Güsel mit den Händen in
die Maschine, woran die Maschine stille stand. Wir wollten zurücksahren,
es war aber nicht möglich, daher man alles abschrauben musste. Der
Vater hat nicht Achtung gegeben auf den Vorgang, er kehrte Güsel weg.
Aus dieser Darstellung geht hervor, dass die Maria Grüter vom Sohne des
Beklagten geheissen wurde, sich direkt an der Maschine, durch Herauslegen
des zu dreschenden Güsels auf den Auslegetischx zu bethätigen, während
die Maschine im Gang war, und dass in diesem Zeitpunkt auch niemand
anders als sie zur Stelle war, um dieses Material in die Maschine zu
schieben, indem der Veklagte mit dem Wegkehren des Güsels am Boden, und
die beiden andern mit dem Drehen der Maschine beschäftigt waren. Der
Maria Grüter wurde also in diesem Zeitpunkt auch das Hineinschieben
des Güsels in die Maschine zugemutet; bei dieser Arbeit war sie,
wie aus der Aussage des Geisseler unzweifelhaft hervorgeht, nicht
überwacht. Dieselbe war aber an sich, insbesondere für ein Mädchen von
dem Alter und dem vom Beklagten geschilderten Temperament der Maria
(Hz.-Mer, eine überaus gefährliche Indem der Beklagte die Maria Grüter
diese Arbeit verrichten liess, ohne sie dabei zu überwachen und ohne
sie auf die Gefährlichkeit derselben aufmerksam gemacht zu haben,
machte er sich unzweifelhaft einer Fahrlässtgkeit schuldig und ist
daher gemäss Art. 50 f. für den entstandenen Schaden haftbar. Hieran
ändert der Umstand, dass laut der Zeugenaussage des Geisseler der Sohn
Felder die Maria Grüter angewiesen hatte, den Güsel mit der Gabel auf
den Maschinentisch zu legen, nichts; denn diese Anweisung bezog sich
nicht auch aus das Hineinschieben des Güsels in die Maschine, und da
die Verwendung der Gabel für diese letztere Manipulation offenbar mit
Schwierigkeiten verbunden gewesen wäre, musste sonst mit Notwendigkeit
vorausgesehen werden, dass sie sich hiebei der Hände bedienen werde. Mit
Unrecht hat endlich der Beklagte darauf abgestellt, dass eventuell nur
sein Sohn für den Unfall verantwortlich wäre; abgesehen davon, dass der
Beklagte auch für das bezeichnete Verhalten seines Sohnes nach Art. 62
O.-R. haften würde, trifft ihn eigene Schuld, weil er überhaupt die
Verrichtung-IV. Ohligationenrecht. N° 8. . 63

einer so gefährlichen Arbeit durch Maria Gräter gestattete und ksssan
der gebotenen Vorsicht zur Vermeidung eines Unsalles fehlen le .

6. Was die Höhe der geforderten Entschädigung anbelangt, so kommt
gemäss den Anträgen der Klagepartei lediglich noch die Forderung wegen
Beeinträchtigung der Erwerbsfähigkeit der Maria Grüter in Betracht;
es handelt sich demnach nur noch um eine der Maria Grüter persönlich
zuzusprechende Entschädigung. Hiebei ist das Bundesgericht an die
Feststellung der Vorinstanz, dass die Einbusse in der Erwerbsfähigkeit
auf 40 0/0und der jährliche Verdienst, den Maria Grüter ohne Verletzung
hätte erzielen können, auf 300 Fr. anzuschlagen sei, gebunden; denn
es handelt sich um eine, gemäss Art. 81 O.-G. vom Bundesgericht nicht
nachzuprüfende thatsächliche Feststellung Neben dem Umfang des Schadens
hat der Richter bei der Festsetzung der Schadensersatzsumme sowohl
nach Art. 116, 2 als nach Art. 51 O-2Ji die Grösse der Verschuldung
des Schadensersatzpslichtigen, sowie ein allfälliges Mitverschulden
des Beschädigten, und endlich überhaupt die Umstände des Falles zu
berücksichtigen, wobei auch den allgemeinen ökonomischen Verhältnissen
der Parteien billig Rechnung getragen werden darf. Wird nun namentlich
in Betracht gezogen, dass einerseits die Maria Grüter sich die
Verletzung durch unvorsichtiges Handeln zugezogen hat, dass ihr aber
ihre Unvorsichtigkeit, in Anbetracht des noch sehr jugendlichen Alters
und ihres nervösen Temperamentes, nur in geringem Masse zum Verschulden
angerechnet werden darf, dass anderseits auch das Verschulden des
Beklagten nicht als ein sehr schweres bezeichnet werden kann, so erscheint
die von der Vorinstanz dem Kläger zugesprochene Entschädigung von 1500
Fr. den Umständen durchaus angemessen. ss

Demnach hat das Bundesgericht erkannt:

Die Berufung beider Parteien wird als unbegründet abgewiesen und das
Urteil des Obergerichts des Kantons Luzern in allen Teilen bestätigt
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Dokument : 26 II 56
Datum : 02. Februar 1900
Publiziert : 31. Dezember 1901
Quelle : Bundesgericht
Status : 26 II 56
Sachgebiet : BGE - Zivilrecht
Gegenstand : 56 Civilrechtspflege. 8. Urteil vom 2. Februar 1900 in Sachen Grüter gegen Felder.


Stichwortregister
Sortiert nach Häufigkeit oder Alphabet
beklagter • bundesgericht • haushalt • vorinstanz • schaden • verzugszins • stelle • zeuge • gegenleistung • leben • erwachsener • obliegenheit • angewiesener • vater • schadenersatz • kind • richtigkeit • öffentlich-rechtliches dienstverhältnis • zahl • entscheid
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