150 IV 239
20. Auszug aus dem Urteil der II. strafrechtlichen Abteilung i.S. Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich gegen A. (Beschwerde in Strafsachen) 7B_172/2022 vom 21. März 2024
Regeste (de):
- Art. 197 Abs. 1 lit. b
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 197 Grundsätze - 1 Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn:
1 Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn: a sie gesetzlich vorgesehen sind; b ein hinreichender Tatverdacht vorliegt; c die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können; d die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt. 2 Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, sind besonders zurückhaltend einzusetzen. SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 221 Voraussetzungen - 1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie:
1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie: a sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht; b Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen; oder c durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer unmittelbar erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat. 1bis Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind ausnahmsweise zulässig, wenn: a die beschuldigte Person dringend verdächtig ist, durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt zu haben; und b die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben.112 2 Haft ist auch zulässig, wenn die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen.113 - Unterschiedliche Anforderungen an die Intensität des Verdachts bei der Anordnung von Zwangsmassnahmen und bei der Anordnung von Untersuchungs- oder Sicherheitshaft (E. 3.2-3.4).
Regeste (fr):
- Art. 197 al. 1 let. b CPP, art. 221 al. 1 in limine CPP; exigences relatives aux soupçons suffisants pour ordonner des mesures de contrainte; délimitation par rapport aux forts soupçons en tant que condition de détention.
- Exigences différentes quant à l'intensité des soupçons pour ordonner des mesures de contrainte et la mise en détention provisoire ou pour des motifs de sûreté (consid. 3.2-3.4).
Regesto (it):
- Art. 197 cpv. 1 lett. b CPP, art. 221 cpv. 1 preambolo CPP; esigenze relative ai sufficienti indizi di reato per ordinare provvedimenti coerciviti; delimitazione rispetto ai gravi indizi di reato quali condizione per la carcerazione.
- Esigenze differenti per quanto concerne l'intensità degli indizi di reato per ordinare provvedimenti coercitivi e per ordinare la carcerazione preventiva o di sicurezza (consid. 3.2-3.4).
Erwägungen ab Seite 239
BGE 150 IV 239 S. 239
Aus den Erwägungen:
3.
3.1 Nach Art. 246
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 246 Grundsatz - Schriftstücke, Ton-, Bild- und andere Aufzeichnungen, Datenträger sowie Anlagen zur Verarbeitung und Speicherung von Informationen dürfen durchsucht werden, wenn zu vermuten ist, dass sich darin Informationen befinden, die der Beschlagnahme unterliegen. |
BGE 150 IV 239 S. 240
werden (aArt. 248 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 248 Siegelung - 1 Macht die Inhaberin oder der Inhaber geltend, bestimmte Aufzeichnungen oder Gegenstände dürften aufgrund von Artikel 264 nicht beschlagnahmt werden, so versiegelt die Strafbehörde diese. Die Inhaberin oder der Inhaber hat das Begehren innert drei Tagen seit der Sicherstellung vorzubringen. Während dieser Frist und nach einer allfälligen Siegelung darf die Strafbehörde die Aufzeichnungen und Gegenstände weder einsehen noch verwenden. |
|
1 | Macht die Inhaberin oder der Inhaber geltend, bestimmte Aufzeichnungen oder Gegenstände dürften aufgrund von Artikel 264 nicht beschlagnahmt werden, so versiegelt die Strafbehörde diese. Die Inhaberin oder der Inhaber hat das Begehren innert drei Tagen seit der Sicherstellung vorzubringen. Während dieser Frist und nach einer allfälligen Siegelung darf die Strafbehörde die Aufzeichnungen und Gegenstände weder einsehen noch verwenden. |
2 | Sobald die Strafbehörde feststellt, dass die Inhaberin oder der Inhaber nicht mit der an den Aufzeichnungen oder Gegenständen berechtigten Person identisch ist, gibt sie dieser Gelegenheit, innert drei Tagen die Siegelung zu verlangen. |
3 | Stellt die Strafbehörde nicht innert 20 Tagen ein Entsiegelungsgesuch, so werden die versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände der Inhaberin oder dem Inhaber zurückgegeben. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 248 Siegelung - 1 Macht die Inhaberin oder der Inhaber geltend, bestimmte Aufzeichnungen oder Gegenstände dürften aufgrund von Artikel 264 nicht beschlagnahmt werden, so versiegelt die Strafbehörde diese. Die Inhaberin oder der Inhaber hat das Begehren innert drei Tagen seit der Sicherstellung vorzubringen. Während dieser Frist und nach einer allfälligen Siegelung darf die Strafbehörde die Aufzeichnungen und Gegenstände weder einsehen noch verwenden. |
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1 | Macht die Inhaberin oder der Inhaber geltend, bestimmte Aufzeichnungen oder Gegenstände dürften aufgrund von Artikel 264 nicht beschlagnahmt werden, so versiegelt die Strafbehörde diese. Die Inhaberin oder der Inhaber hat das Begehren innert drei Tagen seit der Sicherstellung vorzubringen. Während dieser Frist und nach einer allfälligen Siegelung darf die Strafbehörde die Aufzeichnungen und Gegenstände weder einsehen noch verwenden. |
2 | Sobald die Strafbehörde feststellt, dass die Inhaberin oder der Inhaber nicht mit der an den Aufzeichnungen oder Gegenständen berechtigten Person identisch ist, gibt sie dieser Gelegenheit, innert drei Tagen die Siegelung zu verlangen. |
3 | Stellt die Strafbehörde nicht innert 20 Tagen ein Entsiegelungsgesuch, so werden die versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände der Inhaberin oder dem Inhaber zurückgegeben. |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 248 Siegelung - 1 Macht die Inhaberin oder der Inhaber geltend, bestimmte Aufzeichnungen oder Gegenstände dürften aufgrund von Artikel 264 nicht beschlagnahmt werden, so versiegelt die Strafbehörde diese. Die Inhaberin oder der Inhaber hat das Begehren innert drei Tagen seit der Sicherstellung vorzubringen. Während dieser Frist und nach einer allfälligen Siegelung darf die Strafbehörde die Aufzeichnungen und Gegenstände weder einsehen noch verwenden. |
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1 | Macht die Inhaberin oder der Inhaber geltend, bestimmte Aufzeichnungen oder Gegenstände dürften aufgrund von Artikel 264 nicht beschlagnahmt werden, so versiegelt die Strafbehörde diese. Die Inhaberin oder der Inhaber hat das Begehren innert drei Tagen seit der Sicherstellung vorzubringen. Während dieser Frist und nach einer allfälligen Siegelung darf die Strafbehörde die Aufzeichnungen und Gegenstände weder einsehen noch verwenden. |
2 | Sobald die Strafbehörde feststellt, dass die Inhaberin oder der Inhaber nicht mit der an den Aufzeichnungen oder Gegenständen berechtigten Person identisch ist, gibt sie dieser Gelegenheit, innert drei Tagen die Siegelung zu verlangen. |
3 | Stellt die Strafbehörde nicht innert 20 Tagen ein Entsiegelungsgesuch, so werden die versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände der Inhaberin oder dem Inhaber zurückgegeben. |
3.2 Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn ein hinreichender Tatverdacht vorliegt (Art. 197 Abs. 1 lit. b
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 197 Grundsätze - 1 Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn: |
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1 | Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn: |
a | sie gesetzlich vorgesehen sind; |
b | ein hinreichender Tatverdacht vorliegt; |
c | die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können; |
d | die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt. |
2 | Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, sind besonders zurückhaltend einzusetzen. |
3.3 Die Anordnung von Untersuchungs- und Sicherheitshaft setzt das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts voraus (Art. 221 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 221 Voraussetzungen - 1 Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie: |
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1 | Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie: |
a | sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht; |
b | Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen; oder |
c | durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer unmittelbar erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat. |
1bis | Untersuchungs- und Sicherheitshaft sind ausnahmsweise zulässig, wenn: |
a | die beschuldigte Person dringend verdächtig ist, durch ein Verbrechen oder ein schweres Vergehen die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer Person schwer beeinträchtigt zu haben; und |
b | die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, die beschuldigte Person werde ein gleichartiges, schweres Verbrechen verüben.112 |
2 | Haft ist auch zulässig, wenn die ernsthafte und unmittelbare Gefahr besteht, eine Person werde ihre Drohung, ein schweres Verbrechen auszuführen, wahrmachen.113 |
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 197 Grundsätze - 1 Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn: |
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1 | Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn: |
a | sie gesetzlich vorgesehen sind; |
b | ein hinreichender Tatverdacht vorliegt; |
c | die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können; |
d | die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt. |
2 | Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, sind besonders zurückhaltend einzusetzen. |
BGE 150 IV 239 S. 241
4. August 2022 E. 9.2; 1B_427/2021 vom 21. Januar 2022 E. 4.2; 1B_435/2021 vom 8. Dezember 2021 E. 2.1), was in der Lehre teils auf Kritik gestossen ist. Konkret wurde dagegen eingewendet, dass das Erfordernis von "konkreten Verdachtsmomenten, wonach das inkriminierte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte", ein zu hoher Standard sei. Da die Entsiegelung deutlich weniger eingriffsintensiv sei als die Untersuchungshaft, seien hier an den Tatverdacht weniger hohe Anforderungen zu stellen. Es sei daher sachgerechter, darauf abzustellen, dass aufgrund einer vorläufigen Einschätzung von einer gewissen Wahrscheinlichkeit der Strafhandlungen ausgegangen werden könne (DAMIAN K. GRAF, Praxishandbuch zur Siegelung, 2022, Rz. 473 mit Verweis auf die Urteile 1B_322/2021 vom 22. Dezember 2021 E. 2.2 und 1B_439/2020 vom 21. Januar 2021 E. 7.1).
3.4 In der Tat setzen nichtfreiheitsentziehende strafprozessuale Zwangsmassnahmen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht die gleich hohe Intensität eines Tatverdachts voraus wie Untersuchungs- und Sicherheitshaft (so etwa ausdrücklich Urteile 1B_ 691/2021 vom 21. Juli 2022 E. 2.2; 1B_193/2017 vom 24. August 2017 E. 3.3; 1B_516/2011 vom 17. November 2011 E. 2.1; 1B_212/ 2010 vom 22. September 2010 E. 3.1; 1B_120/2008 vom 24. Oktober 2008 E. 4). Vor diesem Hintergrund ist es ungenau, bei der Überprüfung des hinreichenden Tatverdachts im Sinne von Art. 197 Abs. 1 lit. b
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung StPO Art. 197 Grundsätze - 1 Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn: |
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1 | Zwangsmassnahmen können nur ergriffen werden, wenn: |
a | sie gesetzlich vorgesehen sind; |
b | ein hinreichender Tatverdacht vorliegt; |
c | die damit angestrebten Ziele nicht durch mildere Massnahmen erreicht werden können; |
d | die Bedeutung der Straftat die Zwangsmassnahme rechtfertigt. |
2 | Zwangsmassnahmen, die in die Grundrechte nicht beschuldigter Personen eingreifen, sind besonders zurückhaltend einzusetzen. |