Urteilskopf

148 III 242

31. Auszug aus dem Urteil der I. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. S.A. gegen B. LLC (Beschwerde in Zivilsachen) 4A_486/2021 vom 9. März 2022

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 243

BGE 148 III 242 S. 243

A. Die A. S.A. (Klägerin, Beschwerdeführerin) ist eine Aktiengesellschaft nach dem Recht der Britischen Jungferninseln mit Sitz in U. Die B. LLC (Beklagte, Beschwerdegegnerin) ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach dem Recht der Vereinigten Arabischen Emirate mit Sitz in V. Die Klägerin stützt ihre Forderung gegenüber der Beklagten auf das Share Purchase Agreement vom 14. Juli 2015 (nachfolgend: SPA) und das Amended Share Purchase Agreement vom 1. Juli 2016 (nachfolgend: ASPA), welches das SPA ersetzt habe. Gemäss SPA soll sich die Beklagte dazu verpflichtet haben, von der Klägerin 266'667 Aktien der H. AG zum Preis von total Fr. 10'000'012.50 zu erwerben. Der Kaufpreis sollte in drei Raten bezahlt werden. Das ASPA wiederholte diese Kaufverpflichtung. Die erste Rate von Fr. 500'000.- sei im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 1. Juli 2016 bereits bezahlt worden. Neu sollte die zweite Rate in zwei Tranchen bezahlt werden: Fr. 660'000.- bis 1. Juli 2016 und Fr. 340'000.- bis 30. September 2016, wobei erstere von der I. Ltd. bezahlt werden sollte. Die dritte Rate sollte unverändert bis 30. September 2017 bezahlt werden. Die Klägerin macht geltend, nach Abschluss des ASPA habe sie nur noch Fr. 660'000.- (erste Tranche der zweiten Rate) erhalten. Weitere Zahlungen seien nicht erfolgt.
B. Mit Klage vom 18. Januar 2018 beim Handelsgericht des Kantons St. Gallen beantragte die Klägerin, die Beklagte sei zur Bezahlung des restlichen Kaufpreises von Fr. 8'840'012.50 zuzüglich Zins an sie zu verpflichten. Die Zuständigkeit des Handelsgerichts des Kantons St. Gallen stützte sie auf Ziffer 5.1 des SPA und des ASPA, die eine gültige Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der Gerichte der Stadt St. Gallen enthalte.
BGE 148 III 242 S. 244

Die Beklagte beantragte Nichteintreten. Sie machte geltend, das Handelsgericht des Kantons St. Gallen sei nicht zuständig. In der Folge beschränkte der Handelsgerichtspräsident das Verfahren auf die Prozessvoraussetzungen und die Aktiv- und Passivlegitimation. Mit Entscheid vom 12. Juli 2021 verneinte das Handelsgericht seine internationale Zuständigkeit zur Beurteilung der Klage und trat auf die Klage nicht ein. Es befand, die Gerichtsstandsvereinbarung sei nicht gültig zustande gekommen. Das Bundesgericht weist die von der A. S.A. erhobene Beschwerde in Zivilsachen ab, soweit es darauf eintritt. (Zusammenfassung)

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

5. (...)

5.2.2.3 Schliesslich bringt die Beschwerdeführerin vor, im Zusammenhang mit der Willkürrüge seien auch die unhaltbaren Folgen des Nichteintretensentscheids des Handelsgerichts zu beachten. Es bestehe eine erhebliche Rechtsunsicherheit über den Bestand des SPA. Es sei offen, welches Gericht diese Rechtsunsicherheit beseitigen könne. Das Prozessieren am Sitz der Beschwerdegegnerin in den Vereinigten Arabischen Emiraten stelle für die Beschwerdeführerin (mangels Unabhängigkeit der dortigen Justiz) keine zumutbare Alternative dar. Die Beschwerdeführerin postuliert, das Handelsgericht hätte sich aufgrund dieser unhaltbaren Rechtsunsicherheit auch gestützt auf Art. 3
SR 291 Legge federale del 18 dicembre 1987 sul diritto internazionale privato (LDIP)
LDIP Art. 3 - Se la presente legge non prevede alcun foro in Svizzera e un procedimento all'estero non è possibile o non può essere ragionevolmente preteso, sono competenti i tribunali o le autorità svizzeri del luogo con cui la fattispecie denota sufficiente connessione.
IPRG (SR 291) (Notzuständigkeit) für zuständig erklären können. Sieht das IPRG keine Zuständigkeit in der Schweiz vor und ist ein Verfahren im Ausland nicht möglich oder unzumutbar, so sind die schweizerischen Gerichte oder Behörden am Ort zuständig, mit dem der Sachverhalt einen genügenden Zusammenhang aufweist (Art. 3
SR 291 Legge federale del 18 dicembre 1987 sul diritto internazionale privato (LDIP)
LDIP Art. 3 - Se la presente legge non prevede alcun foro in Svizzera e un procedimento all'estero non è possibile o non può essere ragionevolmente preteso, sono competenti i tribunali o le autorità svizzeri del luogo con cui la fattispecie denota sufficiente connessione.
IPRG). Diese Norm ist restriktiv auszulegen und stellt ein Sicherheitsventil dar, um zu vermeiden, dass ein Rechtssuchender ohne Rechtsschutz bleibt (Urteil 4C.379/2006 vom 22. Mai 2007 E. 3.4). Eine Notzuständigkeit im Sinne von Art. 3
SR 291 Legge federale del 18 dicembre 1987 sul diritto internazionale privato (LDIP)
LDIP Art. 3 - Se la presente legge non prevede alcun foro in Svizzera e un procedimento all'estero non è possibile o non può essere ragionevolmente preteso, sono competenti i tribunali o le autorità svizzeri del luogo con cui la fattispecie denota sufficiente connessione.
IPRG kann selbstredend nicht dadurch begründet werden, dass die Vertragsparteien es versäumen, eine gültige Gerichtsstandsvereinbarung abzuschliessen, wenn ihnen dies - wie in casu - an sich möglich gewesen wäre.
BGE 148 III 242 S. 245

Ebenso wenig resultiert aus der Ungültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung ohne weiteres, dass ein von Art. 3
SR 291 Legge federale del 18 dicembre 1987 sul diritto internazionale privato (LDIP)
LDIP Art. 3 - Se la presente legge non prevede alcun foro in Svizzera e un procedimento all'estero non è possibile o non può essere ragionevolmente preteso, sono competenti i tribunali o le autorità svizzeri del luogo con cui la fattispecie denota sufficiente connessione.
IPRG erfasstes Rechtsschutzdefizit besteht. Vielmehr muss die Partei, die sich auf die Notzuständigkeit beruft, das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen hinlänglich darlegen und nachweisen (vgl. Urteil 5A_264/ 2013 vom 28. November 2013 E. 3.3.4; LORENZ DROESE, in: Basler Kommentar, Internationales Privatrecht, 4. Aufl. 2021, N. 20 zu Art. 3
SR 291 Legge federale del 18 dicembre 1987 sul diritto internazionale privato (LDIP)
LDIP Art. 3 - Se la presente legge non prevede alcun foro in Svizzera e un procedimento all'estero non è possibile o non può essere ragionevolmente preteso, sono competenti i tribunali o le autorità svizzeri del luogo con cui la fattispecie denota sufficiente connessione.
IPRG). Demnach hätte die Beschwerdeführerin die Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit, im Ausland ein Verfahren zu führen, wie auch die weitere Voraussetzung, dass der Sachverhalt einen genügenden Zusammenhang mit der Schweiz aufweist, bereits vor Handelsgericht (eventualiter) dartun müssen. Dies hat sie nicht getan, sondern beruft sich erstmals vor Bundesgericht auf Art. 3
SR 291 Legge federale del 18 dicembre 1987 sul diritto internazionale privato (LDIP)
LDIP Art. 3 - Se la presente legge non prevede alcun foro in Svizzera e un procedimento all'estero non è possibile o non può essere ragionevolmente preteso, sono competenti i tribunali o le autorità svizzeri del luogo con cui la fattispecie denota sufficiente connessione.
IPRG. Sie kann daher dem Handelsgericht nicht vorwerfen, sich nicht im Sinne von Art. 3
SR 291 Legge federale del 18 dicembre 1987 sul diritto internazionale privato (LDIP)
LDIP Art. 3 - Se la presente legge non prevede alcun foro in Svizzera e un procedimento all'estero non è possibile o non può essere ragionevolmente preteso, sono competenti i tribunali o le autorità svizzeri del luogo con cui la fattispecie denota sufficiente connessione.
IPRG für zuständig erklärt zu haben, nachdem es die Gerichtsstandsvereinbarung für ungültig befand.
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 148 III 242
Data : 09. marzo 2022
Pubblicato : 02. novembre 2022
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 148 III 242
Ramo giuridico : DTF - Diritto civile
Oggetto : Art. 3 LDIP; foro di necessità. L'invalidità di una clausola di proroga del foro non comporta automaticamente un deficit


Registro di legislazione
LDIP: 3
SR 291 Legge federale del 18 dicembre 1987 sul diritto internazionale privato (LDIP)
LDIP Art. 3 - Se la presente legge non prevede alcun foro in Svizzera e un procedimento all'estero non è possibile o non può essere ragionevolmente preteso, sono competenti i tribunali o le autorità svizzeri del luogo con cui la fattispecie denota sufficiente connessione.
Registro DTF
148-III-242
Weitere Urteile ab 2000
4A_486/2021 • 4C.379/2006
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
tribunale di commercio • proroga del foro • convenuto • fattispecie • ricorso in materia civile • tribunale federale • emirati arabi uniti • prezzo d'acquisto • società anonima • decisione d'irricevibilità • conclusione del contratto • parte contraente • presupposto processuale • legge federale sul diritto internazionale privato • decisione • nullità • posto • società a garanzia limitata • interesse • diritto internazionale privato • competenza internazionale • norma • legittimazione ad agire
... Non tutti