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BGE-147-IV-93


Urteilskopf

147 IV 93

10. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Beschwerde in Strafsachen) 6B_360/2020 vom 8. Oktober 2020

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Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 94

BGE 147 IV 93 S. 94

A. Die Staatsanwaltschaft IV Gewaltdelikte (heute: Staatsanwaltschaft I) des Kantons Zürich stellte am 6. April 2018 dem Bezirksgericht Zürich den Antrag auf Anordnung einer Massnahme für eine schuldunfähige Person im Sinne von Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO. Die Staatsanwaltschaft wirft A. zusammengefasst vor, er habe B. am 20. September 2016, um 11.22 Uhr, während einer Auseinandersetzung seinen linken Arm um den Hals gelegt und damit Druck gegen ihren Hals ausgeübt. Er habe sie so lange gewürgt, bis sie das Bewusstsein verloren habe, zu Boden geglitten sei, Urin abgegangen sei und sie letztmalig gezuckt habe. B. sei nach kurzer Zeit bewusstlos einen sauerstoffmangelbedingten Hirntod als Folge des Angriffs gegen
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ihren Hals gestorben. In der Folge habe A. die Verstorbene ausgezogen, gereinigt, sie überall angefasst und an ihr den Geschlechtsverkehr vollzogen, woraufhin er sie erneut gereinigt, einen Slip angezogen und sie vor dem Bett auf den Boden gelegt sowie den Griff eines Springseils in ihre linke Hand und das Springseil über den leblosen Körper gelegt habe. Dieses Verhalten erfülle die Tatbestände der vorsätzlichen Tötung sowie der Störung des Totenfriedens, wobei A. für diese Taten nicht schuldfähig gewesen sei, eventualiter wofür er angemessen zu bestrafen sei.
B. Das Bezirksgericht Zürich stellte am 11. September 2018 fest, dass A. den Tatbestand der vorsätzlichen Tötung im Zustand der nicht selbst verschuldeten Schuldunfähigkeit erfüllt hat. Es sprach ihn der Störung des Totenfriedens schuldig und bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten. Ferner ordnete es eine stationäre therapeutische Behandlung von psychischen Störungen an. Es verfügte über die beschlagnahmten Gegenstände und verwies die Privatklägerinnen mit ihren Schadenersatz- und Genugtuungsbegehren auf den Weg des Zivilprozesses. Schliesslich regelte es die Kosten- und Entschädigungsfolgen. A. meldete gegen dieses Urteil Berufung an.

C. Das Obergericht des Kantons Zürich stellte am 26. Februar 2020 fest, dass der erstinstanzliche Schuldspruch wegen Störung des Totenfriedens in Rechtskraft erwachsen ist und bestrafte A. mit einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten, die durch die Haft erstanden sei. Es erkannte, dass A. den Tatbestand der vorsätzlichen Tötung in nicht selbst verschuldeter Schuldunfähigkeit erfüllt hat und ordnete eine stationäre therapeutische Behandlung von psychischen Störungen an, woran es 594 durch Untersuchungs- und Sicherheitshaft sowie vorzeitigen Strafvollzug erstandene Tage anrechnete. Ferner verfügte es über die beschlagnahmten Gegenstände, entschied über die Zivilforderungen und regelte die Kosten- sowie Entschädigungsfolgen.
D.

D.a A. führt Beschwerde in Strafsachen und beantragt sinngemäss, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben.
D.b Der Präsident der Strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts setzte mit Verfügung vom 17. Juni 2020 Rechtsanwalt Dr. Stephan Schlegel als unentgeltlichen Rechtsvertreter von A. gemäss Art. 41 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 41 Unfähigkeit zur Prozessführung - 1 Ist eine Partei offensichtlich nicht imstande, ihre Sache selber zu führen, so kann das Bundesgericht sie auffordern, einen Vertreter oder eine Vertreterin beizuziehen. Leistet sie innert der angesetzten Frist keine Folge, so bestellt ihr das Gericht einen Anwalt oder eine Anwältin.
1    Ist eine Partei offensichtlich nicht imstande, ihre Sache selber zu führen, so kann das Bundesgericht sie auffordern, einen Vertreter oder eine Vertreterin beizuziehen. Leistet sie innert der angesetzten Frist keine Folge, so bestellt ihr das Gericht einen Anwalt oder eine Anwältin.
2    Die vom Bundesgericht bezeichnete Vertretung hat Anspruch auf eine angemessene Entschädigung aus der Gerichtskasse, soweit sie ihren Aufwand nicht aus einer zugesprochenen Parteientschädigung decken kann und die Partei selbst zahlungsunfähig ist. Die Partei hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn sie später dazu in der Lage ist.
Satz 2 BGG ein und setzte ihm Frist zur Einreichung einer Beschwerde in Strafsachen gegen das obergerichtliche Urteil.
BGE 147 IV 93 S. 96

D.c Mit Beschwerde vom 17. August 2020 beantragt der unentgeltliche Rechtsvertreter namens A., das obergerichtliche Urteil sei teilweise aufzuheben und das Verfahren sei an die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich zur Fortsetzung des Vorverfahrens zurückzuweisen. Eventualiter sei das Verfahren an die Vorinstanz zur Durchführung eines mündlichen Berufungsverfahrens zurückzuweisen; sei das Verfahren an die Vorinstanz zur Erstellung eines neuen psychiatrischen Gutachtens zurückzuweisen; sei festzustellen, dass A. eine fahrlässige Tötung sowie eine Störung des Totenfriedens in schuldunfähigem Zustand begangen habe, und es sei eine ambulante Massnahme anzuordnen. Eventualiter sei die Sache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Er ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
E. Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich verzichten auf eine Stellungnahme. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. (...)

1.3

1.3.1 Die Schweizerische Strafprozessordnung besteht aus 12 Titeln. Während in ihrem 7. Titel das (ordentliche) erstinstanzliche Hauptverfahren geregelt wird, finden sich im 8. Titel Bestimmungen zu besonderen Verfahren. Dazu gehören das Strafbefehlsverfahren und das Übertretungsstrafverfahren, das abgekürzte Verfahren, das Verfahren bei selbstständigen nachträglichen Entscheiden des Gerichts, das Verfahren bei Abwesenheit der beschuldigten Person und die selbstständigen Massnahmeverfahren. Bei Letzteren wird zwischen der Anordnung der Friedensbürgschaft, dem Verfahren bei einer schuldunfähigen beschuldigten Person und dem selbstständigen Einziehungsverfahren unterschieden. Das vorliegend interessierende Verfahren bei einer schuldunfähigen beschuldigten Person wird in zwei Artikeln geregelt. Art. 374 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO bestimmt zunächst, in welchen Konstellationen dieses selbstständige Massnahmeverfahren zur Anwendung gelangt: Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung von Art. 19 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
oder Art. 263
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 263 - 1 Wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt, wird mit Geldstrafe bestraft.352
StGB nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen. Die Absätze 2 und 3 von Art. 374
BGE 147 IV 93 S. 97

StPO regeln rudimentär das gerichtliche Verfahren, das sich im Übrigen nach den Vorschriften des 7. Titels (Art. 328 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 328 Rechtshängigkeit - 1 Mit dem Eingang der Anklageschrift wird das Verfahren beim Gericht rechtshängig.
. StPO) richtet (Abs. 4). Abweichungen ergeben sich insbesondere in Bezug auf die Anwesenheitspflicht der beschuldigten Person sowie den Öffentlichkeitsgrundsatz. Sie sind mit den Besonderheiten des Verfahrens zu begründen (Botschaft vom 21. Dezember 2005 zur Vereinheitlichung des Strafprozessrechts, BBl 2006 1305 Ziff. 2.8.6.2). Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO enthält sodann Bestimmungen über den Entscheid: Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche (Abs. 1). Die Anordnung der Massnahme und der Entscheid über die Zivilansprüche ergehen in einem Urteil (Abs. 2). Erachtet das Gericht die beschuldigte Person als schuldfähig oder als für die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen Straftaten verantwortlich, so weist es den Antrag der Staatsanwaltschaft ab. Mit der Rechtskraft dieses Entscheids wird das Vorverfahren gegen die beschuldigte Person weitergeführt (Abs. 3). Aus der gesetzlichen Systematik ergibt sich, dass die verschiedenen von der Strafprozessordnung vorgesehenen Verfahren in sich abgeschlossene, selbstständige Verfahrensarten darstellen. Die Strafprozessordnung lässt keine kombinierten, hybriden Verfahren zu. Hinsichtlich der selbstständigen Massnahmeverfahren hat der Bundesrat beispielsweise klar zum Ausdruck gebracht, dass es sich dabei - wie es der Name schon sagt - um ein selbstständiges, vom ordentlichen Verfahren getrenntes Verfahren handelt. Dieses gelangt lediglich zum Zuge, wenn die Massnahme nicht in einem ordentlichen Verfahren verhängt werden kann (BBl 2006 1303 Ziff. 2.8.6; vgl. auch BBl 2006 1304 Ziff. 2.8.6.2; den parlamentarischen Debatten ist zu diesem Thema nichts zu entnehmen: siehe AB 2006 S 1053 f. und AB 2007 N 1031).
1.3.2 Gemäss Art. 2 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 2 Ausübung der Strafrechtspflege - 1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
StPO können Strafverfahren nur in den vom Gesetz vorgesehenen Formen durchgeführt und abgeschlossen werden (numerus clausus der Verfahrens- und Erledigungsformen; vgl. SCHMID/JOSITSCH, Schweizerische Strafprozessordnung [StPO], Praxiskommentar [nachfolgend: Praxiskommentar], 3. Aufl. 2018, N. 3 zu Art. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 2 Ausübung der Strafrechtspflege - 1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
StPO; vgl. zu den Erledigungsformen: ARN/ STEINER, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2. Aufl. 2019, N. 10 zu Art. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 2 Ausübung der Strafrechtspflege - 1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
StPO). Die Botschaft bezeichnet dies
BGE 147 IV 93 S. 98

als Grundsatz der Formstrenge (BBl 2006 1128 Ziff. 2.1.1; dem amtlichen Bulletin ist nichts zu diesem Thema zu entnehmen: vgl. AB 2006 S 989 und AB 2007 N 942). Dieser Grundsatz findet sich im 1. Kapitel des 1. Titels der Strafprozessordnung unter der Marginalie "Ausübung der Strafrechtspflege" und kommt in systematischer Hinsicht noch vor den Grundsätzen des Strafverfahrens, die im 2. Kapitel folgen. Zentrale Anliegen des Grundsatzes der Formstrenge sind die Transparenz der Verfahrensabläufe und die aus ihrer Einhaltung resultierende Rechtssicherheit. Die konkrete Umsetzung des Grundsatzes erfolgt einerseits durch die Verpflichtung, das Strafverfahren nach den in den Art. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 3 Achtung der Menschenwürde und Fairnessgebot - 1 Die Strafbehörden achten in allen Verfahrensstadien die Würde der vom Verfahren betroffenen Menschen.
-11
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 11 Verbot der doppelten Strafverfolgung - 1 Wer in der Schweiz rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, darf wegen der gleichen Straftat nicht erneut verfolgt werden.
StPO kodifizierten Grundsätzen und unter Beachtung der Vorgaben der Bundesverfassung sowie der EMRK durchzuführen, und andererseits durch die strikte Beachtung der abschliessend gesetzlich normierten Möglichkeiten, das Strafverfahren abzuschliessen (STRAUB/WELTERT, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 12 f. zu Art. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 2 Ausübung der Strafrechtspflege - 1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
StPO; WOLFGANG WOHLERS, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch und andere [Hrsg.], 3. Aufl. 2020, N. 7 ff. zu Art. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 2 Ausübung der Strafrechtspflege - 1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
StPO). Die Förmlichkeit des Verfahrens verfolgt neben ihrer Ordnungsfunktion insbesondere die Realisierung des Rechtsstaatsprinzips im Strafverfahren (STRAUB/WELTERT, a.a.O., N. 13 zu Art. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 2 Ausübung der Strafrechtspflege - 1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
StPO). Ziel des Strafprozessrechts ist es, den Ablauf des Strafverfahrens so zu regeln, dass dieses den Anforderungen an ein rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechendes "faires" Verfahren genügt, und damit die Justizförmigkeit des Verfahrens zu gewährleisten (WOHLERS, a.a.O., N. 7 zu Art. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 2 Ausübung der Strafrechtspflege - 1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
StPO; STRAUB/WELTERT, a.a.O., N. 12 zu Art. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 2 Ausübung der Strafrechtspflege - 1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
StPO). Der Gesetzgeber hat in der Strafprozessordnung das ordentliche und die besonderen Verfahren, die den Strafbehörden für die Durchführung eines Strafverfahrens zur Verfügung stehen, geregelt und sich gegen die Einführung anderer Verfahren (z.B. des Privatstrafklageverfahrens oder des Vorabklärungsverfahrens) entschieden (vgl. BBl 2006 1111 Ziff. 1.5.4.1 zum Privatstrafklageverfahren; AB 2006 S 1035, AB 2007 N 994 und AB 2007 S 721 zum Vorabklärungsverfahren). Dabei handelt es sich um einen bewussten gesetzgeberischen Entscheid, der insbesondere unter Berücksichtigung von Art. 2 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 2 Ausübung der Strafrechtspflege - 1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
StPO nicht zur Disposition der rechtsanwendenden Behörden steht. In der Strafprozessordnung nicht vorgesehene Verfahren sind folglich nicht zulässig und können auch von den Kantonen nicht eingeführt werden (SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar,
BGE 147 IV 93 S. 99

a.a.O., N. 3 zu Art. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 2 Ausübung der Strafrechtspflege - 1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
StPO). Angesichts der Tragweite eines Strafverfahrens und der Auswirkungen, die es auf die daran beteiligten bzw. die davon betroffenen Personen hat, ist es unerlässlich, dass die Strafbehörden das Strafverfahren nach den vom Gesetzgeber vorgesehenen Formen durchführen. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass es sich beim Grundsatz der Formstrenge bzw. dem numerus clausus der Verfahrensformen um einen von allen Strafbehörden zu jeder Zeit zu beachtenden fundamentalen Grundsatz des Strafprozessrechts handelt.
1.3.3 Eine strafrechtliche Verurteilung einer Person setzt neben deren Täterschaft, der objektiven und subjektiven Tatbestandsmässigkeit und der Rechtswidrigkeit der Tat voraus, dass sie schuldhaft gehandelt hat. Ist die Person schuldunfähig, kann ihr kein Schuldvorwurf gemacht werden und folglich kein Schuldspruch und keine Bestrafung erfolgen (Art. 19 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
StGB), es sei denn, es liege ein Fall einer "actio libera in causa" (Art. 19 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
StGB) oder der Verübung einer Tat in selbstverschuldeter Unzurechnungsfähigkeit (Art. 263
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 263 - 1 Wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt, wird mit Geldstrafe bestraft.352
StGB) vor. Jedoch können Massnahmen nach Art. 59
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
-61
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 61 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat noch nicht 25 Jahre alt und ist er in seiner Persönlichkeitsentwicklung erheblich gestört, so kann ihn das Gericht in eine Einrichtung für junge Erwachsene einweisen, wenn:
, 63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
, 64
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 64 - 1 Das Gericht ordnet die Verwahrung an, wenn der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine schwere Körperverletzung, eine Vergewaltigung, einen Raub, eine Geiselnahme, eine Brandstiftung, eine Gefährdung des Lebens oder eine andere mit einer Höchststrafe von fünf oder mehr Jahren bedrohte Tat begangen hat, durch die er die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer andern Person schwer beeinträchtigt hat oder beeinträchtigen wollte, und wenn:59
, 67
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 67 - 1 Hat jemand in Ausübung einer beruflichen oder einer organisierten ausserberuflichen Tätigkeit ein Verbrechen oder Vergehen begangen, für das er zu einer Freiheitsstrafe von über sechs Monaten verurteilt worden ist, und besteht die Gefahr, dass er seine Tätigkeit zur Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen missbrauchen wird, so kann ihm das Gericht die betreffende oder vergleichbare Tätigkeiten für sechs Monate bis zu fünf Jahren ganz oder teilweise verbieten.94
, 67b
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 67b - 1 Hat jemand ein Verbrechen oder Vergehen gegen eine oder mehrere bestimmte Personen oder gegen Personen einer bestimmten Gruppe begangen und besteht die Gefahr, dass er bei einem Kontakt zu diesen Personen weitere Verbrechen oder Vergehen begehen wird, so kann das Gericht für eine Dauer bis zu fünf Jahren ein Kontakt- und Rayonverbot verhängen.
und 67e
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 67e - Hat der Täter ein Motorfahrzeug zur Begehung eines Verbrechens oder Vergehens verwendet und besteht Wiederholungsgefahr, so kann das Gericht neben einer Strafe oder einer Massnahme nach den Artikeln 59-64 den Entzug des Lernfahr- oder Führerausweises für die Dauer von einem Monat bis zu fünf Jahren anordnen.
StGB angeordnet werden (Art. 19 Abs. 3
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
StGB). Wurde ein Strafverfahren eröffnet und ergibt sich dabei, dass eine Person schuldunfähig ist, sind verschiedene Konstellationen denkbar: Ergibt sich die Schuldunfähigkeit nach erfolgter Anklage während des Hauptverfahrens nach Art. 328 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 328 Rechtshängigkeit - 1 Mit dem Eingang der Anklageschrift wird das Verfahren beim Gericht rechtshängig.
. StPO, hat das Gericht die betroffene Person freizusprechen und die erforderlichen Massnahmen anzuordnen (vgl. SCHMID/JOSITSCH, Handbuch des schweizerischen Strafprozessrechts [nachfolgend: Handbuch], 3. Aufl. 2017, N. 1425; FELIX BOMMER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 8 zu Art. 374
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO; BOMMER/DITTMANN, in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 4. Aufl. 2019, N. 44 ff. zu Art. 19
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
StGB). Ergibt sich die Schuldunfähigkeit bereits während des Vorverfahrens und erachtet die Staatsanwaltschaft die Anordnung einer Massnahme für notwendig, ist in der Regel ein selbstständiges Verfahren nach Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO durchzuführen. Hält die Staatsanwaltschaft keine Massnahme für angezeigt, kann sie das Verfahren in (analoger) Anwendung von Art. 319 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 319 Gründe - 1 Die Staatsanwaltschaft verfügt die vollständige oder teilweise Einstellung des Verfahrens, wenn:
StPO einstellen. Zwar wird in dieser Bestimmung die fehlende Schuldfähigkeit nicht genannt, jedoch wird in der Literatur zu Recht die Meinung vertreten, dass bei bereits in der Untersuchung feststehender Schuldunfähigkeit und ohne Notwendigkeit eines Vorgehens nach
BGE 147 IV 93 S. 100

Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO das Verfahren ebenfalls einzustellen ist (vgl. CHRISTIAN SCHWARZENEGGER, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch und andere [Hrsg.], 3. Aufl. 2020, N. 4 zu Art. 374
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO; BOMMER, a.a.O., N. 17 zu Art. 374
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO; MOREILLON/PAREIN-REYMOND, CPP, Code de procédure pénale, 2. Aufl. 2016, N. 7 zu Art. 374
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO; SCHMID/JOSITSCH, Handbuch, a.a.O., N. 1253; BOMMER/DITTMANN, a.a.O., N. 48 zu Art. 19
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
StGB). Dies ergibt sich auch aus dem letzten Satzteil von Art. 374 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO, wonach die Staatsanwaltschaft dem Gericht die Anordnung einer Massnahme beantragt, ohne vorher das Verfahren einzustellen.
1.3.4 Welcher der oben aufgezeigten Wege einzuschlagen ist, entscheidet die Staatsanwaltschaft zum Zeitpunkt, zu dem sie die Untersuchung für vollständig erachtet. Sie geht nach Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO vor, wenn sie die Schuldunfähigkeit der betroffenen Person gestützt auf ein Gutachten eines Sachverständigen als erstellt erachtet, eine Anwendung von Art. 19 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
und Art. 263
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 263 - 1 Wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt, wird mit Geldstrafe bestraft.352
StGB nicht in Betracht kommt und sie eine Massnahme nach Art. 59
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
-61
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 61 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat noch nicht 25 Jahre alt und ist er in seiner Persönlichkeitsentwicklung erheblich gestört, so kann ihn das Gericht in eine Einrichtung für junge Erwachsene einweisen, wenn:
, 63
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 63 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, ist er von Suchtstoffen oder in anderer Weise abhängig, so kann das Gericht anordnen, dass er nicht stationär, sondern ambulant behandelt wird, wenn:
, 64
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 64 - 1 Das Gericht ordnet die Verwahrung an, wenn der Täter einen Mord, eine vorsätzliche Tötung, eine schwere Körperverletzung, eine Vergewaltigung, einen Raub, eine Geiselnahme, eine Brandstiftung, eine Gefährdung des Lebens oder eine andere mit einer Höchststrafe von fünf oder mehr Jahren bedrohte Tat begangen hat, durch die er die physische, psychische oder sexuelle Integrität einer andern Person schwer beeinträchtigt hat oder beeinträchtigen wollte, und wenn:59
, 67
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 67 - 1 Hat jemand in Ausübung einer beruflichen oder einer organisierten ausserberuflichen Tätigkeit ein Verbrechen oder Vergehen begangen, für das er zu einer Freiheitsstrafe von über sechs Monaten verurteilt worden ist, und besteht die Gefahr, dass er seine Tätigkeit zur Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen missbrauchen wird, so kann ihm das Gericht die betreffende oder vergleichbare Tätigkeiten für sechs Monate bis zu fünf Jahren ganz oder teilweise verbieten.94
, 67b
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 67b - 1 Hat jemand ein Verbrechen oder Vergehen gegen eine oder mehrere bestimmte Personen oder gegen Personen einer bestimmten Gruppe begangen und besteht die Gefahr, dass er bei einem Kontakt zu diesen Personen weitere Verbrechen oder Vergehen begehen wird, so kann das Gericht für eine Dauer bis zu fünf Jahren ein Kontakt- und Rayonverbot verhängen.
oder 67e StGB für notwendig hält. Fehlt es auch nur an einer dieser Voraussetzungen, fällt das selbstständige Massnahmeverfahren gegen Schuldunfähige ausser Betracht und es ist das Vorverfahren (weiter)zuführen. Die Staatsanwaltschaft hat Anklage zu erheben, wenn nach Einholung eines Gutachtens Zweifel an der Schuldunfähigkeit bestehen oder wenn dem auf Schuldunfähigkeit lautenden Gutachten ernst zu nehmende gegenteilige Zeugenaussagen gegenüberstehen (vgl. BOMMER, a.a.O., N. 8 zu Art. 374
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO; JO PITTELOUD, Code de procédure pénale suisse [CPP], Commentaire à l'usage des praticiens, 2012, N. 1089 zu Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO; SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar, a.a.O., N. 3 zu Art. 374
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO). Wird eine Person mehrerer Taten beschuldigt, die teilweise mit und teilweise ohne Schuld begangen wurden, sind alle Taten gestützt auf den Grundsatz der Einheit des Verfahrens (Art. 29 Abs. 1 lit. a
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 29 Grundsatz der Verfahrenseinheit - 1 Straftaten werden gemeinsam verfolgt und beurteilt, wenn:
StPO) in einem Verfahren zu beurteilen, womit ein Vorgehen nach Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO nicht möglich und das ordentliche Verfahren gemäss Art. 328 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 328 Rechtshängigkeit - 1 Mit dem Eingang der Anklageschrift wird das Verfahren beim Gericht rechtshängig.
. StPO zu beschreiten ist (vgl. BOMMER, a.a.O., N. 13 zu Art. 374
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO; SCHWARZENEGGER, a.a.O., N. 1 zu Art. 374
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO).
1.3.5 Erachtet die Staatsanwaltschaft die Untersuchung als vollständig und die Voraussetzungen von Art. 374 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO als erfüllt, beantragt sie dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme (vgl. zum Inhalt des Antrags: BOMMER, a.a.O., N. 15 zu Art. 374
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO;
BGE 147 IV 93 S. 101

SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar, a.a.O., N. 2 zu Art. 374
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO). Gestützt auf diesen Antrag beurteilt das Gericht zunächst die Fragen der Täterschaft der betroffenen Person und die Tatbestandsmässigkeit sowie Rechtswidrigkeit deren Verhaltens, bevor es schliesslich prüft, ob die betroffene Person die Tat im Zustand der Schuldunfähigkeit begangen hat und kein Fall von Art. 19 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
und Art. 263
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 263 - 1 Wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt, wird mit Geldstrafe bestraft.352
StGB vorliegt (vgl. QUELOZ/MANTELLI RODRIGUEZ, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2. Aufl. 2019, N. 3 f. zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO; SCHWARZENEGGER, a.a.O., N. 2 f. zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO; MOREILLON/PAREIN-REYMOND, a.a.O., N. 2 zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO). Die Beurteilung dieser Fragen unterliegt der freien gerichtlichen Prüfung, wie dies in einem ordentlichen Verfahren auch der Fall ist (vgl. BOMMER, a.a.O., N. 4 f. zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO; BOMMER/ DITTMANN, a.a.O., N. 49 zu Art. 19
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
StGB). Sind nach Ansicht des Gerichts Täterschaft, Tatbestandsmässigkeit, Rechtswidrigkeit und fehlende Tatverantwortlichkeit gegeben und alle Voraussetzungen für die Anordnung einer Massnahme erfüllt, stellt es im Urteil die schuldlose Begehung der namentlich bezeichneten Straftat(en) fest und ordnet die beantragte oder eine andere Massnahme an (vgl. BBl 2006 1305 Ziff. 2.8.6.2; BOMMER, a.a.O., N. 10 zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO; SCHWARZENEGGER, a.a.O., N. 5 zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO). In einem solchen Fall ergeht kein Freispruch, denn ein solcher erfolgt stets mit Blick auf den Vorwurf schuldhafter Tatverwirklichung und dieser Vorwurf wird im Verfahren gegen den Schuldunfähigen nicht erhoben (vgl. BOMMER, a.a.O., N. 10 zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO; SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar, a.a.O., N. 1 f. zu Art. 374
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
StPO).
1.3.6 Gelangt das Gericht zum Schluss, dass die betroffene Person schuldfähig oder als für die im Zustand der Schuldunfähigkeit begangenen Straftaten verantwortlich (vgl. Art. 19 Abs. 4
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
und Art. 263
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 263 - 1 Wer infolge selbstverschuldeter Trunkenheit oder Betäubung unzurechnungsfähig ist und in diesem Zustand eine als Verbrechen oder Vergehen bedrohte Tat verübt, wird mit Geldstrafe bestraft.352
StGB) ist, weist es den Antrag der Staatsanwaltschaft ab (Art. 375 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO). Dieser Entscheid ergeht in Form einer Verfügung bzw. eines Beschlusses, da darin nicht materiell über straf- und zivilrechtliche Fragen befunden, sondern das Verfahren in die Phase der Untersuchung zurückversetzt wird (vgl. Art. 80 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 80 Form - 1 Entscheide, in denen über Straf- und Zivilfragen materiell befunden wird, sowie selbstständige nachträgliche Entscheide und selbstständige Einziehungsentscheide ergehen in Form eines Urteils. Die anderen Entscheide ergehen, wenn sie von einer Kollegialbehörde gefällt werden, in Form eines Beschlusses, wenn sie von einer Einzelperson gefällt werden, in Form einer Verfügung.33 Die Bestimmungen des Strafbefehlsverfahrens bleiben vorbehalten.
StPO; QUELOZ/MANTELLI RODRIGUEZ, a.a.O., N. 21 zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO; SCHMID/JOSITSCH, Handbuch, a.a.O., N. 1429; dieselben, Praxiskommentar, a.a.O., N. 9 zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO; BOMMER, a.a.O., N. 18 zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO; SCHWARZENEGGER, a.a.O., N. 9 zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO; PITTELOUD, a.a.O., N. 1095 zu Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO; MOREILLON/PAREIN-REYMOND, a.a.O., N. 11 zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO). Gegen diesen Entscheid steht die Beschwerde an
BGE 147 IV 93 S. 102

die obere kantonale Instanz gemäss Art. 393 Abs. 1 lit. b
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 393 Zulässigkeit und Beschwerdegründe - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen:
StPO offen. Der Weiterzug des Beschwerdeentscheids mittels Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht ist unter den Voraussetzungen von Art. 93
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz
BGG Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide - 1 Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
1    Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig:
a  wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder
b  wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde.
2    Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und dem Gebiet des Asyls sind Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar.86 Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind.
3    Ist die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken.
BGG möglich. Die Staatsanwaltschaft hat nach Eintritt der Rechtskraft dieses Entscheids das Vorverfahren wieder aufzunehmen und weiterzuführen. Ein erneutes Verfahren nach Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO ist hingegen ausgeschlossen. Wird Anklage erhoben, ist das Gericht nicht an seine vorgängigen Entscheide im selbstständigen Massnahmeverfahren gebunden (vgl. BBl 2006 1305 Ziff. 2.8.6.2). Ausgeschlossen ist es, dass das Gericht im selbstständigen Massnahmeverfahren direkt auf die schuldhafte Erfüllung des einschlägigen Tatbestands erkennt und die betroffene Person entsprechend verurteilt. Ein Schuldspruch setzt den Vorwurf der schuldhaften Tatverwirklichung voraus, der im Verfahren nach Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO gerade nicht erhoben wird. Wurde keine schuldhafte Tatbegehung angeklagt, kann keine Verurteilung deswegen erfolgen (vgl. BOMMER, a.a.O., N. 10 und 16 zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO; SCHWARZENEGGER, a.a.O., N. 6a zu Art. 375
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO). Das Bundesgericht verkennt nicht, dass das Vorgehen gemäss Art. 375 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO zu einer gewissen Doppelspurigkeit führt und das Strafverfahren insgesamt nicht unerheblich verlängern kann. Jedoch ist die eindeutige gesetzliche Regelung für das Bundesgericht und alle übrigen rechtsanwendenden Behörden massgebend (vgl. Art. 190
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 190 Massgebendes Recht - Bundesgesetze und Völkerrecht sind für das Bundesgericht und die anderen rechtsanwendenden Behörden massgebend.
BV).
1.3.7 Aus dem Gesagten folgt zusammengefasst, dass es sich beim Verfahren bei einer schuldunfähigen beschuldigten Person um ein vom ordentlichen Verfahren klar abzugrenzendes selbstständiges, besonderes Verfahren handelt, in dem mangels Vorwurfs eines schuldhaften Verhaltens kein Schuldspruch ergehen kann. Es gelangt in Fällen zur Anwendung, in denen bereits im Vorverfahren die Schuldunfähigkeit hinsichtlich aller zu beurteilenden Straftaten eindeutig festgestellt wird und aus diesem Grund keine Anklage ergehen kann. Damit ist ein Schuldspruch im Rahmen eines selbstständigen Massnahmeverfahrens gemäss Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO ausgeschlossen.
1.4

1.4.1 Die Staatsanwaltschaft stellte am 6. April 2018 dem Bezirksgericht Zürich einen "Antrag auf Anordnung einer Massnahme für eine schuldunfähige Person, Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO". Darin nannte sie zunächst hinsichtlich der beiden Straftatbestände vorsätzliche Tötung und Störung des Totenfriedens die beschuldigte Person (den Beschwerdeführer), Datum und Zeit, den Deliktsort und die
BGE 147 IV 93 S. 103

geschädigten Personen sowie umschrieb das Tatvorgehen. Abschliessend hielt sie fest, dieses Verhalten erfülle die Tatbestände der vorsätzlichen Tötung im Sinne von Art. 111
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 111 - Wer vorsätzlich einen Menschen tötet, ohne dass eine der besondern Voraussetzungen der nachfolgenden Artikel zutrifft, wird mit Freiheitsstrafe157 nicht unter fünf Jahren bestraft.
StGB sowie der Störung des Totenfriedens im Sinne von Art. 262 Ziff. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 262 - 1. Wer die Ruhestätte eines Toten in roher Weise verunehrt,
StGB, wobei der Beschwerdeführer "gestützt auf Art. 19 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 19 - 1 War der Täter zur Zeit der Tat nicht fähig, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder gemäss dieser Einsicht zu handeln, so ist er nicht strafbar.
StGB für diese Taten nicht schuldfähig war (Hauptantrag), eventualiter wofür [er] angemessen zu bestrafen sei (Eventualantrag)". Es folgten weitere Angaben zu den angeordneten Zwangsmassnahmen, den beschlagnahmten Gegenständen und Vermögenswerten sowie den entstandenen Untersuchungskosten. Schliesslich stellte die Staatsanwaltschaft Anträge an das Zwangsmassnahmengericht, die Verfahrensleitung und für die Hauptverhandlung. Hinsichtlich Letzterer stellte sie den Beweisantrag, der forensisch-psychiatrische Sachverständige sei einzuvernehmen, und den Hauptantrag, es sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer die aufgeführten Tatbestände in nicht selbstverschuldeter Schuldunfähigkeit erfüllt habe. Als Eventualantrag ersuchte sie um "Schuldigsprechung" des Beschwerdeführers wegen vorsätzlicher Tötung und Störung des Totenfriedens sowie um dessen Bestrafung gemäss dem in der Hauptverhandlung noch zu stellenden Antrag. Die weiteren Anträge betrafen die Anordnung einer stationären Massnahme im Sinne von Art. 59 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 59 - 1 Ist der Täter psychisch schwer gestört, so kann das Gericht eine stationäre Behandlung anordnen, wenn:
StGB, die Verfügung über die beschlagnahmten Gegenstände, den Entscheid über die Zivilansprüche der Privatklägerschaft, die Kostenauflage und die Vorladung der Staatsanwaltschaft.
1.4.2 Aus dem Wortlaut des obgenannten Antrags geht zweifelsfrei hervor, dass vorliegend die Voraussetzungen des besonderen Verfahrens bei einer schuldunfähigen beschuldigten Person gemäss Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO von Beginn an nicht vorgelegen haben. Aus dem Umstand, dass die Staatsanwaltschaft eventualiter die Verurteilung des Beschwerdeführers wegen beider diesem vorgeworfenen Taten beantragt hat, ergibt sich, dass sie die Schuldunfähigkeit des Beschwerdeführers nicht als zweifelsfrei erstellt erachtete. Hierauf lässt auch ihre Aktennotiz zum Telefonat mit dem forensisch-psychiatrischen Sachverständigen schliessen. Daraus ergibt sich, dass das psychiatrische Gutachten nach Ansicht der Staatsanwaltschaft Interpretationsspielraum lasse, ob die Schuldfähigkeit des Beschwerdeführers aufgehoben war oder nicht. Angesichts ihrer Zweifel hätte die Staatsanwaltschaft nach dem Ausgeführten das ordentliche Verfahren anstreben und Anklage erheben müssen (vgl. E. 1.3.4). Diese Zweifel waren auch berechtigt. Daraus folgt, dass die
BGE 147 IV 93 S. 104

Staatsanwalt schaft von Beginn an fälschlicherweise den Weg des selbstständigen Massnahmeverfahrens beschritten hat, obwohl sie Anklage in einem ordentlichen Verfahren hätte erheben müssen.
1.4.3 Das erstinstanzliche Gericht hat in der Folge diesen Fehler der Staatsanwaltschaft nicht korrigiert und den Antrag auf Anordnung einer Massnahme für eine schuldunfähige Person gestützt auf Art. 375 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO nicht abgewiesen. Vielmehr hat es im selbstständigen Massnahmeverfahren gemäss Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO (neben der Feststellung, der Beschwerdeführer habe den Tatbestand der vorsätzlichen Tötung im Zustand der nicht selbst verschuldeten Schuldunfähigkeit erfüllt und der Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme) den Beschwerdeführer der Störung des Totenfriedens schuldig gesprochen und ihn mit einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten bestraft. Damit hat es im selbstständigen Massnahmeverfahren bei einer schuldunfähigen beschuldigten Person, das lediglich zur Anwendung gelangt, wenn Letzterer gerade kein Schuldvorwurf gemacht werden kann, weshalb es auch nicht zu einer Anklage kommt, die Schuld des Beschwerdeführers festgestellt. Dies ohne Anklageerhebung im Sinne von Art. 324 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 324 Grundsätze - 1 Die Staatsanwaltschaft erhebt beim zuständigen Gericht Anklage, wenn sie aufgrund der Untersuchung die Verdachtsgründe als hinreichend erachtet und keinen Strafbefehl erlassen kann.
. StPO, womit der Anklagegrundsatz verletzt ist (vgl. zum Anklagegrundsatz: BGE 143 IV 63 E. 2.2 S. 65 mit Hinweisen). Zwar tritt der Antrag auf Massnahmeanordnung im besonderen Verfahren nach Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO an die Stelle der Anklage im erstinstanzlichen Hauptverfahren nach Art. 328 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 328 Rechtshängigkeit - 1 Mit dem Eingang der Anklageschrift wird das Verfahren beim Gericht rechtshängig.
. StPO, jedoch enthält Ersterer keinen Schuldvorwurf. Soweit die Vorinstanz argumentiert, das Vorgehen der Staatsanwaltschaft und des erstinstanzlichen Gerichts sei zulässig, da die Staatsanwaltschaft auch einen Antrag und eine Anklage in der gleichen Antragsschrift hätte erheben können, lässt sie Art. 2 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 2 Ausübung der Strafrechtspflege - 1 Die Strafrechtspflege steht einzig den vom Gesetz bestimmten Behörden zu.
StPO unberücksichtigt. Nach dem Gesagten lässt die Strafprozessordnung die Vermischung des selbstständigen Massnahmeverfahrens und des ordentlichen Verfahrens nicht zu. Indem das erstinstanzliche Gericht den Beschwerdeführer der Störung des Totenfriedens schuldig erklärte, überging es nicht nur die eindeutige gesetzliche Anweisung gemäss Art. 375 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO, sondern vermischte letztlich auch zwei verschiedene Verfahrensformen miteinander und missachtete damit den Grundsatz der Formstrenge.
1.4.4 Angesichts dieses Mangels des erstinstanzlichen Verfahrens stellt sich die Frage der Nichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Fehlerhafte Entscheide sind nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung
BGE 147 IV 93 S. 105

in der Regel nur anfechtbar. Als nichtig erweisen sie sich erst dann, wenn der ihnen anhaftende Mangel besonders schwer ist, wenn er sich als offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar erweist und die Rechtssicherheit durch die Annahme der Nichtigkeit nicht ernsthaft gefährdet wird. Inhaltliche Mängel einer Entscheidung führen nur ausnahmsweise zur Nichtigkeit. Als Nichtigkeitsgründe fallen vorab funktionelle und sachliche Unzuständigkeit der entscheidenden Behörde sowie krasse Verfahrensfehler in Betracht (BGE 145 III 436 E. 4 S. 438; BGE 144 IV 362 E. 1.4.3 S. 368; BGE 139 II 243 E. 11.2 S. 260). Die erste Instanz beging einen besonders schweren und offensichtlichen Verfahrensfehler, in dem sie in einem Verfahren gemäss Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO einen Schuldspruch aussprach. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass sie - wenn das Verfahren gegen den Beschwerdeführer den vom Gesetz vorgesehenen Gang genommen hätte - für die Beurteilung der Anklage gegen ihn im ordentlichen Verfahren gemäss Art. 328 ff
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 328 Rechtshängigkeit - 1 Mit dem Eingang der Anklageschrift wird das Verfahren beim Gericht rechtshängig.
. StPO örtlich, sachlich und funktionell zuständig gewesen wäre. Angesichts der gesamten Umstände liegt vorliegend gerade noch keine Nichtigkeit des erstinstanzlichen Urteils vor; das fehlerhafte erstinstanzliche Urteil ist anfechtbar.
1.5

1.5.1 Die Vorinstanz stellt sich auf den Standpunkt, das erstinstanzliche Urteil sei hinsichtlich des Schuldspruchs wegen Störung des Totenfriedens in Rechtskraft erwachsen. Daher komme eine Rückweisung des Verfahrens an die Staatsanwaltschaft von Vornherein nicht in Betracht. Ferner erwägt sie, dass der Antrag der Staatsanwaltschaft auf Schuldspruch eventualiter erfolgt sei, sei aufgrund der (ursprünglichen) gutachterlichen Feststellungen naheliegend gewesen. Dieses Vorgehen der Staatsanwaltschaft sei in Nachachtung des Grundsatzes der Einheit des Verfahrens geradezu geboten gewesen.
1.5.2 Es wurde bereits ausführlich aufgezeigt, dass das Vorgehen der Staatsanwaltschaft und des erstinstanzlichen Gerichts Bundesrecht verletzt und einen besonders schweren sowie offensichtlichen Verfahrensmangel darstellt (vgl. E. 1.4). Soweit die Vorinstanz den Verzicht auf eine Rückweisung damit begründet, dass der Schuldspruch wegen Störung des Totenfriedens in Rechtskraft erwachsen sei, ist sie auf Art. 404 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
StPO hinzuweisen. Im Berufungsverfahren gilt zwar grundsätzlich die Dispositionsmaxime und das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
StPO). Soweit die
BGE 147 IV 93 S. 106

Einschränkung der Berufung auf einzelne Punkte eindeutig und der Grundsatz der Untrennbarkeit oder inneren Einheit nicht verletzt ist, muss die Einschränkung durch das Berufungsgericht respektiert werden (Urteile 6B_1403/2019 vom 10. Juni 2020 E. 1.3; 6B_492/2018 vom 13. November 2018 E. 2.3; 6B_769/2016 vom 11. Januar 2017 E. 2.3; 6B_349/2016 vom 13. Dezember 2016 E. 2.3; je mit Hinweisen). Gemäss Art. 404 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
StPO kann es jedoch zugunsten der beschuldigten Person auch nicht angefochtene Punkte überprüfen, um gesetzeswidrige oder unbillige Entscheidungen zu verhindern. Von der Möglichkeit des Eingriffs in die Dispositionsfreiheit der beschuldigten Person ist nur zurückhaltend Gebrauch zu machen. Der Eingriff ist in sachlicher Hinsicht auf die Verhinderung von gesetzeswidrigen oder unbilligen Entscheidungen beschränkt. Eine umfassende, freie Überprüfung (auf blosse Unangemessenheit) ist damit ausgeschlossen. Es soll verhindert werden, dass das Berufungsgericht auf einer materiell oder formell unrichtigen Grundlage urteilen muss. Art. 404 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
StPO kommt vorwiegend bei einer qualifiziert unrichtigen Rechtsanwendung durch die Vorinstanz bei gleichzeitiger Beschränkung der Berufung auf die Sanktion zur Anwendung. In Ermessensentscheide der Vorinstanz kann hingegen in keinem Fall eingegriffen werden; eine Beschränkung der Dispositionsmaxime rechtfertigt sich nur bei Willkür. Macht das Berufungsgericht von Art. 404 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
StPO Gebrauch, hat es die Verfahrensbeteiligten vorher zu informieren und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben (vgl. Urteile 6B_976/2017 vom 14. November 2018 E. 7.3; 6B_492/2018 vom 13. November 2018 E. 2.3; 6B_769/2016 vom 11. Januar 2017 E. 2.3; 6B_349/2016 vom 13. Dezember 2016 E. 2.3; je mit Hinweisen; MARLÈNE KISTLER VIANIN, in: Commentaire romand, Code de procédure pénale suisse, 2. Aufl. 2019, N. 3 zu Art. 404
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
StPO; SVEN ZIMMERLIN, in: Kommentar zur Schweizerischen Strafprozessordnung [StPO], Donatsch und andere [Hrsg.],3. Aufl. 2020, N. 5 zu Art. 404
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
StPO; LUZIUS EUGSTER, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 2. Aufl. 2014, N. 3 f. zu Art. 404
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
StPO; SCHMID/JOSITSCH, Praxiskommentar, a.a.O., N. 3 f. zu Art. 404
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
StPO; dieselben, Handbuch, a.a.O., N. 1562).
1.5.3 Aufgrund des schweren und offensichtlichen Verfahrensfehlers des erstinstanzlichen Gerichts hätte die Vorinstanz gestützt auf Art. 404 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
StPO auch den - ihres Erachtens vom Beschwerdeführer mit Berufung nicht angefochtenen - Schuldspruch wegen
BGE 147 IV 93 S. 107

Störung des Totenfriedens überprüfen und die Sache an die erste Instanz bzw. die Staatsanwaltschaft zurückweisen müssen, da sich dessen Aufhebung zugunsten des Beschwerdeführers ausgewirkt hätte. Dieses Vorgehen drängte sich auch deshalb auf, weil der neue amtliche Verteidiger des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren auf den Verfahrensfehler des erstinstanzlichen Gerichts hingewiesen und beantragt hatte, die Sache sei gestützt auf Art. 375 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen. Entgegen der Ansicht der Vorinstanz ist darin kein Versuch zu erblicken, das Verfahren zu verzögern. Es wäre Aufgabe der Vorinstanz gewesen, den Fehler des erstinstanzlichen Gerichts in Anwendung von Art. 404 Abs. 2
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 404 Umfang der Überprüfung - 1 Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten.
StPO zu korrigieren und die Sache gestützt auf Art. 375 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO an die Staatsanwaltschaft zur Weiterführung des Vorverfahrens zurückzuweisen. Dies ist vorliegend nachzuholen. Damit kann offengelassen werden, ob die Vorinstanz nach Art. 400 Abs. 1
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 400 Vorprüfung - 1 Geht aus der Berufungserklärung nicht eindeutig hervor, ob das erstinstanzliche Urteil ganz oder nur in Teilen angefochten wird, so fordert die Verfahrensleitung des Berufungsgerichts die Partei auf, ihre Erklärung zu verdeutlichen, und setzt ihr dafür eine Frist.
StPO hätte vorgehen müssen, weil die Berufungsanträge des Beschwerdeführers einerseits und seines damaligen amtlichen Verteidigers andererseits widersprüchlich waren.

1.6 Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet. Da die Voraussetzungen für ein Verfahren nach Art. 374 f
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 374 Voraussetzungen und Verfahren - 1 Ist eine beschuldigte Person schuldunfähig und kommt eine Anwendung der Artikel 19 Absatz 4 oder 263 StGB258 nicht in Betracht, so beantragt die Staatsanwaltschaft dem erstinstanzlichen Gericht schriftlich eine Massnahme nach den Artikeln 59-61, 63, 64, 67, 67b oder 67e StGB, ohne vorher das Verfahren wegen Schuldunfähigkeit einzustellen.259
. StPO nicht vorliegen, ist der Antrag der Staatsanwaltschaft in Anwendung von Art. 375 Abs. 3
SR 312.0 Schweizerische Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) - Strafprozessordnung
StPO Art. 375 Entscheid - 1 Das Gericht ordnet die beantragte oder andere Massnahmen an, wenn es die Täterschaft und die Schuldunfähigkeit für erwiesen und die Massnahme für erforderlich hält. Gleichzeitig entscheidet es über die geltend gemachten Zivilansprüche.
StPO abzuweisen. Die Sache ist zur Weiterführung des Vorverfahrens an die Staatsanwaltschaft und zur Regelung der Kosten- sowie Entschädigungsfolgen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Es ist darauf hinzuweisen, dass mit der vorliegenden Rückweisung einzig der von der ersten (und zweiten) Instanz begangene Verfahrensfehler korrigiert wird, jedoch - mit Ausnahme der nachfolgenden Erwägung zum forensisch-psychiatrischen Gutachten - keine Prüfung in der Sache erfolgt. Die Rüge, die Vorinstanz habe das Berufungsverfahren bundesrechtswidrig schriftlich durchgeführt, braucht angesichts der Rückweisung nicht behandelt zu werden.
147 IV 93 08. Oktober 2020 05. Juni 2021 Bundesgericht 147 IV 93 BGE - Strafrecht und Strafvollzug

Subject Art. 2 Abs. 2, Art. 374 f. und Art. 404 Abs. 2 StPO; Grundsatz der Formstrenge, selbstständiges Massnahmeverfahren bei einer