Urteilskopf

146 II 300

21. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Verkehrssicherheitszentrum OW/NW (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 1C_621/2019 vom 23. April 2020

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Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 300

BGE 146 II 300 S. 300

A. Der 1998 geborene A. ist Inhaber eines Führerausweises auf Probe. Am 8. Juni 2018 verursachte er einen Verkehrsunfall, als er beim Rückwärtsfahren eine korrekt entgegenkommende Fahrradfahrerin übersah und mit dieser kollidierte. Am 27. Juni 2018 teilte ihm das Verkehrssicherheitszentrum OW/NW mit, es werde die Einleitung
BGE 146 II 300 S. 301

eines Administrativverfahrens geprüft; das Verfahren werde jedoch bis zum Abschluss des Strafverfahrens sistiert. Am 8. September 2018 verursachte A. als Fahrzeugführer eines militärischen Fahrzeugs wegen nicht angepasster Geschwindigkeit einen Selbstunfall, wobei drei seiner fünf Mitfahrer leichte Verletzungen erlitten. Daraufhin annullierte das Verkehrssicherheitszentrum OW/ NW mit Verfügung vom 14. Januar 2019 und Einspracheentscheid vom 14. März 2019 den Führerausweis auf Probe.
B. Die von A. hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden mit Entscheid vom 30. September 2019 ab.
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A., das Verkehrssicherheitszentrum OW/NW sei unter Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides anzuweisen, ihm den Führerausweis auf Probe wieder zu erteilen. Das Verkehrssicherheitszentrum OW/NW und das Bundesamt für Strassen ASTRA schliessen auf Abweisung der Beschwerde. (Zusammenfassung)
Aus den Erwägungen:

Erwägungen

3.

3.1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre (Art. 15a Abs. 1
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15a - 1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
1    Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2    Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.49
2bis    Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.50
3    Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen Begehung einer mittelschweren oder schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert.51 Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4    Der Führerausweis auf Probe verfällt, wenn der Inhaber während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.52
5    Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6    Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
SVG). Für Inhaber des Führerausweises auf Probe wird der definitive Führerausweis erteilt, wenn die Probezeit abgelaufen ist und der Inhaber die vorgeschriebenen Weiterbildungskurse besucht hat (Art. 15b Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15b - 1 Der definitive Führerausweis wird erteilt, wenn der Bewerber:
1    Der definitive Führerausweis wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.
2    Für Inhaber des Führerausweises auf Probe wird der definitive Führerausweis erteilt, wenn die Probezeit abgelaufen ist und der Inhaber die vorgeschriebenen Weiterbildungskurse besucht hat.
SVG). Wird dem Inhaber der Ausweis auf Probe wegen einer Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert (Art. 15a Abs. 3
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15a - 1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
1    Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2    Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.49
2bis    Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.50
3    Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen Begehung einer mittelschweren oder schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert.51 Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4    Der Führerausweis auf Probe verfällt, wenn der Inhaber während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.52
5    Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6    Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
SVG). Der Führerausweis auf Probe verfällt mit der zweiten Widerhandlung, die zum Entzug des Ausweises führt (Art. 15a Abs. 4
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15a - 1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
1    Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2    Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.49
2bis    Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.50
3    Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen Begehung einer mittelschweren oder schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert.51 Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4    Der Führerausweis auf Probe verfällt, wenn der Inhaber während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.52
5    Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6    Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
SVG). Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht (Art. 15a Abs. 5
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15a - 1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
1    Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2    Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.49
2bis    Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.50
3    Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen Begehung einer mittelschweren oder schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert.51 Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4    Der Führerausweis auf Probe verfällt, wenn der Inhaber während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.52
5    Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6    Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
SVG).
3.2 Der vorerst nur probeweisen Erteilung des Führerausweises liegt der Gedanke zugrunde, dass sich Neulenker (sog. "Neuerwerber") während einer dreijährigen Probezeit in der Fahrpraxis bewähren sollen, bevor ihnen der (unbefristete) Führerausweis definitiv erteilt wird. Während der Probezeit soll sich der Neulenker durch einwandfreies
BGE 146 II 300 S. 302

und klagloses Fahrverhalten im Verkehr ausweisen. Verstösse gegen Verkehrsregeln lösen deshalb nicht nur die gegen Inhaber des unbefristeten Führerausweises vorgesehenen Strafsanktionen und Administrativmassnahmen aus. Gleichzeitig erschweren sie während der Probezeit die Erlangung des unbefristeten Ausweises. Besteht der Neulenker die Probezeit nicht, kann er frühestens ein Jahr nach der zweiten Widerhandlung mit Ausweisentzug (und nach erfolgter verkehrspsychologischer Abklärung der Fahreignung) einen neuen Lernfahrausweis (und nach Bestehen der Führerprüfung einen neuen Führerausweis auf Probe) beantragen. Das neu eingeführte administrativmassnahmenrechtliche Instrument dient (ergänzend zur Verschärfung der Warnungsentzüge) der strengeren Ahndung und Prävention von SVG-Widerhandlungen durch Neulenker und damit der Erhöhung der Verkehrssicherheit (BGE 136 I 345 E. 6.1 S. 348 f. mit Hinweisen; BGE 136 II 447 E. 5.1 S. 454 f.). Unter die nach Art. 15a Abs. 4
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15a - 1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
1    Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2    Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.49
2bis    Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.50
3    Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen Begehung einer mittelschweren oder schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert.51 Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4    Der Führerausweis auf Probe verfällt, wenn der Inhaber während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.52
5    Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6    Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
SVG relevanten Fälle von erneuten Widerhandlungen fallen auch leichte Fälle, für die (nach Art. 16a Abs. 2
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 16a - 1 Eine leichte Widerhandlung begeht, wer:
1    Eine leichte Widerhandlung begeht, wer:
a  durch Verletzung von Verkehrsregeln eine geringe Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft und ihn dabei nur ein leichtes Verschulden trifft;
b  in angetrunkenem Zustand, jedoch nicht mit einer qualifizierten Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration (Art. 55 Abs. 6) ein Motorfahrzeug lenkt und dabei keine andere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften begeht;
c  gegen das Verbot verstösst, unter Alkoholeinfluss zu fahren (Art. 31 Abs. 2bis), und dabei keine andere Widerhandlung gegen die Strassenverkehrsvorschriften begeht.
2    Nach einer leichten Widerhandlung wird der Lernfahr- oder Führerausweis für mindestens einen Monat entzogen, wenn in den vorangegangenen zwei Jahren der Ausweis entzogen war oder eine andere Administrativmassnahme verfügt wurde.
3    Die fehlbare Person wird verwarnt, wenn in den vorangegangenen zwei Jahren der Ausweis nicht entzogen war und keine andere Administrativmassnahme verfügt wurde.
4    In besonders leichten Fällen wird auf jegliche Massnahme verzichtet.
SVG) ein weiterer Ausweisentzug anzuordnen wäre (BGE 136 I 345 E. 6.1 S. 348 mit Hinweis).
4.

4.1 Es steht fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer am 8. Juni 2018 und am 8. September 2018 je eine Widerhandlung gegen das SVG begangen hat, welche jede für sich einen Ausweisentzug rechtfertigen würde. Das kantonale Gericht bestätigte die aufgrund dieser beiden Widerhandlungen gestützt auf Art. 15a Abs. 4
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15a - 1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
1    Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2    Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.49
2bis    Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.50
3    Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen Begehung einer mittelschweren oder schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert.51 Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4    Der Führerausweis auf Probe verfällt, wenn der Inhaber während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.52
5    Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6    Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
SVG vorgenommene Annullierung des Führerausweises auf Probe durch den Beschwerdegegner. Der Beschwerdeführer bringt dagegen vor, diese Norm sei auf ihn nicht anwendbar, da das Administrativverfahren bezüglich der ersten Widerhandlung im Zeitpunkt der zweiten noch nicht abgeschlossen war.
4.2 Rechtsprechungsgemäss setzt der Verfall des Führerausweises auf Probe im Sinne von Art. 15a Abs. 4
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15a - 1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
1    Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2    Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.49
2bis    Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.50
3    Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen Begehung einer mittelschweren oder schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert.51 Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4    Der Führerausweis auf Probe verfällt, wenn der Inhaber während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.52
5    Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6    Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
SVG nicht voraus, dass der vorangehende Ausweisentzug vollzogen worden oder auch nur, dass der betreffende Entscheid in Rechtskraft erwachsen ist. Entscheidend ist einzig, dass nach einer ersten Widerhandlung, die zu einem Ausweisentzug (sowie zu einer Verlängerung der Probezeit) führte, eine zweite Widerhandlung begangen wird, welche ebenfalls einen Ausweisentzug zur Folge hat. Eine zweite Widerhandlung bewirkt somit den Verfall des Führerausweises auf Probe, auch wenn der Entscheid, welcher die erste Widerhandlung mit einem Ausweisentzug sanktionierte, noch nicht rechtskräftig ist und/oder noch nicht vollzogen
BGE 146 II 300 S. 303

wurde (BGE 136 II 447 E. 5 ff. S. 454 ff.). Offengelassen hat das Bundesgericht in diesem Leitentscheid jedoch die Frage, ob dies auch dann gilt, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Entscheid über die Sanktionierung der ersten Widerhandlung noch nicht einmal gefällt und dem Fahrzeugführer eröffnet worden ist.
4.3 Während ein Teil der Lehre diese Frage bejaht (vgl. PHILIPPE WEISSENBERGER, Kommentar zum Strassenverkehrsgesetz und Ordnungsbussengesetz, 2. Aufl. 2015, N. 23 f. zu Art. 15a
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15a - 1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
1    Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2    Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.49
2bis    Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.50
3    Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen Begehung einer mittelschweren oder schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert.51 Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4    Der Führerausweis auf Probe verfällt, wenn der Inhaber während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.52
5    Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6    Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
SVG und JÜRG BICKEL, in: Basler Kommentar, Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 49 zu Art. 15a
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15a - 1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
1    Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2    Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.49
2bis    Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.50
3    Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen Begehung einer mittelschweren oder schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert.51 Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4    Der Führerausweis auf Probe verfällt, wenn der Inhaber während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.52
5    Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6    Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
SVG), schlägt ein anderer Teil unter Verweis auf die Rechtsprechung zur Verwirklichung mehrerer Entzugsgründe beim definitiven Führerausweis (BGE 122 II 180 E. 5b S. 183 f.; vgl. auch Urteil 1C_710/2013 vom 7. Januar 2014 E. 3.2) vor, in solchen Fällen Art. 49
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.
1    Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.
2    Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären.
3    Hat der Täter eine oder mehrere Taten vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen, so dürfen diese bei der Bildung der Gesamtstrafe nach den Absätzen 1 und 2 nicht stärker ins Gewicht fallen, als wenn sie für sich allein beurteilt worden wären.
StGB analog anzuwenden und eine Gesamtmassnahme auszusprechen (vgl. CÉDRIC MIZEL, Droit et pratique illustrée du retrait du permis de conduire, 2015, S. 636; siehe auch ANDRÉ BUSSY UND ANDERE, Code suisse de la circulation routière commenté, 4. Aufl. 2015, N 5.2 zu Art. 15a
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG)
SVG Art. 15a - 1 Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
1    Der erstmals erworbene Führerausweis für Motorräder und Motorwagen wird zunächst auf Probe erteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
2    Er wird erteilt, wenn der Bewerber:
a  die vorgeschriebene Ausbildung besucht hat; und
b  die praktische Führerprüfung bestanden hat.49
2bis    Inhaber des Führerausweises auf Probe müssen Weiterbildungskurse besuchen. Die Kurse sollen die Erkennung und Vermeidung von Gefahren und umweltschonendes Fahren vermitteln und sind in erster Linie praktisch auszurichten. Der Bundesrat legt Inhalt und Form der Weiterbildungskurse fest.50
3    Wird dem Inhaber der Führerausweis auf Probe wegen Begehung einer mittelschweren oder schweren Widerhandlung entzogen, so wird die Probezeit um ein Jahr verlängert.51 Dauert der Entzug über die Probezeit hinaus, so beginnt die Verlängerung mit der Rückgabe des Führerausweises.
4    Der Führerausweis auf Probe verfällt, wenn der Inhaber während der Probezeit eine weitere mittelschwere oder schwere Widerhandlung begeht.52
5    Ein neuer Lernfahrausweis kann frühestens ein Jahr nach Begehung der Widerhandlung und nur auf Grund eines verkehrspsychologischen Gutachtens erteilt werden, das die Eignung bejaht. Diese Frist wird um ein Jahr verlängert, wenn die betroffene Person während dieser Zeit ein Motorrad oder einen Motorwagen geführt hat.
6    Nach erneutem Bestehen der Führerprüfung wird ein neuer Führerausweis auf Probe erteilt.
SVG). Da jedoch das Gesetz bei einer zweiten, selbst leichten Widerhandlung, welche einen Entzug rechtfertigt, zwingend den Verfall des Führerausweises auf Probe vorsieht (vgl. E. 3.2 hiervor), würde eine analoge Anwendung von Art. 49
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 49 - 1 Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.
1    Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Es darf jedoch das Höchstmass der angedrohten Strafe nicht um mehr als die Hälfte erhöhen. Dabei ist es an das gesetzliche Höchstmass der Strafart gebunden.
2    Hat das Gericht eine Tat zu beurteilen, die der Täter begangen hat, bevor er wegen einer andern Tat verurteilt worden ist, so bestimmt es die Zusatzstrafe in der Weise, dass der Täter nicht schwerer bestraft wird, als wenn die strafbaren Handlungen gleichzeitig beurteilt worden wären.
3    Hat der Täter eine oder mehrere Taten vor Vollendung des 18. Altersjahres begangen, so dürfen diese bei der Bildung der Gesamtstrafe nach den Absätzen 1 und 2 nicht stärker ins Gewicht fallen, als wenn sie für sich allein beurteilt worden wären.
StGB diejenigen Fahrer, die innerhalb kurzer Zeit mehrere Entzugsgründe setzen, gegenüber jenen, die dies in grösseren zeitlichen Abständen tun, privilegieren. Eine solche Privilegierung wäre indes ungerechtfertigt, geht doch für die Sicherheit im Strassenverkehr in der Regel von ersteren die grössere Gefahr aus als von letzteren. Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass es bei der ersten Widerhandlung des Beschwerdeführers zu einer Kollision mit einer korrekt entgegenkommenden Fahrradfahrerin kam, wobei sich diese leicht verletzte (Platzwunde am Kinn, Prellungen an den Beinen). Von einem Fahrer, der im Strassenverkehr bereits eine andere Person - und sei es auch nur leicht - verletzt hat, darf ohne weiteres ein besonderes Mass an Verantwortungsbewusstsein und an sorgfältigem künftigem Fahrverhalten erwartet werden. Wie es sich in dem vom Beschwerdeführer aufgeworfenen Spezialfall, in dem der Fahrer im Zeitpunkt der zweiten Widerhandlung noch nicht von seiner ersten Widerhandlung weiss, verhält, braucht demgegenüber vorliegend nicht geprüft zu werden. Somit hat das kantonale Gericht kein Bundesrecht verletzt, als es die Annullierung des Führerausweises auf Probe bestätigt hat; die Beschwerde ist abzuweisen.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 146 II 300
Date : 23. April 2020
Published : 05. November 2020
Source : Bundesgericht
Status : 146 II 300
Subject area : BGE - Verwaltungsrecht und internationales öffentliches Recht
Subject : Art. 15a Abs. 4 SVG; Verfall des Führerausweises auf Probe. Entscheidend für den Verfall des Führerausweises auf Probe ist,


Legislation register
SVG: 15a  15b  16a
StGB: 49
BGE-register
122-II-180 • 136-I-345 • 136-II-447 • 146-II-300
Weitere Urteile ab 2000
1C_621/2019 • 1C_710/2013
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license seizure • trial period • road traffic act • appeal concerning affairs under public law • question • decision • federal office for roads§ • nidwalden • abrogation • duration • fitness to drive • traffic safety • administrative fine law • standard • objection decision • adult • federal court • statement of affairs • within • lower instance
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