144 I 1
1. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. und Mitb. gegen Grosser Rat des Kantons Thurgau (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_206/2016 vom 7. Dezember 2017
Regeste (de):
- Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet.
- Der Anspruch auf unentgeltlichen Unterricht umfasst alle notwendigen und unmittelbar dem Unterrichtszweck dienenden Mittel. Einschränkende Konkretisierungen durch den Gesetzgeber sind daran zu messen, ob sie mit dem verfassungsrechtlich garantierten Minimalgehalt noch zu vereinbaren sind (E. 2).
- Aufwendungen für Exkursionen und Lager gehören zum notwendigen und somit zwingend unentgeltlichen Unterricht, sofern eine Pflicht zur Teilnahme besteht. Für solche Veranstaltungen dürfen den Eltern nur diejenigen Kosten in Rechnung gestellt werden, die sie aufgrund der Abwesenheit ihrer Kinder einsparen. Sie beschränken sich auf die Verpflegung der Kinder, da die Eltern die Unterkunft auch bei deren Abwesenheit bereithalten müssen (E. 3.1).
- Erachtet eine Schule einen Sprachkurs als notwendig, damit das betroffene Kind ein ausreichendes Bildungsangebot erhält, muss dieser zwingend unentgeltlich erfolgen. Dasselbe gilt für allenfalls benötigte Dolmetscherdienste (E. 3.2).
- § 39 Abs. 1 und 2 VG/TG widersprechen diesen verfassungsmässigen Vorgaben und sind folglich aufzuheben (E. 3.3).
Regeste (fr):
- Art. 19 Cst.; § 39 al. 1 et 2 de la loi thurgovienne sur l'école obligatoire (LEO/TG). Droit à un enseignement de base suffisant et gratuit. Contrôle abstrait.
- Le droit à un enseignement gratuit comprend tous les moyens nécessaires et servant directement le but de l'enseignement. Les concrétisations restrictives du législateur doivent être compatibles avec le contenu minimal de la garantie constitutionnelle (consid. 2).
- Dans la mesure où la participation est obligatoire, les dépenses pour les excursions et les camps font partie de l'enseignement nécessaire et, par conséquent, obligatoirement gratuit. Pour de telles manifestations, les parents ne doivent prendre à leur charge que les coûts qu'ils économisent en raison de l'absence de leur enfant. Ces coûts se limitent aux frais de repas de l'enfant, puisque les parents doivent supporter l'hébergement de leur enfant même en l'absence de celui-ci (consid. 3.1).
- Si une école considère qu'un cours de langue est nécessaire afin que l'enfant concerné puisse bénéficier d'une formation suffisante, ce cours doit obligatoirement être gratuit. Il en va de même d'éventuels services d'interprète (consid. 3.2).
- Le § 39 al. 1 et 2 LEO/TG ne respecte pas ces prescriptions constitutionnelles et doit par conséquent être annulé (consid. 3.3).
Regesto (it):
- Art. 19 Cost.; § 39 cpv. 1 e 2 della legge sulla scuola obbligatoria del Canton Turgovia. Diritto a un'istruzione di base sufficiente e gratuita. Controllo astratto.
- Il diritto a un'istruzione gratuita comprende tutti i mezzi necessari e che servono direttamente all'insegnamento. Concretizzazioni restrittive da parte del legislatore vanno giudicate in base alla loro compatibilità con il contenuto minimo della garanzia costituzionale (consid. 2).
- Nella misura in cui la partecipazione ad escursioni e soggiorni fuori sede è obbligatoria, questi ultimi rientrano nell'ambito dell'istruzione necessaria, obbligatoriamente gratuita. Per tali attività, possono essere posti a carico dei genitori solo i costi economizzati in ragione dell'assenza del figlio. Questi si limitano alle spese relative al sostentamento, poiché i genitori devono garantire l'alloggio dei figli anche in loro assenza (consid. 3.1).
- Se la scuola considera che un corso di lingue è necessario per una formazione sufficiente dell'allievo in questione, il corso dev'essere obbligatoriamente gratuito. Lo stesso vale per l'eventuale uso di servizi d'interprete (consid. 3.2).
- Il § 39 cpv. 1 e 2 della legge sulla scuola obbligatoria del Canton Turgovia non rispetta queste prescrizioni costituzionali e va di conseguenza annullato (consid. 3.3).
Sachverhalt ab Seite 3
BGE 144 I 1 S. 3
A. Am 18. November 2015 verabschiedete der Grosse Rat des Kantons Thurgau eine Änderung des Gesetzes [des Kantons Thurgau] vom 29. August 2007 über die Volksschule (VG/TG; RB 411.11). Die neue Fassung von § 39 VG/TG lautet wie folgt: "1 Für obligatorische Klassenverlegungen, Exkursionen und Lager sowie andere Pflichtveranstaltungen können Beiträge erhoben werden. 2 In besonderen Fällen können Schüler und Schülerinnen zum Besuch von Sprachkursen verpflichtet werden. Den Erziehungsberechtigten kann dafür und für allenfalls beizuziehende Dolmetscherdienste eine Kostenbeteiligung auferlegt werden." Das Gesetz betreffend die Änderung des Gesetzes über die Volksschule wurde im Amtsblatt des Kantons Thurgau Nr. 48/2015 vom 27. November 2015, S. 2902 ff., publiziert. Die Referendumsfrist verstrich am 27. Februar 2016 ungenutzt.
B. Mit Eingabe vom 1. März 2016 erhoben A., B., C. und D. Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht und ersuchten um Aufhebung von § 39 Abs. 1 und 2 VG/TG in der Fassung vom 18. November 2015. (...) Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.
(Auszug)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. (...)
2.1 Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
BGE 144 I 1 S. 4
Die Schulhoheit liegt bei den Kantonen (Art. 62 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
|
1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 3 Kantone - Die Kantone sind souverän, soweit ihre Souveränität nicht durch die Bundesverfassung beschränkt ist; sie üben alle Rechte aus, die nicht dem Bund übertragen sind. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
IR 0.103.1 Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte UNO-Pakt-I Art. 13 - (1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden auf Bildung an. Sie stimmen überein, dass die Bildung auf die volle Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit und des Bewusstseins ihrer Würde gerichtet sein und die Achtung vor den Menschenrechten und Grundfreiheiten stärken muss. Sie stimmen ferner überein, dass die Bildung es jedermann ermöglichen muss, eine nützliche Rolle in einer freien Gesellschaft zu spielen, dass sie Verständnis, Toleranz und Freundschaft unter allen Völkern und allen rassischen, ethnischen und religiösen Gruppen fördern sowie die Tätigkeit der Vereinten Nationen zur Erhaltung des Friedens unterstützen muss. |
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a | der Grundschulunterricht für jedermann Pflicht und allen unentgeltlich zugänglich sein muss; |
b | die verschiedenen Formen des höheren Schulwesens einschliesslich des höheren Fach- und Berufsschulwesens auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, allgemein verfügbar und jedermann zugänglich gemacht werden müssen; |
c | der Hochschulunterricht auf jede geeignete Weise, insbesondere durch allmähliche Einführung der Unentgeltlichkeit, jedermann gleichermassen entsprechend seinen Fähigkeiten zugänglich gemacht werden muss; |
d | eine grundlegende Bildung für Personen, die eine Grundschule nicht besucht oder nicht beendet haben, so weit wie möglich zu fördern oder zu vertiefen ist; |
e | die Entwicklung eines Schulsystems auf allen Stufen aktiv voranzutreiben, ein angemessenes Stipendiensystem einzurichten und die wirtschaftliche Lage der Lehrerschaft fortlaufend zu verbessern ist. |
IR 0.107 Übereinkommen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes KRK Art. 28 - (1) Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf Bildung an; um die Verwirklichung dieses Rechts auf der Grundlage der Chancengleichheit fortschreitend zu erreichen, werden sie insbesondere: |
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a | den Besuch der Grundschule für alle zur Pflicht und unentgeltlich machen; |
b | die Entwicklung verschiedener Formen der weiterführenden Schulen allgemein bildender und berufsbildender Art fördern, sie allen Kindern verfügbar und zugänglich machen und geeignete Massnahmen wie die Einführung der Unentgeltlichkeit und die Bereitstellung finanzieller Unterstützung bei Bedürftigkeit treffen; |
c | allen entsprechend ihren Fähigkeiten den Zugang zu den Hochschulen mit allen geeigneten Mitteln ermöglichen; |
d | Bildungs- und Berufsberatung allen Kindern verfügbar und zugänglich machen; |
e | Massnahmen treffen, die den regelmässigen Schulbesuch fördern und den Anteil derjenigen, welche die Schule vorzeitig verlassen, verringern. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
2.2 Der Anspruch auf ausreichenden Unterricht umfasst einen Unterricht, der für den Einzelnen angemessen und geeignet sein muss und genügt, um die Schüler angemessen auf ein selbstverantwortliches Leben im modernen Alltag vorzubereiten (BGE 138 I 162 E. 3.1 S. 164 m.H.). Allerdings besteht mit Rücksicht auf das begrenzte staatliche Leistungsvermögen kein Anspruch auf den idealen oder optimalen Unterricht (BGE 138 I 162 E. 4.6.2 S. 169). Der Anspruch wird verletzt, wenn die Ausbildung des Kindes in einem Masse eingeschränkt wird, dass die Chancengleichheit nicht mehr gewahrt ist bzw. wenn es Lehrinhalte nicht vermittelt erhält, die in der hiesigen Wertordnung als unverzichtbar gelten (BGE 130 I 352 E. 3.2 S. 354). Der Anspruch auf Unentgeltlichkeit schliesst die Erhebung von Schulgeld aus, wobei sich dies primär auf öffentliche Schulen und die Dauer der obligatorischen Schulzeit bezieht (vgl. PETER HÄNNI, in: Basler Kommentar, Bundesverfassung, [nachfolgend: Basler Kommentar BV], 2015, N. 32 zu Art. 62
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
BGE 144 I 1 S. 5
Art. 62
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 27 Wirtschaftsfreiheit - 1 Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
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1 | Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
2 | Sie umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung. |
SR 131.211 Verfassung des Kantons Zürich, vom 27. Februar 2005 KV/ZH Art. 14 - 1 Das Recht auf Bildung ist gewährleistet. |
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1 | Das Recht auf Bildung ist gewährleistet. |
2 | Es umfasst auch den gleichberechtigten Zugang zu den Bildungseinrichtungen. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
SR 131.211 Verfassung des Kantons Zürich, vom 27. Februar 2005 KV/ZH Art. 116 - 1 Kanton und Gemeinden führen qualitativ hoch stehende öffentliche Schulen. |
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1 | Kanton und Gemeinden führen qualitativ hoch stehende öffentliche Schulen. |
2 | Diese sind den Grundwerten des demokratischen Staatswesens verpflichtet. Sie sind konfessionell und politisch neutral. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 27 Wirtschaftsfreiheit - 1 Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
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1 | Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. |
2 | Sie umfasst insbesondere die freie Wahl des Berufes sowie den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
BGE 144 I 1 S. 6
(bejahend EHRENZELLER, St. Galler Kommentar BV, a.a.O., N. 35 zu Art. 62
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
2.3 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind einschränkende Konkretisierungen durch den Gesetzgeber daran zu messen, ob sie mit dem verfassungsrechtlich garantierten Minimalgehalt noch zu vereinbaren sind. Bei der Bestimmung dieses Gehalts können in sinngemässer (Teil-)Anwendung von Art. 36
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 36 Einschränkungen von Grundrechten - 1 Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
|
1 | Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr. |
2 | Einschränkungen von Grundrechten müssen durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein. |
3 | Einschränkungen von Grundrechten müssen verhältnismässig sein. |
4 | Der Kerngehalt der Grundrechte ist unantastbar. |
3.
3.1 Zu prüfen ist zunächst die Verfassungsmässigkeit von § 39 Abs. 1 VG/TG.
3.1.1 Bei der verfassungskonformen Auslegung dürfen auch die Erklärungen der kantonalen Behörden über die beabsichtigte künftige Anwendung der Vorschrift berücksichtigt werden (BGE 129 I 12 E. 3.2 S. 15 m.H.). Gemäss der Stellungnahme des Grossen Rats des Kantons Thurgau und den entsprechenden Materialien sah die Vorlage des Regierungsrates für den neuen § 39 Abs. 1 VG/TG vor, dass der Passus, wonach für obligatorische Klassenverlegungen, Exkursionen und Lager sowie andere Pflichtveranstaltungen Beiträge im Umfang der zu Hause anfallenden durchschnittlichen Einsparungen erhoben werden können, gestrichen werde. Der Regierungsrat habe damit keine Neuausrichtung in der Kostenverlegungsfrage beabsichtigt, sondern lediglich die Berechnungsformel streichen wollen, da diese sich als zu starr, kompliziert und nicht praxistauglich erwiesen hätte. Die Einzelheiten sollten auf dem Verordnungsweg geregelt werden. Diese Auffassung sei in der vorberatenden Kommission unbestritten gewesen.
3.1.2 Mit der neuen Fassung von § 39 Abs. 1 VG/TG soll demnach kein Paradigmenwechsel stattfinden; dass Beiträge erhoben werden können, bleibt nach wie vor auf Gesetzesebene geregelt. Den Voten in der vorbereitenden Kommission des Grossen Rates zufolge geht es nicht darum, eine gesetzliche Grundlage für die Erhebung von
BGE 144 I 1 S. 7
Elternbeiträgen zu schaffen, sondern die Berechnungsgrundlage auf tieferer Stufe zu regeln. Es seien viele Anfragen erfolgt, wie hoch der Beitrag "im Umfang der zu Hause anfallenden Kosten" sei. Die Bestimmung soll daher auf Verordnungsebene näher ausgeführt werden (vgl. Protokoll vom 5. Juni 2015 der Kommission zur Vorberatung des Gesetzes betreffend die Änderung des VG/TG, S. 18 f.). Der Gesetzgeber zielte somit insbesondere darauf ab, die Regelung, wonach im Umfang der zu Hause eingesparten Kosten Beiträge an Schullager und Exkursionen verlangt werden können, nicht mehr im Gesetz selber, sondern auf tieferer Ebene festzuhalten bzw. zu konkretisieren. In der Verordnung vom 11. Dezember 2007 des Regierungsrates des Kantons Thurgau über die Volksschule (RB 411.11) wurden mit dem neu eingeführten und ebenfalls am 1. August 2016 in Kraft getretenen § 18a die finanziellen Beiträge entsprechend festgesetzt. Danach können die Schulgemeinden für obligatorische Lagerwochen von den Erziehungsberechtigten pauschal maximal 200 Franken erheben. Für Schneesportlager darf die Pauschale maximal 300 Franken pro Woche betragen (Abs. 1). Für Sprachkurse kann eine Kostenbeteiligung auferlegt werden, wenn zumutbare Möglichkeiten bestanden hätten, die deutsche Sprache zu erlernen. Die Schulgemeinden informieren die Erziehungsberechtigten frühzeitig über entsprechende Angebote (Abs. 2).
3.1.3 Wie bereits erwähnt (E. 2.2), ist es in der Lehre umstritten, ob die Schulbehörden Beiträge an die Kosten für Verpflegung sowie für Transport und Unterkunft in Klassenlagern oder Exkursionen verlangen dürfen. Massgebend ist, ob solche Veranstaltungen zum notwendigen Grundschulunterricht gehören, der zwingend unentgeltlich erfolgen muss (vgl. BGE 141 I 9 E. 4.1 S. 14). Geht man davon aus, dass alle notwendigen und unmittelbar dem Unterrichtszweck dienenden Mittel unentgeltlich zur Verfügung gestellt werden müssen, gehören auch Aufwendungen für Exkursionen und Lager dazu, sofern eine Pflicht zur Teilnahme besteht. In diesem Fall erfolgen sie im üblichen Rahmen des ordentlichen Schulunterrichts. Für solche Veranstaltungen dürfen den Eltern mit Blick auf die Unentgeltlichkeit nur diejenigen Kosten in Rechnung gestellt werden, die sie aufgrund der Abwesenheit ihrer Kinder einsparen. Sie beschränken sich auf die Verpflegung der Kinder, da die Eltern die Unterkunft für die Kinder auch bei deren Abwesenheit weiterhin bereithalten müssen. Der maximal zulässige Betrag dürfte sich abhängig vom Alter des Kindes zwischen Fr. 10.- und 16.- pro Tag bewegen (für
BGE 144 I 1 S. 8
Berechnungsbeispiele vgl. Urteil 2C_433/2011 vom 1. Juni 2012 E. 5.2 unter Verweis auf das Merkblatt NL 1/2007 Privatanteile/Naturalbezüge und Naturallöhne der Eidgenössischen Steuerverwaltung; Verfügung der Bildungsdirektion des Kantons Zürich vom 29. Mai 2015 betreffend Verpflegungsbeitrag der Eltern bei auswärtigem Schulbesuch und Klassenlagern; Entscheid des Erziehungsdepartements des Kantons St. Gallen vom 15. November 1990, in: St. Gallische Gerichts- und Verwaltungspraxis [GVP] 1990 Nr. 91). Unter diesen Gesichtspunkten lässt sich § 39 Abs. 1 VG/TG, im Gegensatz zur vorher bestehenden Regelung in a§ 39 VG/TG, mit dem Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Schulunterricht nicht vereinbaren.
3.1.4 Es bleibt zu erwähnen, dass für Angebote, welche die Schule nicht im Rahmen des ordentlichen Unterrichts erbringt, es grundsätzlich möglich wäre, höhere Beiträge zu verlangen. Dies würde aber voraussetzen, dass eine ausreichende gesetzliche Grundlage gemäss den abgaberechtlichen Grundsätzen besteht.
3.2 § 39 Abs. 2 VG/TG wiederum sieht vor, dass in besonderen Fällen Schüler und Schülerinnen zum Besuch von Sprachkursen verpflichtet werden können und den Erziehungsberechtigten dafür und für allenfalls beizuziehende Dolmetscherdienste eine Kostenbeteiligung auferlegt werden kann.
3.2.1 Während die Vorlage noch als "muss"-Bestimmung formuliert war, entschied sich der Grosse Rat für eine "kann"-Formulierung, womit er sich (gemäss der Stellungnahme des Grossen Rats im vorliegenden Verfahren) offenbar bewusst an die verfassungsrechtlichen Schranken habe halten wollen. Der Botschaft zufolge hängt die schulische Entwicklung fremdsprachiger Kinder zu einem wesentlichen Teil von deren Sprachkenntnissen ab. Die Schulgemeinden würden oftmals auf eigene Kosten einen hohen Aufwand zur sprachlichen Förderung solcher Kinder betreiben. Dies führe jedoch besonders in solchen Fällen zu stossenden Ergebnissen, in denen beispielsweise Kinder in der Schweiz geboren seien und sich die Eltern nicht oder kaum um eine Integration ihrer Kinder in das Umfeld ihres Wohnortes bemüht hätten, obwohl dies ohne Weiteres möglich gewesen wäre. Für solche Fälle bzw. allgemein für Fälle, in denen die Eltern ihren Pflichten nach Art. 302 Abs. 1
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 302 - 1 Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen. |
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1 | Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen. |
2 | Sie haben dem Kind, insbesondere auch dem körperlich oder geistig gebrechlichen, eine angemessene, seinen Fähigkeiten und Neigungen soweit möglich entsprechende allgemeine und berufliche Ausbildung zu verschaffen. |
3 | Zu diesem Zweck sollen sie in geeigneter Weise mit der Schule und, wo es die Umstände erfordern, mit der öffentlichen und gemeinnützigen Jugendhilfe zusammenarbeiten. |
BGE 144 I 1 S. 9
können (Botschaft des Regierungsrates vom 3. März 2015, S. 5 f.). Der Kommissionsbericht an das Ratsplenum führt ergänzend aus, neu soll nach dem Willen der Mehrheit der Kommission eine Kostenbeteiligung für den Unterricht in Deutsch als Zweitsprache und für den Beizug eines Dolmetschers auferlegt werden; allerdings nur, wenn Möglichkeiten bestanden hatten, Kurse zu besuchen, um die deutsche Sprache zu erlernen. Wenn Eltern ungenügend ihren Pflichten nachkämen und den Schulen daher ein zusätzlicher finanzieller Aufwand entstehe, soll eine Kostenbeteiligung der Eltern verfügt werden (Bericht vom 25. August 2015 der Kommission zur Vorberatung des Gesetzes betreffend die Änderung des VG/TG, S. 3). Im Grossen Rat wurde vorgeschlagen, die Fassungen des Regierungsrates und der Kommission zusammenzuführen und zu vereinfachen. Man wolle den Gemeinden die Handhabe geben, Gelder einzuziehen, wenn es renitente Schüler gebe, die dem Unterricht in Deutsch nicht folgen wollten, oder für den Einsatz eines Dolmetschers, um die Integration zu forcieren. Dem Antrag wurde ohne weitere Diskussion stattgegeben (Protokoll des Grossen Rates Nr. 59 vom 21. Oktober 2015, Gesetz betreffend die Änderung des VG/TG, S. 19 f.).
Es sollte somit - gemäss der Stellungnahme des Grossen Rats an das Bundesgericht - keine generelle Kostenbeteiligung eingeführt werden, sondern diese auf Fälle von verletzten Mitwirkungspflichten im zumutbaren Bereich oder offensichtlicher Verweigerungshaltung beschränkt bleiben. In diesem Sinne sieht auch der Regierungsrat in seiner Stellungnahme an das Bundesgericht das öffentliche Interesse weniger in finanzieller Hinsicht als in Integrationsanliegen, der Sicherstellung eines geordneten Schulbetriebs sowie in der Wahrung und Förderung der Chancengleichheit.
3.2.2 Mit der neu eingeführten Bestimmung können somit einerseits Schülerinnen und Schüler zum Besuch von Sprachkursen verpflichtet werden, andererseits diese Kurse sowie gegebenenfalls erforderliche Dolmetscherdienste eine Kostenpflicht der Erziehungsberechtigten nach sich ziehen. Was zunächst die Verpflichtung zum Besuch von Sprachkursen betrifft, ist mit dem Grossen Rat und dem Regierungsrat übereinzustimmen, dass genügende Sprachkenntnisse eine wesentliche Voraussetzung für die schulische Integration und Entwicklung von Schülerinnen und Schüler bilden. Es erscheint mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar, Sprachkenntnisse zu fördern und, wo nötig, Schülerinnen und Schüler zum Besuch von zusätzlichem Sprachunterricht zu verpflichten, was grundsätzlich auch
BGE 144 I 1 S. 10
von den Beschwerdeführern nicht bestritten wird. § 39 Abs. 2 Satz 1 VG/TG ist insoweit nicht zu beanstanden.
3.2.3 Gleichzeitig bezweckt Art. 19
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. |
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1 | Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. |
2 | Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. |
3 | Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. |
4 | Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. |
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1 | Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. |
2 | Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung. |
3 | Mann und Frau sind gleichberechtigt. Das Gesetz sorgt für ihre rechtliche und tatsächliche Gleichstellung, vor allem in Familie, Ausbildung und Arbeit. Mann und Frau haben Anspruch auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit. |
4 | Das Gesetz sieht Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen der Behinderten vor. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 19 Anspruch auf Grundschulunterricht - Der Anspruch auf ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht ist gewährleistet. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 62 * - 1 Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
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1 | Für das Schulwesen sind die Kantone zuständig. |
2 | Sie sorgen für einen ausreichenden Grundschulunterricht, der allen Kindern offensteht. Der Grundschulunterricht ist obligatorisch und untersteht staatlicher Leitung oder Aufsicht. An öffentlichen Schulen ist er unentgeltlich.23 |
3 | Die Kantone sorgen für eine ausreichende Sonderschulung aller behinderten Kinder und Jugendlichen bis längstens zum vollendeten 20. Altersjahr.24 |
4 | Kommt auf dem Koordinationsweg keine Harmonisierung des Schulwesens im Bereich des Schuleintrittsalters und der Schulpflicht, der Dauer und Ziele der Bildungsstufen und von deren Übergängen sowie der Anerkennung von Abschlüssen zustande, so erlässt der Bund die notwendigen Vorschriften.25 |
5 | Der Bund regelt den Beginn des Schuljahres.26 |
6 | Bei der Vorbereitung von Erlassen des Bundes, welche die Zuständigkeit der Kantone betreffen, kommt der Mitwirkung der Kantone besonderes Gewicht zu.27 |
3.2.4 In Bezug auf Dolmetscherdienste kann der Gesetzesbestimmung nicht entnommen werden, in welchem Fall solche erforderlich und der allfälligen Kostenpflicht unterworfen sein sollen. Die Bestimmung erweist sich nur schon aus diesem Grund als unklar. Im Übrigen gilt aber auch in diesem Zusammenhang das soeben Gesagte: Sollten Dolmetscherdienste tatsächlich im Rahmen dessen, was sich für einen ausreichenden Grundschulunterricht als notwendig
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erweist, erforderlich sein, müssen auch diese kostenlos zur Verfügung gestellt werden.
3.2.5 Da Satz 2 in einem engen Zusammenhang mit § 39 Abs. 2 Satz 1 steht, rechtfertigt es sich, den gesamten Absatz aufzuheben, obschon Satz 1 für sich alleine, wie oben ausgeführt, mit der Verfassung grundsätzlich vereinbar wäre.
3.3 Nach dem Gesagten erweist sich die Beschwerde als begründet. § 39 Abs. 1 und 2 VG/TG halten vor den verfassungsmässigen Vorgaben in Bezug auf einen ausreichenden und unentgeltlichen Grundschulunterricht nicht stand und sind entsprechend aufzuheben. Ob daneben - wie von den Beschwerdeführern gerügt - auch weitere verfassungsmässige Rechte (insbesondere Art. 18
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 18 Sprachenfreiheit - Die Sprachenfreiheit ist gewährleistet. |