143 IV 361
46. Auszug aus dem Urteil der Strafrechtlichen Abteilung i.S. A.A. und B.A. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Beschwerde in Strafsachen) 6B_360/2016 / 6B_361/2016 vom 1. Juni 2017
Regeste (de):
- Art. 222 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 222 - 1 Wer fahrlässig zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.299
1 Wer fahrlässig zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.299 2 Bringt der Täter fahrlässig Leib und Leben von Menschen in Gefahr, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. - Die beiden Beschuldigten hatten je zwei Feuerwerksraketen gezündet. Eine dieser vier Raketen verursachte eine Feuersbrunst. Es konnte nicht ermittelt werden, welcher der beiden Beschuldigten die brandauslösende Rakete gezündet hatte.
- Die Vorinstanz ging von einer gemeinsam vorgenommenen Gesamthandlung aus und verurteilte beide Beschuldigten wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst (E. 4.5).
- Die beiden Beschuldigten hatten zwar gemeinsam beschlossen, Feuerwerksraketen zu zünden. Im Übrigen blieb es aber jedem von ihnen überlassen, beim Anzünden der jeweiligen Rakete die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten zu beachten. Die fehlende Möglichkeit, einem von zwei Beschuldigten eine sorgfaltswidrige Erfolgsverursachung nachzuweisen, kann nicht zur Annahme einer strafrechtlichen Gesamtverantwortung führen (E. 4.9-4.11).
Regeste (fr):
- Art. 222 al. 1 CP; incendie par négligence.
- Les deux prévenus avaient allumé chacun deux fusées pyrotechniques. L'une de ces quatre fusées a causé un incendie. Il n'a pas pu être déterminé lequel des deux prévenus avait allumé la fusée à l'origine de l'incendie.
- L'instance précédente a conclu à une action globale décidée et commise en commun et elle a condamné les deux prévenus pour incendie par négligence (consid. 4.5).
- Les deux prévenus avaient certes décidé en commun d'allumer des fusées pyrotechniques. Pour le reste, il appartenait à chacun d'eux d'observer les devoirs de diligence qui lui incombaient en allumant ses propres fusées. L'impossibilité d'établir lequel des deux prévenus a commis l'acte causal en violation de son devoir de diligence ne peut pas conduire à admettre une responsabilité pénale commune (consid. 4.9-4.11).
Regesto (it):
- Art. 222 cpv. 1 CP; incendio colposo.
- Entrambi gli imputati hanno acceso ciascuno due razzi pirotecnici. Uno di questi quattro razzi ha causato un incendio. Non è stato possibile appurare quale imputato ha acceso il razzo all'origine dell'incendio.
- Ritenendo che l'agire complessivo fosse stato deciso e commesso in comune, l'autorità precedente ha condannato entrambi gli imputati per titolo di incendio colposo (consid. 4.5).
- Certo entrambi gli imputati hanno deciso in comune di accendere i razzi pirotecnici. Per il resto però spettava a ognuno di loro osservare i propri doveri di diligenza nell'accendere i rispettivi razzi. L'impossibilità di provare chi dei due imputati abbia commesso l'atto contrario ai doveri di diligenza all'origine dell'evento non può condurre a ritenere una responsabilità penale comune (consid. 4.9-4.11).
Sachverhalt ab Seite 362
BGE 143 IV 361 S. 362
A. A.A. und B.A. wurden aufgrund einer identischen Sachverhaltsumschreibung mit separaten Strafbefehlen und einer auf BGE 113 IV 58 ("rolling stones") gestützten Begründung wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst sowie Widerhandlung gegen das Brandschutzgesetz bestraft:
Am 1. Januar 2013 ging um 00.05 Uhr bei der Einsatzzentrale der Kantonspolizei Aargau die Meldung ein, dass ein Balkon eines Mehrfamilienhauses in Flammen stand. A.A. und B.A. wurden über ein Ausschlussverfahren als Täter ermittelt: "Er und sein Cousin B.A. [bzw.: Er und sein Cousin A.A.] sind kurz vor Mitternacht zusammen mit weiteren Gästen auf dem Sitzplatz der Parterrewohnung und haben gemeinsam den Entschluss gefasst, Raketen der Marke 'Klasek' abzufeuern. [...] Die beiden hatten gemeinsam beschlossen, nach draussen zu gehen, um Feuerwerkskörper zu zünden, und wie die Ermittlungen ergeben haben, war eine der Raketen der Marke 'Klasek' ursächlich für den Brand. Somit hat der Beschuldigte pflichtwidrig unvorsichtig gehandelt, indem es zum Feuer kam und er die Raketen zusätzlich nicht ordnungsgemäss abgefeuert hat, da grundsätzlich keine Raketen inmitten von Liegenschaften gezündet werden dürfen und weiter für das Abfeuern notwendig ist, dass die Rakete aus einer gut fixierten Flasche oder einem Rohr gezündet wird. Es entstand Sachschaden in der Höhe von CHF 868'951.-, Personen wurden keine verletzt." A.A. und B.A. erhoben Einsprache.
B. Der Präsident des Bezirksgerichts Laufenburg befragte beide Angeklagten sowie zwei Auskunftspersonen und führte einen Augenschein vor Ort durch. Er sprach am 19. März 2015 beide Angeklagten frei. Die Staatsanwaltschaft führte Berufung.
BGE 143 IV 361 S. 363
Das Obergericht des Kantons Aargau führte im Einverständnis der Parteien ein schriftliches Verfahren durch. Es sprach am 19. Januar 2016 A.A. und B.A. in Gutheissung der staatsanwaltschaftlichen Berufung von der Widerhandlung gegen das kantonale Brandschutzgesetz frei und der fahrlässigen Verursachung einer Feuersbrunst (Art. 222 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 222 - 1 Wer fahrlässig zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.299 |
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1 | Wer fahrlässig zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.299 |
2 | Bringt der Täter fahrlässig Leib und Leben von Menschen in Gefahr, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. |
C. A.A. und B.A. beantragen mit Beschwerden in Strafsachen, die Urteile aufzuheben und sie von Schuld und Strafe freizusprechen. Das Obergericht und die Oberstaatsanwaltschaft verzichteten auf Vernehmlassung. Das Bundesgericht führte eine Beratung durch (Art. 58 Abs. 1
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 58 Beratung - 1 Das Bundesgericht berät den Entscheid mündlich: |
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1 | Das Bundesgericht berät den Entscheid mündlich: |
a | wenn der Abteilungspräsident beziehungsweise die Abteilungspräsidentin dies anordnet oder ein Richter beziehungsweise eine Richterin es verlangt; |
b | wenn sich keine Einstimmigkeit ergibt. |
2 | In den übrigen Fällen entscheidet das Bundesgericht auf dem Weg der Aktenzirkulation. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
4. Wer fahrlässig zum Schaden eines andern oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 222 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 222 - 1 Wer fahrlässig zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.299 |
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1 | Wer fahrlässig zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.299 |
2 | Bringt der Täter fahrlässig Leib und Leben von Menschen in Gefahr, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 12 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
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1 | Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
2 | Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt. |
3 | Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. |
4.1 Die Vorinstanz bejaht dem Grundsatz nach zutreffend eine fahrlässige Handlungsweise der beiden Beschwerdeführer (im Einzelnen vgl. Urteil 6B_1163/2016 vom 21. April 2017 E. 5.2). Eine Prüfung der Sache unter dem Gesichtspunkt einer Begehung durch Unterlassung (Art. 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden. |
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1 | Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden. |
2 | Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund: |
a | des Gesetzes; |
b | eines Vertrages; |
c | einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder |
d | der Schaffung einer Gefahr. |
3 | Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte. |
4 | Das Gericht kann die Strafe mildern. |
4.2 Nach den Beschwerdeführern ist mit der Erstinstanz lediglich von einem "Fehlverhalten" auszugehen. Sie bestreiten nicht, dass dieses Fehlverhalten als solches den Tatbestand von Art. 222 Abs. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 222 - 1 Wer fahrlässig zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.299 |
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1 | Wer fahrlässig zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.299 |
2 | Bringt der Täter fahrlässig Leib und Leben von Menschen in Gefahr, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. |
BGE 143 IV 361 S. 364
berufen sich auf die Erstinstanz, wonach eine Mittäterschaft, wie sie der Anklägerin vorschwebe, gesetzlich nicht verankert sei (Art. 1
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 1 - Eine Strafe oder Massnahme darf nur wegen einer Tat verhängt werden, die das Gesetz ausdrücklich unter Strafe stellt. |
4.3 Die Erstinstanz stellte fest, wer von den beiden die brandauslösende Rakete gezündet habe, lasse sich wegen des nur mangelhaft durchgeführten Beweisverfahrens nicht (mehr) eruieren. Damit fehle es an der individuellen Zurechenbarkeit. Der Hinweis der Anklägerin im Strafbefehl auf BGE 113 IV 58 E. 2 S. 60 ändere daran nichts, "weil unter den konkreten Umständen von einem 'gemeinsamen Beschluss' einer sorgfaltswidrigen Handlung nicht die Rede sein [könne]". Vielmehr sei "nur" von einem nicht abgesprochenen Fehlverhalten zweier gedankenloser Männer, die kindliche Freude am Abfeuern von Raketen gehabt hätten, auszugehen. Es "fehlten jegliche Hinweise auf einen gemeinsamen Tatentschluss". Beide seien von Schuld und Strafe freizusprechen.
4.4 In ihrer Berufung machte die Beschwerdegegnerin geltend, die beiden hätten sich gemeinsam entschieden, draussen die Feuerwerksraketen zu zünden. Sie hätten sich dementsprechend gemeinsam nach draussen begeben, die Raketen in den Rasen gesteckt und gezündet. Gemeinsames Handlungsziel sei es gewesen, dass jeder zwei Raketen zünde. Das Zünden stelle eine einzige Gesamthandlung dar, die arbeitsteilig vorgenommen worden sei. Die sorgfaltswidrige Handlung sei daher gemeinsam beschlossen und gemeinsam ausgeführt worden. Entscheidend für die Verurteilung sei, dass die gemeinsam vorgenommene Gesamthandlung kausal für den eingetretenen Erfolg gewesen sei. Ob der jeweilige Einzelbeitrag für den eingetretenen Erfolg kausal gewesen sei, sei hingegen unerheblich.
4.5 Die Vorinstanz geht davon aus, bei einer gemeinsam vorgenommenen Gesamthandlung sei nicht danach zu fragen, ob der jeweilige Einzelbeitrag für den tatbestandsmässigen Erfolg kausal geworden sei, sondern ob die Kausalität zwischen der gemeinsam vorgenommenen Gesamthandlung und dem eingetretenen Erfolg zu bejahen sei. Eine gemeinsam vorgenommene Gesamthandlung liege vor, wenn die sorgfaltswidrige Handlung gemeinsam beschlossen und in der Folge in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang gemeinsam durchgeführt würde, wobei es der zufälligen Arbeitsteilung überlassen bleibe, wer welchen Einzelbeitrag geleistet habe (mit Verweisung auf BGE 113 IV 58). Ein strafwürdiges Zusammenwirken bei fahrlässigem Handeln sei im Übrigen rechtlich nicht notwendig
BGE 143 IV 361 S. 365
als "fahrlässige Mittäterschaft" zu qualifizieren (mit Hinweis auf RIEDO/CHVOJKA, Fahrlässigkeit, Mittäterschaft und Unsorgfaltsgemeinschaft, ZStrR 2/2002 S. 152 ff.). Die Vorinstanz stellt fest, es sei nicht mehr zu ermitteln, welcher der beiden die brandauslösende Rakete gezündet habe, wenngleich es einer der beiden gewesen sein müsse. Eine Verurteilung setze mithin voraus, dass beide die sorgfaltswidrige und zum Brand führende Handlung gemeinsam beschlossen und in der Folge in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang gemeinsam und in zufälliger Arbeitsteilung durchgeführt hätten. Die Vorinstanz nimmt sodann an, aufgrund der Umstände und der Vorgehensweise könne ohne weiteres als erstellt gelten, dass die beiden gemeinsam beschlossen hatten, die vier gleichartigen Feuerwerksraketen an besagter Stelle arbeitsteilig zu starten. Dass sie "auch beschlossen hätten, dies durch jeweiliges In-den-Boden-Stecken der einzelnen Raketen zu tun, kann aber nicht festgestellt werden." Vielmehr sei davon auszugehen, dass sie "jeweils für sich, d.h. ohne vorgängige Absprache, die einzelnen Raketen in dieser zwar gefährlichen, aber nicht unüblichen Weise abgefeuert haben."
Die Vorinstanz verweist anschliessend auf die Empfehlungen der Beratungsstelle für Brandverhütung (BFB) und folgert, da bei Feuerwerksraketen immer mit Irrläufern zu rechnen sei, sei die Feuersbrunst nicht nur vermeidbar, sondern auch voraussehbar gewesen. Es sei vom Zufall abhängig gewesen, wer letztlich den Irrläufer gezündet habe. "Gestützt auf diese Ausführungen erscheint der wegen der irregeleiteten Rakete entstandene Brand, [...], als direkte Folge der [von beiden] gemeinsam beschlossenen und vorgenommenen und als sorgfaltswidrig zu bezeichnenden Gesamthandlung, die darauf abzielte bzw. darin bestand, auf dem hierfür ungeeigneten Gartenplatz Feuerwerk der besagten Art zu zünden bzw. gezündet zu haben. Damit steht, ohne dass weiter nach den Einzelbeiträgen zu fragen wäre, fest, dass die [Erstinstanz] zu Unrecht [...] freigesprochen hat." Bei der Strafzumessung geht die Vorinstanz von Gedankenlosigkeit aus. Sie hätten auch den Kindern Freude machen wollen. Dass sie bewusst das damit einhergehende Risiko geradezu gesucht haben könnten, erscheine ausgeschlossen.
4.6 Die Vorinstanz folgt in ihrer Entscheidung der Argumentation der Beschwerdegegnerin (oben E. 4.4). Diese behauptete eine
BGE 143 IV 361 S. 366
"gemeinsam vorgenommene Gesamthandlung" im Sinne von BGE 113 IV 59 E. 2 S. 60, d.h. einen Umstand, der unbewiesen ist. Denn massgebend für den Nachweis der Tathandlung ist der Beweis dieser Tathandlung. Die vorinstanzliche Beweiswürdigung untersucht die Frage, ob eine der vier von den Beschwerdeführern abgefeuerten Raketen den Brand verursacht hatte. Das bejaht sie willkürfrei. Ausgangspunkt der vorinstanzlichen Überlegungen bildet die Darlegung des juristischen Konzepts der "Gesamthandlung" im Sinne von BGE 113 IV 58. Anschliessend nimmt die Vorinstanz an, dass mit Irrläufern zu rechnen sei. Es hänge vom Zufall ab, welcher der beiden den Irrläufer gezündet habe. Gestützt auf diese Ausführungen sei der Brand die direkte Folge der Gesamthandlung, die darauf abgezielt habe, ein derartiges Feuerwerk zu zünden. Damit stehe fest, "ohne dass weiter nach den Einzelbeiträgen zu fragen wäre", dass die Erstinstanz zu Unrecht freigesprochen habe (oben E. 4.5). Vorangehend (oben E. 4.5, drittletzter Abs.) stellt die Vorinstanz aufgrund der Umstände fest, dass sie beschlossen, "arbeitsteilig" vier Raketen zu starten. Dass sie aber auch beschlossen hätten, dies durch In-den-Boden-Stecken der Raketen zu tun, habe nicht festgestellt werden können. Vielmehr hätten sie "jeweils für sich, d.h. ohne vorgängige Absprache", die Raketen in dieser nicht unüblichen Weise abgefeuert. Aus dieser Beweisführung folgt, dass die beiden einzig "beschlossen", vier Raketen zu starten, und zwar jeder deren zwei. Die Art und Weise des Startens bestimmte jeder für sich, "d.h. ohne vorgängige Absprache" (ebenso bereits die Erstinstanz, oben E. 4.3).
4.7 Die kantonalen Behörden beziehen sich konträr auf BGE 113 IV 58. Auch in der Literatur wird der Entscheid kontrovers diskutiert. Nach BERNARD CORBOZ gibt es keine Teilnahme an der Fahrlässigkeitsstraftat; die Konstruktion von BGE 113 IV 58 sei zurückzuweisen (in: Commentaire romand, Code pénal, Bd. I, 2009, N. 180 zu Art. 12
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 12 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
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1 | Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
2 | Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt. |
3 | Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 12 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
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1 | Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
2 | Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt. |
3 | Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. |
BGE 143 IV 361 S. 367
Betracht. Andere Autoren stimmen BGE 113 IV 58 mit abweichenden Begründungen im Ergebnis durchaus zu. MARC FORSTER wertet den Entscheid als vertretbar; der in der Literatur erhobene Einwand, es sei die Kausalität des individuell vorwerfbaren Verhaltens nicht gegeben (was zur Straflosigkeit führe), hätte bedenkliche Folgen im Bereich der kollektiven Kriminalität (in: Basler Kommentar, Strafrecht, Bd. I, 3. Aufl. 2013, N. 22 f. Vor Art. 24
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft. |
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1 | Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft. |
2 | Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 12 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
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1 | Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
2 | Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt. |
3 | Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 222 - 1 Wer fahrlässig zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.299 |
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1 | Wer fahrlässig zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung einer Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft.299 |
2 | Bringt der Täter fahrlässig Leib und Leben von Menschen in Gefahr, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe. |
BGE 143 IV 361 S. 368
können und müssen. Sie verletzten gemeinschaftlich (collectivement) ihre Vorsichts- oder Sorgfaltspflicht (Unsorgfaltsgemeinschaft) und verursachten damit einen voraussehbaren und vermeidbaren Erfolg (Droit pénal, Partie générale, 2008, N. 1409). In der Literatur ist mithin umstritten, wie BGE 113 IV 58 zu verstehen ist und ob der Entscheidung überhaupt eine fahrlässige Mittäterschaft zugrunde liegt. Ohne die Literatur erschöpfend auszuwerten, lässt sich schliessen, dass die Konzeption einer fahrlässigen Mittäterschaft von der wohl herrschenden Lehre abgelehnt und BGE 113 IV 58 in der Begründung und weniger im Ergebnis kritisiert wird, während JOSÉ HURTADO POZO mit der Konzeption der "Unsorgfaltsgemeinschaft" einen konstruktiven dogmatischen Entwurf zu der mit BGE 113 IV 58 aufgeworfenen Sachproblematik vorlegt.
4.8 Die Anfänge der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, soweit sie in diesen Rahmen einer rechtlichen Konstruktion einer fahrlässigen Mittäterschaft gestellt werden kann, dürften in BGE 98 IV 11 aufzufinden sein. In diesem Entscheid erkannte das Bundesgericht, dass sich nicht nur der Lenker, sondern mit ihm der Halter eines Motorfahrzeugs der fahrlässig begangenen Körperverletzung schuldig machen kann, wenn er dieses einem fahrunfähigen Lenker überlässt, der mit einem Fussgänger zusammenstösst. Im gleichen Entscheid ging es noch weiter und führte aus, bei Fahren in angetrunkenem Zustand sei nicht nur jener zur Rechenschaft zu ziehen, der sein Fahrzeug einem Angetrunkenen überlässt, "sondern beispielsweise auch der für seine Kollegen bestimmende Anführer eines Trinkgelages". In der Folge distanzierte sich das Bundesgericht von dieser Rechtsprechung. In BGE 113 IV 84 liess es die Frage noch offen, ob Mittäterschaft eines an der Führung des Fahrzeugs nicht massgeblich Beteiligten möglich sei. Es erkannte aber, dass sich der Passagier, der in einem Fahrzeug mitfährt, das vom angetrunkenen Halter geführt wird, sich allein dadurch weder der Mittäterschaft noch der Teilnahme schuldig machen kann. Das eigene Interesse des Passagiers an der Fahrt vermöge Mittäterschaft bei Fahren in angetrunkenem Zustand schon deshalb nicht zu begründen, weil dieses als solches nicht einen Tatbeitrag, sondern lediglich ein Motiv für das Mitfahren darstelle. Drei Jahre später verwarf das Bundesgericht in BGE 116 IV 71 diese Rechtsprechung. Beim Tatbestand des Fahrens in angetrunkenem
BGE 143 IV 361 S. 369
Zustand könne Täter nur sein, wer das Fahrzeug führt. Dass das Verschulden des Mitfahrers "angesichts von dessen Tatbeitrag und Interesse an der Fahrt allenfalls mindestens gleich schwer wieg[e] wie das Verschulden des angetrunkenen Fahrzeugführers, erlaub[e] es nicht, ihn kurzerhand als Mittäter zu qualifizieren". In BGE 126 IV 84 E. 2c/aa S. 88 hielt das Bundesgericht - allerdings unter Bezugnahme auf den vorsätzlichen Mittäterschaftsbegriff (BGE 125 IV 134 E. 3a S. 136) und ohne BGE 113 IV 58 zu erwähnen - fest: "Par conséquent, la coactivité par négligence n'est pas concevable". In der Sache hatte es die Frage zu entscheiden, ob eine Person, welche die Charakteristik der vorsätzlichen Mittäterschaft (BGE 125 IV 134 E. 3a) aufweist, wegen grober Verkehrsregelverletzung verurteilt werden kann, selbst wenn sie nicht selber das Fahrzeug gelenkt hatte. Das Bundesgericht bejahte die Frage (BGE 126 IV 84 E. 2b S. 87 und E. 2d S. 90). - Anders verhält es sich beim Begleiter einer Lernfahrt: Übernimmt er diese Aufgabe effektiv, macht er sich des Führens eines Motorfahrzeuges im angetrunkenen Zustand im Sinne von Art. 91
SR 741.01 Strassenverkehrsgesetz vom 19. Dezember 1958 (SVG) SVG Art. 91 - 1 Mit Busse wird bestraft, wer: |
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1 | Mit Busse wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand ein Motorfahrzeug führt; |
b | das Verbot, unter Alkoholeinfluss zu fahren, missachtet; |
c | in fahrunfähigem Zustand ein motorloses Fahrzeug führt. |
2 | Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer: |
a | in angetrunkenem Zustand mit qualifizierter Atemalkohol- oder Blutalkoholkonzentration ein Motorfahrzeug führt; |
b | aus anderen Gründen fahrunfähig ist und ein Motorfahrzeug führt. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 12 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
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1 | Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
2 | Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt. |
3 | Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 12 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
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1 | Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
2 | Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt. |
3 | Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. |
BGE 143 IV 361 S. 370
Nebentäterschaft ("auteur") möglich. Von Nebentäterschaft wird indessen gesprochen, wenn mehrere Täter unabhängig voneinander denselben Tatbestand verwirklichen (TRECHSEL/JEAN-RICHARD, in: Schweizerisches Strafgesetzbuch, Praxiskommentar, 2. Aufl. 2013, N. 23 Vor Art. 24
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft. |
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1 | Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft. |
2 | Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft. |
4.9 BGE 113 IV
58 vom 15. Mai 1987 ("rolling stones") beruht auf dem folgenden Sachverhalt: A. und B. sahen auf der Rückfahrt von ihrer Waldhütte zwei Steinbrocken neben der Strasse liegen, welche sie "hinunterzurollen beabsichtigten". Die örtlichen Verhältnisse waren ihnen "bestens bekannt" und sie "wussten", dass sich am Tössufer öfters Leute, vorwiegend Fischer, aufhielten. B. ging auf Vorschlag von A. zum Abgrund, um das "abzuklären", rief laut hinunter, ob jemand unten sei, wobei er aber das Tössufer nicht einsehen konnte. Als niemand geantwortet hatte, rollten B. und A. jeder einen der Steinbrocken hinunter. Der Fischer C. wurde tödlich getroffen. Es konnte nicht geklärt werden, von welchem der beiden. (Anzumerken ist, dass A. wegen fahrlässiger Tötung angeklagt gewesen war.) Ganz anders stellt sich der hier zu beurteilende Sachverhalt dar. Die beiden Beschwerdeführer hatten die Art und Weise des Vorgehens (des Abfeuerns der Raketen) nicht miteinander abgesprochen, wie die Vorinstanz ausdrücklich feststellt (oben E. 4.6). Insbesonders hatten die beiden keine Risikoabschätzung vorgenommen. Dass sie ein Risiko eingegangen wären, schloss die Vorinstanz aus (oben E. 4.5, letzter Abs.). Sie hatten (einzig) "beschlossen", draussen Raketen zu zünden, und zwar jeder deren zwei (oben E. 4.4, 4.6). Jeder bestimmte selber, wie er die Raketen abfeuern wollte. Nur einer verursachte einen "Irrläufer", der aber aufgrund der vorinstanzlichen Feststellung nicht zufällig, sondern durch das unsachgemässe Abfeuern (mit Risikoerhöhung durch "falsches" In-den-Boden-Stecken) von einem der beiden verursacht wurde. Ein eigentlicher Irrläufer kann sich dagegen nur bei korrektem Abfeuern infolge eines technischen Defekts der Rakete selbst ergeben. Der eine gefährdete (nicht strafbar), der andere verursachte den Brand (strafbar). Die Vorinstanz folgt auch hier der Beschwerdegegnerin (oben E. 4.4) und sieht sich nicht veranlasst, nach den "Einzelbeiträgen", d.h. dem rechtserheblichen Sachverhalt, zu fragen (oben E. 4.6), weil sie das zu Beweisende durch einen beweisbedürftigen Umstand ersetzt, nämlich durch die Behauptung der "Gesamthandlung". Diesen (vor
BGE 143 IV 361 S. 371
allem beim Indizienbeweis vorkommenden) Fehlschluss der petitio principii begeht, wer einen Satz als bewiesen annimmt, der des Beweises bedürftig ist. Die zu beweisende Behauptung soll selbst als Beweisgrund herhalten (FRIEDRICH E. SCHNAPP, Logik für Juristen, 7. Aufl., München 2016, S. 227, 228). Denn subjektives Beweisergebnis ist lediglich, dass sie "gemeinsam beschlossen, nach draussen zu gehen, um Feuerwerkskörper zu zünden" (so die Formulierung in der Anklageschrift, oben Sachverhalt Bst. A). Mithin fehlt es an den Voraussetzungen der Annahme einer Gesamthandlung im Sinne von BGE 113 IV 58, so dass sich die Vorinstanz für die Schuldsprüche nicht auf dieses Präjudiz berufen kann. Das Bundesgericht hat deshalb weder auf BGE 113 IV 58 einzugehen noch sich mit der Kausalitätsfrage auseinanderzusetzen. Vielmehr ist festzustellen, dass die tatsächlichen Voraussetzungen der vorinstanzlich angenommenen Gesamthandlung im Sinne von BGE 113 IV 58 beweismässig nicht erstellt sind. Der gemeinsame Beschluss einer sorgfaltswidrigen Handlung ist nicht nachgewiesen (bereits Erstinstanz, oben E. 4.3).
4.10 Diese Beweislosigkeit kann nicht über eine wie auch immer begründete Mittäterschaft substituiert werden. Zwar ist die vorsätzliche Mittäterschaft im StGB nicht normiert. Der Gesetzgeber verzichtete auf eine entsprechende Norm, weil sie zwangsläufig entweder unvollständig oder sehr kompliziert wäre, und überliess die genaue Umschreibung Rechtsprechung und Lehre (Botschaft vom 21. September 1998 zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches [...], BBl 1999 2012). Nicht anders verhielt es sich bis zur Inkraftsetzung von Art. 11
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 11 - 1 Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden. |
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1 | Ein Verbrechen oder Vergehen kann auch durch pflichtwidriges Untätigbleiben begangen werden. |
2 | Pflichtwidrig untätig bleibt, wer die Gefährdung oder Verletzung eines strafrechtlich geschützten Rechtsgutes nicht verhindert, obwohl er aufgrund seiner Rechtstellung dazu verpflichtet ist, namentlich auf Grund: |
a | des Gesetzes; |
b | eines Vertrages; |
c | einer freiwillig eingegangenen Gefahrengemeinschaft; oder |
d | der Schaffung einer Gefahr. |
3 | Wer pflichtwidrig untätig bleibt, ist gestützt auf den entsprechenden Tatbestand nur dann strafbar, wenn ihm nach den Umständen der Tat derselbe Vorwurf gemacht werden kann, wie wenn er die Tat durch ein aktives Tun begangen hätte. |
4 | Das Gericht kann die Strafe mildern. |
BGE 143 IV 361 S. 372
von mehreren Personen gemeinsam getragenen Tatentschlusses verwirklicht wird, der auch bloss konkludent zum Ausdruck kommen kann (DONATSCH, a.a.O., N. 9 zu Art. 24
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 24 - 1 Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft. |
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1 | Wer jemanden vorsätzlich zu dem von diesem verübten Verbrechen oder Vergehen bestimmt hat, wird nach der Strafandrohung, die auf den Täter Anwendung findet, bestraft. |
2 | Wer jemanden zu einem Verbrechen zu bestimmen versucht, wird wegen Versuchs dieses Verbrechens bestraft. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 12 - 1 Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
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1 | Bestimmt es das Gesetz nicht ausdrücklich anders, so ist nur strafbar, wer ein Verbrechen oder Vergehen vorsätzlich begeht. |
2 | Vorsätzlich begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Tat mit Wissen und Willen ausführt. Vorsätzlich handelt bereits, wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf nimmt. |
3 | Fahrlässig begeht ein Verbrechen oder Vergehen, wer die Folge seines Verhaltens aus pflichtwidriger Unvorsichtigkeit nicht bedenkt oder darauf nicht Rücksicht nimmt. Pflichtwidrig ist die Unvorsichtigkeit, wenn der Täter die Vorsicht nicht beachtet, zu der er nach den Umständen und nach seinen persönlichen Verhältnissen verpflichtet ist. |
Das Gesetz sieht einzig in gewissen Konstellationen von einem solchen Nachweis ab. So lässt sich bei tätlichen Auseinandersetzungen mehrerer Personen oft nicht nachweisen, wer die Körperverletzung einer Person verursacht hat. Gemäss dem abstrakten Gefährdungstatbestand von Art. 133
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 133 - 1 Wer sich an einem Raufhandel beteiligt, der den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen zur Folge hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
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1 | Wer sich an einem Raufhandel beteiligt, der den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen zur Folge hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft. |
2 | Nicht strafbar ist, wer ausschliesslich abwehrt oder die Streitenden scheidet. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 102 - 1 Wird in einem Unternehmen in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im Rahmen des Unternehmenszwecks ein Verbrechen oder Vergehen begangen und kann diese Tat wegen mangelhafter Organisation des Unternehmens keiner bestimmten natürlichen Person zugerechnet werden, so wird das Verbrechen oder Vergehen dem Unternehmen zugerechnet. In diesem Fall wird das Unternehmen mit Busse bis zu 5 Millionen Franken bestraft. |
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1 | Wird in einem Unternehmen in Ausübung geschäftlicher Verrichtung im Rahmen des Unternehmenszwecks ein Verbrechen oder Vergehen begangen und kann diese Tat wegen mangelhafter Organisation des Unternehmens keiner bestimmten natürlichen Person zugerechnet werden, so wird das Verbrechen oder Vergehen dem Unternehmen zugerechnet. In diesem Fall wird das Unternehmen mit Busse bis zu 5 Millionen Franken bestraft. |
2 | Handelt es sich dabei um eine Straftat nach den Artikeln 260ter, 260quinquies, 305bis, 322ter, 322quinquies, 322septies Absatz 1 oder 322octies, so wird das Unternehmen unabhängig von der Strafbarkeit natürlicher Personen bestraft, wenn dem Unternehmen vorzuwerfen ist, dass es nicht alle erforderlichen und zumutbaren organisatorischen Vorkehren getroffen hat, um eine solche Straftat zu verhindern.146 |
3 | Das Gericht bemisst die Busse insbesondere nach der Schwere der Tat und der Schwere des Organisationsmangels und des angerichteten Schadens sowie nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens. |
4 | Als Unternehmen im Sinne dieses Titels gelten: |
a | juristische Personen des Privatrechts; |
b | juristische Personen des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der Gebietskörperschaften; |
c | Gesellschaften; |
d | Einzelfirmen147. |
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 StGB Art. 28 - 1 Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar. |
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1 | Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, so ist, unter Vorbehalt der nachfolgenden Bestimmungen, der Autor allein strafbar. |
2 | Kann der Autor nicht ermittelt oder in der Schweiz nicht vor Gericht gestellt werden, so ist der verantwortliche Redaktor nach Artikel 322bis strafbar. Fehlt ein verantwortlicher Redaktor, so ist jene Person nach Artikel 322bis strafbar, die für die Veröffentlichung verantwortlich ist. |
3 | Hat die Veröffentlichung ohne Wissen oder gegen den Willen des Autors stattgefunden, so ist der Redaktor oder, wenn ein solcher fehlt, die für die Veröffentlichung verantwortliche Person als Täter strafbar. |
4 | Die wahrheitsgetreue Berichterstattung über öffentliche Verhandlungen und amtliche Mitteilungen einer Behörde ist straflos. |
4.11 Wegen des nur mangelhaft durchgeführten Beweisverfahrens lässt sich nicht mehr eruieren (Erstinstanz) bzw. ist nicht mehr zu
BGE 143 IV 361 S. 373
ermitteln (Vorinstanz), welcher der beiden Beschwerdeführer die brandauslösende Rakete gezündet hatte. Insbesonders ist auch deren individuell-konkretes Vorgehen und der diesbezüglich rechtserhebliche subjektive Sachverhalt nicht mehr zu eruieren. Weil dies zu einem prozessualen Leerlauf führen würde, ist davon abzusehen, die Sache im Sinne von Art. 112 Abs. 1 lit. b
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 112 Eröffnung der Entscheide - 1 Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den Parteien schriftlich zu eröffnen. Sie müssen enthalten: |
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1 | Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, sind den Parteien schriftlich zu eröffnen. Sie müssen enthalten: |
a | die Begehren, die Begründung, die Beweisvorbringen und Prozesserklärungen der Parteien, soweit sie nicht aus den Akten hervorgehen; |
b | die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art, insbesondere die Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen; |
c | das Dispositiv; |
d | eine Rechtsmittelbelehrung einschliesslich Angabe des Streitwerts, soweit dieses Gesetz eine Streitwertgrenze vorsieht. |
2 | Wenn es das kantonale Recht vorsieht, kann die Behörde ihren Entscheid ohne Begründung eröffnen. Die Parteien können in diesem Fall innert 30 Tagen eine vollständige Ausfertigung verlangen. Der Entscheid ist nicht vollstreckbar, solange nicht entweder diese Frist unbenützt abgelaufen oder die vollständige Ausfertigung eröffnet worden ist. |
3 | Das Bundesgericht kann einen Entscheid, der den Anforderungen von Absatz 1 nicht genügt, an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben. |
4 | Für die Gebiete, in denen Bundesbehörden zur Beschwerde berechtigt sind, bestimmt der Bundesrat, welche Entscheide ihnen die kantonalen Behörden zu eröffnen haben. |