142 V 178
20. Auszug aus dem Urteil der II. sozialrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen IV-Stelle des Kantons Thurgau (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 9C_632/2015 vom 4. April 2016
Regeste (de):
- Art. 28a
SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG)
IVG Art. 28a - 1 Die Bemessung des Invaliditätsgrades von erwerbstätigen Versicherten richtet sich nach Artikel 16 ATSG210. Der Bundesrat umschreibt die zur Bemessung des Invaliditätsgrades massgebenden Erwerbseinkommen sowie die anwendbaren Korrekturfaktoren.211
1 Die Bemessung des Invaliditätsgrades von erwerbstätigen Versicherten richtet sich nach Artikel 16 ATSG210. Der Bundesrat umschreibt die zur Bemessung des Invaliditätsgrades massgebenden Erwerbseinkommen sowie die anwendbaren Korrekturfaktoren.211 2 Bei nicht erwerbstätigen Versicherten, die im Aufgabenbereich tätig sind und denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, wird für die Bemessung des Invaliditätsgrades in Abweichung von Artikel 16 ATSG darauf abgestellt, in welchem Masse sie unfähig sind, sich im Aufgabenbereich zu betätigen.212 3 Bei Versicherten, die nur zum Teil erwerbstätig sind oder die unentgeltlich im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin mitarbeiten, wird der Invaliditätsgrad für diesen Teil nach Artikel 16 ATSG festgelegt. Waren sie daneben auch im Aufgabenbereich tätig, so wird der Invaliditätsgrad für diese Tätigkeit nach Absatz 2 festgelegt.213 In diesem Fall sind der Anteil der Erwerbstätigkeit oder der unentgeltlichen Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin und der Anteil der Tätigkeit im Aufgabenbereich festzulegen und der Invaliditätsgrad in beiden Bereichen zu bemessen. SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre.
SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG)
ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich:
1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich: a um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder b auf 100 Prozent erhöht.17 2 Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat. - Unterschiede zwischen der LSE bis 2010 und der LSE 2012 (E. 2.5.3).
- Anwendbarkeit der LSE 2012 auf alle Fälle erstmaliger Invaliditätsbemessung und auf Neuanmeldungen nach vorausgegangener rechtskräftiger Ablehnung oder nach Aufhebung der Invalidenrente sowie im Revisionsverfahren (mit Entstehung des potentiellen oder Veränderung des laufenden Rentenanspruchs im Jahr 2012 oder später). Laufende, gestützt auf die LSE bis 2010 rechtskräftig zugesprochene Invalidenrenten dürfen nicht allein zufolge Anwendung der Tabellenlohnwerte gemäss LSE 2012 in Revision gezogen werden (E. 2.5.7 und 2.5.8.1).
- Das IV-Rundschreiben Nr. 328 des BSV vom 22. Oktober 2014, das eine integrale Anwendbarkeit der LSE 2012 im Revisionsfall vorsieht, ist in dem Sinne einzuschränken, dass die LSE 2012 für die Invaliditätsbemessung im Revisionsverfahren betreffend eine laufende, gestützt auf die LSE bis 2010 rechtskräftig zugesprochene Invalidenrente anwendbar ist, ausser wenn sich allein durch ihre Verwendung eine anspruchsrelevante Änderung des Invaliditätsgrades ergibt (E. 2.5.8.1).
Regeste (fr):
- Art. 28a LAI en corrélation avec les art. 16 et 17 LPGA; comparaison des revenus; détermination des revenus hypothétiques sur la base de l'Enquête suisse sur la structure des salaires 2012 de l'Office fédéral de la statistique (ESS 2012).
- Différences entre les éditions antérieures à 2012 de l'ESS (jusqu'à l'ESS 2010) et l'ESS 2012 (consid. 2.5.3).
- Application de l'ESS 2012 aux cas de premières demandes de rente et aux nouvelles demandes postérieures à un refus ou à une suppression de rente d'invalidité, ainsi qu'en procédure de révision (avec naissance de l'éventuel droit à la rente ou modification de la rente en cours en 2012 ou plus tard). Les rentes d'invalidité en cours allouées sur la base des éditions antérieures à 2012 de l'ESS ne sauraient être révisées au seul motif de l'application des données salariales résultant des statistiques de l'ESS 2012 (consid. 2.5.7 et 2.5.8.1).
- La portée de la lettre circulaire AI n° 328 de l'OFAS du 22 octobre 2014, qui prévoit l'application de l'ESS 2012 à tous les cas de révision, doit être restreinte en ce sens que l'ESS 2012 est applicable à l'évaluation de l'invalidité effectuée dans le cadre d'une révision d'une rente d'invalidité allouée sur la base des éditions antérieures à 2012 de l'ESS, sauf si la modification du degré d'invalidité influençant le droit à la rente ne résulte que de la seule application de l'ESS 2012 (consid. 2.5.8.1).
Regesto (it):
- Art. 28a LAI combinato con l'art. 16 e 17 LPGA; confronto dei redditi; accertamento del reddito ipotetico sulla base della rilevazione svizzera della struttura dei salari edita dall'Ufficio federale di statistica nel 2012 (RSS 2012).
- Differenze tra la RSS valide fino al 2010 e la RSS 2012 (consid. 2.5.3).
- Applicazione della RSS 2012 nei casi di primo esame del grado di invalidità e nei casi di nuove domande dopo una precedente decisione di rifiuto passata in giudicato o dopo la revoca di una rendita di invalidità, oppure ancora in una procedura di revisione (con nascita del potenziale cambiamento di un diritto alla rendita in corso nell'anno 2012 o più tardi). Le rendite di invalidità attribuite con decisione passata in giudicato in applicazione della RSS fino al 2010 non possono essere oggetto di una revisione per il solo fatto che vi sarebbe un risultato diverso in seguito all'uso di dati salariali secondo la RSS 2012 (consid. 2.5.7 e 2.5.8.1).
- La lettera circolare AI n. 328 emanata dall'UFAS il 22 ottobre 2014, la quale prevede un'applicabilità integrale della RSS 2012 in caso di revisione, deve essere limitata nel senso che deve essere applicata la RSS 2012 per la valutazione dell'invalidità nelle procedure di revisione riguardanti rendite di invalidità attribuite in base alla RSS fino al 2010 con decisione passata in giudicato, a meno che il solo fatto di usare la RSS 2012 comporti una modifica del grado di invalidità (consid. 2.5.8.1).
Sachverhalt ab Seite 179
BGE 142 V 178 S. 179
A.
A.a A. (geb. 1967) bezog gemäss Verfügung der IV-Stelle des Kantons Thurgau vom 11. Mai 2005 ab 1. September 2003 eine ganze Invalidenrente, welche durch Mitteilung vom 12. August 2010 noch bestätigt, als Ergebnis eines im Dezember 2011 eingeleiteten weiteren Revisionsverfahrens jedoch gestützt auf ein Gutachten des Dr. med. B., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 20. Juni 2012 aufgehoben wurde (Verfügung vom 29. Oktober 2012). Die hiergegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit unangefochten gebliebenem Entscheid vom 30. Januar 2013 ab.
A.b Am 10. Juni 2013 meldete sich die Versicherte erneut bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die am 9. Februar
BGE 142 V 178 S. 180
2014 erlassene Ablehnungsverfügung hob das Verwaltungsgericht auf, indem es die Sache zur Einholung eines Verlaufsgutachtens bei Dr. med. B. an die Verwaltung zurückwies (Entscheid vom 9. April 2014). Die IV-Stelle sprach A. nach Beizug der entsprechenden psychiatrischen Expertise des Dr. med. B. vom 26. September 2014 mitsamt von ihm visierter und integrierter neuropsychologischer Beurteilung durch Dr. phil. C. vom 31. August 2014 ab 1. Dezember 2013 eine Viertels-Invalidenrente zu (Verfügung vom 27. März 2015).
B. Die hiergegen mit dem Antrag auf Zusprechung einer höheren Invalidenrente eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht mit Entscheid vom 15. Juli 2015 ab.
C. Die Versicherte zieht diesen Entscheid unter Präzisierung des im kantonalen Verfahren gestellten Antrages (höhere Invalidenrente ab 1. Dezember 2013) mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht weiter. IV-Stelle und Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Replikweise lässt A. unter Bestätigung ihrer Beschwerdevorbringen eine zusätzliche Stellungnahme einreichen.
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
1.
1.1 Das kantonale Gericht ist bei der Prüfung des streitigen Rentenanspruchs (Art. 28 ff
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SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG) IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die: |
|
1 | Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die: |
a | ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können; |
b | während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG205) gewesen sind; und |
c | nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind. |
1bis | Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.206 |
2 | ...207 |
1.2 Gestützt darauf hat es den Einkommensvergleich (Art. 16
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SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre. |
BGE 142 V 178 S. 181
1.3 Weil die Versicherte keine neue Erwerbstätigkeit aufgenommen hatte, zog die Vorinstanz für die Bemessung des Invalideneinkommens Tabellenlöhne gemäss der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) des BFS bei, wobei es auf die LSE 2012 abstellte, "nachdem das entsprechende IV-Rundschreiben Nr. 328 des BSV vom 22. Oktober 2014 datiert und die Beschwerdegegnerin ihre Rentenverfügungen am 27. März 2015 erlassen hat. Der massgebende Zentralwert (BGE 124 V 321 E. 3b) für die mit einfachen Tätigkeiten (Kompetenzniveau 1) beschäftigten Frauen im privaten Sektor im Jahr 2012 betrug Fr. 4'112.- pro Monat bei 40 Arbeitsstunden pro Woche (vgl. LSE 2012, Tabelle TA1, S. 35). Bei einer betriebsüblichen durchschnittlichen Arbeitszeit von 41,7 Stunden im Jahr 2013 (vgl. betriebsübliche Arbeitszeit nach Wirtschaftsabteilungen, herausgegeben vom BFS) und unter Berücksichtigung eines Nominallohnindexes für Frauen von 2'630 Punkten im Jahr 2012 und eines solchen von 2'648 Punkten im Jahr 2013 resultiert somit ein Invalideneinkommen von Fr. 38'844.90 bei einer Arbeitsfähigkeit von 75 %" (Verfügung vom 27. März 2015: Fr. 37'452.-).
1.4 Auf einen Abzug vom Tabellenlohn (BGE 126 V 75) verzichtete die Vorinstanz, "nachdem der Tabellenlohn im Anforderungsniveau 1 durchwegs einfache körperliche und handwerkliche Tätigkeiten umfasst und die Einschränkungen der Beschwerdeführerin und ihr erhöhter Pausenbedarf in der attestierten Arbeitsunfähigkeit von 25 % umfassend berücksichtigt worden sind." Die Versicherte sei mit Jahrgang 1967 noch eingliederungsfähig. Lohneinbussen wegen eines reduzierten Beschäftigungsgrades seien bei Frauen nicht zu erwarten. Eine Tätigkeit in geschütztem Rahmen sei zudem nicht notwendig. Selbst bei Gewährung eines Abzuges von (maximal denkbaren) 10 % ergebe sich kein anderes Resultat. Bei Gegenüberstellung der beiden Einkommen resultierten Invaliditätsgrade von 43,2 % (ohne Abzug) und 48,9 % (mit Abzug von 10 %). Der Rentenbeginn (1. Dezember 2013) sei unter allen Titeln korrekt.
2.
2.1 Die Beschwerdeführerin weist zunächst darauf hin, dass kantonaler Gerichtsentscheid und Verwaltungsverfügung vom 27. März 2015 bezüglich der beiden Vergleichseinkommen nach Art. 16
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SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre. |
BGE 142 V 178 S. 182
vorinstanzliche Gerichtsentscheide (Art. 82 lit. a
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 82 Grundsatz - Das Bundesgericht beurteilt Beschwerden: |
|
a | gegen Entscheide in Angelegenheiten des öffentlichen Rechts; |
b | gegen kantonale Erlasse; |
c | betreffend die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen sowie betreffend Volkswahlen und -abstimmungen. |
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 86 Vorinstanzen im Allgemeinen - 1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide: |
|
1 | Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide: |
a | des Bundesverwaltungsgerichts; |
b | des Bundesstrafgerichts; |
c | der unabhängigen Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen; |
d | letzter kantonaler Instanzen, sofern nicht die Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zulässig ist. |
2 | Die Kantone setzen als unmittelbare Vorinstanzen des Bundesgerichts obere Gerichte ein, soweit nicht nach einem anderen Bundesgesetz Entscheide anderer richterlicher Behörden der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen. |
3 | Für Entscheide mit vorwiegend politischem Charakter können die Kantone anstelle eines Gerichts eine andere Behörde als unmittelbare Vorinstanz des Bundesgerichts einsetzen. |
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von: |
|
a | Bundesrecht; |
b | Völkerrecht; |
c | kantonalen verfassungsmässigen Rechten; |
d | kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen; |
e | interkantonalem Recht. |
2.2 Bezüglich des hypothetischen Einkommens ohne Invalidität macht die Beschwerdeführerin einzig geltend, nachdem "in der rentenaufhebenden Verfügung vom 29. Oktober 2012 ein Valideneinkommen unter Berücksichtigung der Lohnentwicklung bis 2012 ermittelt worden war, (sei) nicht mehr ausgehend von den früheren Angaben des Arbeitgebers zu rechnen, sondern die Nominallohnentwicklung seit der letzten Validenlohnermittlung vorzunehmen", sodass "sich bereits aus diesem Grund der Invaliditätsgrad erhöht." Dazu sei die Beschwerdeführerin auf E. 2.1 hiervor verwiesen. Davon abgesehen gibt es keine bundesrechtliche Regel des Inhalts, dass so zu verfahren wäre, wie es die Versicherte, anscheinend im Sinne eines Günstigkeitsprinzips, das es in der Sozialversicherung nicht gibt, für richtig hält. Folglich hat das kantonale Gericht das Valideneinkommen ohne Verletzung von Bundesrecht (Art. 95 lit. a
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von: |
|
a | Bundesrecht; |
b | Völkerrecht; |
c | kantonalen verfassungsmässigen Rechten; |
d | kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen; |
e | interkantonalem Recht. |
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SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG) IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die: |
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1 | Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die: |
a | ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können; |
b | während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG205) gewesen sind; und |
c | nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind. |
1bis | Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.206 |
2 | ...207 |
2.3 Was das Invalideneinkommen anbelangt, ist nach den Darlegungen in E. 2.1 von vornherein auf sämtliche Vorbringen nicht einzugehen, welche die Arbeitsunfähigkeit im bisherigen Beruf als Vorarbeiterin in einem Industriebetrieb betreffen. Denn das kantonale Gericht hat das trotz Invalidität erzielbare Einkommen allein gestützt auf die fachärztlich auf 75 % geschätzte Arbeitsfähigkeit in Verweisungstätigkeiten festgelegt und den daraus resultierenden Betrag in die Vergleichsrechnung nach Art. 16
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SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre. |
2.4 Die Beschwerde bestreitet die im Gutachten auf 75 % geschätzte Arbeitsfähigkeit für zumutbare Verweisungstätigkeiten als solche
BGE 142 V 178 S. 183
im Grunde nicht, jedenfalls nicht in einer Weise, welche die darauf bezogenen Feststellungen des kantonalen Gerichts als Entscheidung über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 398) im Rahmen der gesetzlichen Kognition (Art. 97 Abs. 1
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 97 Unrichtige Feststellung des Sachverhalts - 1 Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
|
1 | Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann. |
2 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so kann jede unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gerügt werden.87 |
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 105 Massgebender Sachverhalt - 1 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
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1 | Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. |
2 | Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht. |
3 | Richtet sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung, so ist das Bundesgericht nicht an die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden.96 |
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von: |
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a | Bundesrecht; |
b | Völkerrecht; |
c | kantonalen verfassungsmässigen Rechten; |
d | kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen; |
e | interkantonalem Recht. |
2.5 Vom Streitpunkt Tabellenlohnabzug abgesehen, der abschliessend zu beurteilen sein wird (E. 2.5.9 hiernach), bleibt die Rüge zu prüfen, das kantonale Gericht habe dadurch Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit. a
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von: |
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a | Bundesrecht; |
b | Völkerrecht; |
c | kantonalen verfassungsmässigen Rechten; |
d | kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen; |
e | interkantonalem Recht. |
BGE 142 V 178 S. 184
2.5.1 Nach der einschlägigen Verwaltungspraxis, dem am 22. Oktober 2014 veröffentlichten IV-Rundschreiben Nr. 328, das Weisungscharakter hat (vgl. zur Tragweite von Verwaltungsweisungen für die gerichtliche Beurteilung statt vieler BGE 141 V 365 E. 2.4 S. 368 mit zahlreichen Hinweisen), geht das BSV trotz Veränderungen mancher Variablen im Vergleich zu den LSE bis 2010, insbesondere der neuen Erhebung der Berufe und damit ermöglichten Bildung von Berufsgruppen mit Einteilung in vier Kompetenzniveaus, davon aus, "eine gewisse Kontinuität der LSE" sei "gewährleistet". Die Mitteilung "konzentriert sich auf die Frage der Kompatibilität der alten und neuen LSE-Tabellen". In dieser Sicht entspreche das "Kompetenzniveau 1 in der LSE 2012 (...) somit dem Anforderungsniveau 4 bis zur LSE 2010". Der Anhang des besagten IV-Rundschreibens enthält einerseits eine horizontale fünfspaltige Zuordnung von Tabellennummern bis LSE 2010 zu der - nach Auffassung des BSV - korrespondierenden Nummer der LSE 2012 und anderseits drei Tabellen, welche die standardisierten monatlichen Bruttolöhne (Zentralwert) nach Beschäftigungsgrad, beruflicher Stellung und Geschlecht für die Jahre 2008, 2010 und 2012 angeben. Unter "Anwendungszeitpunkt der neuen LSE-Tabellen" hält das Rundschreiben fest: "Die neuen LSE-Tabellen sind ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Rundschreibens auf alle Fälle anzuwenden, in welchen ein Einkommensvergleich durchzuführen ist. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um eine erstmalige Rentenprüfung oder um eine Revisionsprüfung handelt."
2.5.2 Die vorinstanzliche Festlegung des Invalideneinkommens, wie in E. 1.3 hiervor wiedergegeben, entspricht in allen Teilen dem IV-Rundschreiben Nr. 328. Zu prüfen ist, ob der weisungskonforme kantonale Entscheid vor Bundesrecht (Art. 95 lit. a
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SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 95 Schweizerisches Recht - Mit der Beschwerde kann die Verletzung gerügt werden von: |
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a | Bundesrecht; |
b | Völkerrecht; |
c | kantonalen verfassungsmässigen Rechten; |
d | kantonalen Bestimmungen über die politische Stimmberechtigung der Bürger und Bürgerinnen und über Volkswahlen und -abstimmungen; |
e | interkantonalem Recht. |
2.5.3 Zunächst ist, soweit für die Beurteilung erforderlich, auf die wichtigsten Unterschiede zwischen den LSE bis 2010 und der LSE 2012 einzugehen.
2.5.3.1 Die Revision der LSE 2012 verfolgt Ziele, welche mit ihrer Verwendung für die Invaliditätsbemessung nichts zu tun haben. Die Anpassung an die entsprechenden statistischen Reglemente der Europäischen Union (EU) bezüglich Konzept/Inhalt (bei angestrebter administrativer Entlastung der Unternehmen und Update der Informatik-Produktionsumgebung) führt zur Verwendung der neuen AHV-Nummer (anstelle von Geschlecht, Alter, Nationalität, Zivilstand), bezieht zusätzliche Kategorien von Lohnempfängern wie
BGE 142 V 178 S. 185
Lernende und Praktikanten mit ein und differenziert schliesslich neu nach Berufen (Skill Levels) statt den bisherigen Anforderungsniveaus 1-4 der Stelle (DIDIER FROIDEVAUX, Invaliditätsbemessung mit revidierten LSE-Daten [Quelle: BFS], Handout des am 24. September 2015 am Bundesgericht in Luzern und am 13. November 2015 in Olten vor dem Schweizerischen Anwaltsverband [SAV] gehaltenen Vortrages, S. 8 f.; von der Beschwerdeführerin im vorliegenden Verfahren aufgelegt [nachfolgend: BFS-Vortrag]). Da die Einstufung einer Stelle in eines der Anforderungsniveaus 1-4 den (56'000 erfassten; BFS-Vortrag S. 3) Unternehmen überlassen, bis zu einem gewissen Grad subjektiv sowie innerhalb/zwischen den Unternehmen nicht absolut systematisch war (das BFS kontrollierte/korrigierte, wo nötig, die Anforderungsniveaus der Stellen) und weil keine internationalen Standards für die Definition der Anforderungsniveaus existieren (BFS-Vortrag S. 10), wurden diese fallen gelassen und durch die Skill Levels ersetzt. Das führt im Übergang von LSE 2010 zu LSE 2012 zu einem "Serienbruch" (BFS-Vortrag S. 11): Verdienten nach der TA1 Anforderungsniveau 4 der LSE 2010 S. 26 Männer, Frauen und das Total monatlich (in Franken) 4'901, 4'225 und 4'525, belaufen sich demgegenüber die Beträge nach der TA1 Kompetenzniveau 1 der LSE 2012 S. 35 auf (Franken) 5'210, 4'112 und 4'771, was bei den Männern ein Plus von 6,3 %, bei den Frauen ein Minus von 2,7 % und beim Total ein Plus von 5,4 % ausmacht (BFS-Vortrag S. 11). Diese Veränderungen stimmen nicht mit der Lohnentwicklung von 2010 bis 2012 überein, welche im Vergleich zu 2010 (Basis 100) für 2012 nach dem Schweizerischen Lohnindex (SLI) real (102.3) und nominal (101.8) etwas tiefer liegt als nach den LSE 2012 Total Wirtschaft (103.7) und Privater Sektor (103.2) (BFS-Vortrag S. 13).
2.5.3.2 Die LSE 2012 beruht partiell auf der internationalen Berufsnomenklatur ISCO-08 (BFS-Vortrag S. 14), welche auf eine Empfehlung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 29. Oktober 2009 zurückzuführen und im Amtsblatt der EU vom 10. November 2009 (L 292/31) publiziert worden ist. Neun Berufsgruppen von 1 Führungskräfte bis 9 Hilfsarbeitskräfte (BFS-Vortrag S. 15) in Verbindung mit den Aspekten Ausbildung, Erfahrung, Aufgaben und Pflichten ("Task and Duties") führen zur Einreihung der Stelle - als dem "ausgeübten Beruf" im Unternehmen - in die Skill Levels 4 bis 1 (BFS-Vortrag S. 16). Die Berufe der Gruppen 1 bis 9 sind den Kompetenzniveaus 4 bis 1 zugeordnet, so
BGE 142 V 178 S. 186
namentlich die Berufe der Gruppe 9 Hilfsarbeitskräfte als "Einfache Tätigkeiten körperlicher oder handwerklicher Art" dem Kompetenzniveau 1 (BFS-Vortrag S. 17).
2.5.4 Die Beschwerdeführerin erhebt den Pauschalvorwurf, die LSE 2012 beruhe auf völlig anderen statistischen Grundlagen als früher und sei grundsätzlich nicht mehr als Grundlage für die Invaliditätsbemessung geeignet, weil sie "zu einer Diskriminierung durch Statistik" führe, was "bereits die erhebliche Abweichung der neu ermittelten Löhne" zeige. Generalisierende Unterscheidungen würden besondere Gleichheitsprobleme aufwerfen, sich über die Besonderheiten des Einzelfalls hinwegsetzen und aufgrund mehr oder weniger typisierungstauglicher Unterscheidungsmerkmale auch Konstellationen einbeziehen, die gerade nach dem Unterscheidungszweck im engeren Sinn nicht einbezogen werden sollten. So werde die Beschwerdeführerin undifferenziert der Gruppe der für einfache und repetitive Tätigkeiten geeigneten Frauen zugeordnet, wobei ihr spezifisches Unterscheidungsmerkmal (d.h. ihr Arbeitsprofil laut Gutachten vom 26. September 2014) vernachlässigt werde. Es sei die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu berücksichtigen, der in der Rechtssache C-236/09 (Urteil vom 1. März 2011) eine Diskriminierung durch Statistik korrigiert habe. Das verfassungsrechtliche Gebot zur Gleichbehandlung müsse auch bei der Anwendung einer Statistik auf einen konkreten Fall Beachtung finden. Die Beschwerdeführerin sei aber nicht in vergleichbarer Art erwerbsfähig wie der Durchschnitt aller gesunden Frauen, die einfache und repetitive Arbeiten verrichteten. Auch ein leidensbedingter Abzug von 25 % würde die "Diskriminierung durch Gleichstellung von nicht Vergleichbarem noch nicht heilen". Es müsse eine konkrete arbeitsplatzbezogene Abklärung der Arbeitsfähigkeit und aus den sich daraus ergebenden konkreten Arbeitsmöglichkeiten ein zumutbares Einkommen ermittelt werden, auf welche "korrekte Erfassung und Bewertung wirtschaftlicher und sozialer Gegebenheiten" - selbst wenn "komplizierter und schwerer nachprüfbar" - nicht "gewissermassen aus Bequemlichkeitsgründen" zugunsten allgemeiner Statistiken verzichtet werden dürfe.
2.5.5 Das BSV pflichtet zunächst dem weisungskonformen Vorgehen des kantonalen Gerichtes bei (Verweis auf Urteil 9C_526/2015 vom 11. September 2015 E. 3.2.2) und hält den Einwendungen der Beschwerdeführerin zu den statistischen Grundlagen entgegen, es erscheine wenig logisch, wenn Erhebungen, welche lediglich die
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Realität abbilden, keine Anwendung finden dürften. Auch wenn mit einigen EU-bedingten Änderungen behaftet, blieben die LSE 2012 weiterhin für die Invaliditätsbemessung geeignet. Die Sozialversicherungen müssten mit den verfügbaren lohnstatistischen Angaben arbeiten können. Die LSE 2012 bilde den aktuellen wissenschaftlichen Stand der Erhebung lohnstatistischer Daten ab. Dass sich zwischen LSE 2010 und LSE 2012 aufgrund der unterschiedlichen Erhebungsart kleinere Veränderungen ergeben könnten, liege in der Natur der Sache. Solche geringfügigen Änderungen bildeten nach der Rechtsprechung (BGE 133 V 545) keinen Anlass für eine Revision. Für erstmalige Leistungsprüfungen oder Revisionen müssten immer die aktuellsten Daten verwendet werden (Berufung auf Urteil 8C_78/2015 vom 10. Juli 2015 E. 4).
2.5.6 In ihrer Replik hält die Beschwerdeführerin sowohl mit allgemeinen als auch fallgebundenen Überlegungen an der Nichtanwendbarkeit der LSE 2012 zur Ermittlung der hypothetischen Einkommen in der Invalidenversicherung fest. Gemäss BFS-Vortrag S. 7 führten die neuen Kriterien zu einem "fast fiktiven" Lohnniveau. Einem Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Tessin (Nr. 36. 2014.107) vom 2. Februar 2015 sei zu entnehmen, dass die nach der neuen LSE ermittelten Löhne im Vergleich zu früheren LSE-Statistiken auch nicht der Nominallohnentwicklung entsprächen, was der BFS-Vortrag S. 11, wie schon erwähnt (oben E. 2.5.3.1), als "Serienbruch" bezeichne; "innerhalb der einzelnen Berufsgruppen" fänden sich Löhne sowohl von Hilfsarbeitern als auch von Personen mit hohen Qualifikationen nach langjährigen Ausbildungen, was für die Schweiz aufgrund des dualen Bildungssystems in besonderem Masse zutreffe. So würden in tieferen Kategorien auch nach mehrjähriger Berufslehre und Fortbildungen erzielte Löhne berücksichtigt, andererseits in der Kategorie "9. Hilfsarbeiter" viele körperlich sehr schwere Tätigkeiten, was sich lohnmässig erhöhend auswirke. An der Nichtanwendbarkeit der LSE 2012 ändere der Hinweis im IV-Rundschreiben Nr. 328, wonach das Kompetenzniveau 1 der LSE 2012 dem Anforderungsniveau 4 bis LSE 2010 entspreche, nichts, da die Lohnangaben "dermassen abweichend erhoben" worden seien. Abschliessend wird der in der Beschwerde erhobene Vorwurf der Diskriminierung wiederholt, weil der Versicherten durch die Anwendung der LSE 2012 eine statistische Lohnerzielung zugemutet werde, welche sie aufgrund ihres konkreten gutachtlich ausgewiesenen Arbeitsprofils nicht erreichen könne.
BGE 142 V 178 S. 188
2.5.7 Die Verwendung der LSE im Rahmen der Invaliditätsbemessung nach Art. 16
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SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre. |
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SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG) IVG Art. 28a - 1 Die Bemessung des Invaliditätsgrades von erwerbstätigen Versicherten richtet sich nach Artikel 16 ATSG210. Der Bundesrat umschreibt die zur Bemessung des Invaliditätsgrades massgebenden Erwerbseinkommen sowie die anwendbaren Korrekturfaktoren.211 |
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1 | Die Bemessung des Invaliditätsgrades von erwerbstätigen Versicherten richtet sich nach Artikel 16 ATSG210. Der Bundesrat umschreibt die zur Bemessung des Invaliditätsgrades massgebenden Erwerbseinkommen sowie die anwendbaren Korrekturfaktoren.211 |
2 | Bei nicht erwerbstätigen Versicherten, die im Aufgabenbereich tätig sind und denen die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden kann, wird für die Bemessung des Invaliditätsgrades in Abweichung von Artikel 16 ATSG darauf abgestellt, in welchem Masse sie unfähig sind, sich im Aufgabenbereich zu betätigen.212 |
3 | Bei Versicherten, die nur zum Teil erwerbstätig sind oder die unentgeltlich im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin mitarbeiten, wird der Invaliditätsgrad für diesen Teil nach Artikel 16 ATSG festgelegt. Waren sie daneben auch im Aufgabenbereich tätig, so wird der Invaliditätsgrad für diese Tätigkeit nach Absatz 2 festgelegt.213 In diesem Fall sind der Anteil der Erwerbstätigkeit oder der unentgeltlichen Mitarbeit im Betrieb des Ehegatten oder der Ehegattin und der Anteil der Tätigkeit im Aufgabenbereich festzulegen und der Invaliditätsgrad in beiden Bereichen zu bemessen. |
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SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre. |
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SR 831.20 Bundesgesetz vom 19. Juni 1959 über die Invalidenversicherung (IVG) IVG Art. 28 Grundsatz - 1 Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die: |
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1 | Anspruch auf eine Rente haben Versicherte, die: |
a | ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können; |
b | während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG205) gewesen sind; und |
c | nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind. |
1bis | Eine Rente nach Absatz 1 wird nicht zugesprochen, solange die Möglichkeiten zur Eingliederung im Sinne von Artikel 8 Absätze 1bis und 1ter nicht ausgeschöpft sind.206 |
2 | ...207 |
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Beschwerdeführerin in der Replik auf den "Serienbruch", der sich nicht auf die vom Versicherungsgericht des Kantons Tessin im Entscheid 36.2014.107 vom 2. Februar 2015 beurteilte Tabelle TA1 b LSE 2012 S. 33 (monatlicher Bruttolohn [Zentralwert] nach Wirtschaftszweigen, beruflicher Stellung und Geschlecht, Privater Sektor) bezieht, sondern, wie in E. 2.5.3.1 hiervor dargelegt, auf die Tabelle TA1 LSE 2012 S. 35 (monatlicher Bruttolohn [Zentralwert] nach Wirtschaftszweigen, Kompetenzniveau und Geschlecht, Privater Sektor). Richtig ist einzig, dass für die Invaliditätsbemessung - zumindest bis auf Weiteres - nur die (u.a.) nach dem Kompetenzniveau differenzierten TA1-Tabellen verwendet werden dürfen, hingegen nicht die TA1 b-Tabellen, welche sich in einem erheblich weitergehenden Masse inkongruent zu den bisherigen statistischen Entscheidungsgrundlagen erweisen. Sind somit die sachlichen Einwendungen gegen die LSE 2012, soweit für die Invaliditätsbemessung nach den bisherigen Ausführungen anwendbar, entkräftet, bleibt von vornherein kein Raum für die behauptete Annahme einer durch ihre partielle Heranziehung erfolgten Diskriminierung. Schliesslich ist kein Grund ersichtlich, bei der Festsetzung des Invalideneinkommens die Rechtsprechung zum Abzug vom Tabellenlohn (BGE 126 V 75) aufzugeben, welche nach wie vor das normative Korrektiv zur Verwendung von LSE-Tabellenlöhnen bildet.
2.5.8
2.5.8.1 Die LSE 2012 ist nicht in Stein gemeisselt. Aus dem BFS-Vortrag S. 18 ff. geht vielmehr hervor, dass, auch mit Blick auf die Verwendung der LSE in der Invalidenversicherung, Schritte in Richtung eines präziseren Settings mit flankierenden Massnahmen im Gange sind. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Rechtsanwendung in einer Übergangszeit stattfindet. Insoweit kommt der LSE 2012 nach Massgabe des bisher Erwogenen für alle Fälle erstmaliger Invaliditätsbemessung und auf Neuanmeldung hin nach vorausgegangener rechtskräftiger Ablehnung oder nach Aufhebung der Invalidenrente sowie im Revisionsverfahren (mit Entstehung des potentiellen oder Veränderung des laufenden Rentenanspruches im Jahr 2012 oder später; vgl. E. 2.5.7 hiervor) Beweiseignung zu. Klar ist auch, dass laufende, gestützt auf die LSE bis 2010 rechtskräftig zugesprochene Invalidenrenten nicht allein zufolge Anwendung der Tabellenlohnwerte gemäss LSE 2012 in Revision gezogen werden dürfen. Wenn nach der bisherigen Rechtsprechung geringfügige quantitative statistische Änderungen nicht zur Rentenrevision führen, da
BGE 142 V 178 S. 190
sie nicht in den persönlichen Verhältnissen der versicherten Person gründen (BGE 133 V 545 E. 7.1 S. 548; SVR 2010 IV Nr. 53 S. 165, 9C_8/2010), dann gilt dies a fortiori für weitergehende qualitative Modifikationen in der Erhebung der Statistikgrundlagen, wie sie im Übergang der LSE bis 2010 zur LSE 2012 eingetreten sind. Weil bei dieser qualitativen Inkongruenz tatsächlich (partiell) Ungleiches mit Ungleichem verglichen und somit die revisionsrechtliche Prüfung im nach Art. 17 Abs. 1
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SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich: |
|
1 | Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich: |
a | um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder |
b | auf 100 Prozent erhöht.17 |
2 | Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat. |
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SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 17 Revision der Invalidenrente und anderer Dauerleistungen - 1 Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich: |
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1 | Die Invalidenrente wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin für die Zukunft erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines Rentenbezügers sich: |
a | um mindestens fünf Prozentpunkte ändert; oder |
b | auf 100 Prozent erhöht.17 |
2 | Auch jede andere formell rechtskräftig zugesprochene Dauerleistung wird von Amtes wegen oder auf Gesuch hin erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben, wenn sich der ihr zu Grunde liegende Sachverhalt nachträglich erheblich verändert hat. |
2.5.8.2 Im Hinblick auf die Überprüfung des Resultats des Einkommensvergleichs steht nichts entgegen, im vorliegenden Fall für die Festlegung des Invalideneinkommens die LSE 2010, Tabelle TA1, Anforderungsniveau 4, Frauen, heranzuziehen; danach ergibt sich ein Betrag von Fr. 4'225.-. Aufgerechnet auf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 41,6 Stunden im Jahre 2010 (Die Volkswirtschaft 2011, Heft 12, Tabelle B 9.2) resultiert ein Wert von monatlich Fr. 4'394.-, multipliziert mit 12 ein Jahreseinkommen von Fr. 52'728.- und angepasst an die Entwicklung der Nominallöhne (gemäss Lohnentwicklung 2013 des BFS, T39 S. 27 [2010: Index Total 2285; 2013: Index Total 2343]) für das Jahr des Rentenbeginns 2013 ein Lohn von Fr. 54'066.39. Davon sind nach ärztlich geschätzter Arbeitsfähigkeit 75 % anrechenbar, was Fr. 40'549.79 sowie im Verhältnis zum Valideneinkommen von Fr. 68'435.- (vgl. E. 2.2 hiervor) eine Erwerbseinbusse von 40,75 % und damit einen
BGE 142 V 178 S. 191
Invaliditätsgrad von (aufgerundet) 41 % ergibt (BGE 130 V 121). Die Beschwerdeführerin wird somit durch die Anwendung der LSE 2012 weder diskriminiert noch irgendwie benachteiligt, sondern gegenteils im Vergleich zur LSE 2010 besser behandelt (vgl. E. 1.4 hiervor), ohne dass sich allerdings am Ergebnis etwas ändern würde.
2.5.9 Die Frage, ob ein Abzug vom Tabellenlohn vorzunehmen sei oder nicht, stellt eine vom Bundesgericht frei zu prüfende Rechtsfrage dar (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Indessen bringt die Beschwerdeführerin nichts vor, was darauf hindeuten würde, dass das kantonale Gericht die rechtlich massgebenden Abzugskriterien (BGE 126 V 75) verkannt hätte. Zur Diskussion steht bei der noch nicht 50 Jahre alten Versicherten, die sich über eine langjährige Arbeitserfahrung als qualifizierte und bewährte Fabrikkraft auszuweisen vermag, von vornherein nur die Frage nach einem behinderungsbedingten Abzug. Da die psychiatrisch-neuropsychologische Expertise ausdrücklich vorhandene Ressourcen attestiert, verletzt es nicht Bundesrecht, wenn die Vorinstanz angenommen hat, das ärztlich formulierte Arbeitsprofil sei schon in der zugestandenen Verminderung der Arbeitsfähigkeit auf 75 % enthalten. Die Beschwerdeführerin übersieht, dass mit den namhaft gemachten Einschränkungen auch unter den heutigen Verhältnissen eines ausgeglichenen Arbeitsmarktes (Art. 16
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SR 830.1 Bundesgesetz vom 6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG) ATSG Art. 16 Grad der Invalidität - Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte, in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre. |