137 II 284
23. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) gegen X. (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten) 2C_89/2010 / 2C_106/2010 vom 10. Februar 2011
Regeste (de):
- Art. 36
SR 956.1 Verordnung vom 16. Januar 2008 über die vorzeitige Inkraftsetzung von organisatorischen Bestimmungen des Finanzmarktaufsichtsgesetzes vom 22. Juni 2007 - Finanzmarktaufsichtsgesetz
FINMAG Art. 36 Untersuchungsbeauftragte oder Untersuchungsbeauftragter - 1 Die FINMA kann eine unabhängige und fachkundige Person damit beauftragen, bei einer oder einem Beaufsichtigten einen aufsichtsrechtlich relevanten Sachverhalt abzuklären oder von ihr angeordnete aufsichtsrechtliche Massnahmen umzusetzen (Untersuchungsbeauftragte oder Untersuchungsbeauftragter).
1 Die FINMA kann eine unabhängige und fachkundige Person damit beauftragen, bei einer oder einem Beaufsichtigten einen aufsichtsrechtlich relevanten Sachverhalt abzuklären oder von ihr angeordnete aufsichtsrechtliche Massnahmen umzusetzen (Untersuchungsbeauftragte oder Untersuchungsbeauftragter). 2 Sie umschreibt in der Einsetzungsverfügung die Aufgaben der oder des Untersuchungsbeauftragten. Sie legt fest, in welchem Umfang die oder der Untersuchungsbeauftragte an Stelle der Organe der Beaufsichtigten handeln darf. 3 Die Beaufsichtigten haben der oder dem Untersuchungsbeauftragten Zutritt zu ihren Räumlichkeiten zu gewähren sowie alle Auskünfte zu erteilen und Unterlagen offenzulegen, welche die oder der Untersuchungsbeauftragte zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben benötigt. 4 Die Kosten der oder des Untersuchungsbeauftragten tragen die Beaufsichtigten. Sie haben auf Anordnung der FINMA einen Kostenvorschuss zu leisten. SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz
BankG Art. 23quater
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz
BankG Art. 23quater
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz
BankG Art. 23quater
- Zur Einsetzung eines Untersuchungsbeauftragten ist nicht erforderlich, dass eine bestimmte Gesetzesverletzung bereits feststeht (E. 4). Neben der Werbung, die sich an qualifizierte Anleger richtet und damit grundsätzlich als nicht öffentlich gilt (Art. 3
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz
BankG Art. 23quater
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz
BankG Art. 23quater
Regeste (fr):
- Art. 36 LFINMA, art. 23quater al. 1 LB; art. 3 LPCC, art. 3 OPCC et n. 9 ss de la Circulaire de la FINMA 2008/8 "Appel au public au sens de la législation sur les placements collectifs de capitaux"; nomination d'un chargé d'enquête et notion d'appel au public en cas d'offre ou de distribution de placements collectifs de capitaux.
- La nomination d'un chargé d'enquête n'exige pas qu'une violation déterminée de la loi ait déjà été constatée (consid. 4). A côté de la publicité qui ne s'adresse qu'à des investisseurs qualifiés et qui n'est dès lors en principe pas considérée comme un appel au public (art. 3, 3e phrase, LPCC), il reste une place supplémentaire mais limitée au sein de la notion de "public" (art. 3, 1re phrase, LPCC) pour des activités non publiques. N'est pas considérée comme "public" l'offre respectivement la publicité adressée, d'un point de vue qualitatif ou quantitatif, à un cercle étroitement délimité de personnes (consid. 5.1-5.3).
Regesto (it):
- Art. 36 LFINMA, art. 23quater cpv. 1 LBCR; art. 3 LICol, art. 3 OICol e n. 9 segg. della Circolare della FINMA 2008/8 "Appello al pubblico ai sensi della legislazione sugli investimenti collettivi di capitale"; nomina di un incaricato d'inchiesta e nozione d'appello al pubblico in caso di offerta o distribuzione al pubblico d'investimenti collettivi di capitale.
- Per procedere alla nomina di un incaricato d'inchiesta non è necessario che si sia già verificata una specifica violazione della legge (consid. 4). Oltre alla pubblicità che si indirizza a investitori qualificati e che non vale quindi di principio come un appello al pubblico (art. 3, 3a frase, LICol), resta nell'ambito della nozione di "pubblico" (art. 3, 1a frase, LICol) un ulteriore, limitato, spazio per un agire di carattere non pubblico. Quando l'offerta rispettivamente l'appello sono indirizzati da un punto di vista qualitativo o quantitativo a un circolo strettamente delimitato di persone, non si è confrontati con nessun appello al pubblico rispettivamente con nessun "pubblico" (consid. 5.1-5.3).
Sachverhalt ab Seite 285
BGE 137 II 284 S. 285
Die Eidgenössische Bankenkommission (EBK) ermittelte ab Februar 2008 gegen die "Baumann"-Gruppe wegen illegaler Aktivitäten am Finanzmarkt. Am 27. August 2008 stellte sie fest, dass Ambros Baumann und verschiedene seiner Einzelfirmen gewerbsmässig Publikumseinlagen entgegengenommen und damit gegen das Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG; SR 952.0) verstossen haben. Die EBK eröffnete über den Nachlass von Ambros Baumann und über seine Einzelfirmen den bankenrechtlichen Konkurs. Der Untersuchungsbeauftragte war in seinem Bericht vom 30. Juni 2008 zum Schluss gekommen, dass zwischen 2000 und 2007 rund 604 Anleger im Rahmen von sogenannten "Treuhandverträgen" bei der "Baumann"Gruppe mindestens Fr. 72'602'000.- investiert hätten und die Herkunft von weiteren Fr. 32'622'000.- bisher noch nicht identifiziert sei. Den Forderungen stünden Aktiven von bloss rund Fr. 6'565'000.- gegenüber. Die Verfügung wurde rechtskräftig. Ambros Baumann und dessen Einzelfirmen unterhielten ein umfangreiches Vermittlernetz. Am 29. Oktober 2008 stellte die Eidgenössische Bankenkommission unter anderem fest, dass X. in diesem Rahmen gegen das Banken-, das Kollektivanlagen- und das Börsengesetz verstossen habe und ihm verboten werde, unter jeglicher Bezeichnung selbst oder über dritte Publikumseinlagen gewerbsmässig entgegenzunehmen bzw. kollektive Kapitalanlagen zu vertreiben oder für solche bzw. für die Entgegennahme von Publikumseinlagen oder eine andere den Banken vorbehaltene Tätigkeit zu werben. Mit Urteil vom 14. Dezember 2009 hiess das Bundesverwaltungsgericht die von X. hiergegen gerichtete Beschwerde teilweise gut und hob die angefochtene Verfügung insofern auf, als die EBK darin zum Schluss gekommen war, dass X. eine kollektive Kapitalanlage öffentlich angeboten und vertrieben habe.
BGE 137 II 284 S. 286
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) als Nachfolgeorganisation der EBK beantragt vor Bundesgericht, den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts aufzuheben, soweit er den Vertrieb von kollektiven Kapitalanlagen im Sinne des Bundesgesetzes vom 23. Juni 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagengesetz, KAG; SR 951.31) betrifft. X. hat den vorinstanzlichen Entscheid ebenfalls angefochten (2C_106/2010). Das Bundesgericht weist die Beschwerde der FINMA ab und heisst jene von X. teilweise (im Entschädigungspunkt) gut. (Zusammenfassung)
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
4.
4.1 Entgegen der Kritik des Beschwerdeführers sind schliesslich auch die Einsetzung des Untersuchungsbeauftragten und die Kostenregelung im angefochtenen Entscheid nicht zu beanstanden, soweit diese Fragen hier überhaupt zu prüfen sind, nachdem der Abschreibungsbeschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Dezember 2008 bezüglich der superprovisorischen Einsetzung des Untersuchungsbeauftragten nicht angefochten wurde und die entsprechende vorsorgliche Massnahme vom 19. August 2008 mit der Verfügung der EBK vom 29. Oktober 2008 dahin gefallen ist.
4.2
4.2.1 Liegen hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass eine bewilligungspflichtige Geschäftstätigkeit ausgeübt werden könnte, ist die Bankenkommission bzw. heute die FINMA befugt und verpflichtet (BGE 115 Ib 55 E. 3 S. 58; BGE 105 Ib 406 E. 2 S. 408 f.), die zur weiteren Abklärung erforderlichen Informationen einzuholen und die nötigen Anordnungen zu treffen. Für die Einsetzung eines Beobachters bzw. eines Untersuchungsbeauftragten (vgl. Art. 23quater Abs. 1
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
BGE 137 II 284 S. 287
der FINMA als Instrument des Finanzmarktenforcements, 2010, S. 160 ff., S. 215 ff.). Die EBK bzw. die FINMA sind dabei an die allgemeinen Verfassungs- und Verwaltungsgrundsätze gebunden (BGE 130 II 351 E. 2.2 S. 355). Wie jedes staatliche Handeln muss auch die finanzmarktrechtliche Einsetzung des Untersuchungsbeauftragten - wegen der damit einhergehenden Konsequenzen (vgl. BGE 126 II 111 E. 5b/bb S. 121; siehe auch die Grundsätze 3 und 6 des Papiers "Enforcement-Policy" der FINMA vom 17. Dezember 2009; TERLINDEN, a.a.O., S. 244) - verhältnismässig sein (vgl. Art. 5 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 5 Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns - 1 Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht. |
|
1 | Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht. |
2 | Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein. |
3 | Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben. |
4 | Bund und Kantone beachten das Völkerrecht. |
4.2.2 Das Instrument des Untersuchungsbeauftragten ist heute in Art. 36
SR 956.1 Verordnung vom 16. Januar 2008 über die vorzeitige Inkraftsetzung von organisatorischen Bestimmungen des Finanzmarktaufsichtsgesetzes vom 22. Juni 2007 - Finanzmarktaufsichtsgesetz FINMAG Art. 36 Untersuchungsbeauftragte oder Untersuchungsbeauftragter - 1 Die FINMA kann eine unabhängige und fachkundige Person damit beauftragen, bei einer oder einem Beaufsichtigten einen aufsichtsrechtlich relevanten Sachverhalt abzuklären oder von ihr angeordnete aufsichtsrechtliche Massnahmen umzusetzen (Untersuchungsbeauftragte oder Untersuchungsbeauftragter). |
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1 | Die FINMA kann eine unabhängige und fachkundige Person damit beauftragen, bei einer oder einem Beaufsichtigten einen aufsichtsrechtlich relevanten Sachverhalt abzuklären oder von ihr angeordnete aufsichtsrechtliche Massnahmen umzusetzen (Untersuchungsbeauftragte oder Untersuchungsbeauftragter). |
2 | Sie umschreibt in der Einsetzungsverfügung die Aufgaben der oder des Untersuchungsbeauftragten. Sie legt fest, in welchem Umfang die oder der Untersuchungsbeauftragte an Stelle der Organe der Beaufsichtigten handeln darf. |
3 | Die Beaufsichtigten haben der oder dem Untersuchungsbeauftragten Zutritt zu ihren Räumlichkeiten zu gewähren sowie alle Auskünfte zu erteilen und Unterlagen offenzulegen, welche die oder der Untersuchungsbeauftragte zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben benötigt. |
4 | Die Kosten der oder des Untersuchungsbeauftragten tragen die Beaufsichtigten. Sie haben auf Anordnung der FINMA einen Kostenvorschuss zu leisten. |
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
BGE 137 II 284 S. 288
finanzmarktrechtlicher Bestimmungen bewilligungslos tätig sind (vgl. BGE 136 II 43 E. 3.1 mit Hinweisen).
4.2.3 Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts unter dem OG (BS 3 531) war die Einsetzung eines Beobachters bzw. eines Untersuchungsbeauftragten ohne vorgängige Gewährung des rechtlichen Gehörs nicht direkt mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde anfechtbar (vgl. TERLINDEN, a.a.O., S. 248 ff.). Die EBK müsse - so das Gericht in BGE 126 II 111 ff. - bei Gefahr im Verzug die entsprechende Massnahme superprovisorisch anordnen, dem Betroffenen hierauf das rechtliche Gehör gewähren und hernach erneut verfügen. Gegen diesen zweiten (Zwischen-)Entscheid sei dann die Verwaltungsgerichtsbeschwerde zulässig. Begründet wurde dies damit, dass nur so vermieden werden könne, dass im erstinstanzlichen Verfahren durch die EBK systematisch der Anspruch auf rechtliches Gehör missachtet werde und das Bundesgericht sich mit neuen Einwänden beschäftigen müsse, die das erstinstanzliche Verfahren zu beeinflussen bzw. zu verkürzen oder zu beenden geeignet gewesen wären. Die EBK dürfe als erstinstanzliche Behörde nicht darauf vertrauen, dass von ihr missachtete Verfahrensrechte systematisch nachträglich unter Erweiterung seiner Kognition durch das Bundesgericht geheilt würden, andernfalls die für das erstinstanzliche Verfahren vorgesehenen prozessualen Garantien ihren Sinn verlören (BGE 126 II 111 E. 6b/aa S.123 f.). Das Bundesgericht präzisierte diese Rechtsprechung in der Folge dahin, dass die EBK nicht verpflichtet sei, die zweite Verfügung von Amtes wegen zu erlassen, sondern der Betroffene sich in zumutbarer Weise um diese bemühen und seinen Willen diesbezüglich klar zum Ausdruck bringen müsse. Wer die Einsetzung des Beobachters bzw. Untersuchungsbeauftragten nicht infrage stellen wolle, habe ein Interesse daran, dass von der EBK kein unnötiger Aufwand betrieben werde, weshalb ausdrücklich um den Erlass der entsprechenden anfechtbaren Verfügung zu ersuchen sei (BGE 130 II 351 E. 3.2 S. 356 f.; Urteile 2A.65/2002 vom 22. Mai 2002 E. 2.2.2, in: EBK-Bulletin 43/2003 S. 15 ff.; 2A.179/2001 vom 31. Mai 2001 E. 3a/bb, in: EBK-Bulletin 42/2002 S. 45 ff.).
4.2.4 Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Rechtsprechung ursprünglich unter dem neuen Recht übernommen (vgl. etwa das Urteil B-5839/2008 vom 19. September 2008). Inzwischen hat es seine Praxis im Entscheid B-2727/2009 vom 27. Mai 2009 mit Blick auf die ihm zustehende volle Kognition (Art. 49
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 49 - Der Beschwerdeführer kann mit der Beschwerde rügen: |
|
a | Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens; |
b | unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhaltes; |
c | Unangemessenheit; die Rüge der Unangemessenheit ist unzulässig, wenn eine kantonale Behörde als Beschwerdeinstanz verfügt hat. |
BGE 137 II 284 S. 289
Standards, 3. Aufl. 2010, § 7 N. 173; TERLINDEN, a.a.O., S. 254) relativiert. Die Einsetzung eines Untersuchungsbeauftragten erfolge als selbständig anfechtbarer Zwischenentscheid, wobei regelmässig Gefahr in Verzug sei; sie bewirke überdies einen nicht leicht wieder gutzumachenden Nachteil. Da ein Beschwerdeweg mit voller Kognition offenstehe und keine andere Bestimmung des Bundesrechts einen Anspruch auf vorherige Anhörung gewährleiste, sei die entsprechende (superprovisorische) Zwischenverfügung direkt und selbständig anfechtbar. Es hat diese Rechtsprechung in der Folge in dem Sinn präzisiert, dass die Anfechtung der superprovisorischen Massnahme die Ausnahme bilden müsse und zunächst bei der FINMA um rechtliches Gehör zu ersuchen sei. Nur wenn sich eine Rechtsverzögerung oder -verweigerung abzeichne, stehe die Beschwerde bereits gegen die superprovisorische Anordnung offen (vgl. das Urteil B-7038/2009 vom 20. November 2009 E. 1.12 ff.; MAURENBRECHER/TERLINDEN, in: Basler Kommentar, Börsengesetz, Finanzmarktaufsichtsgesetz, Watter/Vogt [Hrsg.], 2. Aufl. 2011, N. 80 zu Art. 36
SR 956.1 Verordnung vom 16. Januar 2008 über die vorzeitige Inkraftsetzung von organisatorischen Bestimmungen des Finanzmarktaufsichtsgesetzes vom 22. Juni 2007 - Finanzmarktaufsichtsgesetz FINMAG Art. 36 Untersuchungsbeauftragte oder Untersuchungsbeauftragter - 1 Die FINMA kann eine unabhängige und fachkundige Person damit beauftragen, bei einer oder einem Beaufsichtigten einen aufsichtsrechtlich relevanten Sachverhalt abzuklären oder von ihr angeordnete aufsichtsrechtliche Massnahmen umzusetzen (Untersuchungsbeauftragte oder Untersuchungsbeauftragter). |
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1 | Die FINMA kann eine unabhängige und fachkundige Person damit beauftragen, bei einer oder einem Beaufsichtigten einen aufsichtsrechtlich relevanten Sachverhalt abzuklären oder von ihr angeordnete aufsichtsrechtliche Massnahmen umzusetzen (Untersuchungsbeauftragte oder Untersuchungsbeauftragter). |
2 | Sie umschreibt in der Einsetzungsverfügung die Aufgaben der oder des Untersuchungsbeauftragten. Sie legt fest, in welchem Umfang die oder der Untersuchungsbeauftragte an Stelle der Organe der Beaufsichtigten handeln darf. |
3 | Die Beaufsichtigten haben der oder dem Untersuchungsbeauftragten Zutritt zu ihren Räumlichkeiten zu gewähren sowie alle Auskünfte zu erteilen und Unterlagen offenzulegen, welche die oder der Untersuchungsbeauftragte zur Erfüllung ihrer oder seiner Aufgaben benötigt. |
4 | Die Kosten der oder des Untersuchungsbeauftragten tragen die Beaufsichtigten. Sie haben auf Anordnung der FINMA einen Kostenvorschuss zu leisten. |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 93 Andere Vor- und Zwischenentscheide - 1 Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig: |
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1 | Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde zulässig: |
a | wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können; oder |
b | wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde. |
2 | Auf dem Gebiet der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen und dem Gebiet des Asyls sind Vor- und Zwischenentscheide nicht anfechtbar.85 Vorbehalten bleiben Beschwerden gegen Entscheide über die Auslieferungshaft sowie über die Beschlagnahme von Vermögenswerten und Wertgegenständen, sofern die Voraussetzungen von Absatz 1 erfüllt sind. |
3 | Ist die Beschwerde nach den Absätzen 1 und 2 nicht zulässig oder wurde von ihr kein Gebrauch gemacht, so sind die betreffenden Vor- und Zwischenentscheide durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, soweit sie sich auf dessen Inhalt auswirken. |
4.2.5 Der Untersuchungsbericht zur "Baumann"-Gruppe hatte ergeben, dass diese über zahlreiche "Vermittler" zu den für die Fortsetzung ihres "Schneeball"-Systems erforderlichen Publikumseinlagen kam. Die Rolle des Beschwerdeführers und seines Sohnes waren dabei unklar, konnten aber aufgrund der ersten Abklärungen (Pool-Konto, hohe Provisionszahlungen, unklare Finanzflüsse usw.) nicht von vornherein als unbedeutend oder von untergeordneter Natur qualifiziert werden. Blosse Befragungen des Beschwerdeführers und seines Sohnes waren nicht geeignet, den Sachverhalt rechtsgenügend zu erstellen, da der genaue Umfang ihrer Verstrickung in die Geschäfte der "Baumann"-Gruppe erst noch abzuklären war. Zwar erklärte sich der Beschwerdeführer bereit, hierbei mitzuwirken, und ersuchte er die EBK vor Einsetzung der Untersuchungsbeauftragten auch um einen Sitzungstermin, doch beschränkte dies die Ermittlungsmöglichkeiten der Aufsichtsbehörde nicht. Die EBK musste sich nicht mit dem zufriedengeben, was der Beschwerdeführer
BGE 137 II 284 S. 290
allenfalls bereit war, ihr zu kommunizieren. Der erste Untersuchungsbericht hatte einen objektiv begründeten Anfangsverdacht dafür geliefert, dass der Beschwerdeführer stärker in die Aktivitäten verwickelt sein könnte als andere Vermittler. Diesen Verdacht galt es anschliessend zu prüfen, was einerseits die Anhörung des Betroffenen durch die Untersuchungsbeauftragten voraussetzte, andererseits aber auch die unabhängige Analyse der Finanzflüsse über seine Konten nahe legte.
4.2.6 Die EBK hielt sich beim Entscheid, die Untersuchungsverfahren aufzuspalten und die Aktivitäten des Beschwerdeführers und seines Sohnes über die bereits aus der "Baumann"-Untersuchung vorliegenden Resultate hinaus zu vertiefen, im Bereich ihres technischen Ermessens (vgl. hierzu BGE 132 II 382 E. 4 und 5; BGE 130 II 351 E. 2.2; TERLINDEN, a.a.O., S. 218 ff.). Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers bestanden zahlreiche offene Fragen bezüglich der Vermittler und des Verbleibs der Anlagegelder. Nachdem der Y. Fund zudem ähnliche Strukturen aufwies wie derjenige von Ambros Baumann, waren auch diesbezüglich weitere Untersuchungen gerechtfertigt. Der Beschwerdeführer konnte sich sowohl vor der EBK als auch vor dem Bundesverwaltungsgericht zu den verschiedenen Ermittlungsergebnissen vollumfänglich äussern, weshalb nicht ersichtlich ist, inwiefern durch dieses Vorgehen sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt worden sein könnte (vgl. BGE 130 II 351 E. 3.3 S. 357 ff.).
4.2.7 Der Untersuchungsbeauftragte 1 hat nicht gegen den Beschwerdeführer, sondern im Zusammenhang mit dem Nachlass von Ambros Baumann ermittelt. Erst als ersichtlich wurde, dass auch den Beschwerdeführer persönlich aufsichtsrechtliche Vorwürfe treffen könnten, wurde am 1. Juli (bzw. am 19. August) 2008 ein weiteres Enforcementverfahren eröffnet, in dem ihm Parteistellung zukam und er alle seine Rechte gegenüber der verfügenden Behörde wahrnehmen konnte. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Untersuchungsbeauftragten hätten ihn nicht hinreichend angehört, verkennt er, dass nicht diese zu entscheiden hatten; die definitive Sachverhaltsfeststellung und die rechtliche Würdigung oblagen abschliessend der EBK (BGE 130 II 351 E. 3.3.2 mit Hinweisen; NOBEL, a.a.O., § 7 N. 135). Der Untersuchungsbeauftragte hat den Sachverhalt objektiv nach allen Seiten hin abzuklären und der Aufsichtsbehörde eine möglichst klare Entscheidgrundlage zu liefern (URS ZULAUF, Finanzmarktenforcement, Verfahren der FINMA,
BGE 137 II 284 S. 291
Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht [GesKR] 2009 S. 46 ff., dort S. 49 f.; NOBEL, a.a.O., § 7 N. 128). Bei der Einsetzung des Untersuchungsbeauftragten und der Umschreibung von dessen Aufgaben verfügt die Aufsichtsbehörde über ein gewisses Ermessen (POLEDNA/MARAZZOTTA, in: Basler Kommentar, Bankengesetz, Watter und andere [Hrsg.], 2005, N. 8 zu Art. 23quater
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
4.2.8 Entscheidend sind immer die Umstände und Verdachtsmomente im Einzelfall. Diese legten vorliegend, wo Millionen von Anlagegeldern verschwunden waren, ergänzende Abklärungen bei den Hauptvermittlern der "Baumann"-Gruppe nahe. Das Vorgehen in zwei Etappen aufgrund des jeweiligen Erkenntnisstandes entsprach - entgegen der Kritik des Beschwerdeführers - gerade dem Gebot der Verhältnismässigkeit. Soweit er geltend macht, die EBK und die Vorinstanz hätten die Zwischenverfahren verzögert, um unbehindert ermitteln und möglichst schnell in der Sache verfügen zu können, bestehen hierfür keinerlei Hinweise. Es lag gerade auch in seinem Interesse, dass die Aufsichtsbehörde ihr Verfahren möglichst straff führte und die sich abzeichnenden weiteren Verfahrensschritte jeweils rechtzeitig vorbereitete. (...)
5.
5.1 Die FINMA macht geltend, das Bundesverwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, der Beschwerdeführer habe die Anteile des Y. Funds nicht öffentlich angeboten und/oder vertrieben und deshalb auch nicht gegen das Kollektivanlagengesetz verstossen. Das Bundesverwaltungsgericht hat festgehalten, dass die Auslegung der FINMA, wonach jede Werbung, welche sich nicht ausschliesslich an qualifizierte Anleger richte, als öffentlich zu betrachten sei, sich als zu "pauschal" erweise. Hätte der Gesetzgeber eine solche Rechtsfolge gewollt, hätte er dies ausdrücklich so festlegen
BGE 137 II 284 S. 292
müssen. Der Begriff "Publikum" in Art. 3
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
5.2
5.2.1 Ausländische Kollektivanlagen unterstehen den Bestimmungen des KAG (Art. 119 ff.), wenn für sie in oder von der Schweiz aus öffentlich geworben wird (FRANCO TAISCH, Finanzmarktrecht, 2. Aufl. 2010, Kapitel 3, N. 31). Wer öffentlich Anteile einer (in- oder ausländischen) kollektiven Kapitalanlage anbietet oder vertreibt, bedarf hierfür einer Bewilligung der FINMA (Art. 19
SR 951.31 Bundesgesetz vom 23. Juni 2006 über die kollektiven Kapitalanlagen (Kollektivanlagengesetz, KAG) - Anlagefondsgesetz KAG Art. 19 |
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
5.2.2 Der Bundesrat hat diese Regelung in Art. 3
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
BGE 137 II 284 S. 293
Verwendung von Werbemitteln jeder Art gelten, deren Inhalt dazu dient, bestimmte kollektive Kapitalanlagen anzubieten oder zu vertreiben. Geht die Initiative vom Kunden aus, liegt keine Werbung vor (FINMA-RS 08/8 N. 6 ff.). Jede Art von Werbung gilt nach dem Rundschreiben als öffentlich, falls sie sich nicht ausschliesslich an qualifizierte Anleger richtet (FINMA-RS 08/8 N. 9 ff.).
5.3
5.3.1 Diese Auslegung erweist sich als zu streng und ist - wie die Vorinstanz zu Recht festgestellt hat - durch Art. 3
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
5.3.2 Nichts anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der FINMA aus der Entstehungsgeschichte der Norm (objektiv und subjektiv historische Auslegung): Der Bundesrat hielt in seiner Botschaft fest, dass als öffentliche Werbung, ohne Rücksicht auf die Form, jede Werbung zu gelten habe, die sich nicht an einen eng umschriebenen Kreis von Personen richte, was mit der bisherigen Praxis der Aufsichtsbehörde und der Rechtsprechung des Bundesgerichts übereinstimme (BBl 2005 6395 ff., dort S. 6438). Richtig ist, dass der vom ihm vorgeschlagene Gesetzestext in der Folge im Parlament abgeändert wurde; dies geschah jedoch gerade in der Absicht, den Begriff der öffentlichen Werbung und damit die Anwendbarkeit des
BGE 137 II 284 S. 294
KAG mit seinen einschneidenden Regeln nicht zu weit zu fassen. Mit der Vorinstanz ist deshalb davon auszugehen, dass neben der Werbung, die sich an qualifizierte Anleger richtet und damit als "nicht öffentlich" gilt, im Rahmen des Begriffs "Publikum" ein zusätzlicher, beschränkter Raum für nicht öffentliches Handeln verbleibt. Richtet sich das Angebot bzw. die Werbung an einen eng umschriebenen Personenkreis, liegt keine Öffentlichkeit bzw. kein "Publikum" im Sinne von Art. 3
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
SR 952.0 Bundesgesetz vom 8. November 1934 über die Banken und Sparkassen (Bankengesetz, BankG) - Bankengesetz BankG Art. 23quater |
5.3.3 Im vorliegenden Fall haben sich 14 Personen mit einem Bankdepot und einem Investitionsvolumen von rund Fr. 6 Mio. am Y. Fund beteiligt. Unter den Investoren sind der Beschwerdeführer und sein Sohn selber sowie verschiedene Verwandte und Bekannte von diesen, zudem eine Firma und zwei Drittpersonen. Wie die Vorinstanz verbindlich festgestellt hat, ist es ausserhalb der Verwandtschaft des Beschwerdeführers und seines Sohnes eher zufällig zu zwei Gesprächen über die Anlagemöglichkeit in den Y. Fund gekommen. Die anderen Investoren standen zum Beschwerdeführer über ihre familiären Verhältnisse in einer besonderen Beziehung, weshalb - wie das Bundesverwaltungsgericht zu Recht angenommen hat - aufgrund der konkreten Umstände in qualitativer Sicht insgesamt noch von einem begrenzten Personenkreis ausgegangen werden kann. Seine Feststellung, dass der Beschwerdeführer somit nicht gegen das KAG verstossen habe, verletzt deshalb - entgegen der Ansicht der Finanzmarktaufsicht - kein Bundesrecht.
BGE 137 II 284 S. 295
5.4 Unbegründet ist auch die Kritik der FINMA, das Bundesverwaltungsgericht habe dem Beschwerdegegner im Rahmen seines Obsiegens zu Unrecht eine Parteientschädigung von Fr. 1'000.- zuerkannt. Nach Art. 64 Abs. 1
SR 172.021 Bundesgesetz vom 20. Dezember 1968 über das Verwaltungsverfahren (Verwaltungsverfahrensgesetz, VwVG) - Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Art. 64 - 1 Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen. |
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1 | Die Beschwerdeinstanz kann der ganz oder teilweise obsiegenden Partei von Amtes wegen oder auf Begehren eine Entschädigung für ihr erwachsene notwendige und verhältnismässig hohe Kosten zusprechen. |
2 | Die Entschädigung wird in der Entscheidungsformel beziffert und der Körperschaft oder autonomen Anstalt auferlegt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, soweit sie nicht einer unterliegenden Gegenpartei auferlegt werden kann. |
3 | Einer unterliegenden Gegenpartei kann sie je nach deren Leistungsfähigkeit auferlegt werden, wenn sich die Partei mit selbständigen Begehren am Verfahren beteiligt hat. |
4 | Die Körperschaft oder autonome Anstalt, in deren Namen die Vorinstanz verfügt hat, haftet für die einer unterliegenden Gegenpartei auferlegte Entschädigung, soweit sich diese als uneinbringlich herausstellt. |
5 | Der Bundesrat regelt die Bemessung der Entschädigung.108 Vorbehalten bleiben Artikel 16 Absatz 1 Buchstabe a des Verwaltungsgerichtsgesetzes vom 17. Juni 2005109 und Artikel 73 des Strafbehördenorganisationsgesetzes vom 19. März 2010110.111 |
SR 173.110 Bundesgesetz vom 17. Juni 2005 über das Bundesgericht (Bundesgerichtsgesetz, BGG) - Bundesgerichtsgesetz BGG Art. 67 Kosten der Vorinstanz - Wird der angefochtene Entscheid geändert, so kann das Bundesgericht die Kosten des vorangegangenen Verfahrens anders verteilen. |