BGE-133-III-57
Urteilskopf
133 III 57
5. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung i.S. X. gegen Y. (Berufung) 5C.77/2006 vom 14. Dezember 2006
Regeste (de):
- Nachehelicher Unterhalt; Finanzierung des Mankos (Art. 125
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 125 - 1 Ist einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, so hat ihm der andere einen angemessenen Beitrag zu leisten.
- Ein Ehegatte, der mangels (genügender) Unterhaltsbeiträge Sozialhilfe beziehen muss, kann zur Finanzierung deren eventuellen Rückzahlung nicht eine Verlängerung der Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten fordern (E. 3).
Regeste (fr):
- Entretien après le divorce; financement du déficit (art. 125 CC).
- L'époux qui doit recourir à l'aide sociale en raison d'une contribution d'entretien insuffisante ne peut requérir une prolongation de l'obligation d'entretien de son conjoint pour financer l'éventuel remboursement de l'aide sociale perçue (consid. 3).
Regesto (it):
- Obbligo di mantenimento dopo il divorzio; finanziamento dell'ammanco (art. 125 CC).
- Il coniuge che deve ricorrere all'assistenza sociale a causa di contributi di mantenimento insufficienti non può chiedere un prolungamento dell'obbligo di mantenimento dell'altro coniuge per finanziare un'eventuale restituzione delle prestazioni percepite dall'assistenza sociale (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 58
BGE 133 III 57 S. 58
Mit Urteil vom 1. Februar 2005 schied das Gerichtspräsidium Bremgarten die Parteien auf gemeinsames Begehren, unter Genehmigung der von ihnen geschlossenen Konvention. Nicht einigen konnten sich die Parteien über die Behandlung der Schulden der Ehefrau gegenüber der Fürsorgebehörde aufgrund der Unterstützungsleistungen, die sie zwischen der Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes und der Scheidung für sich und die Kinder erhalten hatte. Sie stellte diesbezüglich das Begehren, ihr Ehemann sei gestützt auf Art. 125

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 125 - 1 Ist einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, so hat ihm der andere einen angemessenen Beitrag zu leisten. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. Die Vorinstanzen haben erwogen, es liege kein Anwendungsfall von Art. 166

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 166 - 1 Jeder Ehegatte vertritt während des Zusammenlebens die eheliche Gemeinschaft für die laufenden Bedürfnisse der Familie. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 125 - 1 Ist einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, so hat ihm der andere einen angemessenen Beitrag zu leisten. |
BGE 133 III 57 S. 59
Abs. 3 BV, weil die Gerichte an die im ZGB abschliessend getroffene Regelung der unterhalts-, güter- und eherechtlichen Ansprüche gebunden seien und diese nicht auf ihre Verfassungsmässigkeit hin überprüfen könnten (Art. 191

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 191 Zugang zum Bundesgericht - 1 Das Gesetz gewährleistet den Zugang zum Bundesgericht. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 125 - 1 Ist einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, so hat ihm der andere einen angemessenen Beitrag zu leisten. |

SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. |
3. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung gilt in sämtlichen Bereichen des Familienrechts der Grundsatz, dass bei der Festsetzung von Unterhaltsbeiträgen der zahlungspflichtigen Partei in jedem Fall das Existenzminimum zu belassen ist (insb. BGE 123 III 1; sodann BGE 121 I 97; BGE 121 III 301; BGE 126 III 353 E. 1a/aa S. 356; BGE 127 III 68 E. 2c S. 70). Konsequenz dieser Rechtsprechung ist, dass der unterhaltsberechtigte Teil das Manko, das sich aus der Differenz zwischen den verfügbaren Mitteln und dem gesamthaften Unterhaltsbedarf ergibt, alleine zu tragen hat. Muss er hierfür die Sozialhilfe in Anspruch nehmen, so erwachsen ihm in der entsprechenden Höhe Schulden gegenüber den Fürsorgebehörden bzw. dem Gemeinwesen, die jedenfalls dann persönlich sind, wenn sie nach Aufnahme des Getrenntlebens begründet wurden, da ab diesem Zeitpunkt
BGE 133 III 57 S. 60
keine Vertretung der ehelichen Gemeinschaft für die laufenden Bedürfnisse der Familie im Sinn von Art. 166

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 166 - 1 Jeder Ehegatte vertritt während des Zusammenlebens die eheliche Gemeinschaft für die laufenden Bedürfnisse der Familie. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 166 - 1 Jeder Ehegatte vertritt während des Zusammenlebens die eheliche Gemeinschaft für die laufenden Bedürfnisse der Familie. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 209 - 1 Sind Schulden der Errungenschaft aus dem Eigengut oder Schulden des Eigengutes aus der Errungenschaft eines Ehegatten bezahlt worden, so besteht bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung eine Ersatzforderung. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 210 - 1 Was vom Gesamtwert der Errungenschaft, einschliesslich der hinzugerechneten Vermögenswerte und der Ersatzforderungen, nach Abzug der auf ihr lastenden Schulden verbleibt, bildet den Vorschlag. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 166 - 1 Jeder Ehegatte vertritt während des Zusammenlebens die eheliche Gemeinschaft für die laufenden Bedürfnisse der Familie. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 125 - 1 Ist einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, so hat ihm der andere einen angemessenen Beitrag zu leisten. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 163 - 1 Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 285 - 1 Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen; dabei sind das Vermögen und die Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen. |
BGE 133 III 57 S. 61
Unterhalt nicht nur weiter reichen als der eheliche, sondern würde dies implizit auf eine Korrektur des früheren rechtskräftigen Urteils hinauslaufen; dies würde sich im Übrigen nicht nur beim Ehegatten-, sondern auch beim Kinderunterhalt so verhalten. Dem schuldnerischen Teil im Nachhinein Zahlungen aufzuerlegen, zu denen er seinerzeit (wegen Belassung des vollen Existenzminimums) in einem rechtskräftigen Urteil ausdrücklich nicht verpflichtet worden ist, würde nicht nur den Rahmen von Art. 125

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 125 - 1 Ist einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, so hat ihm der andere einen angemessenen Beitrag zu leisten. |

SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 125 - 1 Ist einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, so hat ihm der andere einen angemessenen Beitrag zu leisten. |
Gesetzesregister
BV 8
BV 191
ZGB 125
ZGB 137
ZGB 163
ZGB 166
ZGB 209
ZGB 210
ZGB 285
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 8 Rechtsgleichheit - 1 Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. |
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 BV Art. 191 Zugang zum Bundesgericht - 1 Das Gesetz gewährleistet den Zugang zum Bundesgericht. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 125 - 1 Ist einem Ehegatten nicht zuzumuten, dass er für den ihm gebührenden Unterhalt unter Einschluss einer angemessenen Altersvorsorge selbst aufkommt, so hat ihm der andere einen angemessenen Beitrag zu leisten. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 163 - 1 Die Ehegatten sorgen gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt der Familie. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 166 - 1 Jeder Ehegatte vertritt während des Zusammenlebens die eheliche Gemeinschaft für die laufenden Bedürfnisse der Familie. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 209 - 1 Sind Schulden der Errungenschaft aus dem Eigengut oder Schulden des Eigengutes aus der Errungenschaft eines Ehegatten bezahlt worden, so besteht bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung eine Ersatzforderung. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 210 - 1 Was vom Gesamtwert der Errungenschaft, einschliesslich der hinzugerechneten Vermögenswerte und der Ersatzforderungen, nach Abzug der auf ihr lastenden Schulden verbleibt, bildet den Vorschlag. |
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 285 - 1 Der Unterhaltsbeitrag soll den Bedürfnissen des Kindes sowie der Lebensstellung und Leistungsfähigkeit der Eltern entsprechen; dabei sind das Vermögen und die Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen. |
Weitere Urteile ab 2000
FamPra
2006 S.730