Urteilskopf

133 I 100

11. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. und Mitb. gegen TDC Switzerland AG, Baukommission der Gemeinde Lindau, Baurekurskommission III und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) 1A.56/2006 / 1P.160/2006 vom 11. Januar 2007

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 101

BGE 133 I 100 S. 101

Am 11. Dezember 2003 bewilligte die Baukommission Lindau der TDC Switzerland AG die Erstellung einer Mobilfunk-Antennenanlage auf dem Flachdach des Gebäudes Rietstrasse 4 in Tagelswangen (Kat.-Nr. 967), Gemeinde Lindau. Dagegen führte die A. zusammen mit 151 Rekurrenten am 19. Januar 2004 Rekurs an die Baurekurskommission III. Diese wies den Rekurs am 23. März 2005 ab, soweit sie darauf eintrat. Gegen den Rekursentscheid erhob die A. zusammen mit 141 weiteren Beschwerdeführern Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich. Am 8. Februar 2006 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Gegen den verwaltungsgerichtlichen Entscheid haben die A. und die übrigen Beschwerdeführer am 16. März 2006 Verwaltungsgerichtsbeschwerde und staatsrechtliche Beschwerde ans Bundesgericht erhoben. Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut. Auf die staatsrechtliche Beschwerde tritt es nicht ein.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

4. Zu prüfen ist jedoch, ob der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV verletzt wurde, weil den Beschwerdeführern keine Möglichkeit eingeräumt wurde, sich zur Vernehmlassung der Beschwerdegegnerin zu äussern.
4.1 Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren reichte die private Beschwerdegegnerin am 8. Juni 2005 eine umfangreiche
BGE 133 I 100 S. 102

Vernehmlassung sowie einen Bericht der Forschungsstiftung Mobilkommunikation vom 3. Februar 2004 zur TNO-Studie ein. Die Vernehmlassung wurde den Beschwerdeführern am 21. Juni 2005 zur Kenntnisnahme zugestellt; ein zweiter Schriftenwechsel wurde nicht angeordnet. Am 16. Dezember 2005 beantragte der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer, sich zu den Stellungnahmen und Akten der Gegenpartei äussern zu können. Ausserdem ersuchte er um Einsichtnahme in sämtliche Akten bzw. in all jene Akten, die ihm nicht bereits in einem früheren Verfahrensstadium zugestellt worden waren. Mit Präsidialverfügung vom 3. Januar 2006 wurde das Akteneinsichtsbegehren gutgeheissen; dagegen wurde kein zweiter Schriftenwechsel angeordnet, weil die Beschwerdeantwort der privaten Beschwerdegegnerin weder neue rechtliche Gesichtspunkte noch neue tatsächliche Behauptungen enthalte.
4.2 Unter der Geltung von Art. 4 aBV ergab sich aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör nach ständiger Rechtsprechung keine generelle Pflicht zur Einräumung eines Replikrechts. Eine Vernehmlassung musste den Verfahrensbeteiligten nur dann zur Stellungnahme zugestellt werden, wenn darin neue und erhebliche Gesichtspunkte geltend gemacht wurden, zu denen die Beteiligten sich noch nicht hatten äussern können (BGE 111 Ia 2 E. 3 S. 3; BGE 114 Ia 307 E. 4b S. 314; BGE 119 V 317 E. 1 S. 323). Ungebetene Stellungnahmen wurden grundsätzlich aus dem Recht gewiesen.
4.3 Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) umfasst das Recht auf ein faires Verfahren gemäss Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK das Recht der Parteien, von jedem Aktenstück und jeder dem Gericht eingereichten Stellungnahme Kenntnis zu nehmen und sich dazu äussern zu können, sofern sie dies für erforderlich halten (Urteil i.S. Nideröst-Huber gegen Schweiz vom 18. Februar 1997, Recueil CourEDH 1997-I S. 101 ff., Ziff. 24, mit Hinweis auf die Urteile i.S. Lobo Machado gegen Portugal und Vermeulen gegen Belgique vom 20. Februar 1996, Recueil CourEDH 1996-I S. 206, Ziff. 31 und S. 234, Ziff. 33). Unerheblich ist nach der Rechtsprechung des EGMR, ob eine Eingabe neue Tatsachen oder Argumente enthält und ob sie das Gericht tatsächlich zu beeinflussen vermag: Es sei Sache der Parteien zu beurteilen, ob ein Dokument einen Kommentar erfordere; das Vertrauen der Rechtsuchenden in die Justiz gründe u.a. auf der Gewissheit, sich zu jedem Aktenstück äussern zu können (Urteil
BGE 133 I 100 S. 103

Nideröst Huber, a.a.O., Ziff. 27 und 29; vgl. aus jüngster Zeit die Urteile i.S. Ressegatti gegen Schweiz vom 13. Juli 2006, Ziff. 30-33 und Spang gegen Schweiz vom 11. Oktober 2005, Ziff. 32 f., Letzteres publ. in: Plädoyer 2005 6 S. 82). Wird dem Beschwerdeführer keine Möglichkeit eingeräumt, zu den Bemerkungen des Beschwerdegegners Stellung zu nehmen, ist nach der Rechtsprechung des EGMR auch das Prinzip der Waffengleichheit verletzt, das Bestandteil des Rechts auf ein faires Gerichtsverfahren ist (Urteil Ressegatti, a.a.O., Ziff. 33).
4.4 Bei der Totalrevision der Bundesverfassung wurden die von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 4 aBV konkretisierten Teilaspekte des Verbots der formellen Rechtsverweigerung in einem Verfassungsartikel, dem heutigen Art. 29
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV, zusammengefasst. In diesen Artikel wurden auch die allgemeinen Verfahrensgarantien integriert, die sich aus verschiedenen internationalen Übereinkommen ergeben. Dazu gehört namentlich der in den Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK und 14 UNO Pakt II verankerte Grundsatz des fair trial bzw. des procès équitable und die diesbezügliche Rechtsprechung (Botschaft des Bundesrats vom 20. November 1996 über eine neue Bundesverfassung, BBl 1997 I 181 zu Art. 25 E-BV).
4.5 Nach Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung führte das Bundesgericht seine Rechtsprechung zum rechtlichen Gehör grundsätzlich fort. Betont wurde jedoch, dass der Anspruch auf rechtliches Gehör ein wichtiger und deshalb eigens aufgeführter Teilaspekt des allgemeinen Grundsatzes des fairen Verfahrens von Art. 29 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV bzw. Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK ist (BGE 129 I 85 E. 4.1 S. 88). Aus dieser Erkenntnis wurde in verschiedenen nicht veröffentlichten Entscheiden gefolgert, dass der Rechtsprechung des EGMR zum fair trial auch bei der Auslegung von Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV Rechnung getragen werden muss. So wurde im Urteil 1P.730/2001 vom 31. Januar 2002 (E. 2.1) unter Berufung auf die Strassburger Rechtsprechung angenommen, dass der Angeschuldigte, der ein Ausstandsgesuch stellt, Anspruch auf Zustellung und auf Stellungnahme zu den Vernehmlassungen der Staatsanwaltschaft und des abgelehnten Richters habe, unabhängig davon, ob diese Eingaben neue und erhebliche Gesichtspunkte enthalten. Es genüge, wenn der Antrag auf Abweisung des Ausstandsgesuchs in den Vernehmlassungen gestellt und begründet werde (vgl. auch Urteile 1P.245/2006 vom 12. Juli 2006, E. 2.1, und 1P.337/2006 vom 4. September 2002, E. 2.2).

BGE 133 I 100 S. 104

Im nicht veröffentlichten Urteil 1P.798/2005 vom 8. Februar 2006 (E. 2), das ein Baubeschwerdeverfahren betrifft, bejahte das Bundesgericht gestützt auf Art. 29 Abs. 2
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV einen verfassungsmässigen Anspruch des Beschwerdeführers auf Stellungnahme zu einer substanziellen Beschwerdeantwort der Vorinstanz und der privaten Beschwerdegegner. Auch in diesem Entscheid prüfte das Bundesgericht nicht, ob die Vernehmlassungen der Vorinstanz und der Beschwerdegegner neue und erhebliche Gesichtspunkte enthielten, sondern liess es genügen, dass darin Ausführungen zum Sachverhalt und zur Rechtslage gemacht wurden, die nicht von vornherein ungeeignet waren, den Verfahrensausgang zu beeinflussen.
4.6 Dieser Rechtsprechung liegt die Überlegung zugrunde, dass die Grundsätze des fair trial gemäss Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK in Art. 29 Abs. 1
SR 101 Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999
BV Art. 29 Allgemeine Verfahrensgarantien - 1 Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
1    Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist.
2    Die Parteien haben Anspruch auf rechtliches Gehör.
3    Jede Person, die nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, hat Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege, wenn ihr Rechtsbegehren nicht aussichtslos erscheint. Soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch auf unentgeltlichen Rechtsbeistand.
BV als allgemeine Verfahrensgrundsätze übernommen worden sind und deshalb für alle gerichtlichen Verfahren gelten. Die meisten Gerichtsverfahren unterliegen heute bereits den Garantien von Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK, die nicht nur auf zivil- und strafrechtliche Verfahren im engeren Sinne, sondern auch auf zahlreiche Streitigkeiten im Bereich des Sozialversicherungs- und des Verwaltungsrechts anwendbar sind (vgl. z.B. MARK E. VILLIGER, Probleme der Anwendung von Art. 6 Abs. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK auf verwaltungs- und sozialgerichtliche Verfahren, AJP 1995 S. 163-171; RUTH HERZOG, Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK und kantonale Verwaltungsrechtspflege, Bern 1995; ANDREAS KLEY-STRULLER, Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK als Rechtsschutzgarantie gegen die öffentliche Gewalt: Die aktuelle Praxis der Konventionsorgane zur Anwendung des Art. 6
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK in der Verwaltungsrechtspflege: Analysen und Perspektiven, Zürich 1993). In allen diesen Verfahren sind die Gerichte nach der Rechtsprechung des EGMR verpflichtet, jede ihnen eingereichte Stellungnahme den Beteiligten zur Kenntnis zu bringen und diesen Gelegenheit zu geben, dazu Stellung zu nehmen. Es ist kein Grund ersichtlich, für die verbleibenden, nicht in den Schutzbereich von Art. 6 Ziff. 1
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
EMRK fallenden Gerichtsverfahren das rechtliche Gehör restriktiver zu fassen.
4.7 Im vorliegenden Fall hatte die private Beschwerdegegnerin im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine umfangreiche Vernehmlassung mit Ausführungen zur Sach- und Rechtslage eingereicht. Nachdem die Beschwerdeführer eine Stellungnahme hiezu für notwendig erachtet und einen entsprechenden Antrag bei Gericht gestellt hatten, hätte ihnen dieses Recht gewährt werden müssen.
BGE 133 I 100 S. 105

Stattdessen entschied das Verwaltungsgericht mit Präsidialverfügung vom 3. Januar 2006, dass kein zweiter Schriftenwechsel angeordnet werde. Damit wurde nicht nur die Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels im engeren Sinne (mit Replik und Duplik) abgelehnt, sondern auch der Antrag der Beschwerdeführer vom 16. Dezember 2005 auf Stellungnahme zur Vernehmlassung der Gegenpartei und damit um Gewährung des rechtlichen Gehörs abgewiesen.
4.8 Dieser Antrag war allerdings sehr spät, fast sechs Monate nach Zustellung der Vernehmlassung, gestellt worden. Nach der neueren bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss der Beschwerdeführer, welcher eine Stellungnahme zu einer ihm zur Kenntnisnahme zugestellten Vernehmlassung für erforderlich hält, diese grundsätzlich unverzüglich einreichen oder beantragen; andernfalls ist davon auszugehen, dass er auf eine Stellungnahme verzichtet (BGE 132 I 42 E. 3.3.3 und 3.3.4 S. 47; BGE 133 I 98 E. 2.2 S. 99). Im vorliegenden Fall war den Beschwerdeführern allerdings die Beschwerdeantwort mit dem Vermerk zugestellt worden, es sei kein 2. Schriftenwechsel angeordnet worden. Insofern mussten sie davon ausgehen, dass eine ungebetene Stellungnahme ihrerseits unerwünscht sei (vgl. Urteil 1P.798/2005 vom 8. Februar 2006, E. 2.3). Im Übrigen ist das Verwaltungsgericht auf die Eingabe der Beschwerdeführer vom 16. Dezember 2005 eingetreten und hat das darin mitenthaltene Gesuch um Akteneinsicht gutgeheissen. Das Verwaltungsgericht wollte mit der nachträglichen Aktenzustellung die von den Beschwerdeführern gerügte Verletzung des Akteneinsichtsrechts im Rekursverfahren heilen. Damit war das Verfahren im Dezember 2005 noch nicht entscheidungsreif: Das Verwaltungsgericht musste abwarten, bis die Akteneinsicht erfolgt war und musste auch mit einer Stellungnahme der Beschwerdeführer zu den neu eingesehenen Unterlagen rechnen.
Unter diesen Umständen kann weder ein Verzicht auf das Recht zur Stellungnahme noch eine Verwirkung desselben angenommen werden.
4.9 Die beschriebene Verletzung des rechtlichen Gehörs kann im bundesgerichtlichen Verfahren nicht geheilt werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - nicht nur Rechtsfragen streitig sind, sondern auch Sachverhaltsrügen erhoben werden, die das Bundesgericht nicht mit freier Kognition beurteilen kann (vgl. Art. 105 Abs. 2
IR 0.101 Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK)
EMRK Art. 6 Recht auf ein faires Verfahren - (1) Jede Person hat ein Recht darauf, dass über Streitigkeiten in Bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Das Urteil muss öffentlich verkündet werden; Presse und Öffentlichkeit können jedoch während des ganzen oder eines Teiles des Verfahrens ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse der Moral, der öffentlichen Ordnung oder der nationalen Sicherheit in einer demokratischen Gesellschaft liegt, wenn die Interessen von Jugendlichen oder der Schutz des Privatlebens der Prozessparteien es verlangen oder - soweit das Gericht es für unbedingt erforderlich hält - wenn unter besonderen Umständen eine öffentliche Verhandlung die Interessen der Rechtspflege beeinträchtigen würde.
a  innerhalb möglichst kurzer Frist in einer ihr verständlichen Sprache in allen Einzelheiten über Art und Grund der gegen sie erhobenen Beschuldigung unterrichtet zu werden;
b  ausreichende Zeit und Gelegenheit zur Vorbereitung ihrer Verteidigung zu haben;
c  sich selbst zu verteidigen, sich durch einen Verteidiger ihrer Wahl verteidigen zu lassen oder, falls ihr die Mittel zur Bezahlung fehlen, unentgeltlich den Beistand eines Verteidigers zu erhalten, wenn dies im Interesse der Rechtspflege erforderlich ist;
d  Fragen an Belastungszeugen zu stellen oder stellen zu lassen und die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten;
e  unentgeltliche Unterstützung durch einen Dolmetscher zu erhalten, wenn sie die Verhandlungssprache des Gerichts nicht versteht oder spricht.
OG).
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 133 I 100
Date : 11. Januar 2007
Published : 16. Juni 2007
Source : Bundesgericht
Status : 133 I 100
Subject area : BGE - Verfassungsrecht
Subject : Art. 29 Abs. 2 BV; Anspruch auf rechtliches Gehör, Replikrecht. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist ein Teilaspekt des


Legislation register
BV: 29
EMRK: 6
OG: 105
BGE-register
111-IA-2 • 114-IA-307 • 119-V-317 • 129-I-85 • 132-I-42 • 133-I-100 • 133-I-98
Weitere Urteile ab 2000
1A.56/2006 • 1P.160/2006 • 1P.245/2006 • 1P.337/2006 • 1P.730/2001 • 1P.798/2005
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BBl
1997/I/181
AJP
1995 S.163-171
Plädoyer
2005 6 S.82