Urteilskopf

129 III 410

68. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung i.S. X. SA gegen A. (Berufung) 4C.358/2002 vom 14. März 2003

Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 411

BGE 129 III 410 S. 411

A.- Der Staatsrat des Kantons Wallis requirierte mit Verfügung vom 24. Februar 1999 Helikopter dortiger Fluggesellschaften, um auf die drohenden Lawinenkatastrophen vorbereitet zu sein. Die Einsatzzentrale befand sich auf dem Militärflugplatz Z., wobei das Kommando der Territorialbrigade V übertragen wurde. Die Ausführung des Staatsratsbeschlusses wurde der kantonalen Katastrophenzelle (KAZE) übertragen. Die X. SA (Beklagte), eine im Fluggewerbe tätige Aktiengesellschaft, wurde vom zuständigen Offizier der Territorialbrigade V, angewiesen, am 28. Februar 1999 von 10h00 bis circa 14h30 einen Helikopter zur Erkundung der Lawinencouloirs bereitzustellen. Ein Angestellter der Beklagten pilotierte den Helikopter, während B. und C., Dienstchef bzw. Sektionschef bei der kantonalen Dienststelle für Strassen- und Flussbau, die Rekognoszierung durchführten. Um circa 15h06 kollidierte der Helikopter mit den Seilen einer Seilbahn und stürzte ab. Die Seilbahn, die A. (Kläger) gehört und zu einem von diesem ausgebeuteten Steinbruch führt, wurde durch die Kollision beschädigt und konnte bis zur Ausführung der Reparaturarbeiten nicht mehr benutzt werden.
BGE 129 III 410 S. 412

B.- Am 9. Februar 2001 beantragte der Kläger dem Bezirksgericht Visp, die Beklagte zur Zahlung von Fr. 311'317.- zu verurteilen. Am 19. Februar 2002 überwies das Bezirksgericht die Akten dem Kantonsgericht des Kantons Wallis zur Ausfällung eines Vorurteils über die Passivlegitimation der Beklagten. Mit Urteil vom 15. Oktober 2002 stellte das Kantonsgericht fest, dass die Beklagte dem Kläger für den durch den Helikopterunfall verursachten Schaden haftet.
C.- Die Beklagte ficht das Urteil des Kantonsgerichts sowohl mit staatsrechtlicher Beschwerde als auch mit Berufung an. Mit Berufung beantragt sie, das angefochtene Urteil aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte nicht passivlegitimiert ist. Der Kläger schliesst auf Abweisung der Berufung.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

3.

3.1 Die Vorinstanz ist der Auffassung, die Beklagte sei gestützt auf das Bundesgesetz über die Luftfahrt vom 21. Dezember 1948 (Luftfahrtgesetz, LFG; SR 748.0) für die dem Kläger entstandenen Schäden haftpflichtig. Die Beklagte macht geltend, dass zur Beurteilung der Haftungsfrage nicht das Luftfahrtgesetz, sondern das auf das Bundesgesetz über den Zivilschutz vom 17. Juni 1994 (Zivilschutzgesetz, ZSG; SR 520.1) und die Verordnung über die Requisition vom 9. Dezember 1996 (SR 519.7; nachfolgend: ReqV) gestützte kantonale Recht massgebend sei. Die Requisitionsverfügung des Walliser Staatsrats basiere auf Art. 15 des Gesetzes über die Organisation im Falle von Katastrophen und ausserordentlichen Lagen vom 2. Oktober 1991 (Systematische Gesetzessammlung des Kantons Wallis, SGS 501.1). Nach dessen Abs. 3 hafte für Schäden an Rechtsgütern von Drittpersonen im Falle einer Requisition anstelle des Eigentümers oder des Halters das requirierende Gemeinwesen.
3.2 Im vorliegenden Fall handelte es sich bei der Requisition des Helikopters um eine Massnahme des Zivilschutzes. Der Zivilschutz bezweckt den Schutz der Bevölkerung vor den Auswirkungen von Katastrophen und trägt zur Bewältigung solcher Ereignisse bei (Art. 2 Abs. 1 ZSG). Er übernimmt im Auftrag der Behörden Schutz und Betreuung der Bevölkerung im Wohn-, Arbeits- und Pflegebereich (Art. 3 lit. c ZSG) sowie Rettung und Hilfeleistung in Zusammenarbeit mit anderen dafür vorgesehenen Organisationen (Art. 3 lit. d ZSG). Die Behörden des Zivilschutzes dürfen sich durch Requisition gegen angemessene Entschädigung bewegliche und unbewegliche
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Sachen beschaffen, die sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigen und sich nicht auf andere Weise zu annehmbaren Bedingungen beschaffen können (Art. 1 Abs. 1 ReqV). Als Requisitionsgüter gelten auch Luftfahrzeuge (vgl. Art. 36 ReqV). Durch die Requisition geht das Verfügungsrecht über das Requisitionsgut an die requirierende Instanz über (Art. 3 Abs. 2 ReqV). Öffentlichrechtliche Rechte und Pflichten sowie mit privatrechtlichen Rechtsverhältnissen verbundene Rechte und Pflichten ruhen während der Dauer der Requisition (Art. 3 Abs. 3 ReqV). Gestützt auf das kantonale Recht dürfen die Kantone durch den Bund belegte Requisitionsgüter requirieren, sofern das Recht des Bundes auf Requisition nicht in Kraft ist (Art. 5 Abs. 2 ReqV). Für den Kanton Wallis ist das Recht zur Requisition in Art. 15 des Gesetzes über die Organisation im Falle von Katastrophen und ausserordentlichen Lagen geregelt. Die Frage der Haftung für Drittschäden, die von Zivilschutzmassnahmen herrühren, bestimmt sich nach Art. 58 des Zivilschutzgesetzes. Nach dieser Bestimmung haftet kraft Bundesrecht ausschliesslich das Gemeinwesen, und zwar kausal (Art. 58 Abs. 1 und 3 ZSG). Der Mitarbeiter der Beklagten, der den Helikopter pilotierte, handelte im Rahmen der angeordneten Zivilschutzmassnahme. Sein Verhalten ist deshalb dem haftenden Gemeinwesen zuzurechnen. Art. 58 Abs. 6 ZSG, der andere Haftpflichtbestimmungen vorbehält, ändert an dieser Haftungsordnung nichts. Diese Bestimmung wurde in Anlehnung an das Bundesgesetz vom 3. Februar 1995 über die Armee und die Militärverwaltung (Militärgesetz, MG; SR 510.10) in das Zivilschutzgesetz aufgenommen, um die Haftungsordnungen einander inhaltlich anzupassen (vgl. Botschaft des Bundesrates zur Revision der Zivilschutzgesetzgebung vom 18. August 1993, BBl 1993 III 865 f.). Die analoge Bestimmung in Art. 135 Abs. 3
SR 510.10 Loi fédérale du 3 février 1995 sur l'armée et l'administration militaire (Loi sur l'armée, LAAM) - Loi sur l'armée
LAAM Art. 135 Dommages résultant d'une activité de service - 1 Sans égard à la faute, la Confédération répond du dommage causé sans droit à un tiers par des militaires ou par la troupe lorsqu'il résulte:
1    Sans égard à la faute, la Confédération répond du dommage causé sans droit à un tiers par des militaires ou par la troupe lorsqu'il résulte:
a  d'une activité militaire particulièrement dangereuse, ou
b  d'une autre activité de service.
2    La Confédération ne répond pas du dommage lorsqu'elle apporte la preuve qu'il résulte d'un cas de force majeure, de la faute du lésé ou de celle d'un tiers.
3    Lorsque la responsabilité pour des faits déterminés est prévue par d'autres dispositions, ces dernières régissent la responsabilité de la Confédération.
4    La personne lésée ne peut faire valoir aucune prétention envers le militaire qui a causé le dommage.
MG aber ist klar: "Bei Tatbeständen, die unter andere Haftungsbestimmungen fallen, richtet sich die Haftung des Bundes nach diesen Bestimmungen." Dass in Art. 58 Abs. 6 ZSG das Haftungssubjekt nicht ebenfalls ausdrücklich erwähnt ist, hat seinen Grund offensichtlich darin, dass es nicht in jedem Fall mit dem Bund identisch ist, sondern auch die Kantone und Gemeinden haftpflichtig sein können (vgl. Art. 58 Abs. 1 ZSG). Nach Sinn und Zweck und systematischem Zusammenhang aber lässt sich Art. 58 Abs. 6 ZSG nicht anders verstehen, als dass unter die vorbehaltenen anderen Haftpflichtbestimmungen nur das jeweils haftbare Gemeinwesen fällt.
Damit fällt die - private - Beklagte als Haftungssubjekt weg, und ist ihre Passivlegitimation zu verneinen.
BGE 129 III 410 S. 414

4. Im Übrigen wäre die Haltereigenschaft der Beklagten im Sinne von Art. 64 des Luftfahrtgesetzes zu verneinen. Diese beurteilt sich nach den für die Motorfahrzeughaftpflicht massgebenden Kriterien (ALFRED KELLER, Haftpflicht im Privatrecht, Bd. I, 6. Aufl., S. 271; DESCHENAUX/TERCIER, La responsabilité civile, 2. Aufl., S. 178). Danach aber kommt es zur Begründung der Haltereigenschaft in erster Linie auf die Verfügungsgewalt über das Fahrzeug an (BGE 129 III 102 E. 2.3 S. 105 f.; BGE 117 II 609 E. 3b S. 612; BGE 101 II 133 E. 3 S. 136). Diese wird nicht dadurch aufgehoben, dass der gewöhnliche Halter das Fahrzeug für kurze Zeit freiwillig einem Dritten überlässt (BGE 70 II 179 E. 1 S. 180; BGE 62 II 190; bestätigt in BGE 129 III 102 E. 2.3 S. 106). Wegen der fehlenden Freiwilligkeit musste daher die fortdauernde Halterschaft bei einem Diebstahl des Fahrzeugs ausdrücklich im Gesetz geregelt werden (vgl. Art. 75 Abs. 1
SR 741.01 Loi fédérale du 19 décembre 1958 sur la circulation routière (LCR)
LCR Art. 75 - 1 Celui qui soustrait un véhicule automobile dans le dessein d'en faire usage assume la responsabilité civile d'un détenteur. Le conducteur répond solidairement avec lui, s'il savait dès le début de la course ou pouvait savoir en prêtant toute l'attention commandée par les circonstances que le véhicule avait été soustrait. Le détenteur est aussi responsable, sauf à l'égard de ceux qui ont fait usage du véhicule et qui savaient dès le début de la course ou pouvaient savoir en prêtant toute l'attention commandée par les circonstances que le véhicule avait été soustrait.
1    Celui qui soustrait un véhicule automobile dans le dessein d'en faire usage assume la responsabilité civile d'un détenteur. Le conducteur répond solidairement avec lui, s'il savait dès le début de la course ou pouvait savoir en prêtant toute l'attention commandée par les circonstances que le véhicule avait été soustrait. Le détenteur est aussi responsable, sauf à l'égard de ceux qui ont fait usage du véhicule et qui savaient dès le début de la course ou pouvaient savoir en prêtant toute l'attention commandée par les circonstances que le véhicule avait été soustrait.
2    Le détenteur et son assureur de la responsabilité civile ont un droit de recours contre les personnes qui avaient soustrait le véhicule et contre le conducteur qui, dès le début de la course, savait ou pouvait savoir avec toute l'attention commandée par les circonstances que le véhicule avait été soustrait.
3    Lorsqu'aucune faute n'est imputable au détenteur dans la soustraction de son véhicule, l'assureur ne peut pas lui faire supporter des désavantages pécuniaires.
SVG). Die Überlassung eines requirierten Fahrzeugs erfolgt indessen nicht freiwillig, sondern zwangsweise. Die für den kriegerischen oder katastrophenbedingten Einsatz requirierten Fahrzeuge gefährden oftmals Dritte in einem das normale Gefährdungspotential übersteigenden Mass. Es wäre daher nicht sachgerecht, den früheren Halter weiterhin haften zu lassen. Vielmehr erscheint es aus diesen Gründen gerechtfertigt, bei rechtmässig erlangter Verfügungsgewalt des Gemeinwesens auch die Haltereigenschaft auf das Gemeinwesen übergehen zu lassen. Die Haltereigenschaft des requirierenden Gemeinwesens ist denn auch allgemein anerkannt (vgl. OFTINGER/STARK, Schweizerisches Haftpflichtrecht, II/3, S. 480, N. 125; REMO A. SCHÜRMANN, Die Requisition als Institut des Völkerrechts sowie des schweizerischen Verwaltungsrechts, Diss. Zürich 1980, S. 104 unter Hinweis auf WILLY KOENIG, Schweizerisches Privatversicherungsrecht, 3. Aufl., S. 521).
Information de décision   •   DEFRITEN
Document : 129 III 410
Date : 14 mars 2003
Publié : 31 décembre 2004
Source : Tribunal fédéral
Statut : 129 III 410
Domaine : ATF - Droit civil
Objet : Responsabilité lors de mesures de protection civile (art. 58 LPCi); qualité d'exploitant en matière d'aéronefs (art. 64 LA).


Répertoire des lois
LAAM: 135
SR 510.10 Loi fédérale du 3 février 1995 sur l'armée et l'administration militaire (Loi sur l'armée, LAAM) - Loi sur l'armée
LAAM Art. 135 Dommages résultant d'une activité de service - 1 Sans égard à la faute, la Confédération répond du dommage causé sans droit à un tiers par des militaires ou par la troupe lorsqu'il résulte:
1    Sans égard à la faute, la Confédération répond du dommage causé sans droit à un tiers par des militaires ou par la troupe lorsqu'il résulte:
a  d'une activité militaire particulièrement dangereuse, ou
b  d'une autre activité de service.
2    La Confédération ne répond pas du dommage lorsqu'elle apporte la preuve qu'il résulte d'un cas de force majeure, de la faute du lésé ou de celle d'un tiers.
3    Lorsque la responsabilité pour des faits déterminés est prévue par d'autres dispositions, ces dernières régissent la responsabilité de la Confédération.
4    La personne lésée ne peut faire valoir aucune prétention envers le militaire qui a causé le dommage.
LCR: 75
SR 741.01 Loi fédérale du 19 décembre 1958 sur la circulation routière (LCR)
LCR Art. 75 - 1 Celui qui soustrait un véhicule automobile dans le dessein d'en faire usage assume la responsabilité civile d'un détenteur. Le conducteur répond solidairement avec lui, s'il savait dès le début de la course ou pouvait savoir en prêtant toute l'attention commandée par les circonstances que le véhicule avait été soustrait. Le détenteur est aussi responsable, sauf à l'égard de ceux qui ont fait usage du véhicule et qui savaient dès le début de la course ou pouvaient savoir en prêtant toute l'attention commandée par les circonstances que le véhicule avait été soustrait.
1    Celui qui soustrait un véhicule automobile dans le dessein d'en faire usage assume la responsabilité civile d'un détenteur. Le conducteur répond solidairement avec lui, s'il savait dès le début de la course ou pouvait savoir en prêtant toute l'attention commandée par les circonstances que le véhicule avait été soustrait. Le détenteur est aussi responsable, sauf à l'égard de ceux qui ont fait usage du véhicule et qui savaient dès le début de la course ou pouvaient savoir en prêtant toute l'attention commandée par les circonstances que le véhicule avait été soustrait.
2    Le détenteur et son assureur de la responsabilité civile ont un droit de recours contre les personnes qui avaient soustrait le véhicule et contre le conducteur qui, dès le début de la course, savait ou pouvait savoir avec toute l'attention commandée par les circonstances que le véhicule avait été soustrait.
3    Lorsqu'aucune faute n'est imputable au détenteur dans la soustraction de son véhicule, l'assureur ne peut pas lui faire supporter des désavantages pécuniaires.
LNA: 64
SR 748.0 Loi fédérale du 21 décembre 1948 sur l'aviation (LA)
LA Art. 64
1    Le dommage causé par un aéronef en vol aux personnes et aux biens qui se trouvent à la surface donne droit à réparation contre l'exploitant de l'aéronef s'il est établi que le dommage existe et qu'il provient de l'aéronef.
2    Rentrent dans cette disposition:
a  le dommage causé par un corps quelconque tombant de l'aéronef, même dans le cas de jet de lest réglementaire ou de jet fait en état de nécessité;
b  le dommage causé par une personne quelconque se trouvant à bord de l'aéronef. L'exploitant n'est responsable que jusqu'à concurrence du montant de la garantie qu'il est tenu de fournir en application des art. 70 et 71, si cette personne ne fait pas partie de l'équipage.
3    L'aéronef est considéré comme en vol du début des opérations de départ jusqu'à la fin des opérations d'arrivée.
Répertoire ATF
101-II-133 • 117-II-609 • 129-III-102 • 129-III-410 • 62-II-189 • 70-II-179
Weitere Urteile ab 2000
4C.358/2002
Répertoire de mots-clés
Trié par fréquence ou alphabet
défendeur • réquisition • valais • protection civile • loi fédérale sur l'aviation • tribunal cantonal • aéronef • droit cantonal • durée • commune • responsabilité de droit privé • pouvoir de disposer • décision • travailleur • motivation de la décision • participation ou collaboration • organisation de l'état et administration • danger • société anonyme • automobile
... Les montrer tous
FF
1993/III/865