Urteilskopf

125 IV 30

6. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 13. Januar 1999 i.S. R. gegen Bundesamt für Polizeiwesen
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Sachverhalt ab Seite 31

BGE 125 IV 30 S. 31

Mit Telex vom 22. Juni 1998 ersuchte Interpol Wiesbaden/D gestützt auf einen Haftbefehl des Amtsgerichts München vom 15. Mai 1998 um Festnahme des deutschen Staatsangehörigen R. zum Zwecke der Auslieferung. Nachdem dieser am 7. September 1998 in San Nazzaro/TI festgenommen worden war, erliess das Bundesamt für Polizeiwesen am 10. September 1998 gegen R. einen Auslieferungshaftbefehl. Der Vertreter des Beschuldigten ersuchte am 3./4. November 1998 die Staatsanwaltschaft des Kantons Tessin, ihm die Schlüssel für die Wohnung des Beschuldigten in Locarno auszuhändigen, damit er für diesen dort verschiedene persönliche Gegenstände sowie Vermögenswerte an sich nehmen könne. Nachdem das Bundesamt für Polizeiwesen Interpol Wiesbaden über dieses Vorhaben informiert hatte, ersuchte diese am 10. November 1998 um Sicherstellung aller als Beweismittel dienenden Unterlagen und Schriftstücke des Beschuldigten. Gleichzeitig wurde ein formelles Ersuchen um Herausgabe der zu beschlagnahmenden Gegenstände in Aussicht gestellt. Mit Verfügung vom 11. November 1998 ersuchte das Bundesamt für Polizeiwesen die Staatsanwaltschaft des Kantons Tessin, in der Wohnung des Beschuldigten sämtliche als Beweismittel im ausländischen Verfahren in Frage kommenden Unterlagen und Schriftstücke sicherzustellen. Gleichzeitig wurde die Sicherstellung sämtlicher
BGE 125 IV 30 S. 32

Vermögenswerte in der Wohnung bzw. einem Schliessfach des Beschuldigten bis zu einem Betrag von Fr. 10'000.-- verfügt. Mit Beschwerde vom 27. November 1998 beantragt R. der Anklagekammer des Bundesgerichts, die Verfügung vom 11. November 1998 aufzuheben und die sichergestellten Gegenstände und Vermögenswerte herauszugeben. Das Bundesamt für Polizeiwesen beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Mit Entscheid vom 1. Dezember 1998 bewilligte das Bundesamt für Polizeiwesen die Auslieferung von R. an Deutschland. Am 10. Dezember 1998 wurde er an Deutschland ausgeliefert.
Das Bundesgericht hat die Beschwerde teilweise gutgeheissen.
Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. a) Die Sicherstellung nach Art. 47 Abs. 3
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 47 Haftbefehl und andere Verfügungen - 1 Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
1    Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
a  voraussichtlich sich der Auslieferung nicht entzieht und die Strafuntersuchung nicht gefährdet; oder
b  ohne Verzug nachweisen kann, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war.
2    Ist der Verfolgte nicht hafterstehungsfähig oder rechtfertigen es andere Gründe, so kann das BJ anstelle der Haft andere Massnahmen zu seiner Sicherung anordnen.
3    Gleichzeitig verfügt es, welche Gegenstände und Vermögenswerte sichergestellt bleiben oder sicherzustellen sind.
des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRSG; SR 351.1) ist eine vorläufige prozessuale Massnahme zur Beweissicherung bzw. zur Sicherung des durch die strafbare Handlung erzielten unrechtmässigen Gewinnes; sie muss sich daher auf jene Gegenstände und Vermögenswerte beschränken, die als Beweismittel dienen können oder aus der strafbaren Handlung herrühren (BGE 121 IV 41 E. 4b). Nach Art. 62 Abs. 2
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 62 Kosten - 1 Bei der Auslieferung an das Ausland übernimmt der Bund die Haft- und Transportkosten, soweit sie im internationalen Verkehr üblicherweise vom ersuchten Staat getragen werden.
1    Bei der Auslieferung an das Ausland übernimmt der Bund die Haft- und Transportkosten, soweit sie im internationalen Verkehr üblicherweise vom ersuchten Staat getragen werden.
2    Persönliches Eigentum des Verfolgten kann zur Deckung der Kosten verwendet werden, soweit es nicht auszuliefern ist.
IRSG kann persönliches Eigentum des Verfolgten zur Deckung der Kosten des Auslieferungsverfahrens verwendet werden, soweit es nicht auszuliefern ist. b) Daraus folgt, dass eine Sicherstellung nicht unzulässig ist, wenn sich unter den sicherzustellenden Gegenständen solche befinden,
BGE 125 IV 30 S. 33

die voraussichtlich nicht auszuliefern sind, aber zur Kostendeckung Verwendung finden können. Das Bundesamt für Polizeiwesen kann dabei, muss aber nicht, zwei separate Sicherstellungsverfügungen unter Angabe, welche Gegenstände unter welchem Titel sicherzustellen sind, erlassen. Bei der Wahl zwischen diesen beiden Möglichkeiten ist ihm ein, aus der Natur der Sache gerechtfertigter, weiter Spielraum des Ermessens zuzugestehen, kann doch im Einzelfall im Voraus unter Umständen nur schwer gesagt werden, was unter welchem Titel sichergestellt werden kann, zumal auch mit einer Ergänzung des Auslieferungsgesuches gerechnet werden muss.
Erlässt das Bundesamt für Polizeiwesen im dargelegten Sinne in haltbarer Weise nur eine Sicherstellungsverfügung, obwohl sich unter den sicherzustellenden Gegenständen auch solche befinden, die voraussichtlich nicht auszuliefern sind, hat diese ihre Grundlage allein in Art. 47 Abs. 3
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 47 Haftbefehl und andere Verfügungen - 1 Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
1    Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
a  voraussichtlich sich der Auslieferung nicht entzieht und die Strafuntersuchung nicht gefährdet; oder
b  ohne Verzug nachweisen kann, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war.
2    Ist der Verfolgte nicht hafterstehungsfähig oder rechtfertigen es andere Gründe, so kann das BJ anstelle der Haft andere Massnahmen zu seiner Sicherung anordnen.
3    Gleichzeitig verfügt es, welche Gegenstände und Vermögenswerte sichergestellt bleiben oder sicherzustellen sind.
IRSG, weshalb dagegen auch ausschliesslich die Beschwerde an die Anklagekammer nach Art. 48 Abs. 2
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 48 Inhalt - 1 Verfügungen nach Artikel 47 enthalten:
1    Verfügungen nach Artikel 47 enthalten:
a  die Angaben der ausländischen Behörde über die Person des Verfolgten und die ihm zur Last gelegte Tat;
b  die Bezeichnung der Behörde, die das Ersuchen gestellt hat;
c  die Mitteilung, dass die Auslieferung verlangt wird;
d  den Hinweis auf das Recht zur Beschwerde nach Absatz 2 und zum Beizug eines Rechtsbeistandes.
2    Gegen diese Verfügungen kann der Verfolgte innert zehn Tagen ab der schriftlichen Eröffnung des Auslieferungshaftbefehls Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundessstrafgerichts führen. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Artikel 379-397 StPO93 sinngemäss.94
IRSG gegeben ist. Eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde nach Art. 25
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 25 - 1 Erstinstanzliche Verfügungen der kantonalen Behörden und der Bundesbehörden unterliegen, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, unmittelbar der Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts.70
1    Erstinstanzliche Verfügungen der kantonalen Behörden und der Bundesbehörden unterliegen, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, unmittelbar der Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts.70
2    Gegen ein schweizerisches Ersuchen an einen anderen Staat ist die Beschwerde nur zulässig, wenn dieser um Übernahme der Strafverfolgung oder der Urteilsvollstreckung ersucht wird. In diesem Fall ist einzig der Verfolgte, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat, beschwerdeberechtigt.71
2bis    Zulässig ist die Beschwerde gegen ein schweizerisches Ersuchen um Übernahme der Vollstreckung eines Strafentscheides im Zusammenhang mit einer Zuführung nach Artikel 101 Absatz 2.72
3    Das BJ kann gegen Verfügungen kantonaler Behörden sowie gegen Entscheide des Bundesstrafgerichts Beschwerde erheben. Der kantonalen Behörde steht gegen den Entscheid des BJ, kein Ersuchen zu stellen, die Beschwerde zu.73
4    Mit der Beschwerde kann auch die unzulässige oder offensichtlich unrichtige Anwendung fremden Rechts gerügt werden.
5    ...74
6    Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden.75
IRSG an das Bundesgericht (vgl. dazu unveröffentlichte Urteile der Anklagekammer vom 20. September 1996 und der
I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12. Februar 1997 i.S. H. gegen Bundesamt für Polizeiwesen) fällt lediglich in Betracht, wenn eine Sicherstellung von Gegenständen von vornherein nur zum Zwecke der Kostendeckung erfolgt; aus der Zulässigkeit der Verwendung des Eigentums des Verfolgten zu diesem Zwecke nach Art. 62 Abs. 2
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 62 Kosten - 1 Bei der Auslieferung an das Ausland übernimmt der Bund die Haft- und Transportkosten, soweit sie im internationalen Verkehr üblicherweise vom ersuchten Staat getragen werden.
1    Bei der Auslieferung an das Ausland übernimmt der Bund die Haft- und Transportkosten, soweit sie im internationalen Verkehr üblicherweise vom ersuchten Staat getragen werden.
2    Persönliches Eigentum des Verfolgten kann zur Deckung der Kosten verwendet werden, soweit es nicht auszuliefern ist.
IRSG ergibt sich auch eine gesetzliche Grundlage für deren vorsorgliche Sicherstellung (vgl. die analoge Praxis zu Art. 58
SR 311.0 Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937
StGB Art. 58 - 1 ...56
1    ...56
2    Die therapeutischen Einrichtungen im Sinne der Artikel 59-61 sind vom Strafvollzug getrennt zu führen.
StGB und 10 SBG: BGE 124 IV 313, E 3), und damit der Beschwerdeweg nach Art. 25
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 25 - 1 Erstinstanzliche Verfügungen der kantonalen Behörden und der Bundesbehörden unterliegen, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, unmittelbar der Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts.70
1    Erstinstanzliche Verfügungen der kantonalen Behörden und der Bundesbehörden unterliegen, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, unmittelbar der Beschwerde an die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts.70
2    Gegen ein schweizerisches Ersuchen an einen anderen Staat ist die Beschwerde nur zulässig, wenn dieser um Übernahme der Strafverfolgung oder der Urteilsvollstreckung ersucht wird. In diesem Fall ist einzig der Verfolgte, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat, beschwerdeberechtigt.71
2bis    Zulässig ist die Beschwerde gegen ein schweizerisches Ersuchen um Übernahme der Vollstreckung eines Strafentscheides im Zusammenhang mit einer Zuführung nach Artikel 101 Absatz 2.72
3    Das BJ kann gegen Verfügungen kantonaler Behörden sowie gegen Entscheide des Bundesstrafgerichts Beschwerde erheben. Der kantonalen Behörde steht gegen den Entscheid des BJ, kein Ersuchen zu stellen, die Beschwerde zu.73
4    Mit der Beschwerde kann auch die unzulässige oder offensichtlich unrichtige Anwendung fremden Rechts gerügt werden.
5    ...74
6    Die Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts ist nicht an die Begehren der Parteien gebunden.75
IRSG und nicht nach Art. 48 Abs. 2
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 48 Inhalt - 1 Verfügungen nach Artikel 47 enthalten:
1    Verfügungen nach Artikel 47 enthalten:
a  die Angaben der ausländischen Behörde über die Person des Verfolgten und die ihm zur Last gelegte Tat;
b  die Bezeichnung der Behörde, die das Ersuchen gestellt hat;
c  die Mitteilung, dass die Auslieferung verlangt wird;
d  den Hinweis auf das Recht zur Beschwerde nach Absatz 2 und zum Beizug eines Rechtsbeistandes.
2    Gegen diese Verfügungen kann der Verfolgte innert zehn Tagen ab der schriftlichen Eröffnung des Auslieferungshaftbefehls Beschwerde bei der Beschwerdekammer des Bundessstrafgerichts führen. Für das Beschwerdeverfahren gelten die Artikel 379-397 StPO93 sinngemäss.94
IRSG.
c) Wie die Liste der sichergestellten Gegenstände zeigt, befinden sich darunter als Vermögenswerte lediglich ein Bargeldbetrag von Fr. 2'500.--, ein Aktienzertifikat über 34 Aktien à Fr. 1'000.-- sowie eine Einzelaktie im Nominalwert von Fr. 1'000.-- der Realstate AG. Diese sichergestellten Aktien könnten indessen nach Auffassung des Beschwerdegegners sehr wohl auch als Beweismittel im ausländischen Strafverfahren dienen. Es ist somit davon auszugehen, dass voraussichtlich ausser dem Bargeld alle gemäss Sicherstellungsprotokoll sichergestellten Gegenstände als Beweismittel in Frage kommen. Deshalb liegt nach dem Gesagten eine Sicherstellungsverfügung nach Art. 47 Abs. 3
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 47 Haftbefehl und andere Verfügungen - 1 Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
1    Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
a  voraussichtlich sich der Auslieferung nicht entzieht und die Strafuntersuchung nicht gefährdet; oder
b  ohne Verzug nachweisen kann, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war.
2    Ist der Verfolgte nicht hafterstehungsfähig oder rechtfertigen es andere Gründe, so kann das BJ anstelle der Haft andere Massnahmen zu seiner Sicherung anordnen.
3    Gleichzeitig verfügt es, welche Gegenstände und Vermögenswerte sichergestellt bleiben oder sicherzustellen sind.
IRSG vor, gegen die die Beschwerde an die Anklagekammer des Bundesgerichts gegeben ist.
2. Gemäss Art. 47 Abs. 3
SR 351.1 Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfegesetz, IRSG) - Rechtshilfegesetz
IRSG Art. 47 Haftbefehl und andere Verfügungen - 1 Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
1    Das BJ erlässt einen Auslieferungshaftbefehl. Es kann davon absehen, namentlich wenn der Verfolgte:
a  voraussichtlich sich der Auslieferung nicht entzieht und die Strafuntersuchung nicht gefährdet; oder
b  ohne Verzug nachweisen kann, dass er zur Zeit der Tat nicht am Tatort war.
2    Ist der Verfolgte nicht hafterstehungsfähig oder rechtfertigen es andere Gründe, so kann das BJ anstelle der Haft andere Massnahmen zu seiner Sicherung anordnen.
3    Gleichzeitig verfügt es, welche Gegenstände und Vermögenswerte sichergestellt bleiben oder sicherzustellen sind.
IRSG verfügt das Bundesamt für Polizeiwesen allenfalls gleichzeitig mit dem Erlass des Auslieferungsbefehls, welche Gegenstände und Vermögenswerte sichergestellt bleiben oder sicherzustellen sind. Dem Beschwerdeführer ist darin beizupflichten, dass diese Sicherstellung grundsätzlich gleichzeitig mit dem Erlass des Auslieferungsbefehls erfolgt. Im vorliegenden Fall wurde der Auslieferungshaftbefehl am 10. September 1998 erlassen; die angefochtene Sicherstellung von Gegenständen als Beweismittel wurde indessen erst am 11. November 1998 verfügt. Wenn das Bundesamt für Polizeiwesen erst im weiteren Verlauf des Verfahrens Kenntnis davon erhält, dass sich irgendwo noch als Beweismittel im ausländischen Strafverfahren in Frage kommende
BGE 125 IV 30 S. 34

Gegenstände befinden könnten, ist es jedoch zulässig, die Sicherstellung auch nach dem Erlass des Auslieferungshaftbefehls in Ergänzung desselben zu verfügen; dies kann auch noch geschehen, wenn der Beschuldige bereits ausgeliefert worden ist (unveröffentlichter Entscheid der Anklagekammer vom 5. März 1997 i.S. K. und A. gegen Bundesamt für Polizeiwesen, E. 6a; vgl. auch BGE 121 IV 41 E. 4b sowie Art. 22
SR 351.11 Verordnung vom 24. Februar 1982 über internationale Rechtshilfe in Strafsachen (Rechtshilfeverordnung, IRSV) - Rechtshilfeverordnung
IRSV Art. 22 Vollzug des Entscheides - Der persönliche Besitz des Auszuliefernden und die sichergestellten Gegenstände und Vermögenswerte können auch ohne besonderes Ersuchen den Behörden des ersuchenden Staates übergeben werden. Das gilt für Gegenstände und Vermögenswerte, selbst wenn sie erst nach dem Vollzug der Auslieferung aufgefunden werden oder wenn die Auslieferung des Verfolgten nicht vollzogen werden kann.
IRSV [SR 351.11]). Das Bundesamt für Polizeiwesen hat offensichtlich erst durch die Anfrage des Vertreters des Beschwerdeführers vom 3./4. November 1998 davon Kenntnis erhalten, dass der Beschwerdeführer, welcher bei seiner Befragung als vorübergehenden Aufenthaltsort Fürstenaubruck/GR angab, auch in Locarno über eine Wohnung verfügt. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass der Beschwerdegegner erst zu diesem Zeitpunkt und nachdem die deutschen Behörden darum ersucht haben, die Sicherstellung der als Beweismittel in Frage kommenden Gegenstände verfügte.
Decision information   •   DEFRITEN
Document : 125 IV 30
Date : 13. Januar 1999
Published : 31. Dezember 1999
Source : Bundesgericht
Status : 125 IV 30
Subject area : BGE - Strafrecht und Strafvollzug
Subject : Art. 47 Abs. 3 IRSG, Art. 62 Abs. 2 IRSG. Auslieferungshaftbefehl. Sicherstellung von Gegenständen und Vermögenswerten.


Legislation register
IRSG: 25  47  48  62
IRSV: 22
StGB: 58
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121-IV-41 • 124-IV-313 • 125-IV-30
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