125 II 315
30. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 1. Juni 1999 i.S. N. gegen Anwaltskommission des Kantons Thurgau (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste (de):
- Zulassung zur Rechtspraktikantentätigkeit einer in einem anderen Kanton über eine entsprechende Bewilligung verfügenden Person; Kostenfreiheit des Zulassungsentscheids (Art. 4
SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz
BGBM Art. 4 Anerkennung von Fähigkeitsausweisen - 1 Kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit gelten auf dem gesamten Gebiet der Schweiz, sofern sie nicht Beschränkungen nach Artikel 3 unterliegen.
- Wer in einem Kanton die Rechtspraktikantenbewilligung hat, verfügt nicht über einen Fähigkeitsausweis im Sinne von Art. 4 Abs. 2
SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz
BGBM Art. 4 Anerkennung von Fähigkeitsausweisen - 1 Kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit gelten auf dem gesamten Gebiet der Schweiz, sofern sie nicht Beschränkungen nach Artikel 3 unterliegen.
Regeste (fr):
- Accès au stage d' avocat d' une personne ayant obtenu une telle autorisation d' un autre canton; gratuité de la décision d' autorisation (art. 4 de la loi sur le marché intérieur, LMI).
- Celui qui a obtenu d' un canton déterminé l' autorisation d' effectuer un stage d' avocat ne dispose pas d' un certificat de capacité au sens de l' art. 4 al. 2 LMI. Il n' existe dès lors pas de droit à ce qu' un autre canton statue sur l' accès au stage d' avocat par une procédure gratuite.
Regesto (it):
- Accesso alla pratica legale di una persona che dispone di una relativa autorizzazione in un altro Cantone; gratuità della decisione d' autorizzazione (art. 4 della legge sul mercato interno, LMI).
- Chi ha ottenuto in un determinato Cantone l' autorizzazione ad effettuare una pratica legale non dispone di un certificato di capacità ai sensi dell' art. 4 cpv. 2 LMI. Di conseguenza non esiste alcun diritto a che un altro Cantone statuisca sull' accesso alla pratica legale in una procedura gratuita.
Sachverhalt ab Seite 316
BGE 125 II 315 S. 316
Die Anwaltskammer des Kantons St. Gallen erteilte lic.iur. N. am 23. März 1998 die Rechtspraktikantenbewilligung für das Gebiet des Kantons St. Gallen; sie erhob dafür eine Gebühr von Fr. 100.--. In der Folge wurde N. auch die Rechtspraktikantenbewilligung für den Kanton Appenzell A.Rh. erteilt, wobei das Obergericht des Kantons Appenzell A.Rh. keine Gebühr erhob. Am 14. November 1998 reichte N. sodann beim Obergericht des Kantons Thurgau ein Gesuch um Erteilung der Rechtspraktikantenbewilligung ein. Die Anwaltskommission des Kantons Thurgau entsprach dem Gesuch am 7. Dezember 1998 und erteilte N. gestützt auf die Vereinbarung zwischen dem Kantonsgericht St. Gallen und dem Obergericht des Kantons Thurgau vom Dezember 1973 (publiziert in: Rechenschaftsbericht des Obergerichts des Kantons Thurgau [RBOG/TG] über das Jahr 1973, S. 88) die Bewilligung, unter der Verantwortung von Rechtsanwalt lic.iur. G., St. Gallen, als Praktikant vor den thurgauischen Gerichten aufzutreten. Für diese Bewilligung erhob die Anwaltskommission eine Verfahrensgebühr von Fr. 400.--. Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 12. Januar 1999 beantragt N., den Entscheid der Anwaltskommission vom 7. Dezember 1998 unter Kosten- und Entschädigungsfolge aufzuheben. Er rügt eine Verletzung von Art. 2

SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz BGBM Art. 4 Anerkennung von Fähigkeitsausweisen - 1 Kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit gelten auf dem gesamten Gebiet der Schweiz, sofern sie nicht Beschränkungen nach Artikel 3 unterliegen. |
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. a) Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts (Art. 2

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BGE 125 II 315 S. 317
Bundesrechts verstossen und dessen Zweck nicht beeinträchtigen oder vereiteln (BGE 125 II 56 E. 2b S. 58; BGE 123 I 313 E. 2b S. 316 f.). Der Beschwerdeführer anerkennt, dass § 8 des thurgauischen Anwaltsgesetzes vom 8. Mai 1996 (AnwG) eine genügende gesetzliche Grundlage für die Gebührenerhebung darstellt. Er behauptet sodann nicht, dass die Anwaltskommission bei der Festsetzung der Gebühr gegen die in § 8 AnwG erwähnte Verordnung des Grossen Rates des Kantons Thurgau vom 13. Mai 1992 über die Gebühren der Strafuntersuchungs- und Gerichtsbehörden (Gebührenverordnung) verstossen habe. Der Beschwerdeführer macht jedoch geltend, dass Art. 4 Abs. 2

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SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz BGBM Art. 3 Beschränkung des freien Zugangs zum Markt - 1 Ortsfremden Anbieterinnen und Anbietern darf der freie Zugang zum Markt nicht verweigert werden. Beschränkungen sind in Form von Auflagen oder Bedingungen auszugestalten und nur zulässig, wenn sie: |

SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz BGBM Art. 4 Anerkennung von Fähigkeitsausweisen - 1 Kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit gelten auf dem gesamten Gebiet der Schweiz, sofern sie nicht Beschränkungen nach Artikel 3 unterliegen. |

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SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz BGBM Art. 4 Anerkennung von Fähigkeitsausweisen - 1 Kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit gelten auf dem gesamten Gebiet der Schweiz, sofern sie nicht Beschränkungen nach Artikel 3 unterliegen. |

SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz BGBM Art. 4 Anerkennung von Fähigkeitsausweisen - 1 Kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit gelten auf dem gesamten Gebiet der Schweiz, sofern sie nicht Beschränkungen nach Artikel 3 unterliegen. |
BGE 125 II 315 S. 318
der Rechtspraktikant nur unter der Aufsicht und der Verantwortung eines zugelassenen Rechtsanwaltes tätig sein dürfe; gegen aussen handle der Rechtspraktikant anwaltlich. bb) Nach seinem Wortlaut regelt Art. 4 Abs. 2

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BGE 125 II 315 S. 319
einfachen, raschen und kostenlosen Verfahren über den freien Zugang zum Markt, eben über die Gleichwertigkeit der Fähigkeitsausweise zu befinden. Fehlt ein Fähigkeitsausweis im beschriebenen Sinn, stellt sich die Frage der Gleichwertigkeit nicht, und Art. 4 Abs. 2

SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz BGBM Art. 4 Anerkennung von Fähigkeitsausweisen - 1 Kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit gelten auf dem gesamten Gebiet der Schweiz, sofern sie nicht Beschränkungen nach Artikel 3 unterliegen. |

SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz BGBM Art. 1 - 1 Dieses Gesetz gewährleistet, dass Personen mit Niederlassung oder Sitz in der Schweiz für die Ausübung ihrer Erwerbstätigkeit auf dem gesamten Gebiet der Schweiz freien und gleichberechtigten Zugang zum Markt haben. |

SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz BGBM Art. 2 Freier Zugang zum Markt - 1 Jede Person hat das Recht, Waren, Dienstleistungen und Arbeitsleistungen auf dem gesamten Gebiet der Schweiz anzubieten, soweit die Ausübung der betreffenden Erwerbstätigkeit im Kanton oder der Gemeinde ihrer Niederlassung oder ihres Sitzes zulässig ist. |

SR 943.02 Bundesgesetz vom 6. Oktober 1995 über den Binnenmarkt (Binnenmarktgesetz, BGBM) - Binnenmarktgesetz BGBM Art. 4 Anerkennung von Fähigkeitsausweisen - 1 Kantonale oder kantonal anerkannte Fähigkeitsausweise zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit gelten auf dem gesamten Gebiet der Schweiz, sofern sie nicht Beschränkungen nach Artikel 3 unterliegen. |

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BGE 125 II 315 S. 320
Die Gebührenregelung des Kantons Thurgau bzw. die gestützt darauf erhobene Gebühr von Fr. 400.-- verstösst somit nicht gegen den Sinn und Geist des Binnenmarktgesetzes und beeinträchtigt oder vereitelt den von diesem verfolgten Zweck nicht. Art. 2

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