124 III 97
19. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. Januar 1998 i.S. X. Stiftung gegen Kantonsgericht (Zivilkammer) von Graubünden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste (de):
- Stiftungsaufsicht; Überprüfung der Kapitalanlagepolitik einer Stiftung (Art. 84 Abs. 2
SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907
ZGB Art. 84 - 1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören.
1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. 1bis Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen.114 2 Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. 3 Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, können gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.115 - Es verstösst nicht gegen Bundesrecht, bei der Beurteilung der Anlagepolitik einer "gewöhnlichen" oder "klassischen" Stiftung die für Personalvorsorgestiftungen geltenden Anlagevorschriften der Verordnung über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) als Orientierungshilfe beizuziehen (E. 2).
- Anwendung im konkreten Fall (E. 3).
Regeste (fr):
- Surveillance d'une fondation; contrôle de la politique de placement d'une fondation (art. 84 al. 2 CC).
- Il n'y a pas violation du droit fédéral, si, lors de l'examen de la politique de placement d'une fondation "ordinaire" ou "classique", l'on se réfère, à titre indicatif, aux dispositions de l'ordonnance sur la prévoyance professionnelle vieillesse, survivants et invalidité (OPP 2) régissant le placement de la fortune des fondations de prévoyance professionnelle (consid. 2).
- Application dans le cas d'espèce (consid. 3).
Regesto (it):
- Vigilanza sulle fondazioni; verifica della politica di investimento di una fondazione (art. 84 cpv. 2 CC).
- Nella valutazione della politica di investimento di una fondazione "ordinaria" o "classica", non viola il diritto federale l'uso a titolo orientativo delle disposizioni, contenute nell'ordinanza sulla previdenza professionale per la vecchiaia, i superstiti e l'invalidità (OPP 2), relative all'investimento del patrimonio delle fondazioni di previdenza del personale (consid. 2).
- Applicazione nel caso concreto (consid. 3).
Sachverhalt ab Seite 98
BGE 124 III 97 S. 98
Unter dem Namen X. Stiftung (nachfolgend Stiftung oder Beschwerdeführerin) besteht seit 1951 eine Stiftung gemäss Art. 80 ff
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 80 - Zur Errichtung einer Stiftung bedarf es der Widmung eines Vermögens für einen besondern Zweck. |
Dagegen führte die Stiftung erfolglos Beschwerde beim Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartement des Kantons Graubünden. Eine gegen dessen Entscheid eingereichte Berufung wies das Kantonsgericht von Graubünden seinerseits am 10. April 1997 ab. Die Stiftung hat gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Verwaltungsgerichtsbeschwerde eingereicht mit dem Begehren, das vorinstanzliche Urteil aufzuheben. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
BGE 124 III 97 S. 99
Erwägungen
Aus den Erwägungen:
2. a) Das Bundesrecht enthält bezüglich der hier in Frage stehenden sogenannten "gewöhnlichen" oder "klassischen" Stiftungen keine Vorschriften über die Vermögensanlage; so verhält es sich auch im Recht des Kantons Graubünden. Aus der Pflicht der Stiftungsaufsichtsbehörden, für eine zweckgemässe Verwendung des Stiftungsvermögens zu sorgen (Art. 84 Abs. 2
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 84 - 1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
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1 | Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
1bis | Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen.114 |
2 | Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. |
3 | Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, können gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.115 |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 84 - 1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
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1 | Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
1bis | Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen.114 |
2 | Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. |
3 | Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, können gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.115 |
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SR 210 Schweizerisches Zivilgesetzbuch vom 10. Dezember 1907 ZGB Art. 84 - 1 Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
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1 | Die Stiftungen stehen unter der Aufsicht des Gemeinwesens (Bund, Kanton, Gemeinde), dem sie nach ihrer Bestimmung angehören. |
1bis | Die Kantone können die ihren Gemeinden angehörenden Stiftungen der kantonalen Aufsichtsbehörde unterstellen.114 |
2 | Die Aufsichtsbehörde hat dafür zu sorgen, dass das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird. |
3 | Begünstigte oder Gläubiger der Stiftung, der Stifter, Zustifter und ehemalige und aktuelle Stiftungsratsmitglieder, welche ein Interesse daran haben, dass die Verwaltung der Stiftung mit Gesetz und Stiftungsurkunde in Einklang steht, können gegen Handlungen und Unterlassungen der Stiftungsorgane Beschwerde bei der Aufsichtsbehörde erheben.115 |
b) Anders als für die "gewöhnlichen" bzw. "klassischen" Stiftungen enthält das Bundesrecht seit 1985 in Art. 49 ff
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SR 831.441.1 Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) BVV-2 Art. 49 Begriff des Vermögens - (Art. 71 Abs. 1 BVG) |
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1 | Als Vermögen im Sinne der Artikel 50-59 gilt die in der kaufmännischen Bilanz ausgewiesene Summe der Aktiven, ohne einen allfälligen Verlustvortrag. |
2 | Zum Vermögen können auch Rückkaufswerte aus Kollektivversicherungsverträgen hinzugerechnet werden.176 |
c) Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde ist eine Berücksichtigung von Art. 49 ff
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SR 831.441.1 Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) BVV-2 Art. 49 Begriff des Vermögens - (Art. 71 Abs. 1 BVG) |
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1 | Als Vermögen im Sinne der Artikel 50-59 gilt die in der kaufmännischen Bilanz ausgewiesene Summe der Aktiven, ohne einen allfälligen Verlustvortrag. |
2 | Zum Vermögen können auch Rückkaufswerte aus Kollektivversicherungsverträgen hinzugerechnet werden.176 |
BGE 124 III 97 S. 100
3. a) In Berücksichtigung der BVV 2-Vorschriften hat die Vorinstanz die Kapitalanlagepolitik der Stiftung unter dem Gesichtswinkel der Risikoverteilung und der Sicherheit kritisiert. Sie hat dabei nicht verkannt, dass die Anlagen nach einem Schreiben der Z. vom 5. Mai 1997 an sich eine hohe Sicherheit aufweisen; beanstandet wurde jedoch, dass praktisch das gesamte Vermögen bei ausländischen Schuldnern, und zwar gegen die Hälfte in DM und erst noch bei einem einzigen Schuldner, angelegt ist. Für die andere Hälfte sei zwar eine Anlage in sFr. erfolgt, jedoch je ungefähr zur Hälfte bei nur zwei Schuldnern. b) Diese Ausführungen kritisiert die Beschwerdeführerin; sie weist dabei einerseits auf ihren hohen Ertragsbedarf hin, den sie zur Deckung der beträchtlichen Kosten für den Unterhalt der Gebäulichkeiten in Y. und für den Erhalt des Umschwungs, der besonderen Strassen, Wege und Brücken benötigt; anderseits betont sie die effektive Bonität ihrer Schuldner. c) Diese Rügen sind indessen nicht geeignet, das Urteil der Vorinstanz als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen. Vor allem verkennt die Beschwerdeführerin ihr hohes Fremdwährungs- bzw. Wechselkursrisiko, welches um so mehr ins Gewicht fällt, als die Stiftung ihre Verpflichtungen grundsätzlich im Inland erfüllen muss; unter diesem Gesichtswinkel dürfte sie allein seit Ende 1996, als der Umrechnungskurs gemäss dem von ihr selbst eingereichten Anlageverzeichnis der Z. DM 100 = sFr. 86.80 betrug, bereits erhebliche Verluste an Kapital und Ertrag erlitten haben. Sodann befindet sich die Beschwerdeführerin mit ihrem Anteil an Fremdwährung von gegen 50% weit ausserhalb der Limite von 20% gemäss Art. 54 lit. f
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SR 831.441.1 Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) BVV-2 Art. 54 Begrenzung einzelner Schuldner - (Art. 71 Abs. 1 BVG) |
|
1 | Höchstens zehn Prozent des Gesamtvermögens dürfen in Forderungen nach Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe b bei einem einzelnen Schuldner angelegt werden. |
2 | Die Obergrenze nach Absatz 1 darf bei folgenden Forderungen überschritten werden: |
a | Forderungen gegenüber der Eidgenossenschaft; |
b | Forderungen gegenüber schweizerischen Pfandbriefinstituten; |
c | Forderungen gegenüber Kollektivversicherungsverträgen der Vorsorgeeinrichtung mit einer Versicherungseinrichtung mit Sitz in der Schweiz oder in Liechtenstein; |
d | Forderungen gegen Kantone oder Gemeinden, wenn diese Forderungen aufgrund nicht vollständig ausfinanzierter vorsorgerechtlicher Sachverhalte, wie Deckungslücken, Schuldübernahmen für Teuerungszulagen oder Nachfinanzierungen bei Lohnerhöhungen, bestehen. |
3 | Die Absätze 1 und 2 gelten auch im Falle derivativer Produkte wie strukturierte Produkte oder Zertifikate. |
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SR 831.441.1 Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) BVV-2 Art. 54 Begrenzung einzelner Schuldner - (Art. 71 Abs. 1 BVG) |
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1 | Höchstens zehn Prozent des Gesamtvermögens dürfen in Forderungen nach Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe b bei einem einzelnen Schuldner angelegt werden. |
2 | Die Obergrenze nach Absatz 1 darf bei folgenden Forderungen überschritten werden: |
a | Forderungen gegenüber der Eidgenossenschaft; |
b | Forderungen gegenüber schweizerischen Pfandbriefinstituten; |
c | Forderungen gegenüber Kollektivversicherungsverträgen der Vorsorgeeinrichtung mit einer Versicherungseinrichtung mit Sitz in der Schweiz oder in Liechtenstein; |
d | Forderungen gegen Kantone oder Gemeinden, wenn diese Forderungen aufgrund nicht vollständig ausfinanzierter vorsorgerechtlicher Sachverhalte, wie Deckungslücken, Schuldübernahmen für Teuerungszulagen oder Nachfinanzierungen bei Lohnerhöhungen, bestehen. |
3 | Die Absätze 1 und 2 gelten auch im Falle derivativer Produkte wie strukturierte Produkte oder Zertifikate. |
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SR 831.441.1 Verordnung vom 18. April 1984 über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV 2) BVV-2 Art. 54 Begrenzung einzelner Schuldner - (Art. 71 Abs. 1 BVG) |
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1 | Höchstens zehn Prozent des Gesamtvermögens dürfen in Forderungen nach Artikel 53 Absatz 1 Buchstabe b bei einem einzelnen Schuldner angelegt werden. |
2 | Die Obergrenze nach Absatz 1 darf bei folgenden Forderungen überschritten werden: |
a | Forderungen gegenüber der Eidgenossenschaft; |
b | Forderungen gegenüber schweizerischen Pfandbriefinstituten; |
c | Forderungen gegenüber Kollektivversicherungsverträgen der Vorsorgeeinrichtung mit einer Versicherungseinrichtung mit Sitz in der Schweiz oder in Liechtenstein; |
d | Forderungen gegen Kantone oder Gemeinden, wenn diese Forderungen aufgrund nicht vollständig ausfinanzierter vorsorgerechtlicher Sachverhalte, wie Deckungslücken, Schuldübernahmen für Teuerungszulagen oder Nachfinanzierungen bei Lohnerhöhungen, bestehen. |
3 | Die Absätze 1 und 2 gelten auch im Falle derivativer Produkte wie strukturierte Produkte oder Zertifikate. |
BGE 124 III 97 S. 101
Im Ergebnis ist somit der vorinstanzliche Entscheid nicht zu beanstanden, zumal die Art der Kapitalanlage der Beschwerdeführerin zu sehr von den BVV 2-Vorschriften abweicht.