Urteilskopf

122 IV 185

27. Auszug aus dem Urteil der Anklagekammer vom 13. Juni 1996 i.S. A. gegen Schweizerische Bundesanwaltschaft
Regeste (de):

Regeste (fr):

Regesto (it):


Erwägungen ab Seite 186

BGE 122 IV 185 S. 186

Aus den Erwägungen:

2. a) Die angefochtene Verfügung verweist in der Rechtsmittelbelehrung auf die Möglichkeit der Beschwerde an die Anklagekammer des Bundesgerichts gemäss Art. 214 ff . BStP. Die Bundesanwaltschaft führt zur Begründung an, die Ernennung von Sachverständigen sei in der Regel dem Untersuchungsrichter vorbehalten und unterliege als solche der Beschwerde gemäss Art. 214 ff . BStP an die Anklagekammer des Bundesgerichts, weshalb davon auszugehen sei, dass auch gegen die Ernennung von Sachverständigen durch die Bundesanwaltschaft dieses Rechtsmittel zulässig sei. b) Gemäss Art. 214 Abs. 1 BStP kann nur gegen Amtshandlungen und wegen Säumnis des Untersuchungsrichters Beschwerde bei der Anklagekammer des Bundesgerichts geführt werden; diese Beschwerdemöglichkeit steht gegen Amtshandlungen des Bundesanwalts grundsätzlich nicht zur Verfügung. Wie es sich in jenem Fall verhält, wo im gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren dem Untersuchungsrichter vorbehaltene Untersuchungshandlungen, die keinen Aufschub ertragen, nach Art. 102 2. Satz BStP - ausnahmsweise - von der gerichtlichen Polizei vorgenommen werden, kann offenbleiben, da es sich hier, wie noch zu zeigen sein wird (E. 3), nicht um einen solchen Fall handelt. Die Bundesanwaltschaft untersteht auch nicht der Aufsicht der Anklagekammer, sondern jener des Bundesrates (Art. 14 Abs. 1 BStP). Infolgedessen unterliegen deren Amtshandlungen grundsätzlich der Aufsichtsbeschwerde an das Eidg. Justiz- und Polizeidepartement oder den Bundesrat (vgl. BGE 120 IV 342 E. 1b mit
BGE 122 IV 185 S. 187

Hinweisen). Im übrigen unterliegen Amtshandlungen des Bundesanwaltes nur in gesetzlich ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmefällen der richterlichen Überprüfung, so bei der Ablehnung von Haftentlassungsgesuchen (Art. 52 Abs. 2 BStP), der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (Art. 66bis BStP) und der Durchsuchung von Papieren (Art. 69 Abs. 3 BStP). Seit der im Zusammenhang mit dem Datenschutzgesetz erfolgten Teilrevision des Bundesstrafprozesses vom 19. Juni 1992 kann auch gegen die übrigen durch den Bundesanwalt angeordneten oder bestätigten Zwangsmassnahmen und damit zusammenhängende Amtshandlungen Beschwerde bei der Anklagekammer des Bundesgerichts geführt werden (Art. 105bis Abs. 2 BStP; BBl 1990 III 1226, 1235; vgl. dazu BGE 120 IV 260 E. 3). Da es sich beim angefochtenen Entscheid weder um eine untersuchungsrichterliche Amtshandlung noch um eine Zwangsmassnahme bzw. eine mit dieser zusammenhängende Amtshandlung handelt, steht weder die Beschwerde nach Art. 214 ff . BStP noch jene nach Art. 105bis Abs. 2 BStP zur Verfügung.
3. a) Bei den von der Bundesanwaltschaft bestellten Sachverständigen handelt es sich entgegen den Ausführungen im angefochtenen Entscheid nicht um gerichtliche Sachverständige im Sinne von Art. 91 ff . BStP, deren Bestellung dem Richter vorbehalten ist (Art. 92 Abs. 1 BStP; vgl. STÄMPFLI, Die Reform der Voruntersuchung, insbesondere nach dem bernischen und eidgenössischen Strafprozessentwurf, in: ZBJV 1927, S. 62). Wenn die Bundesanwaltschaft im gerichtspolizeilichen Ermittlungsverfahren wie hier zahlreiche Akten zu sichten hat, deren Auswertung - im Hinblick auf die Frage, ob die gerichtspolizeilichen Ermittlungen einzustellen oder eine Voruntersuchung zu beantragen sei - buchhalterische bzw. finanzwissenschaftliche Spezialkenntnisse und damit den Beizug von Büchersachverständigen voraussetzt, so kann sie entweder im Rahmen der Amtshilfe (Art. 27 BStP schliesst diese ein) an eine andere Bundesbehörde gelangen mit dem Ersuchen, ihr diese spezialisierten Beamten für die Klärung des Sachverhaltes zur Verfügung zu stellen, oder im Rahmen von Art. 101bis BStP ausnahmsweise auch ausserhalb der Bundesverwaltung stehende Sachverständige als Hilfspersonen der gerichtlichen Polizei beiziehen. Dass die beigezogenen Büchersachverständigen im Rahmen ihrer Mitarbeit durch die Bundesanwaltschaft auch angewiesen werden können, über ihre Feststellungen einen schriftlichen Bericht bzw. ein Gutachten zu erstellen, bedarf keiner weiteren Ausführungen.
BGE 122 IV 185 S. 188

Die Rüge der Beschwerdeführer, die Bundesanwältin sei zur Ernennung von gerichtlichen Sachverständigen nicht zuständig, geht daher an der Sache vorbei. b) Soweit die Beschwerdeführer geltend machen, gegen die drei Inspektoren der Steuerverwaltung als Sachverständige bestünden Ausstandsgründe, ist auf die entsprechenden Begehren nicht einzutreten, da die betreffenden Beamten keine gerichtlichen Sachverständigen im Sinne der Art. 91 ff . BStP sind, und die Ausschliessungs- und Ablehnungsgründe im Sinne von Art. 99 Abs. 2 BStP in Verbindung mit Art. 22 ff . OG nur für diese gelten. c) Nicht einzutreten ist nach dem oben Ausgeführten auch auf das Subeventualbegehren des Beschwerdeführers C., mit welchem die Streichung von Rechtsfragen, die den Sachverständigen gestellt werden, verlangt wird.
Informazioni decisione   •   DEFRITEN
Documento : 122 IV 185
Data : 13. giugno 1996
Pubblicato : 31. dicembre 1997
Sorgente : Tribunale federale
Stato : 122 IV 185
Ramo giuridico : DTF - Diritto penale e procedura penale
Oggetto : Art. 91 segg., 99, 105bis cpv. 2, art. 214 cpv. 1 PP. Designazione di periti. L'impiego di esperti in contabilità da parte


Registro di legislazione
OG: 22
PP: 14  27  52  66bis  69  91  92  99  101bis  102  105bis  214
Registro DTF
120-IV-260 • 120-IV-342 • 122-IV-185
Parole chiave
Elenca secondo la frequenza o in ordine alfabetico
camera d'accusa • giudice istruttore • tribunale federale • polizia giudiziaria • inchiesta penale • reclamo alla camera d'accusa • consiglio federale • committente • decisione • incarto • autorità giudiziaria • motivazione della decisione • perito • ricorso all'autorità di vigilanza • rimedio giuridico • reiezione della domanda • indicazione dei rimedi giuridici • fattispecie • posto • ausiliario • assegnato • scienza delle finanze • fuori • quesito
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1990/III/1226